Diaspora: Der erste Blick ins Anti-Facebook

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„Sehr aufgeräumt, sehr sauber“ war mein erster Eindruck von Diaspora, das 2010 als „Facebook-Killer“ (ausgehend von einem NYT-Artikel) Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. Seit dem 24. November kursieren Invites für den Alpha-Test, und endlich habe auch ich einen der begehrten Accounts bekommen. Natürlich habe ich mich sofort eingeloggt, um mir das Open-Source-Netzwerk anzusehen, dass es bei Privatsphäre und Datenschutz besser machen will als Facebook.

1. Einloggen: Wie überall anders auch meldet man sich mit einer eMail-Adresse bei Diaspora an. Jeder Nutzer bekommt eine Nutzerkennung nach dem Schema xyz@joindiaspora.com zugeteilt, über die er in Folge von anderen Mitgliedern aufgefunden werden kann. Weiter geht es mit der Angabe von personenbezogenen Daten. Diaspora fragt nach Name, Geschlecht, Geburtsdatum und einem Porträtbild. Für sonstige Daten wie Beruf, Hobbys, Ausbildung, Familienmitglieder etc. interessiert sich Diaspora nicht. Facebook ist beim Aushorchen dieser Informationen sehr viel lästiger.

2. Das eigene Profil: Nüchtern in Schwarz-Weiß gehalten, nimmt sich Diaspora sehr zurück und will dem Nutzer und seinen eigenen Inhalten möglichst viel Raum geben. Neu erfunden hat man das Social Networking aber nicht. Links oben das Nutzerporträt, rechts daneben eine Pinnwand seiner Einträge, oben Reiter für die verschiedenen „Aspekte“ (siehe unten). Rechts oben schließlich ein Drop-Down-Menü, über das man sich abmelden oder auf seine Kontoeinstellungen zugreifen kann. Ein kleines Brief-Symbol oben schließlich ist dafür zuständig, den Nutzer auf Benachrichtigungen aufmerksam zu machen.

3. Aspekte: Der große Unterschied zu Facebook werden bei Diaspora die so genannten „Aspekte“ sein. Diese wurden so beschrieben:

Diaspora lässt dich deine Kontakte zu Gruppen zuordnen. Deine Fotos, Geschichten und Witze werden durch diese Aspekte nur mit den Menschen geteilt, für die sie gedacht sind – das ist einzigartig bei Diaspora.

Dabei handelt es sich um Gruppen, denen man seine Kontakte per Drag&Drop zuordnen kann: „Familie“ und „Arbeit“ sind bereits vorab angelegt, jedem Nutzer steht es frei, neue Aspekte wie „Freunde“, „Samstagnacht-Bekanntschaften“ oder „Feinde“ anzulegen. Sie können auch jederzeit wieder gelöscht werden. Wenn man sich in einen Aspekt hinein klickt und dort eine Status-Meldung schreibt, bekommen diese nur jene Kontakte, die dem Aspekt zugeordnet sind, zu sehen. Ein Kontakt kann übrigens in mehrere Aspekte aufgenommen werden. Damit umgeht Diaspora das große Problem von Facebook, dass eine Status-Meldung über den News Feed ohne Unterscheidung an alle Freunde ausgespielt wird, wenn man diese nicht in Listen einteilt. Das grundsätzliche Problem, dass man im Internet sehr schnell Öffentlichkeit schafft, wird damit aber nicht gelöst. „Private“ Aspekte mit 80, 100 Kontakten würden vor Gericht als Öffentlichkeit gelten.

4. Fotos: Als derzeit einziger Content können Fotos hochgeladen und über die Aspekte mit anderen geteilt werden. Die Macher von Diaspora haben dem Umgang mit Bildmaterial auf der Startseite einen eigenen Punkt eingeräumt:

„Deine Bilder gehören dir. Um sie zu teilen, musst du das nicht aufgeben: Alles, was du auf Diaspora teilst, bleibt dein Eigentum, und du behältst die volle Kontrolle über die Verbreitung.“

Das ist kein Zufall: Zum einen wissen sie, dass Facebook vor allem in Sachen Bilderlizensierung oftmals (und fälschlicherweise) dafür kritisiert wird, uns das Copyright an hochgeladenen Fotos wegzuschnappen. Mit dem Satz soll Unbehagen genommen werden, seine Bilder bei Diaspora zu veröffentlichen. Zum anderen braucht Diaspora die Fotos der Nutzer, den rund um diese entsteht enorme soziale Aktivität, die das im Aufbau befindliche Netzwerk unbedingt braucht.

5. Suche: Ein kleines Suchfeld in der oberen, schwarzen Leiste bietet Gelegenheit, andere Diaspora-Nutzer zu suchen. Um sie auch zu finden, muss man deren genauen Namen (viele sind noch mit Nicks vertreten) wissen. Dass andere im Diaspora-Netzwerk nach dem eigenen Namen suchen können, ist standardmäßig aktiviert, kann aber abgeschaltet werden.

6. Verknüpfung mit anderen Diensten: Derzeit kann man Diaspora mit seinem Twitter-Konto und – ironischerweise – mit seinem Facebook-Profil verknüpfen. So kann man Status-Meldungen von Diaspora bei diesen beiden Diensten automatisch ausspielen („Public Message“). Bei jeder Status-Meldung hat man die Option, das ein- oder auszuschalten. Bei der Verknüpfung mit Diaspora gibt man Diaspora das Recht, auf die allgemeinen Daten zuzugreifen (Name, Profilbild, Geschlecht, Netzwerke, Nutzerkennnummer, Freundesliste und alle anderen Informationen, die man mit „Allen“ teilt). Außerdem erteilt man Diaspora das Recht, eMails an jene eMail-Adresse zu schicken, die man bei Facebook angegeben hat. Dass Diaspora an die Facebook-Pinnwand posten darf und auf Facebook-Daten zugreifen kann, wenn man Diaspora gerade nicht verwendet, kann man in den Privatsphäre-Einstellungen von Facebook abschalten. Die verbundenen Dienste kann man außerdem in den Kontoeinstellungen wieder abdrehen.

7. Sprache: Diaspora ist schon in der Alpha-Version in vielen Sprachen verfügbar – auch in Deutsch. Die Entwickler haben wohlweislich Übersetzungen angelegt, um der internationalen Expansion nicht im Wege zu stehen. Facebook hat seine heute fast 70 Sprachversionen erst über die Jahre freigeschaltet. Die Übersetzung ins Deutsche ist allerdings noch sehr holprig:  „XYZ hat angeboten, mit dir zu teilen. Vor 5 Minuten“, heißt es etwa.

8. Ausloggen und Löschen: Von Diaspora abmelden kann man sich wie auch bei Facebook rechts oben. Das Löschen des Accounts ist hingegen um vieles einfacher als bei Facebook: Über die Kontoeinstellungen kann man sein „Konto schließen“. Bei Facebook ist die Lösch-Funktion gut versteckt, die Nutzer werden immer zuerst auf die Deaktivieren-Funktion geführt, die ein Konto nur stilllegt und alle Daten behält.

9. Datenschutz: Diaspora wird anders als Facebook über HTTPS übertragen und ist somit verschlüsselt. Facebook bietet dies nicht und wird nur über HTTP abgerufen. Wie bei Facebook lassen sich alle Nutzerdaten exportieren, und zwar als XML-Datei. Auch alle eigenen Fotos können gesammelt wieder heruntergeladen werden.

10. Diaspora am eigenen Server: Für fortgeschrittene Nutzer bietet Diaspora bereits die Möglichkeit, das eigene Profil von einem eigenen Server („Pod“ genannt) aus zu betreiben. Anleitungen für verschiedene Betriebssysteme (u.a. Ubuntu, Mac OS) dazu gibt es hier. Eine gute Übersicht über die derzeitigen Funktionen gibt es generell unter http://diasporatest.com.

11. Browser: Derzeit unterstützt die Webseite Safari, Firefox, Opera und Google Chrome. Nutzer des Internet Explorer haben die Nachsicht.

12. Fehlende Funktionen: Die vorliegende Alpha-Version ist alles andere als ausgereift, viele grundlegende Funktionen wie eine Fotogalerie gibt es noch nicht. Die Alpha-Tester wünschen sich derzeit dringend Direktnachrichten, eine Kontaktsuch-Funktion via Facebook und Twitter sowie eine mobile Version der Webseite. Eines steht somit fest: Auf das Diaspora-Team wartet ein Haufen Arbeit.

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