Krautreporter: Das Online-Magazin setzt stark auf User-Interaktion und verzichtet auf Google

Magenta wurde als leitende Farbe für die Farbtupfer auf der Seite ausgewählt.

Magenta wurde als leitende Farbe für die bunten Tupfer auf der Seite ausgewählt.

Vor kurzem haben die Krautreporter ihre Mitglieder zum Betatest geladen und geben damit einen ersten Blick auf das Online-Magazin, welches künftig unter magazin.krautreporter.de abrufbar sein wird. Die Webseite soll in einigen Wochen der Öfffentlichkeit zugänglich gemacht werden und ist dann für jeden Interessierten lesbar, da es keine Paywall geben wird. Zahlende Unterstützer (60 Euro/Jahr) haben aber trotzdem Vorteile: Sie dürfen die Artikel kommentieren, bekommen Zusatzmaterial (mehr Fotos, Videos, Hintergründe und Making-Ofs, aber auch Original-Dokumente zum Download) und können in Zukunft auch an Offline-Events teilnehmen.

Nun aber zum Kern der Sache. Krautreporter-Herausgeber Sebastian Esser und sein Team haben das Online-Magazin natürlich nicht neu erfunden und sich eher gängiger Standards und Trends bedient. Herausgekommen ist aber eine solide Seite, auf der Lesen Spaß macht.

Die Startseite: Weniger ist mehr

Die Frontpage des Krautreporter-Magazins mag dem durchschnittlichen Online-News-Leser erst mal ungewöhnlich vorkommen. Während andere Webseiten oft mit fünf oder mehr Storys, etlichen Ressort-Links und Sonderthemen im Sichtbereich zum Klicken locken, gibt es auf der Startseite von Krautreporter gerade einmal drei Artikel zu sehen. Der große Aufmacher rechts wird um die so genannte Übersichtsleiste links ergänzt, in der man die neuesten Artikel oder auf Wunsch auch eine Liste der Autoren durchscrollen kann. Damit der User eine Art Blätter-Feeling bekommt, gibt es rechts unten den Button “nächster Artikel”, mit dem man schnell durch den vorhandenen Content springen kann. Ansonsten ist die Startseite, da sie ja keine Plätze für Werbung bereithalten muss, wirklich auf das Wesentlichste reduziert. Oben gibt es noch ein Suchfeld, ein Hamburger-Button (die drei Striche übereinander) zum Ausklappen des Menüs und einen Link zum eigenen Profil – that´s it.

Spannend ist auch die Entscheidung, keine Ressorts wie Politik, Wirtschaft oder Digital anzubieten, stattdessen sollen die User den Content über die Autoren entdecken, die für Themenbereiche stehen.

Die Artikel: Fokus aufs Leseerlebnis

Im Beta-Test gibt es bereits einige Artikel zu sehen, damit die User eine Idee bekommen, wie der Content aufbereitet werden wird. Keine Überraschung: Die klare Darstellung von Text, unterbrochen von einigen wenigen Bildern, steht im Vordergrund und erinnert damit an die Blogging-Plattform Medium.com, die die Krautreporter-Macher des öfteren inspiriert haben dürfte. Eine gute Entscheidung ist, die Bilder im Artikel nicht zu groß zu machen. Sie stehen etwas links und unterbrechen damit den Lesefluss nicht so stark, als wenn sie über die ganze Spalte gezogen worden wären. Wenn man mit einem Artikel fertig ist oder nach unten scrollt, gelangt man sogleich zur nächsten Story, was den Inhalt der Seite einfacher erschließt. Der User muss nicht auf die Startseite zurück, sondern kann gleich zur nächsten Geschichte scrollen, was für allem auf mobilen Touch-Geräten sehr sinnvoll ist.

Werden eigene Videos eingebettet, setzen die Krautreporter übrigens nicht auf YouTube, sondern auf Vimeo. Der Player dieser Videoplattform sieht ein wenig schicker aus, und da das Online-Magazin ohnehin nicht auf Reichweite aus ist, eine kluge Entscheidung.

Social Media: Verzicht auf Google+

Da das Krautreporter-Magazin keine Paywall hat, macht es Sinn, den Content über Social Media teilbar zu machen. Dabei hat man sich dazu entschlossen, vorerst nur auf Twitter und Facebook zu setzen – den Google+-Button, der oft im Verbund mit den beiden anderen Teilen-Knöpfen auftritt, sucht man hier vergeblich. Das passt ins Bild: Auch auf YouTube verzichtet Krautreporter bei den eigenen Videos und setzt auf den Konkurrenten Vimeo. Zusätzlich zu Facebook und Twitter gibt es die Möglichkeit, den Artikel via E-Mail an andere zu sharen. Analog sharen geht übrigens auch sehr einfach, weil es einen eigenen Druck-Button gibt. Die Sharing-Optionen findet der User vor und nach dem Artikel.

Übrigens gibt es auch keine Login mit Facebook, Twitter oder anderen Social-ID-Systemen. Zahlende User registrieren sich mit E-Mail-Adresse und Passwort. In den Einstellungen sieht man, wie lange der eigene Account noch läuft – danach muss man wieder die 60 Euro Jahresgebühr berappen.

Unten und rechts: Die User-Kommentare

Für die zahlenden Unterstützer wurden die Kommentar-Funktionen gemacht. Nur wer mit seinem Account eingeloggt ist, kann kommentieren, und zwar an zwei Stellen: Klassisch unter dem Artikel, und im Bereich der “Anmerkungen” (eine eigene ausklappbare Spalte rechts neben dem Artikel). Anmerkungen lassen sich zu jedem Absatz einer Story machen, was von Medium.com abgeschaut wurde. Die Idee ist, dem Autor direktes Feedback zu einzelnen Passagen geben zu können bzw. einzelne Aspekte einer Geschichte im Detail diskutieren zu können, ohne sich in einem Wust von Kommentaren am Ende einer Story zu verlieren. Eine kleine Sprechblase rechts neben den Absätzen geben Auskunft, ob schon Anmerkungen gemacht wurden. Wenn der Autor selbst eine Anmerkung hinterlassen hat, um etwa auf weitere Inhalte zu verweisen, erkennt man das an einem eigenen Autorensymbol. Zu Beginn ist die Funktion gewöhnungsbedürftig, könnte sich mit der Zeit als sehr sinnvoll erweisen.

Generelle Anmerkung zu den Kommentaren: Man kann die eigenen bearbeiten und wieder löschen, kann unter Klarnamen auftreten, muss aber nicht. Postet man einen Link, wird dieser aber nicht direkt verlinkt. Was ebenfalls fehlt: Als User sollte man sein eigenes Profil anderen zeigen können, falls sich diese für Links zu seinen Profilen bei Twitter, LinkedIn oder Xing interessieren.

Mobile: Artikel und Autoren im Zentrum

Da das Online-Magazin ohnehin aufs Wesentliche reduziert ist, kann die mobile Version eigentlich die selben Funktionen anbieten. Auf der Startseite wählt man zwischen Artikeln und Autoren, kann genauso Anmerkungen zu einzelnen Absätzen hinterlassen oder unter den ganzen Artikel kommentieren. Auch hier gibt es wieder rechts unten einen recht praktischen Button, um schnell zum nächsten Artikel hüpfen zu können. Die Navigationsleiste mit dem KR-Logo für die Startseite und dem Hamburger-Button für den Menüaufruf wird allerdings etwas klein, wenn man nach unten scrollt, und ist am Touchscreen eines durchschnittlichen Smartphones nur mit etwas Fingerspitzengefühl gut zu bedienen.

Das eigene Profil: Noch ausbaufähig

Das Krautreporter-Magazin fordert seine Mitglieder auf, neben Namen und Rechnungsadresse auch ein Profilbild hochzuladen und Angaben zu Geburtsjahr, Beruf, Themenwissen, Kontakte zu Menschen in anderen Ländern zu machen und seine Profile bei Twitter, Facebook, XING und LinkedIn zu verlinken. Außerdem kann man seine eigene Webseite angeben. Echten Sinn hat das alles noch nicht: Wenn man etwa einen Kommentar hinterlässt, wird zwar der angegebene Vorname angezeigt, doch anklickbar ist er nicht – andere User kommen also noch nicht zum eigenen Profil. Dass Krautreporter Geburtsjahr, Beruf etc. wissen will, ist eigennützig: Denn in Zukunft könnten die Autoren User zu Recherchezwecken kontaktieren, wenn sie Menschen einer bestimmten Altersgruppe oder Profession suchen.

Dieser Artikel ist zuerst bei
Netzpiloten.de erschienen.

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