Glowing Plants: Leuchtende Pflanzen wären ziemlich cool, wenn da nicht die Gentechnik wäre

Logo des Glowing Plants Project aus Kalifornien. © Glowing Plants Project

Logo des Glowing Plants Project aus Kalifornien. © Glowing Plants Project

Ein kleines Planzerl am Nachtkasterl, das Licht beim Buchlesen spendet? Ein Wohnzimmer, das am Abend von Indoor-Gewächsen gemütlich beleuchtet wird? Oder gar Bäume, die in der Nacht unsere Straßen stromsparend mit Licht versorgen? Diese Utopie, die die Masse maximal aus dem Film “Avatar” kennt, ist vieleicht näher, als man denken mag. Denn das Start-up Glowing Plant aus San Francisco, das Anthony Evans von der Singularity University und Kyle Taylor von der Standford University gegründet haben, will genau diese Vision verwirklichen. 2013 konnten die beiden via Kickstarter fast 500.000 Dollar von Unterstützern sammeln, vergangene Woche wurde die Jungfirma schließlich in das renommierte Programm des Start-up-Inkubators Y Combinator aufgenommen, aus dem auch Airbnb, Dropbox oder reddit hervorgingen.

150 Dollar für leuchtende Rosen
Ende 2014 will die kleine Biotech-Firma erste Samen bzw. bereits leuchtende Gänserauke (40 bzw. 100 Dollar) an die Kundschaft ausliefern, um 150 Dollar bekommen sie außerdem eine glühende Rose geliefert. Noch leuchten die “glowing plants” Beobachtern zufolge noch sehr schwach (Vergleiche zu Glühwürmchen werden gezogen), doch mit jeder Generation sollen sie mehr und mehr Licht spenden können. Bei der pflanzlichen Beleuchtung soll es nicht bleiben – Evans schweben auch bereits Pflanzen vor, die bestimmte Insekten verscheuchen oder als Luftreiniger dienen können. “Wir würden gerne in jedem Eigenheim genetisch modifizierte Pflanzen sehen”, sagte er gegenüber Techcrunch.

Und hier liegt auch schon der Hund begraben: Denn damit das Start-up Pflanzen zum Leuchten bringen kann, müssen sie natürlich gentechnisch verändert werden. Mit einer “Genome Compiler”-Software erstellt das Team um Evans DNA-Sequenzen, die auf jenen von biofluminiszierenden Meeresbakterien basiert. Diese digitalen DNA-Sequenzen werden an die Firma Cambrian Genomics geschickt, die daraus mit einem Laser-Printer synthetische DNA-Stränge produziert – für das menschliche Auge ein weißes Pulver. Zurück bei Glowing Plant, wird diese DNA mit Hilfe von Bakterien in die Pflanze eingebracht – einfach, indem die Samen in das Pulver getunkt werden. Konsumenten sollen sich künftig gar ein “Maker Kit” kaufen können, um die gentechnisch veränderten Pflänzchen selbst zu produzieren – so einfahc und günstig ist Biotech offenbar geworden.

EU-Gesetze und negative Grundstimmung
Dass das Start-up bis auf Weiteres nur in den USA liefert, hat klare Gründe: In der EU verbieten scharfe Gentechnikgesetze die Einfuhr gentechnisch veränderter Organismen (GVO), es sei denn, sie sind explizit zugelassen worden (geregelt in der Europäischen Richtlinie 2001/18/EG bzw. nationalen Gesetzen). Zugelassen sind aktuell nur eine Handvoll GVO, im wesentlichen Mais-, Soja-, Raps- oder Baumwollsorten. Viele weitere GVO wurden zur Zulassung eingereicht (die “Glowing Plants” sind nicht darunter), und bei den Firmen, die diese Einreichungen machen, taucht immer wieder ein Name auf: Monsanto. Der auf Biotechnologie spezialisierte Saatgut-Konzern aus den USA ist wegen seiner Geschäftspraktiken zur bevorzugten Zielscheibe von Gentechnikgegnern avanciert und hat den negativ geprägten Diskurs in der EU über Gentechnik mitzuverantworten.

Mit der negativen Einstellung in Gesellschaft und Politik muss so auch ein kleines Start-up, das eigentlich “nur” neuartige Leuchtpflanzen produzieren will, fertig werden. “Dass Konsumenten so ablehnend sind, ist darauf zurückzuführen, wie große Industriekonzerne die Diskussion prägen”, sagt Glowing-Plant-Gründer Evans. “Wir sehen unsere Pflanzen als Werkzeug, um die Debatte zu ändern. Bei Lebensmittel ist die Gefahr nicht absehbarer Konsequenzen viel größer. Wir selber wollen nur witzige, coole Produkte machen.”

Überzeugungsarbeit leisten
Die Herausforderung für Evans: Er muss jetzt beweisen, dass seine gentechnisch veränderten Organismen keine schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben. Eine schwere Aufgabe – jedoch sind US-Start-ups dafür bekannt, sich schweren Aufgaben zu stellen, auch wenn der Ausgang ungewiss ist.

Dieser Artikel ist zuerst
auf Netzpiloten.de erschienen.

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