Pinterest: Facebook-Freund und Feind zugleich

Abgesehen von der Foto-App Instagram und dem Musik-Dienst Spotify (mein Blogeintrag dazu hier) hat mich im vergangenen halben Jahr kein anderes Internet-Start-up so sehr in den Bann gezogen wie Pinterest. Pinterest (ein Kunstwort aus „Interest“ und „Pin“) ist eine Art Facebook für Fotos: In so genannten Boards sammeln („pinnen“) die Nutzer Bilder zu bestimmten Themen – vom Werbesujet bis zum Plattencover. Ich habe zum Beispiel Boards wie „Must-see movies„, „The best records on the world“ oder „Cool people I met“ angelegt.

Weil Pinterest das derzeit heißeste Ding im Social Web ist – und auch mir ausgesprochen gut gefällt -, beantworte ich im Folgenden die wichtigsten Fragen rund um den Dienst:

Was ist so toll an Pinterest?
Zum einen einmal das Design – die Webseite ist schlicht, übersichtlich und trotzdem schick. Egal, welches Bild man pinnt, es wird ziemlich hübsch dargestellt. Auch die iPhone-App ist gut umgesetzt und eine der besten, die ich in der letzten Zeit in die Finger bekommen habe – sowohl funktional als auch optisch. Außerdem ist Pinterest hochgradig interaktiv – Fotos lassen sich sehr einfach liken, eigenen Boards hinzufügen („repin“) und kommentieren. Bei kaum einer anderen Webseite habe ich nach dem ersten Login eine derart hohe Interaktion erlebt.

Wie bringt Pinterest seine Nutzer zum Mitmachen?
Bei der Nutzung der Boards greift der Sammeltrieb, der seit Jahrtausenden in uns Menschen steckt. Bis man nicht alle seine liebsten Filme in einem Board gesammelt hat, ist der Pin-Hunger nicht gestillt. Außerdem versteht es Pinterest perfekt, das Ego der Nutzer zu füttern: Sowohl auf der Webseite selbst als auch per eMail-Notification wird man – sofern man die Standardeinstellungen so belässt, wie sie sind – permanent über Repins, Kommentare, Likes und neue Follower informiert – ein Fest für Narzissten. Denn wer freut sich nicht, wenn die eigenen Pins, die ja im Kern Empfehlungen für andere sind (Musik, Film, Restaurant, Kleidung, etc.), mit der Aufmerksamkeit der anderen bedacht werden?

Wer nutzt Pinterest?
Ganz offensichtlich viele Frauen – davon zeugen zumindest die unzähligen Fotos von Modestücken, Accessoires, Deko, Speisen, Katzen usw. Ohne sexistisch sein zu wollen: Bei Pinterest komme ich mir vor wie in einem neuartigen Frauenmagazin. „Pinterest = 4chan für Mamis“ hat ein futurezone-Leser die Webseite sehr treffend beschrieben.

Wo kommen die vielen Fotos her?
Das Gros der gepinnten Bilder stammt nicht aus den Foto-Beständen der Mitglieder, sondern von anderen Webseiten – Buchcover von Amazon, Filmplakate von IMDb, Mode-Shots aus Online-Prospekten, Speise-Fotos von Restaurant-Webseiten, Urlaubsfotos von Flickr uswusf. Damit Pinterest möglichst viele Bilder in sich aufsaugen kann, bietet der Web-Dienst einen Pin it-Button für den Browser als auch einen Pin-Button für Webseiten (z.B. bei Etsy integriert), die ihn analog zum Like-Button von Facebook einbinden können. Pinterest hat wegen der Fotoflut wohlweislich einen eigenen Copyright-Agent engagiert, dem man sein Leid klagen kann, sollte einmal ein Foto ungefragt gepinnt (= auf Pinterest kopiert) worden sein, dessen Urheber man ist.

Was macht Pinterest zum Facebook-Freund?
Pinterest setzt als eine von derzeit rund 60 Apps auf den Open Graph von Facebook. Sprich: Wer die Funktion aufdreht („Add Pinterest to Facebook Timeline“), der veröffentlicht fortan automatisch sämtliche seiner Pin-Aktivitäten in seiner eigenen Facebook-Chronik. Das bringt am Tag bis zu 60 Prozent neue Facebook-Nutzer zu Pinterest, ist also ein enormer Traffic-Treiber. Zusätzlich kann man sich auch mit seinem Facebook-Logindaten bei Pinterest einloggen und dort nach Facebook-Freunden suchen lassen, die Pinterest bereits nutzen (und alle anderen dazu einladen).

Könnte Pinterest Facebook gefährlich werden?
Theoretisch ja. Facebook setzt bei seinem Werbeschaltungen stark auf die Interessen der Nutzer, die sie aktiv als Eintrag oder passiv als Like angeben. Pinterest häuft ebenfalls tiefe Daten zu den Interessen seiner Nutzer an und könnte damit ebenfalls sehr gezielt Werbung schalten. Das Verhältnis zu Facebook ist schon jetzt angespannt, denn Nutzer können Facebook-Fotos nicht pinnen – und Facebook ist mit täglich 250 Millionen hochgeladenen Fotos mit ganz großem Abstand das größte Foto-Archiv der Welt.

Wie macht Pinterest Geld?
Die Webseite setzt auf Affiliate Marketing. Bei Pinterest werden z.B. Produkte von Amazon geteilt. Wenn ein Nutzer via Pinterest auf eine Ware stößt, sich weiter zu Amazon klickt und diese dort kauft, bekommt Pinterest eine Provision.

Wer steckt hinter Pinterest?
Umgesetzt wird die Webseite von der in Palo Alto, Kalifornien, ansässigen Firma Cold Brew Labs, die ursprünglich 2008 als Mobile-Shopping-Dienst gestartet ist. Finanzielle Unterstützung hat die kleine Firma bis dato u.a. von Jeremy Stoppelman (Yelp-CEO), Michael Birch (Bebo-Gründer), Ron Conway (Investor bei Google, PayPal, Square, Foursquare, Twitter), und Jack Abraham (Milo-Gründer) erhalten. Die deutschen Samwer-Brüder (bekannt für solche Aktionen) haben ebenfalls Blut geleckt und mit Pinspire einen ziemlich frechen Pinterest-Klon gestartet.

Wie kommt man zu einem Pinterest-Account?
Pinterest befindet sich derzeit noch in der geschlossenen Beta-Phase, eine Anmeldung ist derzeit ohne Einladung nicht möglich. Wer sich für einen Account interessiert, kann hier einen Invite offiziell beantragen oder mir eine eMail an jakob.steinschaden [at] gmx.at schicken – ich kann dann einen Invite versenden.

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