Autoplay: Facebook und Twitter drängen mit einem ärgerlichen Trick in den Videomarkt

Für ganz Faule: Facebook-Videos fangen automatisch zu laufen an. © Facebook

Für ganz Faule: Facebook-Videos fangen automatisch zu laufen an. © Facebook

Beim Scrollen durch den News Feed oder die Timeline fällt in letzter Zeit auf, dass Videos automatisch zu spielen beginnen. Facebook und Twitter behaupten zwar, dass das im Sinne der Nutzer ist und ihnen ein flüssigeres Nutzungserlebnis bietet – doch ans Werbegeschäft haben sie natürlich auch gedacht.

Es geht darum, wie der Feed designt ist, eben als sequentielle Abfolge von Stories, und die hauptsächlich auf Mobile, täglich von 800 Millionen Menschen, angesehen werden. Wir starten die Videos automatisch, um die Experience zu bereichern. Es ist sehr nutzerfreundlich, wenn man nicht klicken muss, weil auf Mobile-Displays das zielgenaue Klicken schwierig ist. Das Feeback zeigt: Die Leute lieben es.“ So hat kürzlich Clive Ryan, Sales Director bei Facebook in Europa, die automatisch abspielenden Videos in einem Interview argumentiert, die seit Ende 2013 in dem Social Network zu sehen sind. Dass Facebook seinen Nutzern mit der Autoplay-Funktion die Arbeit abnimmt, hat sich ausgezahlt. Täglich kommt das Social Network eigenen Angaben zufolge auf satte vier Milliarden Video-Views.

Autoplay erhöht die View-Zahlen stark

Wichtig ist diese Zahl vor allem für die Werbekunden von Facebook, denen man gerne teurere Videowerbung verkaufen möchte. Autoplay hilft dabei, dass die Werbeclips von den Nutzern gesehen werden, weil kaum jemand von sich aus auf Play drücken würde, nur um eine Bewegtbildreklame etwa für ein billiges Smartphone-Game zu sehen. Bei der Konkurrenz von Facebook war man bis vor kurzem eigentlich noch überzeugt davon, dass Autoplay keine gute Idee ist. “Die User müssen bei Twitter-Videos selbst auf ‚Play‘ drücken, es gibt kein Autoplay. Aus Sicht des Werbers ist das ein wertvollerer View, als wenn jemand einen Pre-Roll auf einer anderen Plattform sieht“, so Twitter-Manager Niall Horgan in einem Interview. Dieser Meinung hat man sich allerdings schnell entledigt – nur wenige Wochen später startete Twitter ebenfalls mit Autoplay. Die Betreiber argumentieren, dass die Nutzer Autoplay zweieinhalb Mal lieber hätten als andere Formen wie “Click to play“ oder Vorschaubilder haben. Wenn Werber die so genannten “Promoted Videos“ buchen, zahlen sie nur dann, wenn Nutzer mindestens drei Sekunden von dem Spot gesehen haben.

Dass Facebook und Twitter so stark ins Werbevideogeschäft vordringen, hat seinen guten Grund: Laut Marktforscher eMarketer soll der Markt für Online-Werbeclips von sechs Milliarden US-Dollar 2014 auf 7,7 Milliarden US-Dollar wachsen.

Autoplay kann man abdrehen

Für Nutzer können die Autoplay-Videos nicht nur störend sein, sondern auch teuer – nämlich dann, wenn sie das mobile Datenpaket sprengen (Videos brauchen vergleichsweise viele Daten). Facebook bietet seinen Nutzern deswegen an, Autoplay abzudrehen – eine Anleitung für Desktop, iOS und Android findet sich hier. Twitter bietet ebenfalls die Option an, Autoplay zu beschränken (Anleitung hier). Wer sich dieser Funktionen bedient, hat wieder Ruhe im News Feed bzw. in der Timeline.

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Das Akku-Dilemma: Bis Smartphones länger halten, werden leider noch Jahre vergehen

Symbol der Verzweiflung. © Screenshot

Symbol der Verzweiflung. © Screenshot

In einer digitalen Überflussgesellschaft, in der man sich quasi alles (vom Tinder-Date über ein Uber-Taxi bis zum Spotify-Stream) per Smartphone besorgen kann, gibt es eine große Einschränkung: die Akkulaufzeit, ergo Zeit. Je zentraler mobile Computer in unserem Leben werden, desto abhängiger werden wir von Steckdosen. Wer diese harte Nuss knackt, könnte Milliarden machen.

Die Lithium-Ionen-Batterien, die heutige Smartphones antreiben, haben sich seit ihrer Markteinführung 1991 (Sony brachte damals die Hi8-Videokamera “CCD TR 1“ auf dem Markt) kaum verändert, während Prozessoren, Speicher, Displays oder Kameralinsen immer kleiner, schneller, besser und günstiger wurden. Auf Flughäfen, in Cafés, in Bibliotheken – überall versuchen Menschen heute, ihre Taschen-Computer aufzuladen und mit neuer Energie zu befüllen. So genannte Phablets (also übergroße Smartphones wie das iPhone 6 Plus) haben auch deshalb den Markt erobert, weil ihre größere Bauweise mehr Platz für den Akku bietet, doch noch ist die Hightech-Branche der “Always on“-Generation richtige Innovationen schuldig.

Problem wird umgangen

Stattdessen werden Konsumenten Smartphone-Hüllen mit Extra-Batterie oder kleine Powerpacks für unterwegs verkauft, und Apple und Google haben in die neuesten Versionen ihrer mobilen Betriebssysteme (iOS 9 bzw. Android) Funktionen zum Stromsparen integriert. “Android M“ etwa soll um 100 Prozent effizienter als sein Vorgänger “Lollipop“ laufen und dank Doze-Feature schneller in den Standby-Modus wechseln können, iPhones sollen ab Herbst dank Software-Update eine Stunde länger laufen können als bisher. Echte Problemlöser sind das aber alles nicht – weiterhin wird man nicht umhin können, sein Smartphone jede Nacht an die Steckdose zu hängen.

Der Apple-Rivale Samsung will jetzt einen Durchbruch in der Akkuforschung geschafft haben: Indem Silizium-Nanopartikel mit Graphen beschichtet werden, soll die Batterielaufzeit um 1,5 bis 1,8 Mal verlängert werden können – ein Smartphone könnte dann statt einem, zwei Tage lang ohne Aufladen laufen. Marktreif soll die Technologie aber erst in zwei bis drei Jahren sein, erst dann können sich Konsumenten auf entsprechende Geräte freuen.

Samsung ist natürlich nicht die einzige Firma, die weiß, wie wichtig das Thema ist – wer es schafft, mobile Geräte länger “leben“ zu lassen, der wird sich bei immer ähnlicher werdenden Smartphones deutlich von der Konkurrenz unterscheiden können. An der Universität Stanford wird derzeit an einer Aluminium-Ionen-Batterie getüftelt, die sich sehr schnell laden lassen kann, eine lange Lebensdauer hat und außerdem sehr günstig ist. “We have developed a rechargeable aluminum battery that may replace existing storage devices, such as alkaline batteries, which are bad for the environment, and lithium-ion batteries, which occasionally burst into flames“, so Stanford-Professor Hongjie Dai. Zudem ist der Akku biegsam und könnte so in flexiblen Geräten oder gar in smarten Kleidungsstücken untergebracht werden. Am Ziel ist man aber auch hier nicht – noch liefert die Aluminium-Ionen-Batterie nicht so viel Spannung wie die derzeit gängige Lithium-Ionen-Batterie.

Start-ups wollen mitreden

Das Rennen um die beste Batterie ist ein globales geworden: Das israelische Start-up StoreDot kann mit seiner Technologie ein Smartphone in 30 Sekunden aufladen und will Ende 2016 auf den Markt gehen, angeblich haben Samsung und der russische Oligarch Abramowitsch investiert. Geplant ist außerdem ein Elektroauto, das sich in drei Minuten laden lässt, was die Vorbehalte gegen das noch langsame Laden von E-Autos entkräften könnte. Weiters hat Dyson etwa 15. Mio. US-Dollar in die Jungfirma Sakti3 (ein Spin-off der Universität Michigan) investiert, deren Lithium-Ionen-Batterie doppelt so viel Energie wie ein herkömmlicher Akku speichern kann, und das US-Unternehmen Solid Energy verspricht doppelte Speicherkapazität bei gleich großen Akkus. Aus Japan kommt die wohl außegewöhnlichste Idee: Die Firma Fuji Pigment will einen Aluminium-Luft-Akku entwickelt haben, den man einfach auflädt, in dem man normales oder Salzwasser einfüllt. Mögliches Einsatzgebiet: Elektroautos.

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Apple: Der iPhone-Konzern wird zur Privacy-Bastion – und macht Datenschutz zur Ware

Privatsphäre könnte ein Schlüssel zum weiteren Erfolg von Apple sein. ©  C_osett/Flickr

Privatsphäre könnte ein Schlüssel zum weiteren Erfolg von Apple sein. © C_osett/Flickr

Apple-Chef Tim Cook betont immer wieder, dass der iPhone-Hersteller kein Interesse daran habe, Nutzerdaten auszuwerten. Ob Electronic Frontier Foundation (EFF), das Electronic Privacy Information Center (EPIC) oder Whistleblower Edward Snowden: Apple wird immer stärker als Bastion für Datenschutz und Privatsphäre wahrgenommen. Eine Bastion, die allerdings ihren Preis hat.

Erst vor kurzem hat die US-Datenschutzorganisation EFF, Apple in punkto Umgang mit Nutzerdaten 5 Sterne gegeben: “We commend Apple for its strong stance regarding user rights, transparency, and privacy”, heißt es in der Analyse, die den Schutz von personenbezogenen Informationen vor staatlichem Zugriff beurteilt. Whistleblower Edward Snowden hat sich kürzlich ebenfalls als Fan von Apple geoutet. Gegenüber Techcrunch meinte er in Bezug auf das Geschäftsmodell von Apple, im Unterschied zu jenen von Google oder Facebook: “If instead we just align ourselves with our customers and what they really want, if we can outcompete people on the value of our products without needing to subsidize that by information that we’ve basically stolen from our customers, that’s absolutely something that should be supported.

Apple vs. Facebook und Google

Apple kann von sich behaupten, dass es seine Milliarden nicht mit Data-Mining, Datenverkauf und Werbung verdient, sondern mit dem Verkauf seiner (teuren) Produkte – 70 Prozent des Umsatzes stammt mittlerweile vom iPhone. Zum Vergleich: Google und Facebook machen grob 90 Prozent ihres Umsatzes mit Werbung, für die Nutzerdaten bis ins kleinste Detail ausgewertet werden. Apple kann deswegen, wie kürzlich bei der WWDC, immer wieder auf seine Datenschutzambitionen pochen – etwa bei der Präsentation der neuen “Proactive”-Funktion, die das iPhone ab Herbst zu einem persönlichen Assistenten machen soll. “We don’t mine your email, your photos, or your contacts in the cloud to learn things about you. We honestly just don’t wanna know”, sagte Apples Software-Chef Craig Federighi. “All of this is done on the device, and it stays on the device, under your control.

Das Datenschutzthema ist bei Apple spätestens seit September 2014 Chefsache. Damals stellte CEO Tim Cook einen offenen Brief an die Kunden online, der sowohl unter dem Eindruck der Snowden-Enthüllungen, als auch gehackter iCloud-Accounts von Prominenten entstanden sein muss. Auf der zugehörigen Webseite wird Konsumenten seither in verständlicher Sprache erklärt, wie Apple Daten behandelt (z.B. iMessages, FaceTime-Telefonate, Fotos/Kontakte/Kalender in der iCloud, Maps-Ortungen). Auch über neue Produkte oder Services wie Apple Watch, Apple Pay, HomeKit, HealthKit oder ResearchKit, will Apple keine Daten sammeln. Sie sollen lediglich dazu dienen, die Nutzer noch stärker an das Kernprodukt (das iPhone) zu binden.

Tim Cook als Datenschützer

There’s another attack on our civil liberties that we see heating up every day — it’s the battle over encryption. Some in Washington are hoping to undermine the ability of ordinary citizens to encrypt their data”, sagte Cook kürzlich bei einer aufsehenerregenden Rede in Washington, im Rahmen eines Events des Electronic Privacy Information Center (EPIC). “So let me be crystal clear — weakening encryption, or taking it away, harms good people that are using it for the right reasons. And ultimately, I believe it has a chilling effect on our First Amendment rights and undermines our country’s founding principles.”

Apple nimmt Verschlüsselung von Nutzerdaten wirklich ernst. Seit der Betriebssystemversion iOS 8, werden iPhones und iPads außerdem voll verschlüsselt, sodass Apple (auch wenn es der Konzern wollte) keine Daten extrahieren könnte – der Schlüssel liegt allein beim Nutzer. Auch Google will das für sein Betriebssystem Android (ab Lollipop 5.0) anbieten, doch ist mittlerweile zurückgerudert und verschlüsselt nur Nexus-Geräte “out of the box”. Auch Facebook setzt seit den Snowden-Enthüllungen verstärkt auf Verschlüsselungstechnologien (z.B. TLS für den Datenverkehr oder PGP für E-Mails), doch an der Praxis, Nutzerdaten für personalisierte Werbung auszuwerten, ändert das nichts.

Apple sammelt natürlich auch Daten

Apple nun als großen Wächter der Privatsphäre wahrzunehmen, wäre aber auch verkehrt. In den Datenschutzbestimmungen des iPhone-Konzerns ist etwa zu lesen: “Wir erheben Daten wie namentlich Beruf, Sprache, Postleitzahl, Vorwahl, individuelle Geräteidentifizierungsmerkmale, Weiterleitungs-URL sowie Ort und Zeitzone, wo Apple Produkte verwendet werden, damit wir das Verhalten unserer Kunden besser verstehen und unsere Produkte, Dienste und Werbung verbessern können.” Insofern macht auch Apple Big Data, um daraus abzuleiten, welche Dienste und Geräte die Konsumenten gerne haben wollen. Zudem sind etwa Google Search (Standardsuchmaschine im Safari-Browser außerhalb der USA), Facebook und Twitter direkt in iOS integriert – immerhin kann man seit geraumer Zeit zu der auf Datenschutz bedachte Suchmaschine DuckDuckGo wechseln. Apple ist natürlich auch eine wichtige Plattform für Datensammler aller Art, die ihre Apps auf iOS betreiben, und hat mit iAd ein Werbe-Netzwerk für interessensbasierte Anzeigen, die man in Apps zu sehen bekommt (hier findet man alle Informationen, um ein “Opt-out” zu machen).

Insgesamt muss man Apple zugestehen, dass der Fokus auf Datenschutz, Privatsphäre und Verschlüsselung mehr als nur ein Marketing-Gag ist. Vor allem CEO Tim Cook nimmt das Thema sichtlich ernst, und dementsprechend ist auch künftig mit neuen Apple-Produkten zu rechnen, bei denen Privacy ein Kaufargument ist (es gibt schon einige Stimmen, die Apple zur Übernahme der Suchmaschine DuckDuckGo raten). Für Endkonsumenten sollten aber zwei Punkte klar sein: Erstens ist Verschlüsselung selten zu 100 Prozent sicher (NSA und GCHQ haben potente Systeme, um Codes zu knacken), und zweitens wird Privatsphäre so noch mehr zur kaufbaren Ware. Und für moderate Preise für die Masse war Apple ja noch nie bekannt.

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Apple Music gegen Spotify: Wo bekommt man das bessere Musik-Streaming fürs Smartphone?

Nicht nur auf iPhones, sondern auch auf Androiden verfügbar. © Apple, Spotify, Montage: J. Steinschaden

Nicht nur auf iPhones, sondern auch auf Androiden verfügbar. © Apple, Spotify, Montage: J. Steinschaden

Der 30. Juni ist für Musik-Streaming-Aficionados ein wichtiger Tag, denn da wird auch in Deutschland und Österreich Apple Music starten, ein laut Apple „revolutionärer“ Streaming-Dienst, der vorerst für iOS-, Mac- und Windows-Geräte, im Herbst auch für Android zu haben sein wird. Doch so „revolutionär“ ist Apple Music bei genauerer Betrachtung gar nicht.

Apple weiß natürlich, dass es dem Platzhirsch Spotify, der mittlerweile bei 75 Millionen Nutzern (20 Millionen davon zahlende Abonnenten), die Stirn bieten muss, weswegen es zum Start eine drei Monate lange, kostenlose Testphase gibt (Spotify bietet bis 5. Juli 60 Tage Gratis-Testphase an). Hier die beiden Dienste im direkten Vergleich:

 

Die Chancen stehen gut, dass Apple viele Konsumenten auf seine Seite holen kann, denn immerhin hat man mehr als eine Milliarde iOS-Geräte verkauft und etwa 800 Millionen Kunden, die bereits einen iTunes-Account haben. Zudem muss Apple zu Beginn nicht zwingend Geld mit Musik-Streaming verdienen, weil der Dienst wie viele andere (z.B. Apple Pay) als Stütze seines Geschäftsmodells gedacht ist – nämlich Kunden an sein Ökosystem zu binden und diese regelmäßig neue Smartphones, Tablets und Macs kaufen zu lassen.

Schweden gegen Silicon Valley

Spotify hingegen ist noch immer nicht in den schwarzen Zahlen und hat erst kürzlich wieder Anteile in einer Investmentrunde (u.a. an Telia Sonera aus Schweden) verkauft, um sich frisches Kapital für die Expansion ins Haus zu holen. Zudem nutzen laut Techcrunch 50 Prozent der Spotify-Nutzer auch regelmäßig iTunes, was diese schnell auf die Idee bringen könnte, zu Apple Music zu wechseln. Ein Hürde für langjährige Spotify-Nutzer ist aber sicher, die oft in mühsamer Kleinarbeit erstellten Playlists von A nach B zu migrieren – wie man das schafft, bleibt noch abzuwarten. Kündigen lässt sich Spotify jedenfalls monatlich ohne großen Aufwand.

Wer erwartet, bei Apple einen umfangreicheren Musikkatalog zu bekommen, könnte enttäuscht werden. Den Vertrag mit den Indie-Labels hat der iPhone-Konzern noch nicht im Sack (ca. 13 Millionen Songs fehlen noch), und auch die Beatles wird Apple nicht zum Streamen anbieten, sehr wohl aber weiterhin zum iTunes-Download.

Und was bleibt den Künstlern übrig?

Spannend wird sein, ob Apple den Künstlern selbst endlich mehr Einnahmen via Streaming verschaffen kann. Immer wieder beklagen Musiker, dass sie selbst bei Millionen Streams nur sehr wenig Geld ausgezahlt bekommen (pro Stream sind es maximal 0,0084 Euro). Der „Federation of the Phonographic Industry“ (IFPI) zufolge bringt ein zahlender Streaming-Kunde 26-mal mehr Umsatz als ein Gratisnutzer (diese bringen Werbeeinnahmen). Wenn Apple es schafft, die vielen Gratisnutzer, die sich etwa bei Spotify tummeln, zu zahlenden Kunden zu machen, dann könnten den Musikern am Ende mehr Einnahmen winken. Indie-Labels bekommen von Apple 58 Prozent der Umsätze, für die drei Majors (Universal, Sony, Warner) dürfte etwas mehr vom Apple-Music-Kuchen übrig bleiben – wie viel dann an die Künstler selbst geht, ist wiederum Vertragssache zwischen ihnen und den Plattenfirmen.

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Android Auto vs. CarPlay: Google und Apple machen das Auto zum Smartphone-Zubehör

Android Auto soll den Fahrer nicht ablenken. Beifahrer sollten sich ein Beispiel nehmen. © Google

Android Auto soll den Fahrer nicht ablenken. Beifahrer sollten sich ein Beispiel nehmen. © Google

Virtual Reality, das Internet of Things, ein mobiles Bezahlsystem, smarte Kleidung und eine neue Android-Version: Google hat auf seiner Hauskonferenz I/O in San Francisco eine ganze Reihe an neuen Produkten vorgestellt, die ganz klar auf die meisten großen IT-Trends einzahlen. Wann das alles beim Konsumenten ankommen wird, muss man erst einmal abwarten. Eine Sache, mit der Verbraucher aber sehr bald konfrontiert werden, ist Android Auto.

Bald auch in Deinem Neuwagen

Bereits auf der I/O 2014 angekündigt, kommt das für Kraftfahrzeuge optimierte mobile Betriebssystem jetzt so richtig in die Gänge: Erste Hyundai-Modelle, die Android Auto integriert haben, können US-Bürger bereits erstehen, auch Audi, Chevrolet und VW haben auf der Konferenz erste Demofahrzeuge ausgestellt, in denen Besucher die Software testen konnten. In den kommenden Wochen und Monaten wollen diese drei Hersteller erste Wägen in verschiedenen Märkten zum Verkauf anbieten. Insgesamt wollen 35 Autohersteller – u.a. auch Alfa Romeo, Ford, Honda, Jeep, Kia, Nissan, Opel, Peugeot, Renault, Seat, Suzuki oder Volvo – noch 2015 Modelle auf den Markt bringen, die Android Auto an Bord haben. Laut Google sollen nach den USA, Großbritannien und Irland auch Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien ausgerollt werden.

Android Auto ist dabei aber nicht die zentrale Software, die sämtliche Systeme im Wagen kontrolliert, sondern übernimmt nur die Rolle des Infotainment. Auf einem Display werden Google Maps, Benachrichtigungen (z.B. SMS), Musik oder Apps wie Spotify, Threema oder Skype angezeigt. Gesteuert werden diese und andere Funktionen über Knöpfe am Lenkrad bzw. per Stimmeingabe – wer Googles Voice Search schon einmal probiert hat, weiß,  dass das überraschend gut, aber auch nicht immer funktioniert. Der ganze Sinn dahinter: Der Lenker soll nicht mehr mit dem Smartphone, das mittlerweile oft per Bluetooth am Entertainment-System hängt, herumhantieren, sondern sich klarerweise aufs Fahren konzentrieren. Sein Handy muss er aber natürlich weiter im Auto parat haben, schließlich bezieht Android Auto mobiles Internet oder GPS über ein gekoppeltes Android-Smartphone (möglich ab 5.0 a.k.a. Lollipop) – für die vielen hunderten Millionen iPhone-Nutzer kommt das System gar nicht in Frage.

Games, Videos und Tastatur sind verboten

Aufwändigere Funktionen sollen nur im geparkten Auto bedienbar sein – wie das in der Praxis funktioniert, wird man sehen. Sicherheit schreibt sich Google jedenfalls groß auf die Fahnen, den Fahrer soll das System auf keinen Fall ablenken. So sind Videos und animierte Bilder verboten (v.a. für Entwickler, die Apps für Android Auto entwerfen), Werbung darf nur akustisch sein, E-Mails werden vorgelesen, auch die Notifications sind auf das Wesentliche reduziert – Facebook-Freundschaftsanfragen haben z.B. zu wenig Relevanz, um auf dem Display aufzupoppen. Auch ein Tastatur kann auf dem Display im Auto nicht eingeblendet werden, während das Fahrzeug in Bewegung ist, und Games sind sowieso verboten.

Für den Datensammler Google ist Android Auto ein weiterer Weg, den Nutzer in sein Ökosystem zu binden. Neben dem Android-Smartphone braucht man natürlich auch einen Google-Account, um die Software voll nutzen zu können – etwa, wenn man neue Apps laden möchte oder sich wichtige Adressen in Google Maps speichern will, die man oft ansteuert. Damit unterscheidet sich Google nicht wesentlich von seinem größten Konkurrenten Apple in dem Bereich: Auch CarPlay ist ans iPhone gebunden und funktioniert nur in Zusammenspiel mit den iPhone-Versionen 5, 5C, 5S, 6 und 6 Plus. Apple hat ebenfalls mit 34 Autoherstellern  – u.a. auch BMW und Mercedes – Deals geschlossen, damit diese CarPlay in ihre Wägen integrieren. Exklusiv sind diese Partnerschaften nicht, und dementsprechend wird man bei vielen großen Herstellern wie VW sowohl Googles oder Apples Infotainment-Paket bekommen. Was die Zukunft weisen wird, ist, ob sich die von den Autoherstellern bisher selbst entwickelten Infotainment-Systeme gegen die neuen Alternativen behaupten können.

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Der Buy-Button: Wie Google, Facebook und Snapchat zu Online-Shops werden wollen

Ein Knöpfchen, um die Online-Welt zu regieren. © Scott/five dollars/Flickr (CC BY-SA 2.0)

Ein Knöpfchen, um die Online-Welt zu regieren. © Scott/five dollars/Flickr (CC BY-SA 2.0)

Werden wir künftig noch zu dezidierten Online-Shops surfen, oder werden uns Facebook, Twitter und Snapchat mit den Produkten und Dienstleistungen unserer Wünsche versorgen? Suchmaschinen, Social Networks und Messaging-Apps setzen derzeit viel daran, im E-Commerce Fuß zu fassen. Ihnen geht es vor allem um die Bindung der  jungen Konsumenten, die heute noch Taschengeld bekommen, bald aber ihre Gehälter ausgeben wollen.

Amazon, eBay und Co unter Druck

Die großen globalen Player Amazon, eBay, Alibaba, Rakuten und daneben lokale Destinationen wie Zalando in Deutschland oder willhaben.at in Österreich – so sieht für viele Internetnutzer Online-Shopping auch in Jahr 2015 aus. Gegen die etablierten Marken wie Amazon anzutreten, davon wird oft abgeraten. “Jeder, der Amazon werden will, wird scheitern”, sagte etwa Martin Wolf, Leiter Vertrieb, Werbepost & Dialog bei der Österreichische Post AG, vergangene Woche auf der Digitalmarketing-Messe DMX Austria in Wien. Doch derzeit mehren sich die Anzeichen, dass es sehr wohl Internet-Firmen gibt, die die Marktmacht von Amazon und Co. brechen wollen und ihre starken Reichweiten und Plattformen dazu nutzen wollen, Produkte online zu verkaufen. Wenn sie sich mit ihren Plänen durchsetzen, wird man keine dezidierten Online-Shops besuchen müssen, sondern direkt aus Suchmaschinen, Social Networks und Messaging-Apps bestellen, was man so braucht.

  • Google: Ja, niemand geringerer als der Werberiese Google ist auf der Suche nach neuen Einnahmequellen. Wie das Wall Street Journal berichtete, sollen in den Suchergebnissen schon bald Anzeigen auftauchen, in denen “Buy”-Buttons integriert sind. Ein Klick darauf leitet den User auf mobilen Geräten zu dezidierten, von Google gestalteten Produktseiten, wo man sich Größe, Farbe, Menge, Lieferart oder Bezahlmethode aussucht und den Kauf auch abschließen kann. Für Google gäbe es als Vermittler die Möglichkeit, am Umsatz des Händlers mitzuverdienen.
  • Facebook: Das führende Social Network testet nicht nur seit Juli 2014 einen “Buy”-Button (man soll damit Produkte kaufen, ohne Facebook zu verlassen), sondern könnte auch seine App Messenger mit 600 Millionen monatlichen Nutzern zur Shopping-Plattform ausbauen. Die ersten Schritte dazu wurden bereits gesetzt: In den USA lässt Facebook Nutzer via Messenger Geld überweisen und sammelt dafür bereits fleißig Bankdaten, die dann später, wenn Shopping-Angebote in die App kommen, bereits vorhanden sind, um die Nutzer zum Kaufen zu animieren.
  • Snapchat: Die bei jungen Menschen beliebte Messaging-App hat in Kooperation mit Squre im November eine Bezahl-Funktion namens Snapcash eingeführt, mit der sich vorerst Nutzer Geld zuschicken können. Jetzt tauchten Gerüchte auf, denen zufolge Snapchat in das Mobile-Shopping-Start-up Spring investieren will. Branchenbeobachter sehen es schon vor sich: So, wie man heute Medien wie National Geographic oder Vice direkt in der Messaging-App konsumieren kann, könnte man künftig auch bei Snapchat shoppen.
  • WeChat: Vom Westen kaum bemerkt, hat sich die Messaging-App WeChat (sie gehört der Firma Tencent) mit etwa 550 Millionen Usern zu einem wichtigen eCommerce-Player in China aufgeschwungen. Händler können in der App kleine, gebrandete Online-Shops aufmachen und Waren und Dienstleistungen an die User verkaufen. Die Bezahlung wird über das WeChat-eigene Payment-System abgewickelt, dass auf Tencents “Tenpay” basiert. Branchenbobachter sehen die WeChat-Ambitionen als Angriff auf Chinas führenden eCommerce-Riesen Alibaba.
  • Twitter: Seit September 2014 testet auch der Kurznachrichten-Dienst einen “Buy”Button, den Werber in ihre “Sponsored Tweets” packen können. In Großbritannien und Frankreich hat Twitter bereits Partnerschaften mit Banken (Barclays bzw. Groupe BPCE) eingefädelt, damit User Geld versenden können. Außerdem hat der Kurznachrichten-Dienst kürzlich das Start-up TellApart aufgekauft, dass sich auf personalisierte Produktempfehlungen spzialisiert hat.
  • YouTube: Auch die Google-Tochter YouTube soll zum Shopping-Center werden. Kürzlich wurde angekündigt, dass in den kommenden Monaten neue Werbeformate namens “TrueView for shopping” starten sollen. Werber können im Video “Click to Shop”-Anzeigen und Produktbilder samt Preisen einbetten. Für die Händler Wayfair und Zephora soll das in Tests schon ganz toll funktioniert haben.
  • Pinterest: Die inspirierende Foto-Plattform experimentiert Berichten zufolge wie alle anderen ebenfalls mit einem “Buy”-Button, der im Laufe des Jahres starten soll. Wie bei der Konkurrenz ist die Funktion so angelegt, dass der User nicht mehr die Webseite oder die App von Pinterest verlassen muss, um ein Produkt zu erstehen.

Die große Frage: Sind Konsumenten, die gerade bei Google suchen, ein YouTube-Video kucken, bei Facebook oder Twitter prokrastinieren oder in Snapchat chatten, gerade in der Stimmung, etwas zu kaufen? Wer einen Online-Shop besucht, zeigt Kaufabsicht, doch in Suchmaschinen, Social Network und Messaging-Apps sucht man oft etwas anderes – etwa Information, Unterhaltung, Freunde.

Konsumenten der Zukunft frühzeitig binden

Laut Ted Livingston, der 2009 die Messaging-App Kik gegründet hat und dort Marken mit eigenen Profilen auftreten lässt, sagt ein Rennen um das “WeChat des Westens” voraus. Bei WeChat würden pro Tag mehr Business-Accounts aufgemacht werden, als in China Webseiten online gehen, und wer das in der westlichen Welt schaffe, könne die Konsumenten von morgen an sich binden. “Would you switch from Amazon to Walmart just because you can now Kik a pair of shoes to your friends? I doubt it, unless you’ve never shopped at either store before” , so Livingston. “Young consumers in the West are like all consumers in the East. They haven’t yet decided where to bank, where to shop, or what games to play. But they all chat.

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AdBlock Plus: Android-Browser soll Irrelevanz von Werbeblockern auf Smartphones wettmachen

Die Welt im Sack, so sieht man bei AdBlock Plus die Angelegenheit. © Eyeo GmbH

Die Welt im Sack, so sieht man bei AdBlock Plus die Angelegenheit. © Eyeo GmbH

Die Kölner Eyeo GmbH, die den populären Adblocker „AdBlock Plus“ mit mehr als 50 Millionen Nutzern weltweit anbietet, hat im deutschsprachigen ordentlich für Furore gesorgt, weil sie in ihrem „Acceptable Ads„-Programm bestimmte, nicht störende Werbeformen von der Blockade ausnimmt. Große IT-Unternehmen wie Google, Microsoft oder Amazon zahlen bei Eyeo viele Millionen Euro ein, damit ihre Werbung nicht blockiert wird, kleinere Publisher oder Blogger müssen für die Freischaltung ihrer Ads nichts zahlen.

Während AdBlock Plus am Desktop eine Macht ist und manchen Webseiten viel Werbegeld kostet, weil eine hohe Prozentzahl der Nutzer die Online-Anzeigen einfach blockt, ist der Werbeblocker im Mobile-Bereich irrelevant. In die führenden mobilen Browser Safari (iPhone, iPad) oder Chrome (Android) kommt das Browser-Plugin nicht hinein. In nativen Apps wie jenen von Facebook oder Twitter, wo Nutzer viel Zeit verbringen und dort native Werbung in Form von gesponserten Beiträgen und Tweets präsentiert bekommen, spielt AdBlock Plus sowieso keine Rolle. Um dieses Manko im boomenden Mobile-Business wettzumachen, bringt Eyeo heute einen eigenen mobilen Browser namens „AdBlock Browser“ auf den Markt.

Schnelleres Browsen, mehr Akku als Versprechen

Der AdBlock Browser (Beta-Version) kommt mit einem integrierten Werbeblocker, läuft auf Android-Geräten und soll automatisch jede störende Werbung auf mobilen Webseiten ausblenden. Die Vorteile, die Eyeo kommuniziert: Der AdBlock Browser soll schnelleres Browsen und weniger Datenverbrauch bringen, weil weniger Elemente einer Webseite geladen werden, er soll die Akkulaufzeit des Smartphones erhöhen, und er soll die Gefahr von Malware und Adware reduzieren.

Der Clou: Jene Werbung, die AdBlock Plus bereits freigeschaltet hat und auf der Whitelist hat (z.B. die Google-Cashcow AdWords) sind standardmäßig freigeschaltet. Das erlaubt es Eyeo auch im mobilen Bereich, Geld von großen werbefinanzierten Unternehmen verlangen zu können. Unter „Einstellungen“ -> „Settings“ -> „Acceptable Ads“ soll der User auf Wunsch auch diese Werbeformen blockieren können.

Fraglicher Erfolg

Die Krux der Geschichte: Eyeo muss es schaffen, den Browser an möglichst viele Nutzer zu bringen, um im mobilen Bereich relevant zu werden. Das könnte sehr schwer werden: Wer den Browser will, muss der „AdBlock Browser Beta Community“ auf Google+ beitreten und kann dann den Browser kostenfrei installieren – in Googles Play Store ist der Browser noch nicht auffindbar.

Außerdem sieht sich AdBlock Plus wegen dem Untergraben der Business-Modelle von Internet-Publishern weiter mit Klagen von deutschen Medienhäusern konfrontiert. Der neue Android-Browser wird nicht dazu beitragen, die Verlage freundlicher zu stimmen.

Start-up Erdbeerwoche.com: „Selbst unter Frauen ist die Regel nach wie vor ein Tabuthema“

Bettina Steinbrugger und Annemarie Harant gründeten Erdbeerwoche.com. © Jakob Steinschaden

Bettina Steinbrugger und Annemarie Harant gründeten Erdbeerwoche.com. Im Bild vorne: Erdbeeren. © Jakob Steinschaden

Biotampons, Biobinden und wiederverwendbare Produkte für die Monatshygiene: Das österreichische Startup Erdbeerwoche.com („Erdbeerwoche“ ist ein norddeutscher Begriff für Menstruation), das Annemarie Harant und Bettina Steinbrugger gegründet habn, will das Thema Nachhaltigkeit im Bereich der Frauenhygiene vorantreiben. 2015 steht neben der Expansion nach Deutschland und in den CEE-Raum auch die Bewusstseinssteigerung bei Gynäkologen und an Schulen an.

Biolebensmittel und Biokleidung sind ganz normal, aber der Bereich, der die empfindlichste Stelle des weiblichen Körpers betrifft, wird von der Nachhaltigkeitsdebatte noch sehr stark ausgeklammert”, sagt Erdbeerwoche.com-Gründerin Annemarie Harant im Gespräch. “Selbst unter Frauen ist die Regel nach wie vor ein Tabuthema.” Deswegen haben sie und ihre Geschäftspartnerin Bettina Steinbrugger 2013 einen Online-Shop ins Leben gerufen, in dem Kundinnen nachhaltige Bioprodukte für die Menstruation kaufen können. Die sind zwar etwa 30 Prozent teurer als Tampons oder Binden aus dem normalen Handel, dafür aber auch gesünder, weil sie etwa ohne Kunstofffasern und genmanipulierte oder mit Pestiziden versetzte Baumwolle auskommen. Derzeit hält man etwa bei 5000 Kundinnen (Topseller ist die Menstruationskappe, die fünf bis zehn Jahre verwendbar ist und bis zu 2000 Tampons ersetzen kann), 2014 konnte der Umsatz verdoppelt werden, und bei der Grazer Konferenz Marketing Rockstars konnte Erdbeerwoche.com den ersten Platz bei einem Start-up-Wettbewerb gewinnen.

Gegen die Marktführer

Als junges Mädchen wird man mit Werbung und Darstellungen mit blauer Flüssigkeit bombardiert, was natürlich nichts mit der Realität zu tun hat. Man verwendet von Anfang an, was Mama einem gibt oder was die Werbung empfiehlt und bleibt dann dabei”, sagt Steinbrugger. Die beiden Procter & Gamble (“Always”) und Johnson & Johnson (“ob”) hätten in den vergangenen 60 Jahren keine wesentlichen Innovationen im Bereich der Frauenhygiene gebracht, und das wolle man nun endlich ändern. “Das erste Biotampon wurde schon vor 20 Jahren erfunden, aber es weiß niemand davon. Wir wollen das Thema mit Fakten und Humor vermitteln und so aufzeigen, welche Alternativen es gibt”, sagt Harrant. Erdbeerwoche.com ist dabei nicht selbst der Hersteller, sondern fungiert als Reseller von Produzenten aus Großbritannien, Italien und Finnland. Diese Partner, mit denen man in der Produktweiterentwicklung zusammenarbeitet, bieten ein komplettes Tracking der Materialien und Zertifizierungen, damit Frau nachvollziehen kann, wo die Produkte genau herkommen.

Zwischen den beiden Marktführern wittert Erdbeerwoche.com eine fruchtbare Nische. Einer eigenen Umfrage unter 215 Frauen zufolge geben 37 Prozent an, dass nachhaltige Frauenhygieneprodukte Situation verbessert hat (weniger Hautirritationen, Pilzinfektionen, etc.), 55 Prozent sagen, dass nachhaltige Frauenhygiene ihre Regelerfahrung positiv verändert hat. Ein Problem von herkömmlichen Produkten: Wegen der Chlorbleiche wurden schon Dioxinrückstände festgestellt, die an der intimsten Stelle des weiblichen Körpers eigentlich nichts zu suchen haben.

Ja, so sieht eine Menstruationskappe aus. © Erdbeerwoche.com

Ja, so sehen Menstruationskappen aus. © Lunette

Expansion und Investorengespräche

Heuer ist ein ganz wichtiges Jahr für uns”, sagt Steinbrugger, 2015 wolle man es wissen. So ist nicht nur die Expansion nach Deutschland angedacht, sondern auf die Bewusstseinsbildung bei Gynäkologen und jungen Frauen mittels Aufklärungskampagnen an Schulen. “Viele Frauen etwa wissen nicht, dass man Tampons nur fünf, sechs Stunden im Körper lassen und nicht die ganze Nacht verwenden sollte”, so Steinbrugger. Auch das Geschäftsmodell selbst soll erweitert werden: Angedacht ist ein Abomodell, wie es sie bereits im Bereich von Männerprodukten wie Rasierklingen gibt. Allerdings: “Das ist in Planung, aber es ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht. Der Zyklus der Frau ist nicht so exakt vorherzusagen. Mal ist die Menstruation stärker, mal schwächer, weswegen jede Frau unterschiedliche Produkte in unterschiedlichem Ausmaß braucht”, so Harant.

Außerdem laufen erste Gespräche mit Investoren (bis dato hat Eigenkapital das Start-up finanziert), mit deren Hilfe der Ausbau des Geschäfts gelingen soll. “Wir sind als Frauen beim Start anders vorgegangen als viele Männer”, sagt Steinbrugger. “Wir wollten zu Beginn bewusst keine Investoren und Förderungen, weil wir zuerst schauen wollen, ob sich das Ding selbst trägt. Deswegen sind wir langsamer gewachsen als viele andere Startups, dafür aber auch nachhaltiger.

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Filterblase: Facebook weist die Schuld von sich, doch die Scheuklappen im Netz wirken trotzdem

Schön anzusehen, aber irgndwann muss sie platzen. © Jakob Steinschaden

Schön anzusehen, aber irgendwann muss sie platzen. © Jakob Steinschaden

In einer neuen Studie, die im Science Magazine veröffentlicht wurde, versucht das Data Science Team von Facebook zu widerlegen, dass der News Feed des Social Networks uns nur mit Informationen versorgt, die zu unserer eigenen Meinung passen. Doch es gibt Kritik an den Ergebnissen.

Facebook könnte man mit 938 Millionen täglich aktiven Nutzern durchaus als die größte Tageszeitung der Welt bezeichnen – in den USA sagen etwa 30 Prozent der Erwachsenen, dass die wichtigste Quelle für News Facebook ist. Kein Wunder: Seit geraumer Zeit mischen sich viele Links zu News-Artikel unter den restlichen Content, und für Online-Medien hat sich das Social Network zu einer wichtigen Traffic-Quelle entwickelt. Kritik an der Auswahl der Meldungen, die den Usern präsentiert werden, gibt es schon länger. Eli Pariser, heute Chef der Viral-Content-Seite Upworthy, hat 2012 mit seinem Buch “The Filter Bubble” den Begriff der Filterblase geprägt und eindrücklich davor gewarnt, dass uns Facebook nur Inhalte präsentiert, die zu unseren Meinungen und Einstellungen passen und ausblendet, was ihnen widerspricht.

Eine kleine Stichprobe

Das Data Science Team von Facebook um Eytan Bakshy versucht nun, diese Vorwürfe zu wiederlegen. Einer eigenen Studie zufolge, bei der das Klickverhalten von 10,1 Millionen Facebook-Nutzern analysiert wurde, sollen die User ein deutlich breiteres Spektrum an politischen Nachrichten zu sehen bekommen, als Kritiker sagen. Den Ergebnissen zufolge würde der Algorithmus, der die Inhalte im News Feed bestimmt, vor konservativen Nutzern nur fünf Prozent der liberalen Inhalte verstecken, liberal gesinnte User würden acht Prozent der konservativen Inhalte nicht zu sehen bekommen. Außerdem sei die Wahrscheinlichkeit, dass ein konservativer Nutzer auf einen liberalen Inhalt klickt, nur um 17 Prozent geringer als bei anderen Inhalten, Liberale kämen dabei auf nur sechs Prozent. Insgesamt, so die Studie weiter, hätten im Schnitt 23 Prozent der Facebook-Freunde eine konträre politische Einstellung, 29 Prozent der News-Stories würden eine Sichtweise repräsentieren, die mit der Meinung der User in Konflikt steht. Insgesamt sollen nur sieben Prozent der User auf “harte News”, also Inhalte zu nationalen oder internationalen Politik, klicken.

Die Schlussfolgerung der Facebook-Forscher: Nicht der Algorithmus, der die Beiträge für den Nutzer auf Basis seiner Daten (Freunde, Likes, Klickverhalten, etc.) auswählt, sei schuld an der Filterblase, sondern die Nutzer selbst. Entscheidend sei die Größe und die Diversität des Freundeskreises, von dem die Nachrichten kommen. Das ist sicher plausibel: Menschen haben sich in Höhlen, Zünften, Vereinen, Parteien, Kämmern und anderen Gemeinschaftsformen schon immer gerne mit jenen umgeben, die die eigene Lebensweise teilen. Die Hoffnung, dass die Digitalisierung diesen Scheuklappen-Effekt aufbricht und für eine breite Wahrnehmung an Meinungen und Positionen sorgt, dürfte sich so schnell nicht erfüllen.

Einseitige Nachrichtenauswahl

Kritik an der Facebook-Studie kommt etwa von der Journalistin Eva Wolfangel, die dahinter eine PR-Aktion zur Image-Aufbesserung von Facebook vermutet. “Bakshy und seine Kollegen bestätigen, dass der Algorithmus zu einer einseitigen Nachrichtenauswahl führt“, schreibt Wolfangel in Bezug auf das Forscher-Team von Facebook. “Welche Neuigkeiten ein Nutzer ganz oben angezeigt bekommt, entscheidet sich unter anderem danach, wie oft dieser Facebook besucht, wie intensiv er mit bestimmten Freunden interagiert und welche Links seines Newsfeed er in der Vergangenheit angeklickt hat. Neu ist lediglich die Erkenntnis, dass die Nutzer offenbar mehr Vielfalt präsentiert bekommen, als sie aufnehmen.

Auch die Forscherin Zeynep Tufekci von der University of North Carolina kann der Studie wenig abgewinnen. Aufgrund der Auswahl der Stichprobe (es wurden nur US-Nutzer ausgewählt, die ihre politische Einstellung selbst angegeben haben) könne man nicht auf die Gesamtheit schließen. Was sie aus der Studie liest: Der wahre Gatekeeper sei die Platzierung im News Feed, weil ganz oben positionierte Links viel mehr Klicks bekommen als jene, die unten gereiht werden. Forscher Christian Sandvig von der University of Michigan weist darauf hin, dass der News Feed bei Konservativen einen von 20, bei Liberalen einen von 13 konträren Artikeln filtere. Nathan Jurgenson, der für den Facebook-Rivalen Snapchat forscht, hat sich ebenfalls über die Studie ausgelassen und meint, dass die Studie methodisch schlecht durchgeführt worden sei und nicht von Science so schnell veröffentlicht hätte werden dürfen.

Was lernt nun unsereins von der wissenschaftlichen Debatte rund um den News Feed? Wer auch immer nun Schuld an der Filterblase ist – ob Algorithmus, Freundeskreis oder wir selbst –, man sollte sich der Echokammer immer bewusst sein und aktiv versuchen, konträre Meinungen wahrzunehmen. Sonst schwimmen wir noch in 100 Jahren in der eigenen Suppe.

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London Campus: Das „Starbucks für Start-ups“ ist zwar gratis, aber sammelt auch Daten für Google

Verspielt wie immer: Googles Start-up-Zentrum in London. © Jakob Steinschaden

Verspielt wie immer: Googles Start-up-Zentrum in London. © Jakob Steinschaden

Es ist eine reichlich unspektakuläre Seitengasse im hippen Londoner Stadtteil Shoreditch, die sich zu einem der wichtigsten Treffpunkte der europäischen Startup-Metropole entwickelt hat. “Das ist das Starbucks für Startups”, scherzt Google-Mitarbeiter Bruno, während er durch den Campus London führt – in Anspielung auf das Café im Keller, in dem junge Londoner bei Gratis-WLAN an ihren Projekten werkeln. In dem Gebäude haben sich seit dem Start vor drei Jahren 50.000 Startups angemeldet, täglich sind Vertreter von rund 200 Jungfirmen vor Ort, und pro Jahr finden hier rund 1000 Events statt.

Im London Campus von Google. © Jakob Steinschaden

Im London Campus von Google. © Jakob Steinschaden

Kreative Gratis-Welt

Auf sieben Stockwerken hat Google gemeinsam mit seinen Partnern eine Mischung aus Coworking Space, Café, Veranstaltungszentrum, Inkubator und Hacker-Treff eingerichtet. Das Publikum – man ahnt es schon – erfüllt viele Klischees des Tech-Hipsters: MacBooks, Vollbärte und Nerd-Brillen dominieren das Bild, und die obligatorischen Tischfußballtische, Sitzsäcke und auf Wände gepinselten Sprüche (“Wake up, Start-up”, “Work hard, play hard”) gibt es natürlich auch. Als Sahnehäubchen gibt es sogar eine Bitcoin-Maschine, an der man Cash in die virtuelle Währung tauschen kann, um damit anschließend seinen Caffé Latte am Tresen zu bezahlen. Erfrischend ist, dass viele Frauen ihren Weg in den Campus gefunden haben – mit dem Programm “Women@Campus” wird das gezielt gefördert.

Ganz nach Google-Manier ist hier fast alles gratis: Was zur Folge hat, dass es ab 9 Uhr morgens ein Rennen um die besten Plätze im Café gibt, wo schnelles kostenloses Internet und Steckdosen geboten werden. Außerdem gibt es ein Device Lab mit einer ganzen Reihe an Testgeräten (von iPhone über Android-Tablets bis hin zum Windows-Smartphone), auf denen man kostenlos seine Apps und Web-Dienste testen kann – sofern sie frei sind. Lediglich in der Cafeteria oder für einen fixen Platz im Coworking-Bereich muss man in die Tasche greifen. Für Startups in ganz frühen Phasen und Gründer, die noch ihre Konzeptpapiere schreiben, ist der London Campus die günstigste Möglichkeit, um ein Projekt anzugehen. Vom Café im Untergeschoss kann man sich dann sprichwörtlich nach oben arbeiten, denn Google hat eine ganze Reihe an Partnern ins Haus geholt, die die oberen Stockwerke bezogen haben.

Im London Campus von Google. © Jakob Steinschaden

Im London Campus von Google. © Jakob Steinschaden

Sich nach oben arbeiten – sprichwörtlich

Wer schon ein Stückchen weiter auf dem Weg zur Weltherrschaft ist, der zieht in den Coworking Space von TechHub ein paar Stöcke höher, dessen Schwesternbüros in Berlin, Bangalore, Boston oder Bukarest liegen. Hier lassen sich fixe Arbeitsplätze für EPU oder kleine Teams mieten, pro Monat kostet das 275£. Außerdem im Haus vertreten ist der Startup-Investor Seedcamp, der unter anderem in Startups wie TransferWise (GB), Holvi (FIN) oder Frontback (USA) investierte und eine besondere Liebe zu österreichischen Jungfirmen entwickelt hat (u.a. Platogo, Codeship, Blossom.io, Lookk, Soup.io). “Es sind immer echt gute Investoren im Haus”, sagt Bruno, offenbar werden im Campus vielversprechende Gründer gescoutet. Schließlich ist auch der Partner Up, der auf Events für Gründer und Startups spezialisiert ist und weltweit mehr als 1000 Veranstaltungen in fast 570 Städten organisiert. Ziel ist die Vernetzung der Jungfirmen untereinander sowie mit potenziellen Investoren.

Google, das mit dem Campus London der Community einen wichtigen Dreh- und Angelpunkt geschenkt hat, ist ebenfalls bemüht, die Szene mit Input zu versorgen. Zu den Events holte man etwa HuffPo-Gründerin Arrianna Huffington, Buzzfeed-Gründer Jonah Perretti oder die CEOs von Jawbone und King.com (“Candy Crush”) ins Haus. Außerdem fungieren Google-Mitarbeiter auf freiwilliger Basis als Mentoren für Startups oder geben Workshops zu Themen wie Social Media, Growth Hacking, Mobile oder Online-Werbung.

Im London Campus von Google. © Jakob Steinschaden

Im London Campus von Google. © Jakob Steinschaden

Datensammeln über Startups

Selbstlos ist Google aber nicht, wenn es der Londoner Startup-Community einen Gratis-Campus schenkt. Die Einrichtung ist Teil des Programms Google for Entrepreneurs, das seit 2011 viele Millionen US-Dollar in etwa 125 Ländern investiert hat. Google will mit dem Support der lokalen Startup-Szenen weltweit immer neues, frisches Blut ins digitale Ökosystem bringen, von dem es selbst zehrt. 2015 sollen dem London Campus ähnliche Einrichtungen in Madrid, Warschau, Sau Paolo und Seoul eröffnet werden. Und Google wäre nicht Google, wenn es nicht auch hier Daten sammeln würde. Wer gratis im Café arbeiten möchte, muss sich online registrieren und Google Name, Geschlecht, Herkunft, E-Mail-Adresse, Firmenname, Alter des Startups, Branche und Website verraten. Für Google kann diese Datenerfassung eine Art Seismograph sein, der feststellt, welche Trends in der Tech-Welt entstehen und welche Startups in welchen Verticals entstehen.

Mit der Zugangskarte wird außerdem getrackt, wer wann im Haus ein und ausgeht, und das Google Security Operations Center (GSOC) ist für die Gebäudeüberwachung zuständig. Schließlich wird in einer Partnerschaft mit BuzzRadar aufgezeichnet, was in Social Media über das Haus veröffentlicht wird. Und so lernt man im London Campus zumindest wieder eines: Gratis ist auf dieser Welt nur wenig, auch in der hippen und freundlichen Google-Startup-Welt nicht.

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Sponsored Video: T-Mobile sucht die smartesten Start-up-Ideen für das Internet der Dinge

Eine Zukunftsvision: Wenn das Thermostat mit der Kaffeemaschine plaudert. © T-Mobile

Eine Zukunftsvision: Wenn das Thermostat mit der Kaffeemaschine plaudert. © T-Mobile

“Is it just me or is it gettin` hot in here?”, fragt das Thermostat seine Kollegen Kaffeemaschine, Wasserspender und Videokamera in einem neuen Video von T-Mobile. Ja, das Thema Internet of Things (IoT), also die smarte Vernetzung von sämtlichen Gegenständen, wird immer konkreter und will sich mit immer neuen nützlichen Anwendungen in unserem Alltag breit machen. Noch ist es nicht soweit, dass etwa unsere Kühlschränke automatisch Milch im Online-Shop nachbestellen, doch zahlreiche Start-ups auch im deutschsprachigen Raum setzen darauf, Alltagsgegenstände smart zu machen.

T-Mobile will bei IoT und der so genannten Machine-to-Machine-Kommunikation (kurz M2M) ganz vorne mitmischen und gehört zu jenen Unternehmen, die in diesem Bereich bereits Lösungen anbietet – etwa bei der Fernüberwachung von Patienten, im Fuhrparkmanagement, für Kassensysteme im Handel, mit Alarmsystemen im Haus, oder bei der Verfolgung von Warensendungen oder zu Hause, wenn Kühlschrank und Co. mittels Datenfunk smart gemacht werden. Der Mutterkonzern Deutsche Telekom, der mit dem hub:raum einen Inkubator für Start-ups ins Leben gerufen hat, hat 2015 seinen Schwerpunkt auf IoT gelegt.

30.000 Euro und Zugang zu Kunden

Mit der “Business Wall Of Fame” und einem Wettbewerb will T-Mobile jetzt in acht Ländern, darunter natürlich auch Deutschland und Österreich, frische IoT- und M2M-Start-ups vor den Vorhang holen. Noch bis zum 25. Mai um Mitternacht können Jungfirmen und Gründer unter www.wallofbusiness.com ihre Lösungen einreichen und eine Werbekampagne im Wert von 30.000 Euro gewinnen. Außerdem könnte sich aus der Teilnahme eine Zusammenarbeit mit T-Mobile ergeben.

Start-ups, die für den Wettbewerb online einreichen, können sich mit einem kurzen Beschreibungstext, Bildmaterial (z.B. Screenshots einer App) und, besonders wichtig, einem Kurzvideo präsentieren. Voraussetzung: Die Technologie muss bereits im “production mode” sein oder spätestens innerhalb der nächsten sechs Monate einsatzfähig sein. Nach Ablauf der Anmeldefrist stimmen die Businesskunden von T-Mobile darüber ab, welche 15 Start-ups ins Finale kommen. Der Gewinner wird dann von einer Fachjury bestimmt, die sich aus Experten des Mobilfunkers zusammensetzt.

Wettbewerb in acht Ländern

Da der Wettbewerb in acht Ländern (neben Österreich und Deutschland in Kroatien, Griechenland, Ungarn, Mazedonien, Rumänien und der Slowakei) durchgeführt wird, können Start-ups, deren Lösung in allen Märkten verfügbar ist, als beste internationale M2M- bzw. IoT-Lösung gekürt werden und sollen dann als Partner der Deutschen Telekom in diesen acht Ländern vermarktet werden. Der Gewinner wird zusätzlich als ein Telekom-Partner auf einer internationalen Industriemesse vorgestellt, was einem Gegenwert von 10.000 Euro entspricht. Für jene, die nicht den ersten Platz schaffen, bleibt es aber spannend: Die besten Teilnehmer werden automatisch für die „Industrie 4.0-Kategorie“ des internationalen Telekom Innovation Contest berücksichtigt, der in der zweiten Jahreshälfte 2015 stattfindet. Für Start-ups ist eine Partnerschaft mit der Deutschen Telekom durchaus spannend, immerhin hat sie 10,8 Millionen Geschäftskunden.

Relevante Links: WebseiteFacebookLinkedInTwitter

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Die Cloud-Kriege: Auf den Servern von Amazon liegt gefühlt die Hälfte des Social Web

Die Cloud, der fast jeder vertraut: Auf den Servern von Amazon haben sich viele Web-Start-ups eingenistet.

Die Cloud, der fast jeder vertraut: Auf den Servern von Amazon haben sich viele Web-Start-ups eingenistet.

1,57 Mrd. Dollar Umsatz und 265 Millionen US-Dollar Gewinn: Die Amazon Web Services (AWS) sind für den Internetkonzern aus Seattle ein wichtiges Standbein, das kann man aus den aktuellen Quartalszahlen (Q1 2015) auf jeden Fall ablesen. Es ist das erste Mal, dass Amazon gesonderte Zahlen für seinen Cloud-Service ausweist – was nicht nur Börsianer hellhörig machte, sondern auch die Konkurrenz, allen voran Microsoft.

Amazon vs. Microsoft vs. IBM vs. Google

In dem schnell wachsenden Milliardengeschäft liefert sich Amazon schon seit längerem einen intensiven Preiskampf mit seinen Mitbewerbern, zu denen neben Microsoft (Azure) auch Google (Google Cloud Platform), IBM, Rackspace oder Salesforce zählen. Sie alle wollen ihren Business-Kunden nach dem Infrastructure-As-A-Service-Modell (IAAS) Rechenkapazitäten und Speicherplatz verkaufen, damit sie nicht ihre eigenen Server und Rechenzentren aufbauen müssen. Erst, wenn Internetdienste eine gewisse Größe erreichen, wird es notwendig, in eigene Serverfarmen zu investieren. Dropbox etwa war bis zum Vorjahr AWS-Kunde und musste nicht schon von Beginn an seine eigene Infrastruktur aufbauen. Auch Instagram lag auf AWS-Servern, bis es nach der Übernahme von Facebook auf dessen Server umzog.

Amazon hat sich, das zeigt eine Studie von Synergy Research Group, den größten Teil des Cloud-Kuchens geschnappt und hielt 2014 28 Prozent des Gesamtmarktes. Weit abgeschlagen liegen Microsoft (10 Grozent), IBM (7 Prozent) oder Google (5 Prozent):

Besonders spannend wird es, wenn man sich ansieht, welche Internetdienste bereits auf Basis der Cloud-Dienste laufen: Bei den Amazon Web Services (AWS) sind Spotify, Airbnb, Pinterest, Yelp, Etsy, Shazam, Foursquare, Flipboard, Expedia, reddit oder Netflix zu Hause, und sogar die CIA baut auf der Amazon-Cloud. Im Sommer 2014 wurde bekannt, das Amazon einen Auftrag über 600 Millionen US-Dollar von der CIA bekommen und beim Pitchen um den Auftrag IBM aus dem Rennen warf. Die AWS haben sich vor allem bei Start-ups als Plattform zum schnellen und einfachen Aufbau eines neuen Web-Dienstes etabliert – im Prinzip muss man nur die Kreditkarte zücken und kann sich via Internet Rechenpower und Online-Speicherplatz zukaufen.

Snapchat ging zu Google

Auch Google ist mit der Google Cloud Plattform in dem Business tätig und hat neben Feedly, Rovio (“Angry Birds”) Udacity, Khan Academy oder blossom.io niemand geringeren als die boomende Messaging-App Snapchat als Kunden gewonnen. Microsoft ist traditionell eher in der alten Welt daheim und holt sich für Azure seine Kundschaft eher bei Großunternehmen – 57 Prozent der Top-500-Fortune-Companies sollen auf die Microsoft-Server bauen (u.a. Mazda, Diebold, NBC News Digital, EasyJet, Xerox).

Um Amazon die jungen Firmen abspenstig zu machen, kürzt Google ständig seine Preise, und Microsoft hat das BizSpark-Programm ins Leben gerufen. Start-ups bekommen dort über eine bestimmte Laufzeit kostenlose Serverleistung, und Microsoft erhofft sich daraus, dass schnell wachsende Internetfirmen langfristige Kunden werden. Denn Amazon mit seinen vielen boomenden Start-ups als Kunden zeigt es vor und konnte in dem Geschäftsbereich im Vorjahr ein Wachstum von 40 Prozent zeigen. Für Microsoft, dessen neuer Chef Satya Nadella früher die Azure-Sparte leitete, ist das Cloud-Geschäft ein wichtiges künftiges Standbein in einer digitalen Welt, die nicht mehr von Windows dominiert wird, sondern von iOS und Android.

Internet.org: Betreibt Facebook Entwicklungshilfe, oder ist das ökonomischer Rassismus?

Zuckerberg lässt sich das indonesische Web zeigen. © Facebook

Zuckerberg lässt sich das indonesische Web zeigen. © Facebook

600 Millionen Menschen in acht Ländern: Die Initiative Internet.org von Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat sich seit dem Start 2013 zu einem ernstzunehmenden Player entwickelt. Doch weil das Programm armen Menschen nur kostenlosen Zugriff auf ausgewählte Webseiten bietet und nicht auf das gesamte Netz, steht Zuckerberg in der Kritik. Er breche nicht nur die Regeln der Netzneutralität, sondern würde so auch ökonomischen Rassismus befördern und sich und seinen Partnern in die eigene Tasche arbeiten.

Schmalspur-Internet für Arme

Wir haben gerade Internet.org in Indonesien gestartet! Das ist ein weiterer Schritt Richtung dem Ziel, die ganze Welt zu verbinden“, schrieb Facebook-Chef Mark Zuckerburg Ende letzter Woche auf seine öffentliche Facebook-Seite. Indonesien ist damit nach Indien, Ghana, Kolumbien, Kenia, Tansania, Sambia und Guatemala das achte Land, in dem die von Facebook angeführte Initiative kostenlose Internetdienste zur Verfügung stellt. In Indonesien etwa können Nutzer via App oder Webseite auf Facebook, den Online-Marktplatz Tokopedia oder die eLearning-Plattform Kelase zugreifen, ohne dafür Geld bezahlen zu müssen.

Facebook arbeitet dazu in den jeweiligen Ländern mit Mobilfunkern zusammen (in Ghana, Kenia und Sambia mit Airtel, in Indien mit Reliance), deren Kunden für die Nutzung von einem Bündel an Web-Diensten nichts zahlen müssen. Das erklärte Ziel: Zuckerberg und seine Partner Samsung, Ericsson, Nokia, Qualcomm, Opera und Mediatek wollen jene fünf Milliarden Menschen, die heute noch ohne Internetzugang leben und oft in Entwicklungs- oder Schwellenländern leben, möglichst schnell online bringen.

Zero Rating vs. Netzneutralität

Internet.org ist so genanntes “Zero Rating”: Die Datenkosten werden nicht vom Endnutzer getragen, sondern von einem Unternehmen übernommen bzw. durch Sponsoring finanziert. Auch Wikipedia (Wikipedia Zero), Google oder der Mobilfunker Airtel setzen in Entwicklungsländern auf Zero-Rating, um Menschen kostenlose Internetdienste zur Verfügung zu stellen. Via Internet.org sollen bereits 600 Millionen Menschen in acht Ländern in den Genuss von Gratis-Internet gekommen sein.

Anders als der Name der Initiative vermuten lassen würde, bekommen die Internet.org-Nutzer aber nicht Zugriff auf das komplette freie Internet, sondern nur auf ausgewählte Dienste. In Ghana etwa darf man Facebook, seinen Messenger, Wikipedia, BBC News oder die Job-Plattform Jobberman gratis benutzen, für Google, YouTube, Twitter und viele viele andere Web-Services hingegen fallen die üblichen Gebühren an. Das hat Internet.org herbe Kritik eingebracht, unter anderem in Indien, wo Gegner einen Bruch mit der Netzneutralität orten. Von den 37 Webseiten und Apps, die die Telekomfirma Reliance seinen Kunden gratis bietet, sind mittlerweile die Times Group (TimesJobs und Maharashtra Times), das Reiseportal Cleartrip und der TV-Kanal NDTV von der Partnerschaft zurückgetreten. Sie wollen stattdessen die Kampagne www.netneutrality.in für den Erhalt der Netzneutralität unterstützen.

Indien sieht sich diskriminiert

Auch die indische Zentralregierung hat sich zu Wort gemeldet und sich gegen “diskriminierenden Internetzugang” ausgesprochen. Der Seedfund-Mitgründer Mahesh Murthy aus Mumbai hat in einem Artikel auf Quartz besonders klare Worte gefunden: “Facebooks Internet.org führt zu ökonomischen Rassismus“, schreibt Murthy. Während arme Menschen ein armseliges Internet bekämen, würden die Reichen alle Inhalte sehen dürfen.

Auch in Chile gab es bereits Widerstand gegen Zero-Rating: Die Subsecretaria de Telecomunicaciones hat mit 1. Juni 2014 verboten, dass solche Services im Land angeboten werden dürfen und verlangt von Internetanbietern, sich weiter an die Netzneutralität zu halten. Für Mark Zuckerberg ist vor allem der Widerstand im Riesenmarkt Indien ein Problem, weswegen er sich in der Hindustan Times mit einem Kommentar zu Wort meldete: “Durch Internet.org werden weder andere Dienst geblockt oder gedrosselt, noch werden schnellere Leitungen geschaffen.” Und auf Facebook argumentierte er: “Für Menschen, die noch nicht im Internet sind, ist es besser, ein wenig Konnektivität und die Möglichkeit zum Teilen zu haben, als gar keine Möglichkeit zum Vernetzen und Sharen zu haben.” Oder in etwas anderen Worten: Zuckerberg meint, dass es besser wäre, kostenlosen Internetzugang zu bekommen, als Zugang zum freien Internet zu haben.

Tech News Today: Mike Elgan und Lance Ulanoff sprechen u.a. über den Schritt indischer Firmen gegen Internet.org:

Facebook sieht positive Effekte

Eine von Facebook in Auftrag gegebene Deloitte-Studie besagt, dass die Steigerung der Internetpenetration in Entwicklungsländern die Produktivitätsrate der lokalen Wirtschaft um 25 Prozent steigern, 140 Millionen neue Jobs schaffen und 160 Millionen Menschen aus der Armut holen könnte. Welche anderen Effekte Internet.org und Gratis-Facebook für die Armen noch haben könnte, zeigt wiederum eine Studie von Quartz auf: In Indonesien und Nigeria gibt es mehr Menschen, die von sich behaupten, Facebook zu nutzen, als Menschen, die sagen, dass sie im Internet sind. Facebook wird demnach gar nicht als Internet-Dienst wahrgenommen bzw. mit dem Internet gleichgesetzt.

Ist Zuckerberg nun ein Weltverbesserer, wenn er den Armen der Welt kostenlose Internet-Dienste aufs Handy bringt? Internet.org gibt sich zwar den Anstrich einer Non-Profit-Organisation, doch dass dahinter börsennotierte Hightech-Riesen stecken, macht die Initiative nicht wirklich glaubwürdig. Für Facebook ist Internet.org auch das geeignete Vehikel, noch mehr Menschen auf diesem Planeten zum Login zu bewegen, um ihnen anschließend personalisierte Werbung zeigen zu können. Und für die Partner Samsung oder Nokia ist es die Möglichkeit, neue Märkte für ihre Smartphones zu schaffen, immerhin haben beide Billig-Smartphones für die ärmere Regionen im Portfolio.

Riesiege Drohnen sollen Internet per Laser auf die Erde darniederbeamen. © Facebook

Riesige Drohnen sollen Internet per Laser auf die Erde darniederbeamen. © Facebook

Wie lange Facebook noch auf die Partnerschaft mit Mobilfunkern wie Airtel oder Reliance angewiesen ist, ist derweil offen: Im Connectivity Lab arbeitet das Team von Ascenta (eine britische Firma, die Facebook für etwa 20 Mio. US-Dollar aufgekauft hat), an riesigen Drohnen, die eine größere Flügelspannweite als eine Boeing 737 haben. Diese sind bereits zu Testflügen abgehoben, eine Flotte von 1000 Drohnen soll in Zukunft schlecht versorgte Gebiete am Boden per Laser mit Internet bespielen. Facebook kommt mit diesen Plänen vor allem Google in die Quere: Der konkurrierende Internetkonzern will mit dem “Projekt Loon” demnächst Heißluftballone aufsteigen lassen, die ebenfalls entlegene Gebiete mit Internet versorgen sollen. Außerdem wird Google nachgesagt, Android-Apps in “Zero-Rating”-Angebote überführen zu wollen. Außerdem arbeiten die Firmen SpaceX und One Web daran, bis 2020 einen Schwarm von Satelliten um die Erde kreisen zu lassen, die ebenfalls für Internet am Boden sorgen sollen.

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Emoticons, Meme und animierte GIFs: Wie Bilder langsam aber sicher die Schrift ablösen

Die Kamera ist dabei, den Bleistift abzulösen. © Shermeee (CC BY 2.0)

Die Kamera ist dabei, den Bleistift abzulösen. © Shermeee (CC BY 2.0)

Sich animierte GIFs, Emoticons oder kurze Clips zuschicken, mag heute ein wenig infantil wirken. Doch die Kommunikation, die heute in der mobilen digitalen Welt stattfindet, unterliegt, getrieben durch technischen Fortschritt, einem drastischen Wandel. Wenn die Bilder die Buchstaben verdrängen, hat das erhebliche Auswirkungen auf Arbeit und Alltag.

Die ältesten Höhlenmalereien, die jemals gefunden wurden, sind 40.000 Jahre alt, die erste Schrift, die der Mensch erdacht haben soll, datiert etwa auf 6.600 vor Christus. Nun sieht es danach aus, dass das Bild als Mittel der Kommunikation die Schrift, die die letzten Jahrhunderte die Dokumentation von Information prägte, überdauern wird – ausgerechnet getrieben durch die Digitalisierung. Wissenschaftler sprechen dabei vom „Iconic Turn“, also von der Wende weg vom Wort hin zu Bild.

Mobiles Messaging als Treiber

Wer sich schon die Liste jener Apps angesehen hat, die der Facebook Messenger als Plattform-Partner zum Start angekündigt hat, der könnte sich unter Umständen ziemlich alt vorkommen. Animierte GIFs, schrille Kurzvideos, Meme-Montagen, Emoticons und bearbeitete Fotos sollen sich die 600 Millionen User der Messaging-App offenbar künftig zusenden. Das sieht zuerst einmal alles sehr kindisch aus – welcher vernünftige Erwachsene würde zum Kommunizieren denn schon auf bunte Bildchen setzen? Facebook-Gründer Mark Zuckerberg geht jedenfalls fix davon aus, dass mobile digitale Kommunikation vor allem visuell sein wird. Waren Facebook und Twitter mit ihren Statusmeldungen zu Beginn noch sehr textlastig, sieht man bei beiden, dass sich die News Feeds und Streams mit immer mehr Fotos füllen.

Smartphone-Apps wie WhatsApp oder Snapchat sind schon von Beginn an sehr bildlastig: Bei WhatsApp werden täglich 700 Millionen Bilder und 100 Millionen Videos verschickt, bei Snapchat sind es ebenfalls mehr als 700 Millionen Fotos pro Tag. Das ist auch logisch: Einen Schnappschuss per Smartphone zu verschicken geht schneller und ist einfacher, als eine Statusmeldung am Touchscreen zu tippen. Facebook und Twitter kommen aus der Desktop-Welt, wo Tastaturen vorherrschen und Kameras (z.B. jene von Laptops) keine gute Qualität bieten und sich nicht wirklich zum Fotografieren eignen. Doch auch die Laptop-Welt reagiert auf den Trend zur visuellen Kommunikation: Mit einem Update seines Betriebssystems Mac OS X brachte Apple kürzlich 300 Emoji-Symbole, auf die man jederzeit mit der Tastenkombination Shift-Cmd-Space zugreifen kann.

Das nächste Level: Video-Sharing

Zuckerberg geht auch davon aus, dass nach den Bildern Video-Sharing ganz groß kommen wird. Die Live-Streaming-Apps Meerkat und Periscope könnten ein erster Vorgeschmack darauf sein. Parallel dazu werden auch die Kapazitäten der (mobilen) Netze (4G, 5G, Glasfaser) stetig ausgebaut, die es braucht, damit einmal Hunderte Millionen Menschen gleichzeitig in guter Auflösung unterwegs Live-Bilder übertragen können (Datenbrillen lassen grüßen). Die nächste Stufe nach Video ist laut Zuckerberg dann übrigens Virtual Reality – wenn man also mit Brillen in digitale Welten eintauchen kann und so etwa Live-Übertragungen von wichtigen Geschehen aus völlig neuer Perspektive erleben kann.

In der professionellen medialen Kommunikation haben Bilder und Videos der Schrift schon lange den Rang abgelaufen (TV, Illustrierte, etc.). Das Internet und stetig steigende Datenübertragungskapazitäten machen das Broadcasten von Bildern und Videos nun auch der breiten Masse möglich, die gerne davon Gebrauch machen. Noch bis zur weiten Verbreitung von E-Mail und Desktop-Computern war elektronische Kommunikation von Menschen vorwiegend schriftlich, doch dieses Verhalten dreht sich durch die einfache Produktion von (Bewegt-)Bild jetzt sehr schnell. Erste Anzeichen, dass dieser Trend faktische Auswirkungen auf den Alltag hat, gibt es bereits: In Finnland etwa wird ab 2016 die Vermittlung der Schreibschrift aus dem Schulunterricht gestrichen, weil die Schüler lieber auf Tastaturen tippen lernen sollen. Denkt man das weiter, wird es vielleicht auch einmal nicht mehr notwendig sein, das Zehnfingersystem auf einer Tastatur zu beherrschen – nämlich dann, wenn Computer mit Gesten, Sprache und Gedanken vollständig steuerbar sind.

Schon heute ist es mit neuen Geräten wie der Apple Watch nicht mehr notwendig, Text zu tippen – will man auf eine SMS reagieren, diktiert man der Hightech-Uhr einfach die Antwort. Auch in der Unternehmenskommunikation halten Bilder, in Verbindung mit Social Media, Einzug. IKEA Singapore etwa beantwortet Kundenanfragen auf Facebook mit lustigen Meme-Bildchen, Google schickte kürzlich einem US-Journalisten als Antwort auf eine Anfrage keinen Text, sondern ein animiertes GIF mit.

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Auch wenn du Facebook den Rücken kehrst, die „soziale“ Werbung wird dich trotzdem tracken

Die liebe App-Familie von Mark Zuckerberg. © Facebook

Die liebe App-Familie von Mark Zuckerberg. © Facebook

Mark Zuckerberg hat eine große Angst: Er will nicht wie MySpace Tom enden (auch wenn der schöne Instagram-Fotos macht). Der Untergang des einstigen Social-Network-Riesen, der jetzt u.a. Justin Timberlake (true story) gehört, ist dem Facebook-Gründer stets ein Warnzeichen. Nun wächst “Big Blue” zwar immer noch anständig weiter, was monatlich aktive Nutzer angeht (derzeit ca. 1,4 Mrd. MAU), doch von unten drängen neue Kommunikations-Plattformen nach, die stark im mobilen Bereich verankert sind. WhatsApp und Instagram hat sich Zuckerberg einverleibt, Snapchat und Twitter hat er versucht zu kaufen. Sorgen dürften ihm vor allem die asiatischen Aufsteiger WeChat (gehört dem chinesischen Internet-Riesen Tencent) und Line (gehört der koreanischen Naver) bereiten, weil ihm diese bei der internationalen Expansion im Weg stehen werden. Folgende Grafik zeigt, wie junge, mobile Kommunikations-Dienste wachsen:

Es ist ja so: Je mehr Zeit User weltweit mit Messaging-Apps verbringen, desto weniger Zeit haben sie, regelmäßig bei Facebook hineinzuschauen (der Tag hat weiterhin nur 24 Stunden). Da das führende Social Network aber den Gros seines Umsatzes (genauer gesagt 94 Prozent) mit Werbung verdient, die im oder rund um den News Feed angezeigt wird, ist ein Szenario, in dem Internet-User lieber in Apps chatten, eine Bedrohung für das Geschäftsmodell von Facebook. Nun verfolgt Zuckerberg und seine Mannschaft folgende zwei Strategien, um diesem Trend gegenzusteuern.

1. Die Messenger-App soll zur Plattform werden:

Die Messenger-App ist nach WhatsApp der weltweit zweitstärkste Messaging-Dienst – auch deswegen, weil Facebook seine Nutzer zum Umstieg gezwungen hat. Nun ist die Idee, den Messenger zur Plattform auszubauen. Mit derzeit etwa 40 Apps kann man seine Kommunikation mit animierten GIFs, Stickern, Videos etc. pimpen, was offenbar jüngere Zielgruppen ansprechen soll. Zuckerberg hat sicher recht, wenn er sagt, dass digitale Kommunikation immer visueller wird und Text in den Hintergrund rückt. Allerdings ist die User Experience der Messenger Platform noch ein wenig holprig: Die Apps finden sich irgendwo versteckt im Messenger, müssen dann bei Apple bzw. Google geladen und immer extra geöffnet werden, um ihren Dienst zu verrichten – “seamless” ist anders.

Während die bunten Messenger-Apps ein Appetizer für die User ist, ist Messenger Business der Versuch, Unternehmen mit Konsumenten chatten zu lassen. Kunden sollen in den Chats mit Bestellbestätigungen von Online-Shops, Infos zum Lieferstatus oder über neue Produkte informiert werden können. Ob sich das durchsetzt, muss man abwarten, klingt aber irgendwie praktischer als E-Mail-Benachrichtigungen.

2. Ein Werbenetzwerk, das das Web durchzieht

Etwas weniger von der Öffentlichkeit beachtet, baut Facebook im Hintergrund ein immer engmaschigeres Netz aus Werbetechnologien, die Facebook-Werbung überall dort hinbringen soll, wo nicht Facebook draufsteht. Es soll dafür sorgen, dass Internet- und Smartphone-Nutzer, auch wenn sie gerade gar nicht die Facebook-Apps (inkl. WhatsApp und Instagram) benutzen oder gar keinen Account haben, trotzdem personalisierte Anzeigen sehen. Facebook nennt das „People-based Advertising“: Der Nutzer wird nicht mehr nur anhand eines Cookies identizifiert, sonderen anhand seines Facebook-Accounts. Per Cookie weiß ein Werber im Prinzip nur, welches Gerät, welchen Browser und welches Betriebbsystem der User verwendet und welche Webseiten er in der Vergangenheit besucht hat. Die Facebook-Daten liefern im aber zusätzliche Informationen wie Alter, Geschlecht, Wohnort, Freunde oder Interessen (Likes).

Dieses Netz, das Facebook in Stellung bringt, um überall online mit seiner Werbung auf die User zu warten, setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:

  • LiveRail: Die etwa 500 Mio. US-Dollar schwere Übernahme von LiveRail nutzt Facebook künftig dazu, um Nutzer von Apps (z.B. dailymotion) zu identifizieren und ihnen personalisierte Werbung zu zeigen. Das können Videos, Interstitials (Unterbrecherwrbung in Form von Pop-ups) oder Banner sein.

  • Audience Network: Hierbei handelt es sich um eine Facebook-Technologie, die es erlaubt, Werbekampagnen von Facebook in die Außenwelt (z.B. den Apps von Deezer, Le Monde, Wooga, Zynga oder Shazam) zu verlängern. Auch hier geht es wieder darum, Facebook-Nutzer, die gerade gar nicht bei Facebook sind, personalisierte Anzeigen unterzujubeln.

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  • Atlas: Auch bei der Facebook-Tochter Atlas (zugekauft um etwa 50 Mio. Us-Dollar) geht es um nichts anderes, als Facebook-User außerhalb des Online-Netzwerks zu identifizieren und ihnen auf Desktop oder am Smartphone Werbung zu zeigen, die auf ihre Facebook-Daten (Alter, Geschlecht, Wohnort, etc.) abgestimmt wird. Das funktioniert laut Facebook so: „Kommt ein Mensch mit einer Atlas-Werbeanzeige in Kontakt, wird ein Cookie platziert. Loggt sich diese Person später bei Facebook ein, wird das Atlas-Cookie erkannt und eine gehashte – verschlüsselte und anonymisierte – User ID sowie Alter, Geschlecht und Wohnort an Atlas übermittelt.“ Also ja: Auch wenn man nicht eingeloggt ist, wird man von Facebook auf seinem Weg durchs Netz oder durch andere Apps getrackt. Auch spannend: Auch Instagram ist ein Atlas-Partner.

Auch Nichtnutzer im Visier

Wie weit dieses Tracking bereits führt, hat die belgische Datenschutzbehörde kürzlich aufgezeigt. In einem Bericht hat sie aufgezeigt, dass auch Nichtnutzer von Facebook erfasst werden. Besucht er etwa eine Facebook-Fanseite oder eine Eventseite, wird ein Cookie gesetzt. Surft der User dann weiter auf Webseiten, die ein Social Plugin wie den Like-Button eingebaut haben (davon gibt es dutzende Millionen), wird er wiedererkannt. Laut Facebook handle es sich dabei aber nicht um Absicht, sondern um einen „Bug“, der bald ausgebessert werden soll – warten wir es ab.

21 Tricks für Spotify: So macht mobiles Musik-Streaming auch wirklich Sinn und Spaß

Spotify am Handy und ein bunter Kopfhörer gehört zur Hipster-Grundausstattung. © Jakob Steinschaden

Spotify am Handy und ein bunter Kopfhörer gehören zur Hipster-Grundausstattung. © Jakob Steinschaden

Damals, als wir noch jung waren, sind ein guter Freund (you know who you are!) und ich einmal pro Woche zum Mediamarkt geradelt, haben uns dort einen Stapel CDs zusammengesucht und dann stundenlang die CD-Player-Stationen belagert – und mussten uns dann am Ende für eine Scheibe entscheiden. Pro Monat gab das Taschengeld maximal zwei CDs her, den Rest borgte man sich und kopierte das heilige Liedgut in mühsamer Kleinarbeit auf Kassette. Damals hätten wir wohl unsere Fahrräder und Fußbälle hergegeben, wenn wir dafür doch nur Spotify bekommen hätten. Fast die ganze Musik der Welt für zehn Euronen pro Monat – eigentlich ein Jugendtraum. Deswegen gibt es hier nun 21 Tipps, wie Du Spotify am besten nutzt:

1. Playlists offline speichern

Das ist natürlich die wichtigste Funktion von Spotify für Reisende, um im Flugzeug oder im Ausland, wo man kein mobiles Internet hat bzw. nicht teures Roaming zahlen will. Eigene Playlists lassen sich am Smartphone speichern, indem man in der Playlist ganz oben bei der Option “Offline verfügbar” den Schieberegler nach rechts schiebt. Den Download nimmt man am besten zu Hause bei WLAN-Verbindung und nicht über mobiles Internet vor, weil beim Herunterladen der Songs ordentliche Datenmengen zusammenkommen. Voraussetzung für den Download ist übrigens ein Premium-Account (9,99 Euro/Monat), in der Gratis-Version kann man leider nicht offline speichern.

2. Fehlende Musik in die App importieren

Spotify hat viel, aber nicht alles – The Beatles, Die Toten Hosen, Die Ärzte, AC/DC, Tool und einige andere Künstler bzw. Alben gibt es bei dem Streaming-Dienst aus linzenzrechtlichen Gründen (noch) nicht. Wer fehlende Songs und Alben aber trotzdem in der App hören will, kann sie importieren. Dazu installiert man sich Spotify am Computer (Windows, Mac), importiert dort die gewünschte Musik und synchronisiert sein Smartphone, indem man es mit dem Computer verbindet.

3. Mit dem Equalizer am Sound drehen

Eine wichtige Funktion, um den Sound den eigenen Wünschen unterwegs anzupassen, hat Spotify in den Einstellungen versteckt. Unter “Einstellungen” -> “Wiedergabe” (iPhone) bzw. unter „Einstellungen“ (Android) findet sich der “Equalizer”, bei dem man Tiefen, Mitten und Höhen anpassen kann oder Voreinstellungen auswählen oder selbst an den Reglern drehen kann.

4. Musikqualität einstellen

Egal, ob man die Musik streamt oder direkt aufs Smartphone herunterlädt – vorher sollte man die Qualität regeln. Unter “Einstellungen” -> “Soundqualität” kann man für Streaming und Download zwischen “normal” (96 kbps), “hoch” (160 kbps) und “extrem” (320 kbps) wählen. Bessere Tonqualität gibt es nur für Premium-Nutzer.

5. Hörbücher finden

Auf langen Reisen will man manchmal nicht nur Musik hören, sondern sich auch mal Geschichten erzählen lassen. Bei Spotify gibt es mittlerweile auch Hörbücher, leider sind diese nicht einfach zu entdecken. Wenn man aber nach Autoren wie “Dan Brown”, “Stephen King”, “Lena Dunham”, “Cory Doctorow” oder “Simon Beckett” sucht, wird man fündig. Außerdem gibt es unter der Web-Adresse https://play.spotify.com/user/hoerbuecher Playlists, in denen Audiobooks nach “Klassiker”, “SciFi & Fanatasy”, “Spannung”, “Bestseller” oder “Spannung” sortiert wurden. Android-Nutzer können auch die App Spooks installieren, die Spotify-Hörbücher verlinkt.

6. Mit Soundhound verknüpfen

Wer auf der Welt unterwegs ist, wird immer wieder Songs (z.B. im Taxi, im Club, am Strand) hören, die ihm gefallen, von denen man aber weder Interpret noch Titel kennt. Mit der App Soundhound (Internetverbindung vorausgesetzt) kann man solche Songs erkennen lassen und diese dann in eine Playlist bei Spotify über das kleine Plus-Smybol hinzufügen.

7. In andere Länder hineinhören

Spotify ist derzeit in knapp 60 Märkten verfügbar und hat mehr als 60 Millionen User. Das erlaubt es auch, sich in die Hörgewohnheiten anderer Länder hineinzuhorchen. In der App findet sich unter “Browse” -> “Hitlisten” die Möglichkeit, sich die “Top 50 nach Land” anzeigen zu lassen. Hier merkt man auch gleich, wie ähnlich sich die Hitparaden weltweit oft sind.

8. Private Session

Spotify ist rund um die Idee konzipiert, dass man mit den anderen Nutzern seine Musikerlebnisse teilt. Das bedeutet, dass man in der App unter “Aktivitäten” jederzeit nachsehen kann, was die Spotify-Kontakte (in der Regel Facebook-Freunde) gerade so lauschen. Wer diese Informationen nicht preisgeben will (z.B. wenn man mal heimlich David Hasselhoff aufdreht), kann unter “Einstellungen” ->”Social” entweder eine “Private Session” starten (diese wird wieder deaktiviert, wenn man sechs Stunden inaktiv war) oder das automatische Teilen seiner Spotify-Aktivitäten generell abdrehen.

9. Playlists mit Freunden erstellen

Was bei Spotify viel Spaß macht, ist das gemeinsame Anlegen von Playlists mit anderen Nutzern – etwa mit seinen Reisegefährten. Eine Playlist kann man zur Zusammenarbeit freigeben, indem man in der Playlist-Ansicht oben rechts auf die drei kleinen Punkte tippt und dann die entsprechende Funktion anwählt. Nun sollte man die Playlist mit den gewünschten Spotify-Kontakten, die sie mitgestalten sollen, teilen. Dazu tippt man noch einmal auf die drei Punkte, wählt “Teilen”, dann “Senden an” und schließlich “Freunde auswählen”.

10. Gelöschte Playlists wiederherstellen

Sollte man einmal absichtlich oder unabsichtlich eine Playlist gelöscht haben, hätte sie aber gerne wieder, kann man sie wieder herstellen. Dazu geht loggt man sich im Web bei Spotify ein, ruft seinen Account auf und findet unter dem Punkt “Playlists wieder herstellen” die verloren gegangenen Listen. Denn ja: Spotify merkt sich alles.

11. Schlauer suchen

Wer bei Spotify Musik finden will, aber nicht den genauen Interpreten oder den Song weiß, der kann etwa nach Genre suchen, indem man “genre:hiphop” oder “genre:metalcore” eintippt. Dann bekommt man die relevantesten Bands und Songs aus dem Bereich angezeigt. Wer auf der Suche nach dem Sound einer bestimmten Zeit ist, kann etwa “year:1990-1995” suchen, und Veröffentlichungen eines bestimmten Labels findet man etwa so: “label:EMI”.

12. Crossfades zwischen Songs aktivieren

Playlists hören sich einfach besser an, wenn zwischen den Songs keine Pause ist, sondern sie schön ineinander überfließen. Die dazu notwendige Crossfade-Funktion (a.k.a. “nahtlose Wiedergabe”) findet sich unter “Einstellungen” -> “Wiedergabe” und kann auf einen Zeitrahmen von bis zu 12 Sekunden ausgedehnt werden. Drei bis fünf Sekunden sind aber besser.

13. Playlist in Blog einbetten

Wer von seinen Reisen zurückkommt und seine Blog-Leser mit unterwegs gesammelten Musikeindrücken versorgen will, kann seine Playlists direkt im Blog anzeigen lassen – so, wie man auch YouTube-Videos einbettet. Den notwendigen HTML-Code bekommt man, indem man sich die URI der Playlist kopiert und dann auf dieser Webseite einen HTML-Code generieren lässt. Diesen HTML-Code verbaut man dann im Blog an der gewünschten Stelle.

14. Smartphone als Fernbedienung nutzen

Wer eines von vielen Geräten hat, mit denen man Spotify-Musik hören kann oder die Musik von seinem Notebook laufen lässt, kann sein Smartphone oder Tablet als Fernbedienung benutzen. Dazu muss das mobile Device lediglich im selben WLAN-Netz hängen – wenn man die Spotify-App aufmacht, bekommt man automatisch die Möglichkeit vorgeschlagen, die Musik auf den anderen Geräten zu steuern.

15. Mit Uber verknüpfen

Der Fahrtvermittlungs-Dienst Uber hat eine Partnerschaft mit Spotify geschlossen. In der Uber-App kann man seinen Spotify-Account (nur Premium) verbinden und dann auf dem Rücksitz bestimmen, welche Musik im Wagen spielt. Voraussetzung ist, dass der Fahrer sein eigenes Smartphone mit der Soundanlage im Auto verbunden hat und den Spotify-Dienst unterstützt.

16. Facebook abdrehen

Um sich bei Spotify anzumelden, kann man Facebook benutzen. Wer das tut, erlaubt der Streaming-App standardmäßig, dass die eigenen Spotify-Aktivitäten in seinem Facebook-Profil angezeigt werden. Wer das verhindern möchte kann in den Einstellungen unter “Social” das Veröffentlichen dieser Informationen verhindern oder seinen Spotify-Account gleich von Facebook trennen.

17. App mit Kopfhörer steuern

Wer einen Kopfhörer mit Fernsteuerung mit dem Smartphone verwendet, kann Spotify damit steuern. Ein Klick startet das nächste Lied, zwei Klicks starten den aktuellen Song neu, und mit drei Klicks kann man zum vorigen Song zurückhüpfen.

18. Musik einfach vorhören

Während man Musik lauscht, stöbert man immer wieder durch das umfangreiche Archiv von Spotify. Um die Songs aus einem Album oder einen Songs aus einer Playlist vorzuhören, muss man einfach nur den Finger länger daraufhalten, dann wird ein Ausschnitt aus dem gewählten Track eingeblendet. Finger weg, und der reguläre Soundtrack spielt wieder.

19. Neue Musik entdecken

Neue Sounds kann man nicht nur in Musikmagazinen (meine Favoriten: www.plattentests.de und www.anydecentmusic.com) odr auf Empfehlung der Freunde entdecken, sondern mit Hilfe von drei Spotify-Funktionen: Unter „Browse“ gibt den Bereich „Neuerscheinungen“, wo, wie der Name schon sagt, regelmäßig neue Releases von einer Redaktion vorgestellt werden. Zweitens versucht unter „Browse“ -> „Entdecken“ ein Algorithmus, auf Basis des bisher Gehörten ähnliche Musik vorzuschlagen, was ab und zu ganz gut funktioniert. Und drittens gibt es unter dem Menüpunkt „Aktivitäten“ einen Twitter-ähnlichen Update-Stream, in dem angezeigt wird, welche Songs Freunde und gefolgte Musiker gerade anhören.

20. Bands folgen

Wie bei Twitter oder Facebook gibt es auch bei Spotify, seinen Lieblingsmusikern und -bands zu folgen. Dazu muss man erst einmal ihre Künstlerseite finden: Am Desktop klickt man einfach auf den Bandnamen, am Smartphone tippt man neben einem Song auf die drei kleinen Punkte und wählt dann „Künstler ansehen“. Auf der Künstlerseite angelangt, wählt man „Folgen“ unter dem Bandnamen an. Das hat zweierlei Vorteile: Wann immer die gefolgte Band neues Material veröffentlicht, bekommt man eine Benachrichtigung in der App (Smartphone und Desktop), und im Bereich „Aktivitäten“ sieht man, welche Playlists der Künstler anlegt oder welche Songs er hört. Vor allem bei DJs ist zweiteres oft sehr spannend.

21. Benachrichtigungen managen

Wer vielen Bands bei Spotify folgt und viele Freunde als Nutzer hat, der könnte von den Notifications der App genervt sein. Unter „Einstellungen“ -< „Benachrichtigungen“ kann man nachjustieren, welche Push-Notifications und welche E-Mail-Benachrichtigungen man überhaupt bekommen will. Das ist immer Geschmackssache. Was wohl niemand will, sind die Werbenachrichten per E-Mail und SMS oder dass Spotify die Daten an andere Firmen weitergibt. Diese Werbung bzw. Datenweitergabe kann man ganz unten abdrehen.

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Was treibt eigentlich MySpace Tom heute so? Er postet ziemlich hübsche Bilder auf Instagram

Der gute alte Tom anno dazumal. © Tom Anderson

Der gute alte Tom anno dazumal. © Tom Anderson

Damals, als wir alle noch auf MySpace waren und unsere Profilseiten mit HTML-Widgets zugekleistert haben, hatten wir alle einen Freund dort: MySpace Tom. Ja, Tom Anderson, wie er bürgerlich heißt, hat MySpace mitgegründet und wurde automatisch von jedem neuen User der erste Buddy. 2005 wurde MySpace um 580 Mio. US-Dollar an Rupert Murdochs News Corporation verkauft und ging dann 2011 um etwa 35 Mio. US-Dollar an die Specific Media Group und einen gewissen Justin Timberlake?

Und MySpace Tom? Nun, der, glaubt man seinem Twitter-Profil, genießt seine Ruhestand, immerhin ist er Multi-Millionär. Allerdings sitzt er nicht untätig im Schaukelstuhl und lacht sich ins Fäustchen, sondern bereist die ganze Welt und hat sich zu einem formidablen Fotografen gemausert (und Photoshop kann er auch ganz gut). Seine Fotos kann man auch seinem Instagram-Profil bewundern – oder eine Auswahl gleich hier:

MySpace Tom fotografiert Manila:

MySpace Tom fotografiert in Island:

MySpace Tom fotografiert den Mond in Las Vegas:

MySpace Tom fotografiert einen Regenbogen in Hawaii:

MySpace Tom fotografiert den Hoh-Regenwald in Washington:

MySpace Tom fotografiert Hong Kong:

MySpace Tom fotografiert Guilin in China:

MySpace Tom fotografiert Menschen in seinem Pool:

MySpace Tom fotografiert ein Model im Bikini:

MySpace Tom fotografiert eine Felsspalte:

MySpace Tom fotografiert einen Van bei Nacht:

MySpace Tom fotografiert Mönche in Laos:

MySpace Tom fotografiert eine Ampel in London:

Und MySpace Tom kann über sich selbst lachen:

Start-ups & Medien: Meine Präsentation beim 5. Startup Mingle in Linz im Blog und auf Slideshare

In Linz beginnts - in diesem Fall mein Vortrag. © Gerold Weisz

In Linz beginnts – in diesem Fall mein Vortrag. © Gerold Weisz

Gestern Abend durfte ich beim 5. Startup Mingle (ein Netzwerktreffen zum formlosen Austausch zwischen GründerInnen) in Linz einen Vortrag zum Thema „Start-ups & Medien“ halten. Danke an Gerold Weisz von akostart und der FH OÖ für die Einladung, danke für die spannende Diskussion, und danke an Andreas Gutzelnig vom Start-up Storyclash für seinen Vortrag.

Die versprochenen Folien der Präsentation gibt es hier zum Nachschauen:

P.S.: Weil die Anmerkung aus dem Publikum kam, dass es neben direkten (Sales & Subscriptions) und indirekten (Werbung) B2C-Geschäftsmodellen noch ein drittes Business-Modell (Verkauf von User-Daten) gäbe, hier meine verspätete Antwort: Der Verkauf von Daten (z.B. Twitter -> IBM) ist ganz klar im B2B-Bereich anzusiedeln und ein direktes Geschäftsmodell.

Airbnb: 14 Tricks, die Dir zum perfekten Urlaub bei der Unterkunfts-Plattform verhelfen

Wichtiges Reisezubehör neben den klassischen Tourguides: Airbnb. © Jakob Steinschaden

Wichtiges Reisezubehör neben den klassischen Tourguides: Airbnb. © Jakob Steinschaden

1. Echte Locals finden

Den besonderen Reiz, den Airbnb ausmacht, ist die Möglichkeit, statt eines schnöden Hotels bei echten Einheimischen zu leben. Da die Plattform über die Jahre immer professionalisierter geworden ist, gibt es viele findige Geschäftsleute, die gleich ein Dutzend Unterkünfte inserieren. Gastgeber, die viele Zimmer vermieten, wird man kaum zu Gesicht bekommen, die Schlüsselübergabe findet dann meist durch eine Putzkraft statt. Ein guter Hinweis, ob man mit Locals wirlich zusammenlebt, sind auch die Bewertungen, die andere User hinterlassen haben.

2. Wishlists anlegen

airbnb tipps

Wenn man mit einer Gruppe Freunden aber auch alleine verreisen will, ist das Anlegen einer “Wishlist” sehr sinnvoll. Denn bei Airbnb sucht man sich zumeist eine Handvoll Unterkünfte aus, die in Frage kommen, und kontaktiert dann die Vermieter. Eine Wishlist startet man, indem man bei einem Inserat auf das kleine Herz klickt: Jetzt kann man sich eine neue Liste anlegen (z.B. “Toskanaurlaub”) oder das Inserat zu einer bereits angelegten Liste hinzufügen. So kann man sich in Frage kommende Unterkünfte gesammelt merken. Am Desktop auf der Webseite kann man bei den Wishlists außerdem Notizen hinzufügen, in denen man sich z.B. Vor- und Nachteile der Unterkünfte notiert. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn man die Wishlist mit den Mitreisenden teilt.

3. Die richtigen Fragen stellen

In der Regel sind Airbnb-Vermieter sehr gründlich bei der Beschreibung ihrer Unterkünfte, was die Ausstattung (WLAN, TV, Zahl der Schlafplätze, etc.) angeht. Die Informationen einer Unterkunft sollte man vor der Kontaktaufnahme genau durchlesen, dann muss man nicht Fragen stellen, die darin ohnehin geklärt werden. Doch wichtige Punkte wie die Zahl der verfügbaren Schlüssel-Sets, Versorgung mit Handtüchern und Bettzeug, Parkplatz fürs Mietauto, Kaution und genaue Check-in- und Check-out-Zeit muss man meist noch einmal genau im Privatchat mit dem Vermieter klären. Der Standort, der in den Inseraten angegeben wird, ist aus Datenschutzgründen nur eine grobe Annäherung an die richtige Adresse. Im Privatchat kann man Genaueres über die konkrete Adresse erfahren.

4. Vor dem Buchen Kontakt aufnehmen

Bei Airbnb kann man zwar mit einem Klick sofort eine Buchung anfragen, in der Regel ist es aber besser, dem Gastgeber zuerst zu schreiben. Einerseits gibt es meistens Fragen (siehe Punkt 2), die noch ungeklärt sind, zum anderen schätzen es Gastgeber, mit dem Gast vorher zu schreiben, um Vertrauen zu ihm aufzubauen – immerhin will man demnächst in seinen heiligen vier Wänden nächtigen. Den Gastgeber kann man anschreiben, indem man sein Profil aufruft und dort auf “Nimm Kontakt auf” klickt.

5. Viele Unterkünfte kontaktieren

Meiner Erfahrung nach muss man pro Reise meistens fünf oder mehr Gastgeber gleichzeitig kontaktieren. Nicht alle füllen ihre Kalender vollständig aus, was bedeutet, dass Airbnb angibt, dass die Unterkunft frei ist, diese dann aber doch schon gebucht wurde. Schreibt man nur einen Vermieter an, kann es leicht sein, dass die Buchung nicht zustande kommt – da ist es besser, eine Handvoll Ausweich-Optionen parat zu haben.

6. Den Preis richtig lesen

Wenn man Airbnb nach Unterkünften durchstöbert, wird immer ein Preis pro Nacht angezeigt. Doch Vorsicht, dieser Preis ist nur als Richtwert zu verstehen. Bei der finalen Buchung kann dazu noch eine Reinigungsgebühr, eine Gebühr für zusätzliche Gäste und eine Gebühr für die Währungsumrechnung dazukommen. Außerdem nimmt Airbnb auch eine Servicegebühr für Gäste, die zwischen sechs und zwölf Prozent des Mietpreises beträgt. Außerdem muss Airbnb seit 1. Januar 2015 eine Mehrwertsteuer für Nutzer aus der EU einheben. Sie wird anhand der Rate berechnet, die im Land des Wohnsitzes des Gastes gilt. Schließlich gibt es auch Gastgeber, die eine Kaution verlangen – auch das sollte man in seinem Reisebudget berücksichtigen.

7. Ausweis beim Buchen bereithalten

Manche Gastgeber verlangen, dass Gäste beim Buchungsprozess einen Ausweis zur Identifikation einscannen. Dabei muss man dann seinen Ausweis in die Webcam halten und abfotografieren lassen – eine Software liest dann Daten wie den Namen aus. Airbnb zufolge werden diese Daten verschlüsselt übertragen.

8. Reiseversicherung abschließen

Es könnte sein, dass Du mal gelesen hast, dass Airbnb auch eine Versicherung an Bord hat. Vorsicht: Diese Versicherung betrifft nur die Gastgeber, falls ihre Unterkunft zu Schaden kommt, nicht aber die Gäste. Für ganz vorsichtige Reisende, die auf Nummer sicher gehen wollen, empfiehlt sich deswegen eine herkömmliche Reiseversicherung, die man etwa als Kreditkarteninhaber bekommt.

9. Das Profil verifizieren

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Es ist natürlich immer eine heikle Angelegenheit, wenn man persönliche Daten preisgibt. Bei Airbnb bietet das aber konkrete Vorteile, wenn man sein Profil verifizieren lässt. Neben der E-Mail-Adresse und der Telefonnummer kann man das Airbnb-Profil unter dem Punkt “Profil” -> “Vertrauen und Verifizierungen” mit seinem Facebook-, Google- und LinkedIn-Profil verknüpfen. Aus Sicht eines Gastgebers ist das nicht unwichtig: Je mehr Informationen ein potenzieller Gast hergibt, desto eher ist er gewillt, die Buchung zu bestätigen.

10. Referenzen sammeln

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Vor allem neue Nutzer ohne eine einzige Buchung und mit null Bewertungen durch Gastgeber haben es manchmal schwer, eine Buchungsanfrage bestätigt zu bekommen. Denn Gastgeber lesen sich sehr gerne die Bewertungen der Nutzer durch, um zu entscheiden, ob sie ihn bei sich zu Hause begrüßen. Deswegen bietet Airbnb die Möglichkeit, sich Referenzen von anderen Airbnb-Nutzern einzuholen (“Profil” -> “Referenzen”). Wenn diese eine (hoffentlich positive) Referenz verfassen, scheint diese im eigenen öffentlichen Airbnb-Profil auf.

11. Facebook und Google aussperren

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Airbnb bietet den Login via Facebook und Google an, was an sich eine praktische Sache ist. Die Verknüpfung mit Facebook nutzt die Plattform auch dazu, um dem User zu zeigen, was seine Facebook-Freunde schon gebucht haben, oder teilt automatisch vom User erstellte Wishlists in seinem Facebook-Profil. Wer das nicht will, nimmt die entsprechenden Häkchen unter dem Punkt “Account” -> “Privatsphäre” weg. Außerdem kann man hier Airbnb verbieten, das eigene Airbnb-Profil in Suchmaschinen wie Google oder Bing zu listen.

12. Beim Weiterempfehlen Geld verdienen

airbnb tipps

Airbnb ist ziemlich geschickt darin, seine Nutzer zu Markenbotschaftern zu machen. Wer den Service weiterempfiehlt, bekommt dafür Geld. Über die Website https://www.airbnb.at/invite kann man via E-Mail oder Facebook neue User anwerben. Wenn ein angeworbener Neukunde seine erste Nächtigung bucht, bekommt man 22 Euro, wenn er das erste Mal seine eigene Unterkunft vermietet, bekommt man 67 Euro gutgeschrieben.

13. Eigenes Logo kreieren

airbnb tipps

Wer so richtig zur Airbnb-Community gehören will, der kreiert sich sein eigenes Airbnb-Logo, das dann in seinem Profil angezeigt wird. Zum Logo-Basteln geht es hier lang: https://create.airbnb.com/de

14. Airbnb-Buchungen offline speichern

Eine besonders hilfreiche Funktion für iPhone-Nutzer der Airbnb-App ist „Save to Passbook“. In der Ansicht einer getätigten Buchung kann man ganz nach unten scrollen und dort auf „Zu Passbook hinzufügen“ klicken. Dann wird eine auch offline abrufbare Passbook-Karte generiert, die alle wichtigen Infos zu Adresse, Kontaktdaten, Check-in-Zeiten und Beschreibungen beinhaltet.

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Meerkat: Eine Live-Video-App zwischen Twitter-Blockade und Videobrillen-Zukunft

Meerkat schwirrt momentan der Kopf, nicht nur wegen Twitter. © Meerkat, Twitter, Montage: J. Steinschaden

Meerkat schwirrt momentan der Kopf, nicht nur wegen Twitter. © Meerkat, Twitter, Montage: J. Steinschaden

Das Tech-Hipster-Festival SXSW in Austin, Texas, kann ohne einen Hype um eine neue App nicht sein. Waren es in den vergangenen Jahren Twitter (2007), Foursquare (2009), SCVNGR (2011), Highlight (2012), Tinder (2013) oder Secret und Whisper (2014), dürfte es dieses Jahr die Live-Streaming-App Meerkat sein, über die “alle” reden. Vom nächsten großen Ding ist Meerkat aber noch weit entfernt.

Meerkat, gegründet von Entwickler Ben Rubin und eigentlich nur ein Abfallprodukt der Haupt-App Air (wiederum der Nachfolger der gescheiterten App Yevvo), hat in kurzer Zeit mehr als 400.000 Nutzer gesammelt. Der besondere Schmäh, der den Dienst von vielen anderen, ähnlichen Apps unterscheidet: Die Livevideo-App baut stark auf Twitter auf und lässt den User seinen Stream schnell an seine Follower schicken. Als Videomacher sieht man dann in Echtzeit, welche Twitter-Nutzer zusehen und welche Tweets sie über den Livestream veröffentlichen. Per Twitter-Login ist es möglich, schnell zu einer Community zu finden, die aus Twitter-Kontakten besteht, die ebenfalls Meerkat verwenden – zumindest ging das bis vor kurzem.

Twitter kontert hart

Erste Meerkat-User nutzten die App bereits, um von Apples Watch-Präsentation zu berichten, und Gründer Ben Rubins Vision ist es, dass einmal jeder – vom Bürgerjournalisten bis zum gelangweilten Teenager – seine spannendsten Momente “live” ins Internet überträgt. Allerdings hat ihm da Twitter, also jene Plattform, auf der Meerkat aufbaut, einen Strich durch die Rechnung gemacht. Für kolportierte 100 Millionen US-Dollar hat der Kurznachrichten-Dienst still und heimlich den Live-Videostreaming-Dienst Periscope aufgekauft. Das konnte Rubin nicht wissen, wird aber nun zum Problem für ihn: Denn Apps, die auf Twitters Plattform aufbauen und den “Social Graph” (wer folgt wem?) auslesen, dürfen zentrale Twitter-Funktionen nicht duplizieren. Und weil Periscope nun Twitter gehört und wahrscheinlich als native Funktion bei sich einbaut, wurde Meerkat kurzerhand der Zugriff auf den Social Graph eingeschränkt. Meerkat kann so nicht mehr Funktionen wie Auto-Follow anbieten, die schnelles Wachstum ermöglichen, weil Nutzer nun händisch Kontakte hinzufügen müssen.

Ob das ein Hindernis für Meerkat ist, weiter zu wachsen, wird sich weisen. Dem kleinen Entwickler-Team bleiben einige Optionen, um die Broadcaster und ihr Publikum zu vernetzen – etwa über das Auslesen von Telefonnummern oder über die Integration von Facebook. Spannender ist die Frage, ob Meerkat nur ein kurzer Hype oder ein langlebigerer Trend ist. Live-Videostreaming gibt es seit vielen Jahren, hat sich aber noch nicht so wirklich durchgesetzt. In Deutschland hat zuletzt YouNow, wo vorwiegend Jugendliche live aus ihren Kinderzimmern streamen, für Furore und Kritik gesorgt, und auch bei Snapchat geht es immer stärker um Video. Wie sich Live-Streaming monetarisieren lässt, ist noch offen. Werbung ist aus Sicht von Marketern problematisch, weil diese immer ganz gerne vorher wissen, in welchem Content-Umfeld sie ihre Ads platzieren – bei Live-Video ist das selten vorhersagbar.

Video-Brillen als Zukunftsvision

Technologisch könnte Live-Videostreaming vor allem im Zusammenspiel mit Virtual-Reality-Brillen spannend werden. Stell` dir vor, du kannst dich mittels VR-Brille mitten ins Geschehen versetzen, wenn jemand in Echtzeit von Weltereignissen (z.B. Tahir-Platz, Ferguson, Oscar-Verleihung, Past-Wahl) streamt und du seinen Blickwinkel einnehmen kannst. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, und nicht Meerkat sitzt bei diesen Themen am Drücker, sondern Facebook (Besitzer von Oculus Rift), Google und Microsoft. Und die Konsumenten haben auch ein Wörtchen mitzureden. Derzeit sieht es eher danach aus, als würden viele lieber auf ihre Gesundheitswerte am Smartwatch-Display starren wollen als mittels Daten-Brille einer Live-Übertragung zu folgen.

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Gefällt denen das wirklich alles? So funktioniert der Like-Button von Facebook tatsächlich

Liken ist nicht gleich Liken.

Liken ist nicht gleich Liken.

Der Facebook-Like hat sich zu so etwas wie einer sozialen Währung im Internet entwickelt. In Millionen Webseiten ist das blaue Knöpfchen des Social Network verbaut und dient Facebook-Nutzern als Mittel, um ihr Gefallen an Online-Artikeln, Produkten in Online-Shops oder anderen digitalen Inhalten auszudrücken und die Inhalte gleich auch ihren Facebook-Freunden weiterzuempfehlen. Doch wie wird wirklich gezählt, und was passiert im Hintergrund?

In Deutschland (10000 Flies) und Österreich (Storyclash) gibt es mittlerweile eigene Rankings für Online-Medien, in denen nach Artikel vor allem nach den Facebook-Shares und -Likes bewertet und in Bestenlisten gefasst werden – wer mehr Likes hat, der ist in den Rankings ganz oben zu finden. Viele Facebook-Likes – der am öftesten gelikte Artikel 2014 in Deutschland bekam mehr als 600.000 Interaktionen – sind sicher ein Hinweis darauf, dass ein Inhalt besonders gut beim Publikum ankommt. Doch wenn bei einem Artikel dabei steht “Dir und 600.000 anderen Personen gefällt das”, dann ist diese Angabe eigentlich nicht richtig. Facebook summiert in diesen Wert vielmehr alle Interaktionen, die mit der URL stattgefunden haben, und zwar folgendermaßen:

  • Die Zahl der Likes, die auf der Webseite (URL) getätigt wurden
  • Die Zahl der Shares dieser URL; das inkludiert auch, wenn jemand nicht auf Like klickt, sondern den Link per Copy/Paste bei Facebook veröffentlicht
  • Die Anzahl der Likes und Kommentare, die Postings bekommen, die die URL enthalten

Diese Berechnung kann im Extremfall dazu führen, dass ein Artikel, bei dem 100 Likes dabeistehen, eigentlich 100 negative Kommentare auf Facebook und keinen einzigen echten Like bekommen hat. Auch die Angabe von Facebook, dass es soundso viel “anderen Personen” gefällt, ist falsch. Ein einzelner Facebook-User kann für ein und dieselbe URL mehrere Likes vergeben (einmal auf der Webseite, einmal bei Facebook und weitere Likes, wenn jemand anderer den Link postet). Wer mehrere Facebook-Seiten betreibt, der weiß, wie sich die Like-Zahl eines Artikels schnell erhöhen lässt, indem er mit den Accounts der Seiten die URL mehrfach teilt und liked.

Für den durchschnittlichen Internet-User, der bei einem Artikel die Information “Dir und 100 anderen Personen gefällt das” angezeigt bekommt, ist das alles nicht klar – auf ihn wirkt es, als ob der Content enorm populär ist, welche Interaktionen wirklich dahinterstecken, kann man nur erahnen.

Der Like-Button trackt den User durchs Web

Schon bei seiner Präsentation im Jahr 2010 hat der Like-Button für Webseiten Kritiker auf den Plan gerufen: Denn das so genannte Social Plugin, wie Facebook es auch nennt, dient auch dazu, den Nutzer bei seiner Surf-Reise durchs Web zu tracken. Auch, wenn man den Knopf nicht anklickt, weiß Facebook, dass ein eingeloggter User gerade eine Webseite besucht, in die der Like-Button eingebaut ist. Surft man etwa auf vielen Fußball-Portalen, liefert man Facebook die Information, das man sich für den Sport interessiert, und kann anschließend personalisierte Werbung angezeigt bekommen. Selbst, wenn man ausgeloggt ist oder gar keinen Facebook-Account hat, sammelt das Social Network mit Hilfe des Like-Buttons Informationen über den Internet-Verkehr. Mit seinem Werbe-Netzwerk Atlas will Facebook seine Werbeanzeigen auf Webseiten von Drittanbietern bringen – die über den Like-Button gesammelten Informationen zu Nutzern kann dabei helfen, diese Werbung auf die Interessen dieser anzupassen: Sport-Seiten-Besucher etwa bekommen Fußball-Werbung, Online-Shopper etwa sehen dann Anzeigen zu Produkten, die sie in den Warenkorb gelegt, aber nicht gekauft haben.

Weil der Like-Button aus Datenschutzsicht problematisch ist, sind einige Webseiten dazu übergegangen, eine Art Schutzschicht vor den Knopf zu schalten. Erst, wenn der User zustimmt, wird der Facebook-Knopf aktiviert. Internetnutzer, die keinen Facebook-Account haben, können sich mit dem Browser-Plugin von Disconnect schützen. Disconnect unterbindet den Datenzugriff von Social Plugins, die in Webseiten eingebaut sind.

Liken ist nicht gleich Liken ist nicht gleich Sharen

Weiters muss man zwischen zwei Formen von Likes unterscheiden: Der eben beschriebene Facebook-Button dient zum Liken von einzelnen Inhalten (z.B. News-Artikel), der andere dient zum Abonnieren von Facebook-Seiten. Firmenauftritte wie jene von Red Bull, Nike oder BMW haben Millionen Likes (oft auch als “Fans” bezeichnet), doch wie viele echte Personen dahinter stecken, darüber kann man nur mutmaßen. Facebook hat Seitenbetreiber kürzlich davor gewarnt, dass die Like-Zahl künftig sinken könnte. Der Grund: In die Page Likes werden immer noch Daten von inaktiven oder bereits deaktivierten Accounts bzw. von Accounts Verstorbener eingerechnet. Außerdem sind etwa sieben Prozent aller Facebook-Accounts Fake-, Spam- oder Doppel-Accounts, was ebenfalls problematisch. Ein Experiment mit Facebook-Werbung, das ich im Mai 2014 durchführte, zeigte, dass diese Fake-Accounts durchaus aktiv sind und hunderte, manchmal sogar tausende Pages liken – und so die Zahlen verfälschen.

Eine wichtige Unterscheidung ist auch jene zwischen Like und Share. Während der Like-Button nur einen einzigen Klick vom User verlangt, ist der Share-Button wirklich zum Teilen von Inhalten da. Der User kann zum geteilten Link etwas dazuschreiben, und der Inhalt bekommt im News Feed mehr Präsenz. Sharen bedeutet aber nicht Liken, da User auch Inhalte verbreiten, die ihnen nicht gefallen, vor denen sie aber warnen oder die sie kritisieren wollen. Trotzdem rechnet Facebook diese Shares in die Like-Zahl ein und verwässert damit deren Aussagekraft.

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Wird die Apple Watch ein Erfolg? In der ORF ZIB 24 diskutierte ich über den Markt für Wearables

Roman Rafreider, der liebe Ex-Kollege Thomas Prenner und ich im ORF-Studio. © ORF

Roman Rafreider, der liebe Ex-Kollege Thomas Prenner und ich im ORF-Studio. © ORF

Die Apple Watch ist über uns gekommen, und das gehört natürlich ausführlich besprochen: Montag Nacht hat der ORF in der ZIB 24 zur Diskussion geladen, an der mein futurezone.at-Ex-Kollege Thomas Prenner und meine Wenigkeit teilnehmen durften. Wir waren uns glaube ich einer Meinung, die Sendung gibt es hier bis zum 17. März in der ORF TVthek zum Nachschauen:

http://tvthek.orf.at/program/ZIB-24/1225/ZIB-24/9372472/Diskussion-Thomas-Prenner-Jakob-Steinschaden/9372511

 

TaskTillDone, SmartIncs & Timelack: Jetzt kommen die Start-ups für Start-ups

Die Rakete von Smartincs steht bereit Leo Brunnhofer und Michael Schestag bereiten TaskTillDone vor. © Smartincs, L. Brunnhofer

Die Rakete von Smartincs steht bereit. Leo Brunnhofer und Michael Schestag launchten TaskTillDone. © Smartincs, L. Brunnhofer

Die österreichische Start-up-Szene boomt weiter: SpeedInvest hat kürzlich einen neuen Fonds von 58 Millionen Euro aufgelegt, Venionaire Capital will gar 100 Millionen Euro sammeln, und auf Regierungsebene gibt es ernsthafte Bestrebungen zu einer Gründerland-Strategie für Österreich. In dieser wachsenden Branche sehen neue Start-ups nun offenbar einen eigenen Markt, den es mit Produkten und Services zu bedienen gilt. Ein Überblick:

TaskTillDone: Marktplatz für Freelancer

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Gegründet von Leo Brunnhofer, soll TaskTillDone (einer der besten Start-up-Namen, die mir in letzter Zeit untergekommen sind) Start-ups dabei helfen, schneller ans Ziel zu kommen. Über eine neue Smartphone-App kann man einzelne Aufgaben an Freelancer auslagern und sie am Gerät managen. “Als Startup, KMU oder Einzelunternehmer hat man eine Fülle von unterschiedlichen Aufgaben zu erledigen, und oft nur ein kleines oder gar kein Team zur Verfügung”, sagt Gründer Brunnhofer. “Vieles davon kann man nicht selbst erledigen, einiges frisst einfach zu viel Zeit und manche Aufgaben machen einfach keinen Spaß. TaskTillDone soll helfen, diese Aufgaben einfach auszulagern und die richtigen vertrauensvollen Personen für diese Aufgaben zu finden.” Seit einem Jahr ist TaskTillDone dabei, eine Community aufzubauen, die Angebote einstellt sowie bereits einige Service-Dienstleistungen abdeckt.

“Lagert ein Auftraggeber eine Aufgabe an sein eigenes Netzwerk oder das globale TaskTillDone-Netzwerk aus, wird auf den vereinbarten Preis, eine Gebühr aufgeschlagen die er zu tragen hat”, so Brunnhofer. “Bietet ein Freelancer seine Dienstleistung im Marktplatz an und wird gebucht, trägt der Freelancer die Gebühren.” Derzeit fallen bis zu einem Aufgabenpreis von 10 Euro zehn Prozent Gebühren an, ab zehn Euro sind es 15 Prozent “on top” plus einer Gebühr für das jeweilige Zahlungsmittel (Kreditkartenzahlungen werden via Stripe abgewickelt).

Da Start-ups, die TaskTillDone benutzen, mit Aufträgen Einblicke in ihre Strategie und ihre zukünftigen Produkte geben, besteht die Gefahr, dass Konkurrenten erfahren, was sie planen. “Gerade im Startup-Bereich werden Ideen eher spät geteilt als zu früh”, so Brunnhofer. “Die Angst ist oft groß, dass Ideen gestohlen werden könnten. Wenn man beobachtet oder miterlebt hat, wie es eher läuft, nämlich dass die Idee nur der erste Schritt auf einem langen Weg von täglicher harter Arbeit ist, schwindet die Angst und man sieht, dass frühes Teilen und frühes konstruktives, qualifiziertes Feedback Gold wert ist.”

SmartIncs: Job-Plattform für digitale Talente Bildschirmfoto 2015-03-07 um 18.41.24

Auch bei SmartIncs, gegründet von Antony Tikhonov, Daniel Laiminger, Karl Edlbauer, Nikolai Scheurecker und Ulrich Fandl, geht es um die Vermittlung von Start-up-Jobs. Auf der neu gestarteten Plattform finden sich derzeit etwa Stellenangebote bei österreichischen Jungfirmen wie Runtastic, Shpock, Tractive, Blossom, Chatgrape, Eversport oder Pioneers. „Wir finden es schade, dass die Karriere vieler guter Schüler und Studenten vorgegeben ist, da die Ausbildung in vielen Disziplinen kommuniziert, dass eine erfolgreiche Karriere nur bei globalen Konzernen, einflussreichen Banken oder führenden Beratungsunternehmen möglich ist“, sagt Fandl. „Doch gerade in Europa, wo mittelständische Unternehmen und Startups das Rückgrat der Unternehmenslandschaften bilden und für Innovation und Wachstum sorgen, wollen wir mit SmartIncs den Status Quo ändern, und die „Hidden Champions“ in das Rampenlicht stellen das ihnen gebührt.“

Start-ups und andere KMU können sich auf SmartIncs im kostenlosen Basispaket in Wort, Bild und Video präsentieren und bekommen eine HR-Management-Software dazu, mit der sie etwa die eingegangenen Bewerbungen übersichtlich dargestellt bekommen. Die Bewerber können ihre digitalen Schreiben an die Unternehmen direkt auf der Plattform verfassen und gleich Profilbild und Lebenslauf-Dokumente dazuhängen. An der Monetarisierung von SmartIncs wird derzeit emsig gearbeitet.

Timelack: Vermittlung von Online-Assistenten

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Das Start-up Timelack von den Gründern Alexander Lahner und Thomas Kozlowski will kleine Jobs etwa im Bereich Recherche, Übersetzungen oder Webseiten-Programmierung zwischen Auftraggebern (v.a. Start-ups und KMU) und Freelancern vermitteln, und das um exakt 9,99 Euro pro Stunde (inkl. 20 Prozent Umsatzsteuer, keine Fixkosten). Dem Auftragnehmer sollen dabei am Ende etwa 6,50 Euro übrigbleiben, womit man wohl eher nur Studenten ansprechen kann.

In der Puls 4-Start-up-Show „2 Minuten 2 Millionen“ hatten die Timelack-Gründer bereits die Chance, ihre Idee zu pitchen. Ein Investment haben sie zwar keines bekommen – wohl aufgrund der vielen Konkurrenten wie oDesk oder Elance -, konnten sich in der Querdenker-Show, an der sie ebenfalls teilnahmen, KTM-Chef Stefan Pierer als Mentor gewinnen.

Google, das neue Microsoft: Wie der IT-Riese bei Social, Messaging und Payment schwächelt

Farblich sind sich die Logos von Google und Microsoft ja nicht unähnlich.

Farblich sind sich die Logos von Google und Microsoft ja nicht unähnlich.

Google ist natürlich nach wie vor eine Macht im Netz. Ein Marktwert von derzeit fast 370 Milliarden US-Dollar, ein Gesamtumsatz von mehr als 66 Milliarden US-Dollar sowie ein Gewinn von knapp 16,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2014 sind beachtliche Zahlen. Dazu kommen ein Anteil von mehr als 80 Prozent bei Suchmaschinen, mit Android ein Marktanteil von mehr als 80 Prozent bei Smartphone-Betriebssystemen, und mit Chrome ein Marktanteil von etwa 40 Prozent Marktanteil bei Browsern.

Trotzdem lesen sich die Schlagzeilen, die rund um den nach wie vor führenden Internetkonzern stattfinden, in den letzten Monaten nur selten positiv. Das Schwergewicht aus dem Silicon Valley, so scheint es, hat durchaus mit einigen Problemen zu kämpfen, die sowohl sein Kerngeschäft der Online-Werbung als auch neue Geschäftsfelder betrifft. Das erinnert an die Geschichte von Microsoft, das bis in die frühen 2000er als unbesiegbarer IT-Gigant galt, heute aber nur mehr eine von vielen Firmen ist und in Segmenten wie Suchmaschinen, Smartphones, mobilen Betriebssystemen oder Social Media nur eine untergeordnete Rolle spielt.

Online-Werbung

Das Geschäft mit Suchmaschinen-Werbung und Ads, die auf Partnerseiten angezeigt werden, ist immer noch der große Umsatzbringer von Google. Doch seit dem Ende von 2011 ist der so genannte “Cost per Click”, also der durchschnittliche Preis, den Google macht, wenn Internetnutzer auf seine Werbung klicken, stetig am sinken. Google kann das zwar kompensieren, indem es von Quartal zu Quartal mehr User zum Klicken bringt, doch irgendwann werden die sinkenden Werbepreise zu einem großen Problem werden. Nach wie vor weist der Internetkonzern nicht aus, wie viel Umsatz man mit mobilen Anzeigen macht, während Facebook etwa zwei Drittel und Twitter gar mehr als 80 Prozent des Werbeumsatzes mobil machen. Die beiden Social-Media-Plattformen profitieren dabei enorm von der starken App-Nutzung, die auf Smartphones dem Browsen im Google-dominierten Web teilweise ersetzt. Immerhin mit YouTube hat Google eine potente App, mit der man derzeit das Geschäft Videowerbung im mobilen Bereich dominiert – doch sowohl Facebook als auch Twitter drängen ebenfalls in dieses Business.

Daten-Brillen

Durch viel mediale Häme begleitet wurde Mitte Januar das vorläufige Aus der Konsumenten-Version der Datenbrille Google Glass. Bis auf weiteres will sich Google darauf konzentrieren, die Internet-Brille im Unternehmenskontext zu positionieren, und hat das Glass-Projekt zu einer Unterabteilung der Smart-Home-Tochter Nest gemacht, die der ehemalige Apple-Manager Tony Fadell leitet. Parallel dazu treiben Facebook und dessen Tochterfirma Oculus Rift sowie Microsoft mit seiner HoloLens das Thema Hightech-Brille stark voran und machen Google Konkurrenz. Als Ass im Ärmel könnte sich immerhin das von Google aufgekaufte Startup Magic Leap entpuppen, das eine spektakuläre Augmented-Reality-Technologie in petto haben soll und das Thema Daten-Brille auf eine neue Ebene heben könnte.

Social Media

Nie richtig ins Spiel gefunden hat Google beim Thema Social Media. Das gegen Facebook positionierte Google+ hätte eigentlich zum “soziales Rückgrat” aller anderen Google-Dienste werden sollen, doch intensiv genutzt wird es von der breiten Masse nicht. Schätzungen des US-amerikanischen Tech-Analysten Edward Morbius zufolge soll es bei 2,2 Milliarden Google+-Profilen nur etwa 4 bis 6 Millionen aktive Nutzer geben, die öffentlich zugängliche Beiträge veröffentlichen. Dass Google immer wieder versuchte, Google+ in seine anderen Dienste wie YouTube oder Maps hineinzuzwingen, dürfte der Nutzerschaft nicht zugesagt haben.

Wie schlecht es um Google+ steht, zeigen neueste Entwicklungen: Der bisherige Google+-Chef David Besbris ist gegangen, der neue Verantwortliche Bradley Horowitz will den Social-Dienst in drei Dienste – Fotos, Kommunikation und News-Stream – aufsplitten.

Messaging

2014 kann getrost als das Jahr der Messaging-Dienste bezichnet werden. Facebook kaufte WhatsApp für letztendlich 22 Milliarden US-Dollar, Snapchat schwang sich zum Teenie-Hit auf, in Asien boomten Services wie WeChat oder Line. Und Google? Der Internetkonzern hat im Messaging-Geschäft keinen nennenswerten Dienst im Rennen. Zwar versuchte man, Hangouts in das Betriebssystem Android zu integrieren und als SMS-Ersatz zu positionieren, doch wirklich durchgesetzt hat sich das bei den Nutzern nicht.

Smartwatches

Ebenfalls weh tun dürften Google die mauen Verkaufszahlen von Smartwatches mit dem hauseigenen Betriebssystem Android Wear. Laut Maktforscher Canalys wurden 2014 lediglich 720.000 Android-Wear-Geräte ausgeliefert, insgesamt wurden 4,6 Millionen Wearables (smarte Uhren, Fitnessbänder, etc.) verkauft. Damit ist der Marktanteil von Google in dem Segment eher bescheiden. Zusätzlich ist zu befürchten, dass der Marktstart der Apple Watch im April Google weitere Marktanteile wegnehmen wird. 20 Millionen Smartwatches könnte Apple Analysten zufolge im ersten Jahr absetzen.

Mobile Bezahlung

Zwar hat Google mit Google Wallet bereits 2011 ein Bezahl-System vorgestellt, mit dem man kontaktlos per Smartphone zahlen kann, doch durchgesetzt hat es sich bis dato nicht. Das hat wohl auch damit zu tun, dass Smartphone-Hersteller wie Samsung, die stark auf Googles Android setzen, ihre eigenen Bezahlsysteme etablieren wollen – Samsung hat etwa „Samsung Pay“ vorgestellt. Nun hat Apple zudem mit Apple Pay, vorerst in den USA, eine breite Allianz an Banken und Shops an den Start gebracht, die das mobile Bezahlen per iPhone ermöglichen wollen. Welches System sich am Ende durchsetzt, ist noch völlig offen – immerhin haben da auch Firmen wie PayPal noch ein Wörtchen mitzureden. Ob Google mit dem kolportierten „Android Pay“ rüssieren kann, bleibt abzuwarten.

Autos

Google ist einer der großen Treiber autonom fahrender Personenkraftwagen, hat bereits ein solches “driverless car” vorgestellt und will es 2020 auf den Markt bringen. Nun ist auch bekannt geworden, dass Apple in irgendeiner Form ein Auto plant. Sollte das wirklich kommen, wird es todsicher ein schickeres Design haben als die glubschäugigen Golfwagern von Google. Dazu kommt, dass auch viele andere Autohersteller wie Audi, Tesla oder Mercedes an selbstfahrenden Autos arbeiten – das wird kein Heimspiel für Google.

Android

Googles mobiles Betriebssystem dominiert derzeit den Smartphone-Markt, aber wirkliche Kontrolle hat Google nicht darüber. Durch die Offenheit des Systems ist es anderen Firmen möglich, ihre eigenen Versionen von Android zu bauen und Google so aus dem Spiel zu kicken. Großes vor hat etwa CyanogenMod, die bereits großmundig behaupteten, Android aus dem Griff von Google entreißen zu wollen. Auch in China, dem künftig wichtigsten Smartphone-Markt des Planeten, gibt es Bestrebungen einiger Firmen, ihre eigenen Betriebssysteme zu entwickeln. OnePlus will sein OxygenOS etablieren, Xiaomi (der mittlerweile drittgrößte Smartphone-Hersteller der Welt) hat sein MIUI auf Geräten installiert, zudem will der südkoreanische Smartphone-Gigant Samsung sein eigenes Tizen weiter in den Vordergrund rücken. Android kann, muss aber nicht das dominante mobile OS der Welt bleiben.

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Der verkaufte Fame: Wie junge Stars sich auf Snapchat, Vine und Instagram vermarkten

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In den 1990ern hätten Fans von Bands und Musikern wohl noch “Sellout!” geschrien, wenn ihre Idole ihnen auf der Bühne zwischen den Songs ein paar Produkte nahegelegt hätten. Im Social-Media-Zeitalter gehört so genanntes Product Placement aber mittlerweile dazu wie die obligatorischen Selfies. Nicht nur in den USA, auch in Europa gibt es immer mehr Jungstars, die ihre Reichweiten auf Snapchat, Vine oder Instagram an Marken verkaufen, damit diese eine junge, mobile Zielgruppe mit ihrer Werbung erreichen können. Die Summen, die dabei mittlerweile fließen, sind beträchtlich, und eigene Agenturen kümmern sich um die Vermarktung.

Jerome Jarre, Frankreich (Vine, Snapchat)

Den Grinser des 24-jährigen gebürtigen Franzosen, der mittlerweile von New York aus werkt, haben schon viele Menschen auf dem Smartphone-Display gehabt. Er hat sich in nur zwei Jahren mit meistens lustigen Kurzvideos, in denen er unbedarfte Personen veräppelt, auf Twitters Video-Plattform Vine eine Gefolgschaft von mehr als acht Millionen Followern aufgebaut, bei Snapchat haben seine kurzen Video-Storys ein potenzielles Publikum von etwa eineinhalb Millionen Nutzern. Diese Reichweite verkauft Jarre, der sich in einem YouTube-Video eigentlich Unabhängigkeit von Werbeagenturen auf die Fahne schrieb, mittlerweile ab Marken und ihre Werbebotschaften. Laut AdWeek kostet es 25.000 US-Dollar, wenn man in einem Vine-Video vorkommen will, 35.000 US-Dollar verlangt er für Snapchat-Marketing. Außerdem hat Jarre nur wenige Monate, nachdem er auf Vine so populär wurde, eine Talent-Agentur namens GrapeStory gegründet, die junge Social-Media-Stars vermarktet. Die Agentur hat für Kunden wie General Electric, Virgin Mobile oder Aquafina Kampagnen auf Vine umgesetzt, die den Unternehmen tausende neue Follower und Interaktionen mit Nutzern brachte.

Tatjana Catic, Österreich (Instagram)

Die schöne Oberösterreicherin, die bei diversen Miss-Wahlen sowie der Model-TV-Show “Austria´s Next Top Model” mitgemacht hat, ist wohl Österreichs größter Instagram-Star. Ihrem Account, den sie vor etwa zwei Jahren gestartet hat, folgen mittlerweile mehr als 430.000 Instagram-Nutzer, von Catic gepostete Fotos bekommen hohe Interaktionsraten. Die Grundregel dabei: Je mehr Bikini, desto mehr Likes. Catic, die von einer australischen Agentur unter Vertrag genommen wurde, verkauft ihre Reichweite mittlerweile an Marken. Wie zufällig mischen sich unter ihre Selfies schön in Szene gesetzte Produkte wie Make-up von MAC, Schuhe von Nike oder Sportler-Tabletten von Shredz. Ob das der Instagram-Mutter Facebook auf Dauer gefällt, ist fraglich – denn die wollen selber Werbung an die Fans verkaufen und sehen sicher nicht lange dabei zu, wie bezahlte Social-Media-Stars Produkte in die Kamera halten.

Nash Grier, USA (Vine)

Der 17-Jährige aus North Carolina, USA, hat es mit sechs Sekunden langen Slapstick-Clips auf Twitters Video-Plattform Vine zum meist gefolgten Nutzer geschafft und erreicht dort bis zu elf Millionen User. Diese Reichweite machen sich mittlerweile auch Marken wie Virgin Mobile oder Sonic zunutze gemacht, für die Grier eigene Vines gestaltet hat. Einem Artikel der Huffington Post zufolge nimmt Grier bzw. sein Management 25.000 bis 100.000 US-Dollar, wenn für Marken eigene Vines produziert werden sollen. Der Vine-Star wird von der Agentur 26mgmt, die noch eine ganze Reihe an anderen Social-Media-Sternchen unter Vertrag hat, darunter etwa Bart Baker (5 Mio. YouTube-Abonnenten) oder Griers jüngerer Bruder Hayes (3,5 Mio. Vine-Follower).
Shaun McBride, USA (Snapchat)

Der 27-jährige Vertreter einer Snowboard-Firma aus Utah hält bei etwa 150.000 Followern auf Snapchat, wo er besser als “shonduras” bekannt ist. Berühmt ist er vor allem deswegen geworden, weil er Snapchat-Fotos mit der App-eigenen Funktion übermalt (man kann mit dem Finger am Display zeichnen) und so witzige Mini-Kunstwerke geschaffen hat. Seine Popularität hat etwa Disney dazu gebracht, ihn nach DisneyLand einzufliegen, um ihn von dort Bilder posten zu lassen. Auch Taco Bell und die Major League Soccer sollen bis zu 30.000 US-Dollar abdrücken, damit McBride für sie an digitalen Kampagnen arbeitet.

Ein von Shonduras (@shonduras) gepostetes Foto am

Evan, USA (YouTube)

Der Kinderstar aus den USA zählt auf seinem YouTube-Kanal EvanTubeHD fast 1,2 Millionen Abonnenten, die Clips werden im Laufe des Jahres eine Milliarde Views erreichen. Dem Neunjährigen kann man in den Videos dabei zusehen, wie er Spielzeug ausprobiert und Kommentare abgibt. Alleine hätte er es so weit natürlich nicht gebracht. Sein Vater Jared schneidet und produziert die unterhaltsamen Clips und hat die Vermarktung übernommen. Laut Newsweek verdient er damit mittlerweile Millionen US-Dollar, und das nicht nur weil man an den Werbeeinnahmen, die YouTube mit den Spots macht, mitschneidet. Denn wenn ein Spielzeughersteller will, dass Evan ein Produkt bespricht, dann müssen sie Geld dafür bezahlen. Denn die Reviews gelten mittlerweile als kaufentscheidend, weil so viele Kinder und ihre Eltern die Videos ansehen.

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Die 13 besten Tricks für Google Maps: So gehen Offline-Karte, Einhand-Zoom und Orte merken

Google Maps - showing you the way since 2005. © Jakob Steinschaden

Google Maps – showing you the way since 2005. © Jakob Steinschaden

Google Maps ist zweifelsohne eine der nützlichsten Smartphone-Apps (gratis für iOS und Android) der Welt und hilft seit dem Jahr 2005 Millionen Menschen täglich dabei, ihren Weg zu ihren Zielen zu finden. Doch nicht alle Nutzer schöpfen immer das volle Potenzial der App aus – wohl auch deswegen, weil manche Features gut versteckt sind. Folgende Liste gibt Auskunft darüber, wie man die vielen nützlichen Funktionen aufruft und verwendet. Anmerkung: Alle Tricks mit Ausnahme von Punkt 1 lassen sich nur nutzen, wenn man mit seinem Google-Account in der App eingeloggt ist.

1. Mit einer Hand zoomen
Man kennt das ja: Man sitzt im Auto und sucht während dem Fahren (illegalerweise) eine Adresse auf Google Maps und bräuchte dann die zweite Hand, um die Karte mit der gewohnten “Pinch-to-zoom”-Geste zu vergrößern oder zu verkleinern. In der Google-Maps-App geht das aber auch mit einer Hand: Man tippt mit dem Daumen zwei Mal schnell hintereinander auf das Display und lässt den Finger dann am Touchscreen. Jetzt kann man die Karte verkleinern, indem man am Display nach oben fährt, oder die Karte vergrößern, indem man den Daumen nach unten streicht.

2. Offline-Karte abspeichern (und wieder löschen)
Eine der wichtigsten Funktionen von Google Maps, wenn man im Ausland ist und sich teure Roamingkosten ersparen will. Dazu gibt man den Namen einer Stadt (z.B. New York City) oder Region (z.B. Bretagne) in das Suchfeld ein und tippt dann unten das Suchergebnis an. Nun sollte unten ein Feld mit weiteren Informationen ausklappn und oben rechts neben der Lupe drei kleine Punkte angezeigt werden. Wählt man diese an, kommt unten die Option “Offlinekarte speichern”. Google Maps lässt den Nutzer dann so lange auf der Karte einen Bereich auswählen, bis dieser klein genug ist, um ihn herunterzuladen. Wenn man ab jetzt ohne Internetempfang auf den Teil der Karte geht, kann man die Map offline verwenden. Im Bereich “Meine Orte” im Menü sind die gespeicherten Offline-Karten ebenfalls gelistet. Wenn man Offline-Karten wieder löschen möchte, scrollt man im Bereich “Meine Orte” ganz nach unten und wählt “alle abrufen und verwalten” an.

3. Privat- und Geschäftsadresse festlegen
Wer sich oft von Google Maps navigieren lässt, weiß: Diese zwei Adressen sind fast immer Start- oder Zielpunkt. Deswegen kann man seine Privatadresse sowie die Adresse seines Arbeitsplatzes speichern, und zwar in der App im Menü (vom linken Displayrand nach innen wischen) unter “Einstellungen” -> “Adressen bearbeiten”. Wenn man ab jetzt “zuhause” oder “Arbeit” ins Suchfeld eintippt, kann Google Maps auf die entsprechende hinterlegte Adresse zugreifen.

4. Eine Markierung setzen
In der Google Maps App kann man jederzeit auf Wunsch eine eigene Markierung setzen, und zwar einfach, indem man den Finger etwas länger auf die gewünschte Stelle hält. Google Maps sucht dann, sofern vorhanden, die passende Adresse des Ortes heraus. Diesen Ort kann man nun abspeichern (siehe auch Punkt 5) oder per E-Mail, SMS, Facebook, Twitter uvm. an Kontakte schicken.

5. Orte abspeichern
Plätze, Restaurants, Geschäfte oder andere Orte, die man oft besucht oder die man nicht vergessen will, kann man jederzeit in einer Merkliste abspeichern. Dazu sucht man einfach den Ort (z.B. Stephansplatz) und klickt auf das “Speichern”-Sternchen. Eine Sammlung der gespeicherten Adressen findet sich per Wisch nach rechts im Menü unter dem Punkt “Meine Orte”. Hier sind auch Heim- und Arbeitsadresse (siehe Punkt 3) vermerkt. Um einen gemerkten Ort von der Liste zu entfernen, muss man ihn anwählen und dann das Sterncehn wieder wegnehmen.

6. Bewertung zu einem Ort abgeben
Wenn man einen Ort (z.B. ein Café) angewählt hat, kann man im Infobereich unten bis zu fünf Sterne vergeben und eine kleine Bewertung tippen. Die Sternbewertung wird dann mit den Bewertungen anderer Nutzer gegengerechnet und in Mittelwert angegeben, den andere Nutzer über die Qualität des Lokals informieren. Sollte man einen unangemessenen Kommentar entdecken (z.B. Hass-Posting, Werbe-Spam), kann man diesen melden, indem man rechts neben dem Kommentar auf die drei kleinen Punkte tippt.

7. Bars, Restaurants oder Sehenswürdigkeiten finden
Wenn man sich in einer Gegend noch nicht so gut auskennt – z.B. auf Reisen -, kann man sich von Google Maps Bars, Restaurants, Cafés oder Sehenswürdigkeiten in der Nähe anzeigen lassen. Dazu tippt man einfach in Suchfeld und wählt eines der dann eingeblendeten Symbole für die gewünschte Kategorie. Die App zeigt dann eine Liste an passenden Orten. Diese kann man zusätzlich nach Bewertungen filtern und sich nur Orte mit zwei/drei/vier oder mehr Sternen ausspucken lassen. In manchen Ländern wie den USA kann man so auch Geldautomaten finden, leider nicht in meiner schönen Heimat Österreich.

8. Fehlende Orte eintragen
Dieses Feature ist vor allem für Lokalbetreiber oder Firmeninhaber interessant, die auf Google Maps gefunden werden möchten. Sie können sich über die App sehr einfach auf Google Maps verzeichnen lassen. Dazu hält man einen Finger länger an die gewünschte Stelle auf der Karte und lässt sich Straßenname und Hausnummer von der App anzeigen. Wenn man nun den Infobereich unten antippt, kommt man zu der Option “Fehlenden Ort hinzufügen”. Wählt man diesen an, kann man dem Ort einen Namen geben, gegebenenfalls die Adresse nachjustieren (z.B. wenn die Hausnummer nicht stimmt), den Ort einer Kategorie zuordnen, eine Telefonnummer hinterlegen und die offizielle Webseite verlinken. Eine E-Mail informiert anschließend darüber, ob der Ort in Google Maps aufgenommen wurde – im Test dauerte das weniger als eine Minute.

9. Mautstraßen und Autobahnen beim Navigieren meiden
Hat man Google Maps eine Route berechnen lassen und will bestimmte kostenpflichtige Wege umgehen (z.B. Autobahnen oder Mautstraßen), kann man das der App sagen. Bevor man die Navigation startet, kann man unter Optionen bestimmen, welche Wege die App meiden soll.

10. Einen Ort an Freunde schicken
Manchmal auch ganz praktisch, wenn man Kontakten wissen lassen will, wo man gerade ist oder wo man sich treffen will: Mit der längeren Berührung eines Punktes auf der Google Maps kann man diesen Ort anwählen und anschließend teilen. Je nach Betriebssystem gelangt man nun zu der Auswahl, über welchen Kanal (von E-Mail über SMS bis Facebook) man den Ort verschicken möchte. Der Empfänger erhält in der Regel einen Link, der ihn zu der Position auf Google Maps führt.

11. Standortverlauf löschen
Wer einmal innehalten und sehen möchte, was Google alles über unsere täglichen Wege weiß, kann in der App unter “Einstellungen” -> “Google Maps-Verlauf” einsehen, welche Orte man alle gesucht hat. In der Smartphone-App lassen sich diese Orte nur einzeln aus der Liste löschen. Wer seine gesamte “Location History” einsehen und löschen will, muss die Webseite https://maps.google.com/locationhistory besuchen. Auf der Seite kann man in dem Kalender-Tool einen Zeitrahmen eingeben, innerhalb dessen die Standortdaten gelöscht werden sollen.

12. Schnelle Navigation starten
Gerade wenn man im Auto sitzt, ist diese Funktion sehr wichtig. Ohne einen Suchbefehl nach einem Ort ins Suchfeld zu tippen, kann man rechts unten das blaue Navigationssymbol anwählen und bekommt dann die zuletzt gesuchten Orte sowie den “Zuhause” und den “Arbeit”-Ort gelistet. Die Chance, dass man zu einem dieser Orte möchte ist sehr groß – einfach direkt anwählen.

13. Sprachsuche verwenden:
Ebenfalls vor allem beim Autofahren wertvoll ist die Sprachsuche, die man über das kleine Mikrofon-Symbol im Suchfeld startet. Google Maps ist ganz gut darin, den genannten Straßennamen zu erkennen. Wenn es nicht funktioniert, sollte man noch einmal überprüfen, ob die richtige Sprache eingestellt ist. Im Menü finden sich die entsprechenden Einstellungen unter “Sprachsuche”.

Where the hell are you? Wiener Mobile-Start-up ortet Gesprächspartner von VoIP-Telefonaten

Wo zum Teufel steckst Du? Diese Smartphone-App gibt Auskunft. © Three Bee Peas

Wo zum Teufel steckst Du? Diese Smartphone-App gibt Auskunft. © Three Bee Peas

Jemanden am Telefon lang und breit erklären müssen, wo man gerade steckt, das soll künftig nicht mehr notwendig sein. Zumindest, wenn es nach dem in Wien ansässigen Start-up Three Bee Peas rund um Mitgründer Peter Riegler geht. Die Jungs habe ich am Web Summit in Dublin kennengelernt (ja, man muss manchmal weit reisen, um Österreicher zu treffen) und mir dort ihre App Where the hell are you? (derzeit gratis für iPhone und Android) zeigen lassen. Das Team besteht aus sechs Leuten, die das Projekt größtenteils in ihrer Freizeit vorantreiben. Gänzlich überzeugt bin ich noch nicht von der App, weil der Use Case begrenzt ist und der Service Privatsphäre-Fragen aufwirft, hier ist jedenfalls die Grundidee:

Wenn zwei Nutzer mit der App ein VoIP-Telefonat (dazu später mehr) führen, werden ihre aktuellen Positionen auf einer Karte angezeigt (Apple Maps am iPhone, Google Maps auf Android). So soll man sich etwa auf Festivals oder im Urlaub ersparen, dem anderen erklären zu müssen, wo man sich gerade aufhält. Eindeutig identifiziert wird der User über seine Telefonnummer, und wer der App Zugriff auf sein Adressbuch gibt, kann so einfacher Bekannte finden, die die App ebenfalls benutzen. Die Telefonate an sich sind kostenlos und in einer anständigen Tonqualität möglich – trotzdem soll sich „Where the hell are you?“ monetarisieren lassen.

In-App-Käufe und Fullscreen-Werbung

„Wir wollen in nächster Zeit durch In-App-Purchase von zusätzlichen Features Geld verdienen“, sagt Peter Riegler von Three Bee Peas. „Ein Beispiel:
Geplant ist etwa ein Pin, den der User auf der Karte setzen kann, um seinem Gesprächspartner einen Ort auf der Karte markieren zu können, und der Pin ist für beide sichtbar.“ Zusätzlich zu kostenpflichtigen Premium-Features soll es auch Werbung in der App geben. „Weiters planen wir die Anzeige eines Interstitials, also einer Fullscreen-Ad, nach einem beendeten Telefonat. Dies wir vor allem notwendig werden, um die laufenden Kosten für den VoIP-Service zu begleichen“, so Riegler.

Dass „Where the hell are you?“ überhaupt Internettelefonie („Voice over IP“, kurz VoIP) kann, ist eigentlich dem schwedischen Start-up Sinch zu verdanken. Dieses bietet anderen Firmen VoIP-Technologie an, die dann per SDK („Software Development Kit“) in fremde Apps eingebaut werden kann. Das Ganze ist so billig, dass Three Bee Peas für bis zu 25.000 monatlich aktive Nutzer bzw. 100.000 Gesprächsminuten gar nichts zahlen muss, danach sind 200 US-Dollar pro Monat fällig. Wenn die App-Nutzung explodiert und mehr als 200.000 monatliche Nutzer bzw. mehr als vier Millionen Minuten anfallen, kostet Sinch etwa 750 US-Dollar pro Monat. Diese Kosten will das Team der Three Bee Peas durch die Werbeeinnahmen decken.

Das Team von Three Bee Peas. © Three Bee Peas

Das Team von Three Bee Peas. © Three Bee Peas

Fragen der Privatsphäre und des Datenschutzes

Die Ortung der Gesprächspartner, die „Where the hell are you?“ anbietet, ist prinzipiell „Opt-in“. Beide Teilnehmer brauchen die App und müssen ihr Zugriff auf die Ortungsfunktionen geben. „Sind alle Lokalisierungs-Dienste aktiv (GPS, WLAN, etc.), ist eine relativ genaue Positionierung möglich“, erklärt Riegler. „Im freien mittels GPS ist es auf etwa 8 bis 10 Meter genau, in Gebäuden bei aktivem WLAN oft auf unter 70 Meter. Im Freien ohne GPS-Zugriff bzw. in Gebäuden ohne WLAN-Ortung ist meist nur eine sehr ungenaue Positionierung auf etwa 500 Meter genau möglich.“

Die Position bekommt der andere nur dann mitgeteilt, wenn er ein Gespräch annimmt. „Werde ich über die App angerufen und ich lehne das Gespräch ab oder hebe einfach nicht ab, bekommt der Anrufer keinerlei Standortinformationen. Sobald ich ein aktives Gespräch beende, wird immer automatisch auch das Location Sharing beendet.“, so Riegler. „In meiner Liste von vergangenen Gesprächen kann ich dann jeweils den zuletzt aktiven Standort meines damaligen Gesprächspartners abrufen, der zum damaligen Zeitpunkt lokal am Gerät gespeichert wurde.“

Kniffliger ist der Datenschutz. Da die VoIP-Gespräche über den Technologiepartner Sinch abgewickelt werden, sind diese derzeit nicht verschlüsselt, allerdings will Sinch dieses Feature bald nachreichen. Da „Where the hell are you?“ auch auf die eigene Kontaktliste am Smartphone zugreifen kann, stellt sich auch die Frage, was mit jenen Personendaten (Name, Telefonnummer) passiert, die die App nicht verwenden. „Wir verwenden zum Identifizieren und Matchen von Kontakten jeweils nur gehashte Informationen, die an unseren Server gesendet werden. Dieser vergleicht meine gesendeten Hashes mit denen von registrierten Usern und liefert mir diejenigen zurück, die ebenfalls auf “Where the hell are you” registriert sind“, sagt Riegler. „Lokal am Gerät kann dann der zugehörige Kontakt angezeigt werden.“ Das so genannte Hashen gilt allerdings nicht als perfekte Lösung, um Anonymität der User zu garantieren, sollten etwa die Server der Firma gehackt werden.

Zukunftsaussichten

Dass sich Three Bee Peas dazu entschieden haben, die User per Telefonnummer zu identifizieren, ist clever – auch meiner Meinung nach ist die Telefonnummer (und nicht etwa Facebook) die ID des mobilen Zeitalters, die die E-Mail ablösen wird. Ob die Lokalisierungsfunktion reicht, um sich von anderen VoIP-Apps zu unterscheiden, ist fraglich – schließlich soll man auch bald mit WhatsApp telefonieren können, das eine solche Funktion einfach einbauen könnte. Gut ist deswegen der Plan des kleinen Teams, nicht nur auf B2C-Geschäfte (Werbung, In-App-Käufe) zu setzen, sondern auch an B2B zu denken. „Hier bieten wir ab Mitte des Jahres Whitelabel-Lösungen unserer App an“, sagt Riegler. „Diese wollen wir im Bereich von Events, Outdoor-Sport-Aktivitäten (zB. für Ski-Gebiete) und Notfallmeldungen (Versicherung, Auto-Club, etc.) vertreiben.“

Facebook: Wie das Social Network die großen Medienhäuser auf seine Seiten ziehen will

Facebook bandelt mit den Medienhäusern an. © Christoph Hetzmannseder, Montage Jakob Steinschaden

Facebook bandelt mit den Medienhäusern an. © Christoph Hetzmannseder, Montage Jakob Steinschaden

Dass Facebook große Ambitionen hat, zur personalisierten digitalen Tageszeitung seiner Nutzer zu werden, das ist spätestens seit März 2013 klar. Damals sagte Gründer Mark Zuckerberg anlässlich des damals präsentierten News-Feed-Design genau das: “We believe that the best personalized newspaper should have a broad quality of content… socially and locally updated from people around you. A front page or top news or most important news going on across all topics. And the ability to drill down into any topic you want.“ Seither füllt sich der News Feed immer mehr mit Links zu journalistischen Artikeln, mit entsprechenden Effekten. Einer neuen Untersuchung der Technischen Universität Darmstadt der Top 15 deutschen Nachrichten-Portale zufolge finden bereits 91 Prozent jener Empfehlungen, die Social-Media-Nutzer im Netz machen, auf Facebook statt – Twitter oder Google+ spielen nur eine untergeordnete Rolle. Zuckerbergs “Freundes”-Netzwerk schaufelt dementsprechend viel Traffic in Richtung der Online-Medien und hat sich neben Google und Direktzugriffen zur wichtigsten Leserquelle gemausert.

Content, der direkt bei Facebook liegt

Beim Verteilen von Links zu News-Artikeln via Facebook soll es aber nicht bleiben. Seit einigen Monaten mehren sich die Anzeichen, dass Facebook Medienhäuser dazu bringen will, Inhalte nicht nur zu verlinken, sondern direkt in dem Social Network zu veröffentlichen. Einen ersten, wichtigen Schritt dazu hat man mit der Neugestaltung sowie der Ausspielung von Videos gemacht: Zahlreiche Online-Medien wie der Guardian, Vice, The Economist, Buzzfeed oder Bild.de präsentieren ihre Clips auf eigenen Unterseiten ihrer Facebook-Pages – und zwar nicht als eingebettete YouTube-Videos, sondern als native Facebook-Videos. Denn Social Network bietet ihnen einen wichtigen Vorteil gegenüber Clips, die über die Google-Tochter distribuiert werden: Sie fangen automatisch an zu laufen, wenn sie der Nutzer auf den Bildschirm bekommt, was mehr Aufmerksamkeit erzeugt, als nur ein Vorschaubild zu zeigen, die einen extra Klick zum Abspielen erfordern.

Vox Media_Facebook Videos

Karsten Lohmeyer vom Blog Lousypennies.de ist der Meinung, dass so bald eine neue Generation an Facebookern in Analogie zu den heutigen YouTube-Stars entstehen könnte, die ihre Inhalte exklusiv in dem Online-Netzwerk veröffentlichen und sich die Werbeeinnahmen, die aus den Pre-roll-Ads entstehen, mit Facebook teilen (z.B. 50/50). Bei YouTube machen das heute nicht nur YouTube-Stars und Sternchen, auch Medienhäuser in Deutschland und Österreich haben Deals mit der Google-Tochter, bei denen sie sich Werbeeinnahmen teilen. Partnerschaften mit Bloggern und Medienhäusern müssen aber nicht nur Videos betreffen, auch Artikel könnten exklusiv bei Facebook veröffentlicht werden. 2012 hat Facebook gemeinsam mit der Washington Post und dem Guardian versucht, so genannte Social-Reader-Apps zu etablieren. Diese Anwendungen waren innerhalb des Social Networks zu nutzen und teilten Freunden automatisch mit, was der User gerade so liest. Der anfängliche Traffic-Schwall legte sich bald, weil sich bei den Nutzern ein Unwohlsein wegen dem damals als “frictionless sharing” bezeichneten ungefragten Auto-Teilen einstellte.

Partnerschaften mit Online-Medien

Wie aus der Branche zu hören ist, strebt Facebook derzeit wieder Partnerschaften mit Medienhäusern an. Immer wieder fallen die Namen Vice Media und Vox Media (The Verge, Vox.com, u.a.), zwei aufstrebende Digital-Publisher. Medienprofi Jonathan Hunt, der bis vor einigen Monaten für Vice werkte und jetzt für Vox Media arbeitet, ist eine der Schlüsselfiguren in dem Spiel. Bei Vice Media hat er eine so genannte “co-sale partnerships” entwickelt und unter anderem mit Facebook eingefädelt, die folgendermaßen funktioniert: Vice produziert für Werbetreibende spezielle, native Inhalte, die für Facebook optimiert sind, und teilt sich mit Facebook die daraus entstehenden Werbeeinnahmen. Facebook bietet Vice im Gegenzug einen besseren Zugang zu Nutzerdaten und Analyse-Tools, die dafür sorgen sollen, dass der Content eine größere Reichweite bekommt. Bei Vox Media ist Hunt ebenfalls dabei, solche “co-sale partnerships” aufzubauen. Zum besseren Verständnis: Vice Media und Vox Media haben eigene Abteilungen von Content-Machern, die Werbung für Kunden machen. Diese Werbung soll dabei nicht wie Werbung anmuten, sondern spannende, lustige, berührende etc. Storys rund um die Marken und Produkte erzählen. Diese Inhalte werden dann nicht in herkömmlichen Online-Werbebannern beworben, sondern über Social Media verbreitet.

Nach den Games werden die Medieninhalte kommen”, hat Dan Rose, bei Facebook für die globalen Partnerschaften und das Business Development zuständig, bereits vor drei Jahren gesagt. Das Team für die Partnerschaften wurde seither um eine ganze Reihe an ehemaligen Medienleuten (u.a. von der New York Times, CNN, The New Yorker oder The Economist, wie Digiday.com berichtet) aufgestockt, welches enge Kontakte zu Medien wie Mashable oder Time pflegt. In der Paper-App, die Anfang 2014 veröffentlicht hat, werden Inhalte von mehr als 40 Publishern (u.a. NYT, CNN, Time) bereits in einer Facebook-Anwendung dargeboten. Dass das Social Network immer stärker auf Content von Verlagen baut, ist verständlich: Immer mehr Normalnutzer bevorzugen Messaging-Apps zur Privatkommunikation, während sich Facebook selbst immer mehr zur öffentlichen Internet-Plattform à la Twitter entwickelt, wo es ebenfalls stark um News-Konsum geht. Die Aufsplittung der Facebook-Plattform in rein private und rein öffentliche Kommunikationskanäle ohne Privatsphären-Mischmasch habe ich bereits hier beschrieben.

Alternative zu Google?

Der Versuch, Publisher auf seine Seite zu ziehen, könnte fruchten. Dem anderen großen Internetunternehmen, Google, stehen Medienhäuser gerade in Europa (v.a. Spanien, Deutschland) sehr kritisch gegenüber und haben Leistungsschutzrechte herbei lobbyiert, um ihre Inhalte, die Google automatisch ausliest, zu schützen. Da ist es clever, dass Facebook als Partner der Verlage auftritt und sich mit ihnen die Werbeeinnahmen, die rund um den Verlags-Content entstehen, teilen will. Fragt sich nur, ob sich die Medienhäuser auch darauf einlassen – kaum jemand will von einem übermächtigen Partner abhängig sein, der beliebig am Algorithmus des News Feed drehen kann und darüber bestimmt, wie groß die eigene Reichweite ist. Die Gefahr für Verlage, die keine Kooperation eingehen: Ihre Facebook-Reichweite könnte schnell schrumpfen.

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WhatsApp Calling: Gratis-Telefonate sind Öl ins Feuer der Debatte um die Netzneutralität

Bald macht der Telefonhörer im Logo Sinn. © WhatsApp

Bald macht der Telefonhörer im Logo Sinn. © WhatsApp

Bald endlich könnte der Telefonhörer, den der populäre Kommunikations-Dienst WhatsApp im Logo trägt, Sinn machen. Schon vor einem Jahr hat Gründer Jan Koum, der seine Messaging-App um 22 Milliarden US-Dollar an Mark Zuckerberg verkaufte, kostenlose VoIP-Telefonate versprochen, jetzt dürfte der Start der Funktion kurz bevorstehen. Gratisanrufe sind dabei nicht nur ein Angriff auf konkurrierende Apps mit ähnlichen Funktionen, sondern werden die Diskussion rund um die Netzneutralität neu entfachen.

Bereits vor etwa einem Jahr angekündigt, mehren sich jetzt die Zeichen, dass die Facebook-Tochter WhatsApp demnächst eine Telefonie-Funktion (VoIP) in seinen Apps freischalten wird. Nutzer auf reddit berichteten, dass sie das Feature bereits ausprobieren konnten, und Ende Dezember hat der Android-Blog AndroidWorld.nl bereits entsprechende Screenshots gezeigt, die die Anruf-Funktion zeigen. Die VoIP-Anrufe soll dabei auch Funktionen wie automatische Antworten (z.B. “Kann gerade nicht antworten”) oder die einfache Koppelung mit Bluetooth-Geräten (Headset, Auto, etc.) beinhalten.

Aufholen auf die Konkurrenz

Innovativ ist WhatsApp nicht, sondern sieht sich eher gezwungen, mit konkurrierenden Messaging-Apps wie Line, WeChat oder Viber gleichzuziehen. Diese und andere Dienste (z.B. Skype) bieten schon lange kostenlose VoIP-Telefonate an. Auch bei Facebooks hauseigenem Messenger kann man Anrufe tätigen, allerdings nur zu anderen Facebook-Nutzern. Die Aufregung rund um die WhatsApp-Pläne resultiert eher aus der Marktmacht des Dienstes. Mit mehr als 600 Millionen monatlich aktiven Nutzern und Zuwachsraten von einer Million neuen Usern pro Tag liegt man deutlich vor der Konkurrenz, das Knacken der eine Milliarde Nutzer scheint noch 2015 möglich. Fraglich ist, ob die App künftig als Skype- bzw. Telefonie-Ersatz wahrgenommen wird oder eher weiter zum Text-basierten Chatten verwendet wird. Wie erste Nutzer berichten, wird die Funktion erst freigeschaltet, wenn man von einem anderen User angerufen wird. Diese Strategie könnte Früchte tragen, weil sich die VoIP-Möglichkeit dann viral im Netzwerk verbreiten würde.

WhatsApps Telefonie-Funktion wird Wasser auf den Mühlen der europäischen Telekomkonzerne sein. Sie wettern schon länger gegen die so genannten Over-the-Top-Dienste (OTT) wie WhatsApp, die Konkurrenzprodukte zu ihren Angeboten (Telefonie, SMS, etc.) kostenlos anbieten und damit ihre Geschäftsmodelle untergraben. Während sie die notwendige Infrastruktur bezahlen würden, könnten US-Firmen ihre Dienste über ihre Netze anbieten, ohne einen Cent in Funkstationen oder Breitbandnetze zu stecken.

Die Deutsche Telekom etwa wird in den kommenden fünf Jahren 23,5 Mrd. Euro in seine Netze (Breitband, Mobilfunk) investieren, die Telekom Austria steckt dieses Jahr etwa 400 Mio. Euro in sein Glasfasernetz.

Kampf um Einnahmen

Um diese massiven Aufwendungen kompensieren zu können, drängen Telekoms die Politik schon länger zu der Möglichkeit, Internetfirmen wie Google, Facebook, Spotify oder Netflix zur Kasse bitten zu können, wenn diese priorisierte Leitungen für ihre Services wollen. Facebooks neuer Chef für Messaging-Produkte, der ehemalige PayPal-Präsident David Marcus, argumentiert hingegen, dass man den Telekoms vielmehr helfen würde, Internetzugänge an die Konsumenten verkaufen zu können. Ein Smartphone samt Tarif würde ja erst Sinn machen, weil man dann all die tollen Dienste von Facebook und anderen nutzen könne. Was er nicht dazusagt: WhatsApp verlangt von seinen Nutzern eine Jahresgebühr von einem Euro, ist also nicht komplett kostenlos.

Damit wird sich die Diskussion rund um die Netzneutralität weiter zuspitzen. Der neue EU-Digitalkommissar Günther Oettinger sagt zum einen, dass keine Daten bevorzugt werden dürfen, spricht aber zum anderen von Diensten im öffentlichen Interesse, die Vorrang bekommen können sollen – welche das genau sind, ist derzeit Auslegungssache. Das EU-Parlament stimmte im April 2014 für die Beibehaltung der Netzneutralität, also die technische Gleichbehandlung des Datenverkehrs. Ob das so bleiben wird, ist fraglich.

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So schaut mein Büro aus: Mein Kurzauftritt im ORF „ZIB Magazin“ zum Thema Apple

Mein Computer, mein Computer & ich. © ORF ZIB Magazin

Mein Computer, mein Computer & ich. © ORF ZIB Magazin

Im Sinne des lebenslangen Ego-Brandings hier ein Screenshot von meinem Kurzauftritt im ORF ZIB Magazin. Das da sind übrigens mein MacBook, mein Arbeits-Computer, mein Bürosessel und mein Lieblings-Kapuzenpulli. Meine Aufgabe war, die nicht so ganz unkomplexe Frage zu beantworten, warum den Apple so eine Erfolgsfirma ist. Anschauen kann man sich den Beitrag in der ORF TVthek noch bis Dienstag, den 3. Februar 2015.

Tablet im Tiefflug: Der iPad-Absatz leidet unter Phablets und langen Upgrade-Zyklen

Nicht der Überflieger, der es hätte sein sollen: Apples iPad. © Apple

Nicht der Tablet-Überflieger, der es hätte sein sollen: Apples iPad. © Apple

Apple hat gerade das erfolgreichste Geschäftsquartal aller Zeiten hingelegt, machte in Q1 2015 satte 18 Milliarden US-Dollar Gewinn und verkaufte 74,5 Millionen iPhones. Skeptiker, die das iPhone 6 und das iPhone 6 Plus (hier meine Testberichte) zu groß, zu teuer, zu wenig innovativ fanden, wurden abgestraft – die breite Masse ist so bereit wie nie zuvor, 700 Euro aufwärts für ein Smartphone zu zahlen.

Der iWehmutstropfen
Doch wer suchet, der findet: In den neuen Apple-Quartalszahlen stecken auch Informationen, dass nicht alles optimal bei dem Konzern aus Cupertino läuft. Sorgenkind ist einmal mehr das iPad. Im Weihnachtsgeschäft verkaufte es sich um 18 Prozent schlechter als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum – „nur“ 21,4 Millionen Stück des Premium-Tablets gingen über den Ladentisch. Grafisch sieht die Entwicklung von iPhone- und iPad-Absatz dann so aus:

Die Gründe, warum sich das iPad nicht mehr so gut verkauft wie noch in den vergangenen beiden Jahren, sind vielfältig und sollten nicht auf eine einzige Ursache reduziert werden.

1. Phablets: Große Smartphones mit 5 oder noch mehr Zoll Bildschirmdiagonale sind natürlich eine Konkurrenz für Tablets. Wer braucht schon ein 5-Zoll-Gerät und ein 8-Zoll-Gerät, die beide mit 600 Euro plus zu Buche schlagen. Da die Leute nicht unbedingt reicher werden, entscheiden sich viele Konsumenten für ein Gerät, und da gewinnt immer das Smartphone.

2. Billige Android-Tablets: Das iPad ist eine teure Angelegenheit. Die beiden aktuellen Modelle – das Air 2 und das Mini 3 – kosten mindestens 490 bzw. 390 Euro, wer mobiles Internet und mehr Speicher will, legt schnell 200 Euro drauf. Dem gegenüber steht eine Vielzahl an Billig-Tablets mit Android, die man mittlerweile im Supermarkt kaufen kann. Um zu Hause auf der Couch ein wenig Second Screen zu haben, reicht auch ein günstiges Android.

3. Längere Upgrade-Zyklen: Kannst Du aus dem Stand den genauen Unterschied zwischen iPad Air und iPad Air 2 erklären? Nein? So geht es vielen Konsumenten. Während jeder ziemlich genau weiß, wie sich iPhone 5 und iPhone 6 unterscheiden, sind die Verbesserungen bei Tablets nicht jedem glasklar. Dementsprechend gering ist der Druck, ständig auf das neueste Modell upgraden zu müssen – weil das alte iPad tut es ja auch noch. Ein neues Smartphone kauft man sich alle ein bis zwei Jahre, ein neues Tablet eher nicht.

Fragliche Tablet-Zukunft
Apple hat 2014 eine Partnerschaft mit IBM geschlossen, über die man das iPad attraktiver im Business-Kontext machen will. Apple-Chef Tim Cook sieht das als große Chance, die Absatzzahlen des Tablets zu steigern, doch das werde einige Geschäftsquartale dauern. Derweil greifen Gerüchte um sich, dass der US-Konzern ein iPad Pro mit größerem Screen und Stiftbedienung produzieren könnte – wer weiß, ob Geschäftsleute und Digitalkreative auf so ein Gerät abfahren.

Was heißt das nun für Start-ups und digitale Medienmacher? Ganz einfach. Denke „Smartphone first„.

Fast kein Internet in Kuba: Die skurrilen Wege, wie die Kubaner an Apps und Facebook gelangen

In diesen App Stores versorgen sich die Kubaner mit "Apliciones para Móviles". © Jakob Steinschaden

In diesen App Stores versorgen sich die Kubaner mit „Apliciones para Móviles“. © Jakob Steinschaden

Auf der Straße vor dem Gran Hotel in der Stadt Trinidad an der Südküste Kubas steht ein Dutzend Einheimische, jeder mit Smartphone in Richtung Hotel-Lobby gewendet. Irgendwie ist das WLAN-Passwort des Tages aus der sündteuren Touristenburg nach draußen entfleucht und hat sich herumgesprochen. Die Kubaner, denen untersagt ist, sich Internetzugang im Hotel zu kaufen, nutzen die Gunst der Stunde und checken schnell E-Mails, Facebook, WhatsApp und News-Seiten, solange die Verbindung noch funktioniert. Die Situation ist skurril, für Kuba aber irgendwie auch typisch. Das sozialistische Land kann (und will) seine Bürgern bis dato nicht so einfach ins freie Netz surfen lassen, nur die wenigsten haben die Möglichkeit, einfach mal online zu gehen, wie wir es gewöhnt sind.

Und so wird ein Hotel-WLAN unverhofft zur temporären Internet-Oase, an der glückliche Kubaner ein wenig von jenen globalen Datenströmen naschen, von denen sie sonst abgeschnitten sind. Während drinnen in der Hotel-Lobby Netzzugang für Ausländer so selbstverständlich ist wie Air Condition, ist für die Kubaner draußen eine der seltenen Gelegenheiten, mal schnell im Netz zu schnuppern. Mir kommt der Spruch des Science-Fiction-Autors William Gibson in den Sinn: “Die Zukunft ist schon da. Sie ist nur ungleich verteilt.

Abgeschnittener Feind des Internet

Das Internet und Kuba, das ist schon eine höchst ungewöhnliche Beziehung. Auf meiner dreiwöchigen Reise durch den autoritär von einem sozialistischen Regime regierten karibischen Inselstaat habe ich die Kubaner und ihr schwieriges Verhältnis zum Internet näher kennengelernt. Der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) zufolge zählt Kuba mit nur etwa vier Prozent ans Internet angeschlossenen Haushalten zu den am schlechtesten vernetzten Ländern der Welt, Reporter ohne Grenzen (ROG) zählte Kuba in seinem letzten Jahresbericht neben China, Russland, Saudi-Arabien, USA und Großbritannien (letztere beide wegen NSA- bzw. GCHQ-Überwachung) zu den Feinden des Internet – wegen Überwachung, Zensur und dem Einsperren von Internetaktivisten, die im Netz ihre Meinung äußerten. Menschen in Kuba, die das Internet nutzen wollen, stecken in einer politischen und ökonomischen Zange: Zum einen will die autoritäre Staatsführung unter Raúl Castro die Bürger nicht ins freie Netz lassen, zum anderen hat das US-Embargo die technische Entwicklung des Landes quasi auf Eis gelegt.

Wieder mal kein Empfang, naja, dafür Che-Guevara-Propaganda. © Jakob Steinschaden

Wieder mal kein Empfang, naja, dafür Che-Guevara-Propaganda. © Jakob Steinschaden

Untersee-Glasfaserkabel zwischen Nord- und Südamerika machen nicht in Kuba halt – immerhin hat der Staat 2011 einen Anschluss nach Venezuela und Jamaika gelegt, Verbindungen nach Haiti und in die dominikanische Republik sind geplant. Von diesem Zugang ans globale Internet profitieren derzeit aber nur Touristen und die Wohlhabenderen: In Kuba hat die staatliche Telekommunikationsbehörde ETECSA zwar etwa 150 Internet-Cafés in größeren und kleineren Städten eingerichtet, doch das Surfen dort ist für Kubaner sündteuer. Eine Stunde Internet kostet dort umgerechnet etwa 4 Euro – das ist bei einem durchschnittlichen Monatslohn von 16 Euro purer Luxus. Wer sich auf eine Stunde im staatlich kontrollierten Intranet mit regierungsfreundlichen Webseiten und den staatlichen E-Mail-Dienst Nauta.cu zufrieden gibt, kommt mit etwa einem Euro pro Stunde davon. Die kubanische Regierung kann so behaupten, dem Volk das heiß begehrte Internet zur Verfügung zu stellen, doch für die Mehrheit ist es einfach nicht erschwinglich.

Lockerung des US-Embargos lässt hoffen

Ich hoffe, dass sich die Internet-Situation mit den Obama-Ankündigungen verbessert“, sagt Lazaro, ein Fremdenführer, der eine Gruppe Touristen durch Kuba begleitet. Die US-Regierung, die kürzlich das seit 1960 andauernde Wirtschaftsembargo gelockert hat, will es einfacher machen, dass Telekommunikationsausrüstung und andere Technologien in den Nachbarstaat exportiert werden können. Das lässt viele Kubaner, vor allem die Jüngeren, frohlocken, bald besseres, günstigeres und vielleicht sogar mobiles Internet am Smartphone nutzen zu können. Denn diese Story, da hat die staatliche Propaganda dafür gesorgt, hört man immer: Die USA und ihr Embargo sind schuld, das wir keinen Zugang zum Netz haben. Dass das autoritäre Regime da auch ein Wörtchen mitzureden hat, das trauen sich die Kubaner nicht laut aussprechen. Denn wie aus WikiLeaks-Dokumenten hervorgeht, soll sich die kubanische Regierung besonders vor regierungskritischen Bloggern wie Yoani Sánchez (“Generation Y“) fürchten, weswegen die staatliche Informationsbehörde jeden Inhalt zuerst freigeben will, der online veröffentlicht wird.

Und so sieht der Online-Alltag, sofern man ihn als solchen überhaupt bezeichnen kann, ziemlich düster aus. Die Mutigeren schlagen teilweise abenteuerliche Wege ein, um ins Netz zu gelangen. So werden einige Kubaner von Ausländern mit Satelliten-Internet via Telefon versorgt, während sich andere illegal in die Hotels für westliche Gäste schummeln und sich dort eine Stunde Zugang leisten. Die Schlauen unter ihnen schließen sich zu kleinen Gruppen von acht bis zehn Personen zusammen und teilen via WLAN-Hotspot den gemeinsam bezahlten Zugang. Eines braucht man im kubanischen Internet jedenfalls immer: Geduld. Auch in den teuersten Hotels kann es sein, dass die Verbindung lähmend langsam ist – Webseiten laden minutenlang, manchmal ist Google gesperrt, oft bricht die Verbindung einfach ab, Smartphones erkennen ihnen suspekte Sicherheitszertifikate nicht an.

Ganz selten ist, wenn eine kubanische Familie zu Hause Internet hat. Yinet und Julio, ein Ärztepaar aus Santiago de Cuba etwa, leisten sich den Online-Zugang via Einwählmodem übers Telefonnetz um etwa 100 Euro pro Monat, ein kleines Vermögen in dem armen Land. Die sündteure Verbindung ist unglaublich langsam, für das Versenden einer einzigen E-Mail brauchte ich einmal ganze 30 Minuten. Trotzdem zahlen Yinet und Julio für die Verbindung, die ihnen die ETECSA zur Verfügung stellt. Die beiden – er ist Internist, sie Kardiologin – verdienen im größten Krankenhaus der Stadt sage und schreibe 40 Euro pro Monat, weswegen sie sich mit der Vermietung von Zimmern an Touristen das Gehalt wesentlich aufbessern. Der Internetzugang in ihrem Gästehaus steht den Touristen zur Verfügung und ist auch jenes Mittel, mit dem die beiden erste zarte Marketing-Aktionen (Facebook, TripAdvisor, etc.) für ihre „casa particular“ machen. In Kuba ist das Internet im Prinzip der einzige Weg, Werbung für sein Geschäft zu machen, da Kommunikation im öffentlichen Raum dem Staat vorbehalten ist – statt Plakaten sieht man auf der Straße ständig die Parolen und Konterfeis von Che Guevara, Fidel Castro und Co. Die Präsenz in sozialen Netzwerken und Reise-Portalen, wo sich die Unterkunft von Nutzern weiterempfehlen lässt, ist da die einzige Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen.

Echte physische App Stores

So rückständig Kuba in Sachen Internet auch ist, zumindest bei der technischen Ausstattung ist die Bevölkerung ganz gut ausgerüstet. Laptops, Tablets und vor allem Smartphones (oft ältere Samsung oder LG-Modelle, manchmal iPhones der dritten oder vierten Generation) sind häufig und auch in entlegenen Dörfern in den Händen der Kubaner zu sehen. “Ohne Apps sind die Smartphones leider nutzlos“, meint Allesandro aus Havanna. Doch findige Geschäftsleute haben dafür eine Lösung gefunden: In kleinen Läden, oft mit dem Android- oder Apple-Logo gekennzeichnet sind, können Kubaner ihre Geräte jailbreaken und sich Apps aufspielen lassen. Für ein Entertainment-Paket, das etwa eine Taschenlampen-App, offline funktionierende Foto-Apps oder eine Handvoll Games beinhaltet, zahlen sie umgerechnet etwa einen Euro. Während man in der westlichen Welt App Stores als virtuelle Software-Läden kennengelernt hat, gibt es in Kuba also echte, physische App Stores, die zumindest Android-Handys mit Programmen versorgen können (iPhone-Besitzer haben wegen des strikten Apple-Ökosystems das Nachsehen). Selbst wenn die kubanische Regierung seine Versprechen wahr macht und der Bevölkerung WLAN-Hotspots zur Verfügung stellt, dürften die kleinen Software-Läden weiterleben. Denn Kubaner haben keine Kreditkarten, mit denen sie sich ein Konto in Apples App Store oder Googles Play Store anlegen könnten.

In diesen App Stores versorgen sich die Kubaner mit "Apliciones para Móviles". © Jakob Steinschaden

In diesen App Stores versorgen sich die Kubaner mit „Apliciones para Móviles“. © Jakob Steinschaden

Ob sich die Kubaner im Internet dann aber mit politischen Informationen und einer Außensicht ihres Landes versorgen werden, ist fraglich. Schon heute haben viele ausländisches Fernsehen via Satellitenschüssel am Dach, doch anstatt ausländischer Nachrichten laufen zumeist mexikanische Telenovelas, spanischer Fußball oder Hollywood-Streifen. Die Zensur, die beginnt zumeist im Kopf und nicht erst auf einer Webseite – das merkt man schon, wenn man mit den Einheimischen über Politik sprechen will. Ihren Inselstaat und seine Sozialpolitik loben sie in der Regel über alles, ehrliche Meinungen bekommt man nur selten und unter vier Augen zu hören. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort: “Wenn vier Kubaner an einem Tisch sitzen, ist einer von ihnen ein Spitzel.

Zumindest gibt es einige, die sich von den staatlich kontrollierten Informationen unterversorgt fühlen. Beim Gespräch mit Franklin in Santiago de Cuba kommt das Gespräch auf den möglichen Nachfolger von Raúl Castro – Gerüchten zufolge soll es der erste Vizepräsident des Staats- und des Ministerrats, Miguel Diaz-Canel, werden. Von diesen Gerüchten hat Franklin noch nie gehört, sie überraschen in sichtbar. Kopfschüttelnd meint er: “Ihr wisst mehr über Kuba als wir selbst, denn ihr habt Internet.

Update: Das Internet-Radio Detektor.fm hat mich zum Thema „Internet in Kuba“ interviewt, die Sendung kann man hier nachhören.

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Videogeschäft im Netz: Facebook und Twitter wollen den Marktführer YouTube grillen

Ist YouTube noch der heiße Scheiß?  © Maurits Knook (CC BY 2.0)

Ist YouTube noch der heiße Scheiß? © Maurits Knook (CC BY 2.0)

Mehr als eine Milliarde Nutzer pro Monat, sechs Milliarden Stunden Videokonsum pro Monat und 100 Stunden neues Videomaterial pro Minute: Googles YouTube ist auch 2015 noch der unangefochtene Video-König im Netz. Doch wie lange noch? Facebook, Twitter und Snapchat drängen ebenfalls ins Geschäft mit Netzvideos und investieren viel in den Ausbau ihrer Angebote. Mit dem Push in Sachen Bewegtbild könnten sie neue Einnahmequellen erschließen, sich aber auch neue Probleme einhandeln.

Social Networks als Video-Plattformen

Die Betreiber der führenden Social Networks wollen, dass wir auf ihren Webseiten und in ihren Apps mehr Videos kucken. An der US-Westküste wird zu diesem Zweck aufgerüstet, allen voran Facebook. Die Firma hat kürzlich das Startup Quickfire Networks übernommen, das sich auf die Komprimierung von Videodaten und die Beschleunigung von Video-Uploads spezialisiert hat, und wird Team und Software fortan für sich arbeiten lassen. Der Push seiner Videofunktionen wurde begleitet von einer eigenen Aussendung, die den Videokonsum der Facebook-User bejubelt: Pro Tag würden Nutzer eine Milliarde Clips ansehen, im letzten Jahr sei die Anzahl der Video-Posts pro Kopf um im Schnitt 75 Prozent gestiegen, und die Anzahl der Videos im News Feed soll 2014 etwa 3,6 Mal höher gewesen sein als 2013.

Diese Zahlen sind imposant, aber auch mit Vorsicht zu genießen: Zum einen müssen User nicht immer auf “Play” klicken, um ein Video zu starten, vielmehr starten die Clips von selbst, wenn sie am Bildschirm auftauchen – das erhöht die Nutzung künstlich. Zum anderen werden bei Facebook immer noch viele Clips von den Plattformen Dritter verbreitet – allen voran YouTube und Vimeo.

20 Sekunden statt 140 Zeichen

Facebooks Konkurrent Twitter will ebenfalls Videofunktionen anbieten. Wie Recode berichtet, soll bereits in wenigen Wochen das Posten von maximal 20 Sekunden langen Clips möglich sein, die man via Smartphone hochladen bzw. mit der nativen Twitter-App drehen kann. Twitter rückt auch immer wieder in den Vordergrund, dass man mit Vine eine starke mobile Video-Plattform anbietet, bei der täglich 12 Millionen Clips veröffentlicht werden. Auch dank der einfachen Einbettung der Spots in die Webseiten Dritter sollen so pro Monat 100 Millionen User Vine-Videos zu Gesicht bekommen.

Nicht vergessen in dem Rennen ums Videogeschäft sollte man die Facebook-Töchter WhatsApp und Instagram. Über die grüne Messaging-App werden täglich mehr als 100 Millionen Videos versandt. Bei Instagram sind viele Millionen der täglich rund 70 Millionen Uploads Videos – wobei das Gros der Nutzer wohl eher Fotos als Bewegtbilder produziert. Im Videogeschäft mitmischen will auch Snapchat aus Los Angeles: Im Mai 2014 haben die Betreiber der bei Jugendlichen populären Messaging-App still und heimlich das Video-Startup AddLive für 30 Millionen US-Dollar gekauft, das sich auf Videochat spezialisiert hat.

Clips im Hochformat kommen

Dass Facebook, Twitter und Snapchat ihre Videoangebote stärken, wird 2015 Implikationen auf Social Media im Allgemeinen haben. Da ist einmal der Mobile-Aspekt: Videos am Smartphone werden oft nicht im Querformat, sondern im Porträt-Modus gedreht. Im Desktop-Web wirken diese hochformatigen Clips, die in querformatigen Playern dargestellt werden und links und rechts hässliche schwarze Balken haben, gelinde gesagt befremdend. Doch ihr Konsum am Smartphone, das man zumeist im Hochformat hält, macht dann doch Sinn. Bei Facebook werden 65 Prozent der Videos mobil angesehen – dementsprechend viele hochformatige Clips werden wir 2015 sehen.

Für die Betreiber der Social Networks und Messaging-Apps geht es bei Videos um viel Geld. Zum einen müssen sie viel in Server investieren, um die Unmengen an Daten zu speichern, zum anderen tun sich neue Einnahmequellen auf. Derzeit ist die Google-Tochter YouTube der Marktführer beim Video-Advertising und macht Milliarden mit Werbespots, die vor die Videos geschaltet werden. Für YouTube sind Facebook und Twitter mittlerweile wichtige Verbreitungskanäle seines werbefinanzierten Video-Content – wenn die beiden Social Networks nun ihre eigenen Videoprodukte ausbauen, könnte das YouTubes Einnahmen drücken.

Zensur und Copyright

Facebook und Twitter wiederum könnten mit mehr Videoinhalten die Nutzungszeit ihrer User erhöhen und außerdem Werbung rund um die Clips schalten. Bewegtbildwerbung ist für Firmen und Marken ein besonders wichtiger Kommunikationskanal, weil in Videos anders als in Bannern oder Textanzeigen Emotionen transportiert werden können, die wesentlich zur Kundenbindung und Imagebildung beitragen. Insofern ist es nur logisch, dass die werbefinanzierten Social-Media-Riesen 2015 voll auf Videos setzen.

Der Ausbau von Videofunktionen ist für die Social Networks aber auch ein Spiel mit dem Feuer. Je mehr User Clips hochladen, desto wahrscheinlicher wird es, dass auch urheberrechtlich geschütztes Material veröffentlicht wird. YouTube wurde etwa in Österreich vom TV-Sender Puls 4 verklagt, weil es Geld mit Werbung verdient, die rund um von Fremden hochgeladenen Puls-4-Content geschaltet wird. Ähnliche rechtliche Probleme könnten so auch Facebook und Twitter treffen. Außerdem stellt sich aktuell die Frage der Medien- und Meinungsfreiheit: Das Video aus Paris, das zeigt, wie die “Charlie-Hebdo”-Attentäter einen Polizisten erschießen, ist bei YouTube und Facebook unzensiert in voller Länge zu sehen, während viele europäische Medien davon Abstand nahmen, die schrecklichen Bilder zu zeigen. Facebook-Chef Mark Zuckerberg schreibt sich groß auf die Fahnen, die Meinungsfreiheit verteidigen zu wollen, sagt aber nichts dazu, dass sein Social Network auf Anfrage von Staaten wie Pakistan, Indien oder der Türkei tausende Inhalte löscht – hier wird mit zweierlei Maß gemessen.

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Der Snowden-Effekt: Wie IT-Riesen mit Verschlüsselung fürs Internet-Volk werben

© Jakob Steinschaden

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Im Sommer 2013 ist der NSA-Skandal über die Welt hereingebrochen und hat das Vertrauen der Internetnutzer in die großen IT-Firmen nachhaltig erschüttert. Mit neuen und einfachen Verschlüsselungsmechanismen zum Schutz der Nutzerdaten wollen Apple, Google oder Facebook nun, etwa eineinhalb Jahre nach Prism, dieses Vertrauen zurückgewinnen. Doch wie gut funktioniert Kryptografie für die Massen?

Vertrauen durch Verschlüsselung

Es ist fast eineinhalb Jahre vergangen, seit Whistleblower Edward Snowden damit begann, mit kooperierenden Journalisten die Überwachungsaffäre rund um NSA und das britische GCHQ aufzudecken. Einige Monate später zeigte eine Studie der Cloud Security Alliance, der u.a. Microsoft, Google, Cisco, PayPal oder Amazon angehören, dass der Skandal der US-Internetindustrie in den nächsten drei Jahren 35 bis 45 Milliarden US-Dollar kosten würde, weil Privat- wie Businesskunden das Vertrauen in Cloud-Services verlieren würden. Seither bemühen sich die IT-Riesen dieser Welt, dieses Vertrauen wiederzugewinnen – und das Mittel dazu heißt Verschlüsselung.

Apple, das auf den Powerpoint-Folien interner NSA-Dokumente genauso auftauchte wie Google oder Facebook, hat sich “Privacy” groß auf die Fahnen geschrieben. “We sell great products. We don’t build a profile based on your email content or web browsing habits to sell to advertisers”, ließ Apple-Chef Tim Cook die Öffentlichkeit wissen. “We don’t monetize the information you store on your iPhone or in iCloud. And we don’t read your email or your messages to get information to market to you.” iMessages, FaceTime-Videotelefonate, Fotos, Kalendereinträge, Dokumente oder Kontaktadressen – diese und andere Daten würden so stark mit dem Passwort des Nutzers verschlüsselt werden, dass Apple die Daten nicht einmal dann rausrücken könne, wenn die US-Regierung das verlange, so Cook in einem TV-Interview. Eine eigene Webseite informiert Apple-Kunden darüber, wie sie ihre Daten auf iPhones und Macs besser schützen können.

Apple basht Google, Facebook basht Apple

Apple ließ es sich bei der Gelegenheit nicht nehmen, einige Seitenhiebe gegen Google und Facebook zu landen. Anders als “andere Firmen” würde man keine E-Mails lesen oder Daten über das Surf-Verhalten an Werber verkaufen. Eric Schmidt, Vorstandsvorsitzender bei Google, konterte kürzlich und meinte, bei Apple hätte man da etwas falsch verstanden, weil man seit jeher einen viel besseren Datenschutz als viele andere Unternehmen, inklusive Apple, anbieten würde. Zudem hat Google bei der neuesten Version seines mobilen Betriebssystems Android, Lollipop 5.0, die Verschlüsselung der Daten vom ersten Aufdrehen weg aktiviert.

Auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg reagierte auf Tim Cook, der in seinem offenen Brief unter anderem schrieb: “When an online service is free, you’re not the customer. You’re the product” und damit wohl auch Facbook meinte. Zuckerberg bezeichnete das wiederum als “lächerlich” und verteidigte gegenüber dem Time Magazine sein werbefinanziertes Social Network: “Our mission is to connect every person in the world. You don’t do that by having a service people pay for.” Apple solle lieber seine Produkte billiger machen, wenn sie wirklich nah am Kunden sein wollten.

Crypto, aber mit Lücken

Während sich die Chefs der IT-Riesen gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben, arbeiten ihre Programmierer intensiv neuen Möglichkeiten zur Verschlüsselung von Nutzerdaten. Die Facebook-Tochter WhatsApp etwa hat kürzlich die Open-Source-Software TextSecure der Non-Profit-Organisation Open Whisper Systems integriert, um Textnachrichten, die zwischen Android-Geräten verschickt werden, zu verschlüsseln – weitere Betriebssysteme (v.a. iOS) und Content-Arten (Foto, Video, Voice) sollen folgen.

Weiters haben sich die Bürgerrechtsorganisation EFF, die Mozilla Foundation (Firefox), das CDN-Netzwerk Akamai (Kunden sind u.a. Apple und Facebook) und Netzwerkausrüster Cisco zusammengetan, um die “Let´s Encrypt“-Initiative zu starten. Das Ziel ist, ab Mitte 2015 jeder Webseite zu ermöglichen, einfach und kostenlos auf das sichere Hypertext-Übertragungsprotokoll HTTPS aufzurüsten. Das soll verhindern oder zumindest erschweren, dass Spione die Datenübertragung abhören.

Vom Saulus zum Paulus

Jene IT-Riesen, die in der Prä-Snowden-Ära noch unter stetiger Kritik standen, die Daten ihrer Nutzer kompromisslos auszuwerten, spielen sich nun als die großen Beschützer eben dieser Daten auf, die es gegen die bösen staatlichen Überwacher zu beschützen gilt. Dass Apple und Google ihre mobilen Betriebssysteme so stark absichern, schmeckt wiederum dem FBI nicht. FBI-Direktor James Comey sagte kürzlich, dass man die beiden Hersteller von mobilen Betriebssystemen per Gesetz zum Entschlüsseln zwingen könne. Außerdem sei Verschlüsselung für unbescholtene Bürger gefährlich, weil sie so nicht beweisen könnten, unschuldig zu sein. Weiter merkt The Economist in einer aktuellen Story an, dass Daten, die man in Cloud-Diensten wie Dropbox oder Google Drive ablegt, nicht mit eine vom User gewählten Schlüssel, sondern mit Schlüsseln der Unternehmen chiffriert werden – und Behörden könnten diesen Schlüssel sehr wohl anfordern. Fakt ist: Google, Apple oder Facebook werden von Quartal zu Quartal mit immer behördlichen Anfragen zu Nutzerdaten konfrontiert und müssen diese oft auch herausrücken.

Insgesamt bleibt es trotz der Anstrengungen von Google, Apple oder Facebook noch abzuwarten, ob sie die besten Hüter unserer Daten sein werden. Zusätzlich wird nach wie vor notwendig sein, auch auf rechtlicher Ebene etwas für Datenschutz und Privatsphäre zu tun – aber das ist eine andere Geschichte.

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Fokus & Serendipität: Über den Wert von Papier im digitalen News-Zeitalter

Nur etwas fürs Altpapier oder doch noch wertvoll?  © Jakob Steinschaden

Nur etwas fürs Altpapier oder doch noch wertvoll? © Jakob Steinschaden

Wann, liebe/r LeserIn, hast Du das letzte Mal gezielt zu Papier gegriffen? Für viele junge Menschen im deutschsprachigen Raum erscheint der Kauf einer Tages- oder Wochenzeitung mittlerweile völlig unverständlich. News und Storys gibt es im Internet ohnehin in Hülle und Fülle, und das zumeist gratis. Was dabei vergessen wird: Papier hat zwei Stärken, die es von der Online-Welt abheben können – Fokus und Serendipität.

Viel wird diskutiert über die Zukunft der Print-Zeitung auf der einen und über die Zukunft der Medien im Digitalen auf der anderen Seite. Als Konsument steckt man mitten drin in dieser Debatte und kann zum Nachrichtenkonsum Facebook-Newsfeeds und Twitter-Streams durchscrollen, sich Apps wie cir.ca, Flipboard oder NYT Now installieren, gratis bei der Huffington Post lesen und Videos bei Vice News kucken oder sich ein Digitalabonnement bei einer immer größeren Bandbreite an Online-Medien leisten. Es ist von Qualität bis Trash nicht nur für jeden Geschmack etwas dabei, nein, News werden zunehmend auch immer stärker personalisiert. Sie klammern aus, was man nicht mag, und heben hervor, was dem persönlichen Interessensprofil entspricht.

Digitale News überall und jederzeit

Als digital-affiner Mensch mit Notebook, Smartphone und Smart-TV habe ich diese und viele andere News-Angebote im Netz natürlich auch auf dem Schirm. Doch im Laufe des Jahres 2014 bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass mich digitale News unbefriedigt zurücklassen. Nie ist eine Story fertig erzählt, das nächste Update wartet schon an der nächsten Ecke, die Personalisierung ließ mich in Details verlieren. Egal, wie schön und qualitativ große Geschichten auch aufbereitet wurden – “Snowfall” und Co. (a.k.a. Scrollytelling a.k.a. Onepager) konnten mich irgendwie nie lange bei sich halten. Ob am Smartphone oder am Notebook: Eine neue E-Mail, eine Notification, ein zweites Browser-Fenster, ein Link, ein eingebettetes Video: In der digitalen Welt ist die Verlockung fast immer zu groß, sich schnell mal etwas anderem zu widmen, seine Aufmerksamkeit jemandem oder etwas anderen zu schenken.

Deswegen habe ich mich dafür entschieden, wieder Print zu abonnieren. Jede Woche kommt nun wieder Papier zu mir nach Hause. Klar kenne ich seine Nachteile nur zu gut: Wer abonniert, der kauft ein Bündel an Storys, und nicht alle sind immer gut und interessant. Redaktionsschlüsse zwingen Printjournalisten dazu, Storys nicht fertig zu erzählen zu können und auf die nächste Woche vertrösten zu müssen. Und auch die Haptik, die oft von Vertretern der Print-Branche gelobt wird, ist nicht das Tolle – eine Riesenzeitung wie “Die Zeit” im Flugzeug zu lesen ist nicht komfortabel, genauso, wie sich das Papier des “Economist” nicht edel, sondern eher wie ein billiges TV-Programmheft anfühlt. Auch kann mir keiner weismachen, dass die digitale Welt nicht auch eine ganz gute Haptik bietet. Immerhin designt unter anderem eine zum Ritter geschlagene Koryphäe die Dinger, die Millionen Menschen ziemlich gerne in der Hand halten – Apple-Chefdesigner Jonathan Ive.

Die Stärken von Papier

Trotz der genannten Nachteile gebe ich wieder ganz bewusst (nicht wenig) Geld für Print aus. Ich will mich wieder ganz bewusst einer Story widmen können, ohne ständig von Software dazu aufgefordert werden, doch woanders hinzuklicken, weiterzusurfen, auf Like zu drücken oder meine Meinung darunterzuschreiben. Die erste Stärke von Papier ist seine vermeintliche Schwäche: Papier kann eben nicht (oder nur sehr eingeschränkt) auf andere Inhalte verweisen und den Leser wegschicken. Am Anfang meiner Print-Rückkehr, das musste ich bedauerlicherweise feststellen, habe ich einen 10.000-Zeichen-Artikel nur schwer bis an sein Ende durchgehalten. Doch mit der Zeit kann man sich das Langlesen wieder zurück erkämpfen – heute können Sie mich im Kaffeehaus antreffen, wo ich manchmal stundenlang sitze und meine Wochenzeitung lese, ohne dauernd von irgendetwas anderem abgelenkt zu werden. Auch ein Buch schaffe ich wieder an einem Wochenende, wenn es wirklich packend (und nicht zu dick) ist.

Die zweite Stärke von Papier ist, was man Serendipität nennt – also das zufällige Entdecken von etwas Hochinteressantem, das man eigentlich nicht aktiv gesucht hat. In einer Zeitung kann man neue Dinge einfach entdecken, indem man umblättert, im stark personalisierten Internet funktioniert das nicht. Entweder gibt man mit seinem Suchbegriff oder seinen Personendaten vor, welche Inhalte man präsentiert bekommt, oder man klickt sich vom Hunderdsten ins Tausendste, bis man wirklich alle Gerüchte zum neuen iPhone (oder was auch immer) endlich auswendig kennt. ein gut gemachter Printtitel aber hat den Überraschungseffekt fast immer auf seiner Seite und kann seinen Leser so bei sich halten.

Wer ist schuld am Niedergang der Tageszeitung?

Dass viele in der Print-Branche dem Internet die Schuld am Zeitungssterben in die Schuhe schieben, ist übrigens falsch. “Lange vor dem Internet (wir meinen das WWW) entfremdete sich die von den Regionalzeitungen beschriebene Welt der Institutionen, der Behördensprecher und Funktionsträger von dem für junge Erwachsene relevanten Alltag; beide Welten drifteten schon damals auseinander“, analysierte etwa Michael Haller, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Praktische Journalismus- und Kommunikationsforschung in Leipzig, für Spiegel Online.Die Gründe sind vielfältig: die Attraktivität der neu eingeführten privaten Rundfunkprogramme; die schwindende Bindekraft der politischen und kulturellen Institutionen, abzulesen am Mitgliederschwund (Parteien, Konfessionen, Gewerkschaften); zudem der nachhaltig wirksame, durch die Wiedervereinigung verstärkte Wertewandel; die Diffusion schulischer Ausbildungsziele und, damit verbunden, die Schwächung der grundlegenden Fertigkeiten: Lesen, Verstehen, Analysieren.”

Die Tageszeitung muss sich in der digitalen Welt neu aufstellen. Für den Überblick über die Meldungen des Tages braucht man sie nicht mehr, da reicht heute ein Blick auf Twitter. Ihre beiden Stärken Fokus und Serendipidät wird die Zeitung nur dann ausspielen können, wenn der Leser Zeit hat – und die hat er eigentlich fast nur am Wochenende. “Ich glaube, dass bald viele Tageszeitungen Wochenzeitungen werden und dazu intelligente 24/7-Digitalprodukte haben. Die gedruckte Tageszeitung ist einfach am Ende ihres Lebenszyklus angekommen“, sagte Michael Fleischhacker, Chefredakteur der NZZ Österreich, in einem Interview zu mir (er hat ein ganzes Buch, “Die Zeitung. Ein Nachruf“, darüber geschrieben). Da kann ich Fleischhacker nur zustimmen.

Digitale Trends: Die Folien meiner Präsentation am Stuttgarter Medienkongress sind jetzt online

Vortragsituation am Stuttgarter Medienkongress 2014. © Clemens Hess

Vortragsituation am Stuttgarter Medienkongress 2014. © Clemens Hess

Vergangene Woche hatte ich die Gelegenheit, am Stuttgarter Medienkongress eine halbe Stunde über die Zukunft der Medien unter Berücksichtigung von digitalen Trends wie „Mobile“, „Social Media“, „Apps“ oder „Virtual Reality“ zu sprechen. Ich hoffe, die etwa 400 Gäste ein wenig inspiriert zu haben. Für alle, die nicht dabei waren, gibt es hier unten die Präsentationsfolien zum Durchschauen. Noch einmal ein großes Dankeschön an dieser Stelle an Sarah Kurz von der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg und ihrem Team für einen gelungenen Tag!

Und hier noch, weil ich ja doch ein wenig stolz bin, bei so einer großen Veranstaltung auf der Bühne stehen zu können – hier ein Bild von mir auf der Bühne!

Jakob Steinschaden am Stuttgarter Medienkongress. © Clemens Hess

Jakob Steinschaden am Stuttgarter Medienkongress. © Clemens Hess

Was will ich schaffen, bevor ich sterbe? 10 Websites, die den Blick auf die Welt verändern

© Beforeidie.cc

© Beforeidie.cc

Du fühlst dich gefangen in den News Feeds und Update-Streams des Internet? Bist ein Opfer der Algorithmen, die dir vorgeben, was du denken sollst? Findest in den nie enden wollenden Posts deiner “Freunde” und Branchenbekannten gerade keine Klick-würdigen Links? Dann surf´ doch wieder einmal hinaus ins World Wide Web – zum Beispiel zu diesen zehn spannenden Webseiten.

1. Before I Die

Einmal einen Löwen knuddeln, jeden Kontinent besuchen, den Mount Everest besteigen, ein Buch schreiben, Enkelkinder kriegen, ein Start-up machen, Französisch lernen, und so weiter und so fort: Auf der Webseite Before I Die können Besucher per Facebook/Twitter/Google-Login eine Liste weiterschreiben und der Welt verraten, was sie noch machen möchten, bevor sie das Zeitliche segnen. Sich die Liste durchzusehen, macht auch Spaß und könnte den einen oder anderen auf eine neue Idee zur Lebensgestaltung bringen. Hervorgegangen ist die Webseite aus der The Sum-Konferenz, die Anfang November in San Francisco stattfand.

2. Population.io

Ich werde voraussichtlich am 13. Juni 2066 sterben, bin älter als 55 Prozent der Weltbevölkerung, habe am gleichen Tag Geburtstag wie 296.533 andere Menschen. Ausgerechnet hat mir das die Webseite Population.io, die von Wolfgang Fengler (Analyst bei der Weltbank), K.C. Samir (International Institute for Applied System Analysis)und Benedikt Groß (Computer-Designer aus Stuttgart) gemacht wurde. Vielleicht sind die Formeln der Webseite, die noch in der Beta-Phase steht, noch nicht perfekt, aber sie könnte deine Wahrnehmung über deinen Platz in der Welt doch ein wenig zurechtrücken.

3. 50 Life Hacks

Bei Buzzfeed und Co. bleibt immer der schale Beigeschmack, dass man sich vielleicht unterhalten, aber nichts gelernt hat. Nun, einen richtig praktischen Listicle gibt es hier. Hier lernst du, dass man ein Glätteisen auch zum Bügeln von Hemden verwenden kann, wie man den Dotter einfach vom Eigelb trennt oder dass man Mikrowellen-Essen gleichmäßig wärmen kann, wenn man in der Mitte des Tellers Platz freilässt. Und wer weiß, vielleicht kennst du ja Life Hack Nummer 51, den du in die Kommentare darunter schreibst.

4. PostSecret

Von den Smartphone-Apps Whisper und Secret liest man immer öfter (schlechtes), doch es gibt auch eine Webseite, wo User ihre Geheimnisse posten können, ohne gleich per GPS-Ortung getrackt zu werden. Die Geständnisse, die es auf der Webseite zu lesen gibt, ob wahr oder erfunden, regen jedenfalls zum Nachdenken an.

5. SmarterEveryDay

Im Sinne des lebenslangen Lernens sei der YouTube-Kanal SmarterEveryDay empfohlen. Dort veröffentlicht Destin Sandlin, ein “Redneck” (Eigendefinition) aus Alabama regelmäßig Clips, in denen er den ungeklärten Geheimnissen des Alltags auf den (wissenschaftlichen) Grund geht. So erfährt man etwa, warum Katzen fast immer auf allen vier Pfoten landen, warum Insekten von Licht angezogen werden oder wie man mit einem Laser ein Tattoo entfernt.

6. Tracing The Past

Über den Holocaust, den Völkermord der Nazis an sechs Millionen Menschen, lernen junge Menschen heute meist nur im Schulunterricht, in Dokumentationen, Filmen oder Büchern. Die Webseite Tracing The Past, die vom gleichnamigen Verein unter der Leitung von Historiker Roderick Miller umgesetzt wird, rückt die Verbrechen und vor allem die damals ermordeten Menschen wieder sehr nah an den User heran. So habe ich auf der Open Street Map etwa erfahren, dass damals der Wiener Markus Auerbach keine fünf Gehminuten von meiner Wohnung in Wien lebte, nach seiner Flucht nach Belgien in die Konzentrationslager Auschwitz, Gross-Rosen und Buchenwald gesperrt wurde und am 22. Februar 1945 im deutschen Wetterfeld zu Tode kam.

7. Vsauce

Was ist eigentlich die Welt wert? Welche Farbe hat ein Spiegel? Warum haben wir Déjà Vus? Antworten auf diese großen Fragen hat der YouTube-Kanal Vsauce, den der US-Amerikaner Michael Stevens 2010 ins Leben rief. Seine YouTube-Videos sind mittlerweile so populär, dass er drei Schwester-Kanäle hat, die sich mit Spezialthemen wie Videospielen beschäftigen. Weltweit haben mehr als acht Millionen User die wissenschafltich fundierten Erklärvideos abonniert.

8. MakeLoveNotPorn.TV

Herkömmliche Pornoseiten im Netz hat wohl fast jeder Internetnutzer gesehen und hat zumindest eine vage Vorstellung davon, was es dort zu sehen gibt. Die britische Unternehmerin Cindy Gallop will damit brechen und “gute” Pornos, die echten Sex und keine Stereotypen zeigen, im Netz etablieren. Das Vehikel dazu ist MakeLoveNotPorn.tv, wo Sexfilmchen der anderen Art veröffentlicht werden. Jeder, der will, kann authentische Clips hochladen und wird dann an den Einnahmen der Webseite beteiligt.

9. You Are Getting Old

Mehr als 1.193.261.000 Mal hat mein Herz bisher geschlagen, mehr als 275.146.000 Mal habe ich eingeatmet, insgesamt 528 Kerzen müssten bis dato auf meinen Geburtstagstorten gebrannt haben. Ähnlich wie Population.io hat es sich die Webseite You Are Getting Old zum Ziel gesetzt, dem User auf Basis seines Geburtstages ein paar Zahlen zu geben, die sein Leben umreißen. Auch interessant: Ich bin so alt wie die beiden Schauspielerinnen Laura Marano (Superbad”) und Aryana Engineer (“Resident Evil: Retribution”) zusammen.

10. What Does The Internet Think?

Was denkt eigentlich das Internet über Russland, Gott und Kim Kardashian? Nun, die Webseite What Does The Internet Think? will Antworten darauf geben. Sie nimmt den gefragten Begriff, schickt ihn an verschiedene Suchmaschinen (Google, Bing) und analysiert, wie oft der Begriff dort in positivem, negativem oder neutralem Zusammenhang vorkommt – und zack, kann sie anzeigen, was “das Internet” über die Dinge denkt.

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Cash, Comics & Celebrities: Das Wettrüsten der Messaging-Apps geht in die entscheidende Phase

Welches Logo schafft es auf die meisten Smartphone-Homescreens? © Hersteller, Monate Jakob Steinschaden

Welches Logo schafft es auf die meisten Smartphone-Homescreens? © Hersteller, Monate Jakob Steinschaden

Spätestens seit dem 21-Milliarden-Dollar-Kauf von WhatsApp durch Facebook ist klar: Messaging-Apps sind das nächste große Business nach Social Media. Ging es bei Facebook und Twitter noch darum, Privatnutzern Öffentlichkeit im Internet zu verschaffen und ihre Daten und Inhalte mit Werbung zu monetarisieren, sind Messaging-Apps von Natur aus privater Natur. Mit digitaler Werbung kann man in die intimen Chats kaum eindringen, weswegen die Betreiberfirmen andere Monetarisierungsmöglichkeiten suchen. So sehen die Strategien der Messaging-Apps aus.

1. WhatsApp setzt auf Verschlüsselung

Die Messaging-App WhatsApp mit etwa 600 Millionen Nutzern, die sich Facebook für 21 Milliarden US-Dollar kaufte, will seinen Usern ein besseres Sicherheitsgefühl geben. Dazu hat man vergangene Woche eine Partnerschaft mit Open Whisper Systems (TextSecure) geschlossen, um Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu ermöglichen. Das System gilt als sehr stark, ist aber noch nicht perfekt umgesetzt, wie man bei der Schweizer WhatsApp-Alternative Threema hinweist: “Die angekündigte Verschlüsselung bei WhatsApp funktioniert im Moment nur zwischen Android-Handys und nur für Textnachrichten“, so Threema-Marketingchef Roman Flepp. “Gruppenchats sowie alle iOS- und Windows Phone-Nutzer sind bis auf weiteres ausgeschlossen. Durch die zwangsweise Bindung des Kontos an eine Handynummer sind bei WhatsApp nach wie vor eindeutige Rückschlüsse auf die Identität des Nutzers möglich. Die Datensammelei geht somit weiter.” Außerdem würden weiterhin Informationen über Beziehungsnetze der User in den USA ausgewertet werden.

2. Line verkauft Comic-Sticker und Games

Die Messaging-App Line aus Japan, die dem großen südkoreanischen Internet-Portalbetreiber Naver gehört, hat 170 Millionen aktive User und im vergangenen Geschäftsquartal 192 Millionen US-Dollar Umsatz mit dem In-App-Verkauf von Games und Stickern eingebracht. 2015 könnte es soweit sein und Line wird mit einer Bewertung zwischen zehn und zwanzig Milliarden US-Dollar an die Börse gebracht. Außerdem will Line verstärkt mit Marken zusammenarbeiten, damit diese mit Usern kommunizieren und messen können, ob und welche Produkte diese später kaufen. Auch in Facebooks Messenger-App gibt es bereits einen Sticker-Store.

3. WeChat will Usern Buzzfeed-News zeigen

Die Messaging-App WeChat gehört dem chinesischen Internet-Riesen Tencent und hat derzeit etwa 470 Millionen monatlich aktive Nutzer. Kürzlich hat WeChat eine neue Partnerschaft mit dem Online-Medium Buzzfeed angekündigt. Buzzfeed bekommt dabei einen eigenen Account, dem die WeChat-User abonnieren können und dann über den Tag verteilt einige News zugeschickt bekommen. Mit Kurzbefehlen wie “cats”, “dogs”, “lol” oder “wtf” kann man den Content auf Wunsch auf personalisieren. Auch WhatsApp will ins Medien-Business und hat mit der BBC eine Partnerschaft geschlossen, die Usern relevante News in den von Ebola erschütterten Gebieten in einem Chat zukommen lässt.

4. Snapchat integriert Bezahl-Dienst

Gibt es Nacktfotos bei der Messaging-App Snapchat künftig gegen Geld? So witzelten Beobachter nach der Ankündigung der US-Firma aus Los Angeles, eine Partnerschaft mit dem Bezahl-Dienst Square von Twitter-Mitgründer Jack Dorsey eingegangen zu sein. Snapchat-Nutzer in den USA können mit dem Feature “Snapcash” ihren Kontakten zum Beispiel mit dem Befehl “$100″ Geld an deren Bankkonto schicken. Voraussetzung ist, dass beide ihre Kreditkartendaten bei Snapchat bekannt geben. Die User werden eindeutig über ihre Telefonnummer identifiziert, wodurch Betrügereien erschwert werden. Die App mit 100 Millionen Usern wurde kürzlich aber auch über Drittanbieter-Software gehackt, wodurch bei vielen Usern das Vertrauen fehlen dürfte, dort ihre Bankdaten zu hinterlegen. Facebook arbeitet Insidern zufolge schon seit geraumer Zeit daran, seine Apps Messenger und WhatsApp um Bezahlfunktionen auszubauen.

5. Kik Messenger bringt animierte GIFs

Die Messaging-App Kik mit etwa 185 Millionen Usern aus Kanada hat kürzlich frische 38 Millionen US-Dollar Investmentgelder abgestaubt und damit gleich das Startup Relay aufgekauft, das auf animierte GIFs setzt. Damit will man es der vorwiegend jungen Nutzerschaft ermöglichen, visueller zu kommunizieren, indem man ihnen etwa 6,5 Millionen verschiedene animierte GIFs zum Versenden anbietet. So will man sich von der Konkurrenz abheben, wo es zumeist um den Versand von Text, Fotos, Emoticons, Videos oder Comic-Stickern geht. Auch die konkurrierende Messaging-App Telegram hat kürzlich eine eigene GIF-Suche integriert.

6. Viber mit öffentlichen Chats von Stars

Die Messaging-App Viber, die dieses Jahr um 900 Millionen US-Dollar vom japanischen Online-Händler Rakuten aufgekauft wurde, hat angekündigt, den Usern so genannte “Public Chats” zu ermöglichen. Prinzipiell sind Messaging-Apps für Zweier- oder Gruppen-Chats ausgelegt und damit gewissermaßen die Antithese zu Twitter oder Instagram, wo das Gros der Inhalte öffentlich sind. Viber will vor allem, dass bekannte Persönlichkeiten Viber-Chats den anderen Usern zugänglich machen. Allerdings sollen die Fans der Stars nicht direkt mit diesen chatten können, sondern lediglich mitlesen, was diese so bei Viber schreiben. Erste Celebrities, die mitmachen, sollen Starblogger Perez Hilton und der DJ Paul van Dyk sein.

7. Yik Yak setzt auf Location

62 Millionen Dollar, unter anderem vom wichtigen Risikokapitalgeber Sequoia Capital, hat kürzlich die Messaging-App Yik Yak eingestreift. Sie setzt vor allem darauf, die User mit anderen Nutzern in deren näherer Umgebung kommunizieren zu lassen. Wer viel postet, bekommt Punkte (ähnlich den Karma-Punkten bei reddit) dafür, die den anderen zeigen, dass es sich um ein echtes Community-Mitglied handelt und nicht nur um einen Gelegenheitsnutzer. Anders als bei vielen anderen Messaging-Apps wird man bei Yik Yak nicht anhand der Handynummer oder E-Mail-Adresse identifiziert, sondern wählt einen uniquen Usernamen. Damit die App funktioniert, muss man ihr aber Zugriff auf die GPS-Position geben.

8. BlackBerry Messenger plant Premium-Version

Der einstige Handy-Riese BlackBerry setzt viel auf seine BBM-App, die es mittlerweile auch für Android und iOS gibt. In der künftigen Premium-Version werden Funktionen wie „Message Retraction“ (versandte Nachrichten können in einem bestimmten Zeitraum widerrufen werden) und „Timed Messages“ (Nachrichten mit Verfallsdatum) kostenpflichtig gemacht; letztere Funktion kennt man schon von Snapchat. Mit eBBM bietet BlackBerry zudem eine Messaging-Lösung gezielt für Unternehmen an.

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Oculus Rift: Facbook glaubt, dass Virtual Reality das nächste große Ding nach dem Handy wird

Noch klobig und unhübsch, sollen VR-Brillen einmal wie Sonnenbrillen aussehen. © Sergey Galyonkin (CC BY-SA 2.0)

Noch klobig und unhübsch, sollen VR-Brillen einmal wie Sonnenbrillen aussehen. © Sergey Galyonkin (CC BY-SA 2.0)

Was kommt nach dem Smartphone? Dieser Frage hängen derzeit nicht nur Tech-Afficionados nach, sondern auch die großen IT-Firmen im Silicon Valley. Eine halbwahre Antwort lautet: Wearables. Doch wenn man sich Android-Smartwatches, die Apple Watch oder die Internet-Brille Google Glass näher ansieht, dann erkennt man: Sie alle sind (teilweise teures) Smartphone-Zubehör, weil sie meist via Bluetooth an das Mobiltelefon gekoppelt werden müssen, um von dort Daten, Internet und Rechenleistung zu beziehen.

Die Visionen des Zuckerberg
Bei meinem Besuch des neuen Facebook-Hauptquartiers in Dublin hatte ich dann aber die Gelegenheit, einen zu treffen, der eine Antwort auf die Frage nach der nächsten Computer-Plattform haben will. Brendan Iribe, CEO von Oculus Rift, glaubt fest daran, dass Virtual-Reality-Brillen wie die seine nach dem PC und dem Smartphone die nächste Generation von Computern sein werden. Auch Mark Zuckerberg, dessen Versuche, in den Smartphone-Markt einzusteigen, bisher nicht von Erfolg gekrönt waren, ist von dieser Vision überzeugt. Ansonsten hätte er wohl nicht zwei Milliarden Dollar springen lassen, um Oculus Rift aufzukaufen und die Firma an Facebook anzugliedern.

Iribe landete im Gespräch zunächst einen Seitenhieb auf Google. “Google Glass ist ein Segway für dein Gesicht”, meinte er scherzend und spielte auf den Umstand an, dass die Daten-Brille ähnlich wie der Gehersatz zuerst als Revolution verkauft wurde, tatsächlich aber ein Nischendasein fristet.

Derzeit ist die Virtual-Reality-Brille Oculus Rift selbst noch eine kleine Nische. Von der Entwickler-Version hat man etwa 100.000 Stück in 130 Ländern verkauft, für den Normalverbaucher gibt es das Gerät aber noch nicht. Doch Zuckerberg und Iribe haben ohnehin einen Zehn-Jahrs-Plan für die Technologie, mit der man sprichwörtlich in eine virtuelle Welt eintauchen kann. Ab 50 bis 100 Millionen Stück erst würde es als Business interessant werden, sagte der Facebook-Gründer Ende Oktober in einem Earnings Call zu Investoren. Über das offensichtliche Einsatzgebiet Gaming, an das man als Tester sofort denken muss, wollen Iribe und Zuckerberg hinaus. Man könne damit Videotelefonate genauso machen wie die Videobrille in virtuellen Klassenzimmern einsetzen, aus der Ferne Wohnungen besichtigen oder eine virtuelle Reise durch digitale Welten unternehmen. Auch im Entertainment-Bereich soll Virtual Reality einmal ganz groß werden, wenn Filmstudios eigene Blockbuster für die Technologie-Plattform entwerfen. Während Iribes Team im Facebook-Labor die Brille perfektionieren, wird Zuckerberg die Rolle zukommen, die Industrie (vom Indie-Entwickler bis zum Hollywood-Studio) für die Plattform zu begeistern.

Zweites Leben für „Second Life“?
Werden Virtual-Reality-Brillen also der Online-Welt “Second Life” ein zweites Leben einhauchen? Möglicherweise. Eine wichtige Frage, die noch offen ist und auf die Iribe noch keine Antwort hat: Input. So, wie für den Computer Maus und Tastatur und für das Smartphone der Touchscreen entwickelt wurde, um mit dem Gerät interagieren zu können, brauchen auch Virtual-Reality-Brillen eine Möglichkeit zur Steuerung. Sprache oder Gesten allein würden dazu nicht reichen, meinte Iribe, weil niemand dauernd mit der Hand durch die Luft fuchteln oder dauernd Kommandos geben wollen würde. Er will dem User ein Steuerungs-Tool in die Hand geben, ähnlich, wie man Spielkonsolen mit einem Gamepad steuert. Hier kommt es auf Feinheiten an: Am Gamepad darf der User nicht wie in einem First-Person-Shooter den Blickwinkel steuern, sondern muss das mit dem Kopf machen – ansonsten würden User sich sofort ankotzen, so Iribe. Auch die Brille selbst müsse komfortabler werden. Die aktuelle Version schnallt sich der User mit Lederbändern um den Kopf, doch der Oculus-Rift-Gründer will die Brille so angenehm, leicht und stylisch machen wie eine Sonnenbrille.

Hardware, Software, Inhalte, Vertrieb, Marketing – Iribe und Zuckerberg stehen vor einer riesigeen Aufgabe, wenn sie Virtual Reality wirklich groß machen wollen. Wenn sie es schaffen und mit ihrer Wette recht haben, könnten sie sich auf ein Level mit Microsoft (PC-Ära) oder Apple (Smartphone-Ära) heben. Ob und ab wann die Menschheit wirklich zu verschiedensten Aufgaben eine VR-Brille aufsetzen werden, muss man abwarten – Skeptiker gibt es viele. Einer davon ist Netflix-Produktchef Neil Hunt, den ich vor einigen Wochen zum Interview traf. “Wir haben schon mit Oculus Rift experimentiert, aber ich glaube nicht, dass Virtual-Reality-Brillen die Zukunft des Filmschauens ist”, sagte Hunt. “Ich glaube eher, dass wir weiter große Screens oder Projektoren zu Hause haben.”

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Premiumbahnen für Firmen: Das Stadthallenbad gibt Ausblick auf ein Leben ohne Netzneutralität

Das Wiener Stadthallenbad in der Innenansicht. © Jakob Steinschaden

Das Wiener Stadthallenbad in der Innenansicht. © Jakob Steinschaden

Sind Sie von der XYZ-Bank?“, fragte mich kürzlich ein Herr mittleren Alters, als ich im Wiener Stadthallenbad meine erste Länge schwamm und gerade am Ende des Beckens für Länge Nummer 2 umdrehen wollte. “Nein, wieso denn?“, fragte ich wassertretend. “Weil die Bahn für die XYZ-Bank reserviert ist. Also schwimmen Sie bitte woanders“, bekam ich als Antwort. Etwas überrumpelt verließ ich die reservierte Bahn und spulte meine Längen auf der daneben ab, während der Ärger in mir wuchs. Auf der für die Bank reservierte Bahn waren nur zwei Schwimmer unterwegs, während sich auf den anderen bis zu zehn Schwimmer drängten, was (wie jeder weiß, der gerne Schwimmen geht), kein besonderer Spaß ist, weil es dann schnell zu stauen beginnt. Besonders ärgerlich ist aber, dass ich zwar schon vollen Eintritt für die Tageskarte bezahlt hatte, damit aber offensichtlich trotzdem ein Gast zweiter Klasse war, der auf eine überfüllte Schwimmbahn ausweichen musste, weil sich eine Firma ihre eigene Strecke reserviert hatte.

Unterwegs auf der Premium-Bahn

Die Situation erinnert mich unweigerlich an die Diskussion um die Netzneutralität, die seit geraumer Zeit durchs Netz wogt. Die Netzneutralität besagt, dass im Internet alle Daten gleich behandelt werden müssen – so, wie im Wiener Stadthallenbad eigentlich alle zahlenden Schwimmgäste alle Strecken nützen können sollten. Wenn viel los ist, dann kommen nach dem Prinzip der Netzneutralität alle Daten gleich langsam voran, genauso, wie wenn viele Schwimmer zur selben Zeit im Hallenbad sind und sich über die Bahnen verteilen. Und umgekehrt: Wenn Kapazitäten da sind, sind alle Daten gleich schnell, egal ob es nun ein E-Mail des Bankdirektors ist oder ein YouTube-Video auf dem Smartphone eines Jugendlichen (oder gerade nur wenige Schwimmer da sind).

Was Firmen nun wollen, ist eine Überholspur. So, wie sich die erwähnte Bank eine Premium-Spur im Stadthallenbad kaufte, damit ihre Mitarbeiter ungestört vom Rest der Badegäste ihre Längen schwimmen können, wollen Internetanbieter anderen Firmen ebenfalls Premium-Verbindungen verkaufen. Wer einen Aufpreis bezahlt, der darf seine Daten schneller durchs Netz schicken. Die Deutsche Telekom etwa würde Unternehmen gerne so genannte “specialised services” verkaufen, denen eine bessere Leitung garantiert wird. Argumentiert wird oft, dass etwa telemedizinische Anwendungen (ein Arzt operiert, indem er aus der Ferne eine chirurgischen Roboter steuert) oder selbstfahrende Autos als solche Spezial-Dienste behandelt werden sollen. Klar: Wenn es um Gesundheit, Sicherheit und Leben von Menschen geht, dann soll natürlich bestmögliche Qualität dafür bereitgestellt werden. Einige europäische Politiker sehen die Abschaffung der Netzneutralität als Möglichkeit, die hiesigen Telekomunternehmen und Mobilfunker stärken zu können, weil ihnen so eine neue Einnahmequelle beschert wird.

Der gute John Oliver erklärt in seiner Show “Last Week Tonight” übrigens sehr sehenswert, was Netzneutralität ist und warum sie wichtig ist:

Überholspur für Google, Netflix und Facebook

Allerdings, so Kritiker wie Netzpiloten-Kolumnist Nico Lumma auf Bild.de, könnten auch andere Anwendungen priorisiert werden. YouTube, Netflix, Spotify, WhatsApp oder Facebook sind heute so genannte “Over the top”-Dienste (OTT), die von Milliarden Menschen genutzt werden, ohne dass die Firmen, die sie anbieten, jemals Infrastruktur aufbauen mussten. Google und Co. sind quasi einfach ins Schwimmbad gegangen und haben dort die Massen begeistert, ohne selbst ein Schwimmbad bauen zu müssen. Den Netzbetreiber (also die, die “Schwimmbäder” wie Internetleitungen und Mobilfunkmasten teuer gebaut haben) schwebt nun vor, extra Eintritt von Google, Facebook oder Netflix zu verlangen, wenn diese auf einer schnellen Bahn unterwegs sein wollen. In Österreich etwa zahlt der Musik-Dienst Spotify dafür, dass er unbegrenzt im Mobilfunknetz von Drei streamen darf – auch dann, wenn der Nutzer seine im Tarif inkludiert Datenmenge eigentlich schon aufgebraucht hat.

Den erwähnten Firmen wie Netflix schmeckt ein Ende der Netzneutralität natürlich nicht, weil sie dann zur Kasse gebeten werden können. Google, Facebook und Netflix allerdings dürften das nötige Kapital haben, um in bester Qualität weiter ihre Dienste anbieten zu können. Wenn aber eine, sagen wir, junge europäische Firma auch einen großen Internet-Dienst aufbauen will, dann könnte das zu teuer für sie sein, weil in Europa viel weniger Risikokapital für Start-ups da ist als in den USA. Die Befürchtung: Das Ende der Netzneutralität könnte die Position der führenden US-Netzriesen zementieren, zum Nachteil der Innovationskraft der EU.

Ein Parlamentsbeschluss, der die Netzneutralität in der EU bekräftigt hat, liegt derzeit beim europäischen Ministerrat. Doch viele Zugeständnisse seitens von Politikern gibt es derzeit nicht, die Netzneutralität auch abzusegnen.

Wird das Internet für Konsumenten teurer?

Auch die Konsumenten könnten ein Ende der Netzneutralität deutlich zu spüren bekommen. Schon jetzt gibt es Tarifmodelle (z.B. beim erwähnten Mobilfunker Drei), bei denen nur die teure Deluxe-Klasse vollen Internet-Speed bekommt, während die anderen Klassen gedrosselt werden. Deals zwischen Internetanbietern und Service-Anbietern könnten auch zur Folge haben, dass nur in teureren Tarifen reibungsloses Musik- oder Video-Streaming gibt – quasi ein “Highspeed-YouTube-Paket” oder ein “Premium-Facebook-Tarif”.

Es wäre dann wie heute im Wiener Stadthallenbad: Man zahlt ohnehin Eintritt, so wie man eine monatliche Gebühr fürs Internet bezahlt. Wenn man aber auch der schnellen Premium-Bahn schwimmen will, dann zahlt man noch einmal oben drauf. Und da muss ich sagen: Ich hätte gerne ein Internet und ein Wiener Stadthallenbad zurück, in dem alle gleich viel für die gleiche Leistung zahlen.

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Google: Geschäftsfelder wie selbstfahrende Autos sollen Schwächen der Werbung ausgleichen

Das Google-Triumvirat Eric Schmidt, Sergej Brin und Larry Page erfreuten sich 2011 an einem selbstfahrenden Auto. © Google

Das Google-Triumvirat Eric Schmidt, Sergey Brin und Larry Page erfreuten sich 2011 an einem selbstfahrenden Auto. © Google

Google ist der Werberiese im Internet, richtig? Ja, auch 2013 verdiente der Internetkonzern aus Mountain View etwa 91 Prozent seines Umsatzes mit Online-Anzeigen. Doch spätestens 2009 wurde der Firma bewusst, dass es mit der Internetwerbung nicht ewig so weiter gehen kann – und richtete die Google X Labs ein, um in völlig neue Geschäftsfelder einsteigen zu können. Deswegen staunen die Menschen heute über selbstfahrende Autos, Datenbrillen und noch futuristischere Ideen wie Weltraumaufzüge und Teleportation.

Im Anschluss an der Veröffentlichung der neuesten Quartalszahlen von Google gab es vermehrt Analysen darüber zu lesen, dass das Anzeigengeschäft des Internetriesen etwas schwächeln würde (etwa bei Spiegel Online, Handelsblatt oder FAZ). Das stimmt natürlich: Im dritten Geschäftsquartal 2014 konnte Google zwar wieder seinen Umsatz steigern, aber musste auch einen Gewinnrückgang verzeichnen, was an der Börse dazu führte, dass die Aktie nach unten fiel. Schuld an dem Gewinnrückgang sind mehrere Faktoren: Google stellte im vergangenen Jahr etwa 3.000 neue Mitarbeiter ein, baute seine Infrastruktur (v.a. Rechenzentren) massiv aus und hat erst vor kurzem seine neuen Android-Flaggschiffe Nexus 6 und Nexus 9 vorgestellt – das alles kostet viel Geld.

CPC sinkt seit Ende 2011

Was Beobachter aber noch beunruhigt: Der so genannte Cost-per-Click (CPC), also der Preis, den Werbekunden dafür zahlen, wenn User auf ihre Ads auf den Webseiten von Google und seinen Partner klicken, ist wieder einmal gesunken – diesmal um zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für den führenden Werbekonzern im Netz ist das nicht nur in diesem Quartal ein Problem, sondern eigentlich schon seit Ende 2011. Seit damals muss Google Quartal für Quartal eingestehen, dass der Anzeigenpreis verfällt. Zwar kann man das ausgleichen, indem man mehr User zum Klicken bringt (z.B. auf Smartphones, YouTube, etc.), doch auch bei diesen so genannten Paid Clicks hat sich ein sinkendes Wachstum eingestellt. Hier eine Grafik zur Entwicklung des CPC:

Im Jahr 2013 hat Google 91 Prozent seines 55,5-Milliarden-Dollar-Umsatzes mit Internetwerbung gemacht. Online-Anzeigen und deren Wert, der stetig sinkt, sind zentral für die Strategie der Firma. Geht man in den Geschäftszahlen ein paar Jahre zurück, dann sieht man, dass sich Google bereits 2009 mit rückläufigen Klickpreisen konfrontiert sah. Von Ende 2009 bis Mitte 2011 wuchs der Klickpreis wieder, dann ging er abermals kontinuierlich zurück.

Grundstein für die Google X Labs

Das Spannende daran: Google (wir sprechen hier von der führenden Big-Data-Firma des Planeten) hat also bereits spätestens 2009 gesehen, dass das Wachstum im Werbegeschäft nicht ewig so weiter gehen wird. Und just in diesem Jahr haben die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin laut einem Bericht von FastCompany eine neue Position namens “Director of Other” eingerichtet, die sich mit Geschäftsfeldern fernab von Search und Ads beschäftigen sollte. 2010 entwickelte sich diese neue Stelle in die halbgeheimen Google X Labs weiter, die die breite Öffentlichkeit erst Jahre später wirklich wahrnahm, als man sich fragte, wo Google denn plötzlich seine selbstfahrenden Autos, Drohnen, Hightech-Kontaktlinsen, fliegende Internet-Ballons oder Datenbrillen hernimmt. Weitere Projekte, an denen bei Google X gearbeitet werden soll, sind ein Weltallaufzug, Hooverboards, Jetpacks und sogar Teleportation.

Wann und ob all diese Dinge wirklich auf den Markt kommen bzw. sich durchsetzen werden, ist noch kaum vorauszusehen. Währenddessen kann man aber schon jetzt im Kleinen sehen, wie Google sein Geschäftsmodell diversifiziert, um unabhängiger vom Werbegeschäft zu werden. Stand Google früher für die Gratis-Kultur im Internet, gibt es dort heute überraschend viel zu kaufen. Apps, Musik und Filme im Play Store, Google Apps für Firmen, Google Glass, Nexus-Geräte, daneben geht der Konzern in Bereiche wie die Stromerzeugung oder tritt in den USA als Internet-Provider auf. Es wird wohl noch viele Jahre dauern, aber irgendwann einmal wird Werbung nicht mehr 90 Prozent des Umsatzes, sondern vielleicht nur mehr 50 Prozent ausmachen – auch weil gerade im mobilen Bereich Player wie Facebook, Twitter oder Apple ins Anzeigengeschäft drängen.

Dass man nicht immer der dominierende Internetwerber wird sein können, kann vielleicht nicht einmal Google verhindern. Was man von dem Konzern aber lernen kann: Man hat diesen Trend frühzeitig erkannt und rechtzeitig in neue Geschäftsfelder investiert, solange man noch den nötigen Spielraum dazu hat.

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Krautreporter: Das Online-Magazin setzt stark auf User-Interaktion und verzichtet auf Google

Magenta wurde als leitende Farbe für die Farbtupfer auf der Seite ausgewählt.

Magenta wurde als leitende Farbe für die bunten Tupfer auf der Seite ausgewählt.

Vor kurzem haben die Krautreporter ihre Mitglieder zum Betatest geladen und geben damit einen ersten Blick auf das Online-Magazin, welches künftig unter magazin.krautreporter.de abrufbar sein wird. Die Webseite soll in einigen Wochen der Öfffentlichkeit zugänglich gemacht werden und ist dann für jeden Interessierten lesbar, da es keine Paywall geben wird. Zahlende Unterstützer (60 Euro/Jahr) haben aber trotzdem Vorteile: Sie dürfen die Artikel kommentieren, bekommen Zusatzmaterial (mehr Fotos, Videos, Hintergründe und Making-Ofs, aber auch Original-Dokumente zum Download) und können in Zukunft auch an Offline-Events teilnehmen.

Nun aber zum Kern der Sache. Krautreporter-Herausgeber Sebastian Esser und sein Team haben das Online-Magazin natürlich nicht neu erfunden und sich eher gängiger Standards und Trends bedient. Herausgekommen ist aber eine solide Seite, auf der Lesen Spaß macht.

Die Startseite: Weniger ist mehr

Die Frontpage des Krautreporter-Magazins mag dem durchschnittlichen Online-News-Leser erst mal ungewöhnlich vorkommen. Während andere Webseiten oft mit fünf oder mehr Storys, etlichen Ressort-Links und Sonderthemen im Sichtbereich zum Klicken locken, gibt es auf der Startseite von Krautreporter gerade einmal drei Artikel zu sehen. Der große Aufmacher rechts wird um die so genannte Übersichtsleiste links ergänzt, in der man die neuesten Artikel oder auf Wunsch auch eine Liste der Autoren durchscrollen kann. Damit der User eine Art Blätter-Feeling bekommt, gibt es rechts unten den Button “nächster Artikel”, mit dem man schnell durch den vorhandenen Content springen kann. Ansonsten ist die Startseite, da sie ja keine Plätze für Werbung bereithalten muss, wirklich auf das Wesentlichste reduziert. Oben gibt es noch ein Suchfeld, ein Hamburger-Button (die drei Striche übereinander) zum Ausklappen des Menüs und einen Link zum eigenen Profil – that´s it.

Spannend ist auch die Entscheidung, keine Ressorts wie Politik, Wirtschaft oder Digital anzubieten, stattdessen sollen die User den Content über die Autoren entdecken, die für Themenbereiche stehen.

Die Artikel: Fokus aufs Leseerlebnis

Im Beta-Test gibt es bereits einige Artikel zu sehen, damit die User eine Idee bekommen, wie der Content aufbereitet werden wird. Keine Überraschung: Die klare Darstellung von Text, unterbrochen von einigen wenigen Bildern, steht im Vordergrund und erinnert damit an die Blogging-Plattform Medium.com, die die Krautreporter-Macher des öfteren inspiriert haben dürfte. Eine gute Entscheidung ist, die Bilder im Artikel nicht zu groß zu machen. Sie stehen etwas links und unterbrechen damit den Lesefluss nicht so stark, als wenn sie über die ganze Spalte gezogen worden wären. Wenn man mit einem Artikel fertig ist oder nach unten scrollt, gelangt man sogleich zur nächsten Story, was den Inhalt der Seite einfacher erschließt. Der User muss nicht auf die Startseite zurück, sondern kann gleich zur nächsten Geschichte scrollen, was für allem auf mobilen Touch-Geräten sehr sinnvoll ist.

Werden eigene Videos eingebettet, setzen die Krautreporter übrigens nicht auf YouTube, sondern auf Vimeo. Der Player dieser Videoplattform sieht ein wenig schicker aus, und da das Online-Magazin ohnehin nicht auf Reichweite aus ist, eine kluge Entscheidung.

Social Media: Verzicht auf Google+

Da das Krautreporter-Magazin keine Paywall hat, macht es Sinn, den Content über Social Media teilbar zu machen. Dabei hat man sich dazu entschlossen, vorerst nur auf Twitter und Facebook zu setzen – den Google+-Button, der oft im Verbund mit den beiden anderen Teilen-Knöpfen auftritt, sucht man hier vergeblich. Das passt ins Bild: Auch auf YouTube verzichtet Krautreporter bei den eigenen Videos und setzt auf den Konkurrenten Vimeo. Zusätzlich zu Facebook und Twitter gibt es die Möglichkeit, den Artikel via E-Mail an andere zu sharen. Analog sharen geht übrigens auch sehr einfach, weil es einen eigenen Druck-Button gibt. Die Sharing-Optionen findet der User vor und nach dem Artikel.

Übrigens gibt es auch keine Login mit Facebook, Twitter oder anderen Social-ID-Systemen. Zahlende User registrieren sich mit E-Mail-Adresse und Passwort. In den Einstellungen sieht man, wie lange der eigene Account noch läuft – danach muss man wieder die 60 Euro Jahresgebühr berappen.

Unten und rechts: Die User-Kommentare

Für die zahlenden Unterstützer wurden die Kommentar-Funktionen gemacht. Nur wer mit seinem Account eingeloggt ist, kann kommentieren, und zwar an zwei Stellen: Klassisch unter dem Artikel, und im Bereich der “Anmerkungen” (eine eigene ausklappbare Spalte rechts neben dem Artikel). Anmerkungen lassen sich zu jedem Absatz einer Story machen, was von Medium.com abgeschaut wurde. Die Idee ist, dem Autor direktes Feedback zu einzelnen Passagen geben zu können bzw. einzelne Aspekte einer Geschichte im Detail diskutieren zu können, ohne sich in einem Wust von Kommentaren am Ende einer Story zu verlieren. Eine kleine Sprechblase rechts neben den Absätzen geben Auskunft, ob schon Anmerkungen gemacht wurden. Wenn der Autor selbst eine Anmerkung hinterlassen hat, um etwa auf weitere Inhalte zu verweisen, erkennt man das an einem eigenen Autorensymbol. Zu Beginn ist die Funktion gewöhnungsbedürftig, könnte sich mit der Zeit als sehr sinnvoll erweisen.

Generelle Anmerkung zu den Kommentaren: Man kann die eigenen bearbeiten und wieder löschen, kann unter Klarnamen auftreten, muss aber nicht. Postet man einen Link, wird dieser aber nicht direkt verlinkt. Was ebenfalls fehlt: Als User sollte man sein eigenes Profil anderen zeigen können, falls sich diese für Links zu seinen Profilen bei Twitter, LinkedIn oder Xing interessieren.

Mobile: Artikel und Autoren im Zentrum

Da das Online-Magazin ohnehin aufs Wesentliche reduziert ist, kann die mobile Version eigentlich die selben Funktionen anbieten. Auf der Startseite wählt man zwischen Artikeln und Autoren, kann genauso Anmerkungen zu einzelnen Absätzen hinterlassen oder unter den ganzen Artikel kommentieren. Auch hier gibt es wieder rechts unten einen recht praktischen Button, um schnell zum nächsten Artikel hüpfen zu können. Die Navigationsleiste mit dem KR-Logo für die Startseite und dem Hamburger-Button für den Menüaufruf wird allerdings etwas klein, wenn man nach unten scrollt, und ist am Touchscreen eines durchschnittlichen Smartphones nur mit etwas Fingerspitzengefühl gut zu bedienen.

Das eigene Profil: Noch ausbaufähig

Das Krautreporter-Magazin fordert seine Mitglieder auf, neben Namen und Rechnungsadresse auch ein Profilbild hochzuladen und Angaben zu Geburtsjahr, Beruf, Themenwissen, Kontakte zu Menschen in anderen Ländern zu machen und seine Profile bei Twitter, Facebook, XING und LinkedIn zu verlinken. Außerdem kann man seine eigene Webseite angeben. Echten Sinn hat das alles noch nicht: Wenn man etwa einen Kommentar hinterlässt, wird zwar der angegebene Vorname angezeigt, doch anklickbar ist er nicht – andere User kommen also noch nicht zum eigenen Profil. Dass Krautreporter Geburtsjahr, Beruf etc. wissen will, ist eigennützig: Denn in Zukunft könnten die Autoren User zu Recherchezwecken kontaktieren, wenn sie Menschen einer bestimmten Altersgruppe oder Profession suchen.

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Android: Während die Abspaltung CyanogenMod boomt, wird Google zum Kontroll-Freak

Das Android-Maskottchen, etwas unsicher über seine Zukunft. © Scott Akerman (CC BY 2.0)

Das Android-Maskottchen, etwas unsicher über seine Zukunft. © Scott Akerman (CC BY 2.0)

Mit einem weltweiten Marktanteil bei Smartphones von 85 Prozent ist da Betriebssystem Android eine Macht in der mobilen Welt. Doch für seinen Macher Google wird es zunehmend schwerer, die Software unter Kontrolle zu halten. Denn anders als Apples iOS ist Android eine Open-Source-Software, sprich: Jeder mit den nötigen Programmierkenntnissen kann sie nach Belieben verändern. Besonders erfolgreich dabei ist CyanogenMod (ausgesprochen wird es “sigh-AN-oh-jen-mod”), eine Community, die aus Googles Tochter-Software ein eigenständiges Betriebssystem gemacht und mit spannenden Zusatzfunktionen versehen hat. Wer will, kann sich CyanogenMod auf seinem Smartphone oder Tablet (Amazon Kindle, Fire, Nexus 5, HTC One, Samsung Galaxys, uvm., volle Liste hier) installieren und Features wie erweiterten Datenschutz, alternative Designs oder bessere Prozessorleistung nutzen. Wer sich das Betriebssystem installiert, der verliert allerdings auch die Garantie auf sein Gerät.

War CyanogenMod bisweilen eher als eine Sache für Geeks, die sich ihr Smartphone nach den eigenen Vorstellungen gestalten wollten, hat das Start-up von Steve Kondik und Kirt McMaster Fahrt in den letzten Monaten aufgenommen – vor allem in den beiden Zukunftsmärkten Indien und China: CyanogenMod ist auf dem OnePlus One, einem sehr guten und gleichzeitig sehr günstigen Smartphone aus China bereits vorinstalliert und erreicht so immer mehr Nutzer. Auch das Oppo N1 aus China gibt es mit dem Android-Fork. Und in Indien hat CyanogenMod einen Deal mit Micromax (eigenen Angaben zufolge der zehntgrößte Smartphone-Hersteller) eingesackt, der das Betriebssystem bald auf seinen Geräte vorinstallieren wird.

Will Google CyanogenMod kaufen?

Für Google, dass mit seinem Programm “Android One” genau diese Wachstumsmärkte im Visier hat und dessen Verwaltungsratsvorsitzender Eric Schmidt ständig davon spricht, wie man die nächsten fünf Milliarden Menschen via Mobile ins Internet holen will, könnte CyanogenMod ein Dorn im Auge darstellen. So überraschen die Gerüchte, dass Android-Chef Sundar Pichai kürzlich an Kondik und McMaster bezüglich Übernahmegelüsten herangetreten ist, nicht (McMaster soll abgelehnt haben und das Startup bereits auf eine Milliarde US-Dollar schätzen). Zwar hält man sich bei CyanogenMod an die Google-Vorgaben und installiert Google-Apps (u.a. Maps, Chrome, Gmail, etc.) vor – doch je populärer die Software wird und je mehr Hersteller darauf setzen, desto größer könnten die Unabhängigkeitsbestrebungen des Startups werden.


Im Guardian-Podcast erklärt Ben Edelman von der Harvard Business School, warum Googles Android doch nicht so offen ist:


Google setzt die Gerätehersteller unter Druck

Neben CyanogenMod bekommen derzeit auch andere Firmen den Druck von Google in Sachen Android zu spüren. Geleakte Lizenzvereinbarungen (“Mobile Application Distribution Agreement”, kurz MADA) zwischen dem Internet-Riesen und Geräte-Herstellern wie Samsung, HTC oder LG zeigen, dass diese ganze 18 Google-Apps vorinstallieren müssen, wenn sie Android verwenden. Dabei müssen die Google-Suche und der Play Store direkt am Startbildschirm platziert werden, alle anderen Apps wie Maps, Google+, Kalender oder YouTube dürfen nur einen Klick vom Startbildschirm entfernt sein.

Auch das zeigt deutlich: So frei, wie Google tut, ist Android dann doch nicht. Das mobile Betriebssystem hat sich zu einem wesentlichen Standbein des Internetkonzerns entwickelt, über das man seine werbefinanzierten (Search, Gmail, YouTube) bzw. kostenpflichtigen (Play Music, Play Movies, Play Books, Play Kiosk, Play Games) Services vertreiben kann. Zwar ist niemand gezwungen, diese Apps auch zu benutzen, nur ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass User bei vorinstallierten Angeboten bleiben werden. Zudem können die Google-Apps nicht deinstalliert, sondern nur deaktiviert werden.

Die Bündelung von Android und den Google-Services ist wettbewerbsrechtlich problematisch. Die EU-Kommission soll Reuters zufolge seit Juli ein Kartellverfahren gegen den Internetkonzern, konkret wegen Android, vorbereiten. In den USA und Südkorea hatten die Wettbewerbsbehörden keine Bedenken, doch Europa, das weiß man aus der Vergangenheit, tickt anders. Microsoft etwa wurde von der EU vor einigen Jahren mit einer hunderte Millionen schweren Strafe wegen der Kopplung seines marktbeherrschenden Windows-Betriebssystems und seinem Browser “Internet Explorer” belegt. Google droht nun bei Android ähnliches.

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Product Hunt: Zwei Österreicher starten im Silicon Valley mit Social-Curation-Dienst durch

Andreas Klinger (zuvor Lookk) und Lukas Fittl (vorher Soup.io, Efficient Cloud). © privat, Product Hunt

Andreas Klinger (Die Socialisten, Ex-Lookk) und Lukas Fittl (vorher Soup.io, Efficient Cloud). © privat, Product Hunt

Wenn du wissen willst, welche neuen Apps, Drohnen, Smartphones, Web-Dienste und Gadgets derzeit besonders angesagt sind, dann könnte es dich künftig auf die Webseite Product Hunt verschlagen: Hier entsteht durch Einreichungen und Votings der User täglich eine Liste des neuen heißen Scheiß, den in erster Linie Start-ups und Hightech-Firmen ständig veröffentlichen. Die Webseite, bei der man sich mit dem eigenen Twitter-Account anmeldet, um Produkte posten, bewerten und kommentieren zu dürfen, ist auch als iPhone-App verfügbar und macht derzeit ein wenig Umsatz mit Job-Inseraten, die auf der Webseite und im Newsletter aufscheinen. Außerdem haben Start-ups die Möglichkeit, ihre neuen Kreationen exklusiv bei Product Hunt zu veröffentlichen und den Usern Discounts zu geben. Insgesamt entsteht so eine von der Community kuratierte Produktliste, die man täglich abarbeiten kann.

Mit Rapper Nas und Investor Horowitz
Die Idee ist bei Silicon-Valley-Investoren auf Anklang gestoßen. Innerhalb von nur drei Monaten  – Juli bis August 2014 – konnte Product Hunt in drei Finanzierungsrunden (2x Seed, 1x Series A) laut CrunchBase insgesamt sieben Millionen Dollar sammeln, und das von namhaften Inkubatoren bzw. Investoren wie Y Combinator (AirBnB, Dropbox, reddit) und Andreessen Horowitz (Groupon, Instagram, Skype, Zynga, Oculus VR). Auch denen ist klar: Eine völlige Neuerfindung ist Product Hunt nicht und erinnert mit seiner Listen-Funktion stark an reddit oder Hacker News – doch die Webseite ist sympathisch aufgemacht und zieht offenbar einige Geeks an, die nach neuen Apps und Gadgets suchen. Um die Idee in die breitere Masse zu tragen, hat es das Start-up kürzlich sogar geschafft, den populären US-Rapper Nas seine Lieblingsprodukte auf der Seite gesammelt empfehlen zu lassen (ja, Nas liebt offenbar den Wasserfilter Soma und Soothe, das Uber für Massagen).

Das Spannende aus österreichischer Sicht ist nun, dass sich zu Gründer Ryan Hoover zwei Wiener gesellt haben, die in der hiesigen Start-up-Szene wahrscheinlich jeder kennt: Andreas Klinger und Lukas Fittl. Beide haben bereits mehrere Gründungen hinter sich und sind nun für die technische Umsetzung von Product Hunt mitverantwortlich. Klinger ist Mitgründer der Wiener Social-Media-Agentur Die Socialisten und hat vor einigen Jahren sein Glück mit dem Mode-Start-up Lookk (mittlerweile zugesperrt) in London versucht, und Fittl hat zuvor Soup.io, Efficient Cloud und Spark59 mitgegründet.

Gescheiterte Gründer sind die besseren Gründer
Wie es der Zufall will, habe ich ausgerechnet mit Klinger und Fittl wenige Monate, bevor sie ins Silicon Valley zu Product Hunt kamen, für die Story “Der gescheiterte Gründer ist der bessere Gründer” interviewt. Da beide bereits Erfahrung mit Start-ups haben, aus denen nichts wurde, erschienen sie mir als passende Gesprächspartner. „Am wichtigsten ist es, zu wissen, dass es kein persönlicher Fehlschlag ist, sondern eine Verkettung von Umständen“, sagte Fittl in dem Interview. „Es ist so unwahrscheinlich, dass ein Start-up funktioniert, dass man sich nicht selbst fertigmachen sollte, wenn der wahrscheinlichste Fall eintritt.“ Und Klinger meinte: „Wer rausfindet, dass etwas nicht funktioniert, weiß, dass etwas nicht für ihn in seinem Kontext funktioniert hat, und nicht mehr. Jemand, der mit einem Projekt erfolgreich ist, hat vermutlich unterwegs mehrere seiner ‚Unterideen‘ scheitern sehen.“

Dieser Pragmatismus, der in den Worten beider mitschwingt und einen sehr positiven Umgang mit dem Thema Scheitern zeigt, den man in Europa immerzu vermisst, hat wohl dazu beigetragen, dass beide jetzt bei Product Hunt sind. Anstatt mit dem eigenen Schicksal nach dem Scheitern ihrer eigenen Start-ups zu hadern, haben sich die beiden schnell wieder aufgerappelt und können jetzt bei Product Hunt, wo zwei der wichtigsten VCs der Welt, Ben Horowitz und Marc Andreessen, investiert sind, wichtige Erfahrungen sammeln – und diese dann nach Wien zurückfließen lassen.

Update: Neuesten Informationen zufolge hat auch reddit-Gründer Alexis Ohanian in Product Hunt investiert, den ich mal in New York interviewt habe.

iPhone 6 im Test: Das Apple-Smartphone ist ein gutes Gerät, aber mit Android wäre es besser

Eines größer als das andere: Das iPhone 6 (Hulk) und das iPhone 6 Plus (King Kong). © Jakob Steinschaden

Eines größer als das andere: Das iPhone 6 (Hulk) und das iPhone 6 Plus (King Kong). © Jakob Steinschaden

Endlich darf die Welt aufatmen: Apple hat jetzt wie alle anderen Smartphone-Hersteller auch zwei große Geräte im Programm. Wer von der Apple-Präsentation vor einigen Wochen Innovationen erwartet hat, der hat die Firma aus Cupertino nicht verstanden. Apple bringt eigentlich nie völlige Neuheiten auf den Markt (schon vorher gab es Tablets, Smartwatches oder MP3-Player), aber zugegebenermaßen sind die Kalifornier ganz gut darin, Hightech zu perfektionieren und die Masse scharf darauf zu machen – immerhin designt ja auch der von der Queen zum Ritter geschlagene Johnathan Ive für das Unternehmen.

Biegsamer, aber auch leichter und dünner
So auch beim iPhone 6 und seinem Phablet-Onkel iPhone 6 Plus, die ich eine Woche lang ausprobieren durfte (thx T-Mobile). Einmal abgesehen von der eher überzogenen #Bendgate-Affäre (auch das HTC One M8 verbiegt sich laut Consumer Reports) und meiner eigenen Erfahrung, dass sich auch das Nexus 5 gerne verbiegt (und kaputt ging), hat Apple durchaus solide Geräte abgeliefert. Mit seinen Rundungen, dem Aluminium-Rücken und dem 4,7-Zoll-Display spricht mich das iPhone 6 durchaus an. Im Vergleich zu anderen Top-Smartphones von Samsung, LG, Sony oder HTC ist es einen Tick leichter und dünner, aber auch ein wenig kleiner. Die Front ist klassisch iPhone, der Rücken kann, muss aber nicht gefallen. Mich stört dabei weniger die hervorstehende Linse der Kamera, sondern mehr die Kunststoffrillen, die die schöne Optik des Aluminiums brechen.

Größeres Display macht Sinn
Am Display, dass zwar weniger Pixel (1334×750 und nicht 1920×1080 wie viele andere Geräte) als andere Android-Smartphones ähnlicher Größe hat, gibt es eigentlich nichts zu meckern – schöne Farben, einwandfreier Touchscreen, gute Kontraste. Im Freien spiegelt es zwar manchmal, aber die gewachsene Diagonale kommt meiner Nutzung (ja, ich hab` mir schon mal einen ganzen Netflix-Film reingezogen) entgegen. Ein größerer Screen ist fürs Internet-Surfen, Videos-Schauen, News-Lesen, Fotos kucken oder Maps-Navigieren einfach sinnvoll. Theoretisch hat man auch pro Seite mehr Platz für Apps als am iPhone 5 – ich habe die Anzeige aber auf größere App-Symbole umgestellt, denn so viele Applikationen brauche ich nicht auf der Startseite.

Die Bedienung mit einer Hand ist beim iPhone 6 (nicht beim iPhone 6 Plus, dazu später mehr) noch halbwegs möglich. Apple hat zudem die so genannte “Reachability”-Funktion eingeführt – ein Doppeltipper (nicht drücken!) auf den Home-Button lässt die Apps oder die Anzeige einer offenen App nach unten in optimale Daumenreichweite fahren. Das sieht dann so aus:

Störend: Akkuleistung und Lightning-Anschluss
Was mich mehr am iPhone 6 stört als #Bendgate ist der Umstand, dass Apple einen eher schwachen Akku eingebaut hat – laut iFixit hat er nur 1810 mAh. Bei mir muss das Apple-Gerät etwa alle eineinhalb Tage an die Steckdose. Aktuelle Android-Smartphones kommen heute oft weit über die 2000-mAh-Grenze, sind dafür aber auch etwas größer, schwerer und dicker. Ebenfalls störend: Apple verbaut weiter seinen eigenen Lightining-Anschluss zum Laden und nicht den Micro-USB-Anschluss, den heute eigentlich alle anderen Smartphones haben. Leider zwingt die EU Apple erst ab 2017, ein einheitliches Ladegerät für seine Smartphones und Tablets zu verbauen, bis dahin muss man mit dem proprietären Apple-Anschluss klarkommen (und sich bei Verlust ein Lightning-Kabel um 19 Euro nachkaufen).

Ein paar Worte zur Leistung: Hier scheut Apple den direkten Zahlenvergleich mit der Konkurrenz, was RAM und Ghz-Leistung des Prozessors angeht. Aus Berichten weiß man aber, dass im iPhone 6 ein 1,38-Ghz-Doppelkern und 1 GB RAM werken, was doch deutlich unter der Leistung konkurrierender Android-Geräte liegt. Im Alltag merkt man diese zahlenmäßig Unterlegenheit aber nicht – das Gerät reagiert flott und stockt nur sehr selten, etwa, wenn man viele Tabs im Browser offen hat.

Toll hingegen ist die Kamera. Die hat auf dem Papier zwar nur 8 Megapixel, aber Megapixel sind sowieso nicht der alles entscheidende Faktor. Die Kamera fokussiert sehr rasch, liefert schöne, farbkräftige Bilder ab und erlaubt auch das Aufnehmen von 1080p-Videos, was im neuen Zeitraffer-Modus spannend ist. Hier ein Beispiel-Video von der Wiener Mariahilferstraße (Qualität kann man bis auf 1080p raufdrehen):

Ein paar Worte zum iPhone 6 Plus
Mit seinem 5,5-Zoll-Display ist mir das Apple-Phablet (Kunstwort aus “phone” und “tablet”) eindeutig zu groß. In der Hosentasche fühlt es sich unangenehm an, und es verlangt trotz “Reachability”-Funktion eigentlich trotzdem sehr oft die Zwei-Hand-Bedienung. Videos kucken oder Games sind auf dem großen HD-Display natürlich eine Freude, doch andere Apps wie Facebook oder Twitter wirken doch sehr aufgeblasen. Unbedingt elegant sieht es außerdem auch nicht aus, wenn man sich das Phablet zum Telefonieren an den Kopf hält. Klasse hingegen ist die Akkuleistung des Riesen-iPhones, mit dem man locker zwei Tage durchkommen sollte. Dass wie auch beim iPhone 6 die Kamera aus dem Gehäuse hervorsteht, ist zwar nicht hübsch, aber immerhin sinnvoll: Sie hat nämlich einen optischen Bilstabilisator, was bedeutet, dass die Blende bei schlechtem Licht länger offen bleiben kann und so bessere Bilder entstehen.

Eine Option ist das iPhone 6 Plus für Leute, die sich gerade die Anschaffung eines neuen Smartphones und eines Tablets überlegen – mit dem Phablet schlägt man einen durchaus akzeptablen Mittelweg ein, der sowohl unterwegs als auf der Couch funktionieren kann. In die Gesäßtasche sollte man es dann aber wegen Verbiegungsgefahr beim Draufsitzen aber nicht packen.

Fazit: Aber bitte mit Android
Für mich kommt eigentlich nur das iPhone 6 in Frage, das iPhone 6 Plus ist mir zu teuer und zu groß. Design und Hardware des iPhone 6 sind aus meiner Sicht sehr gelungen und entsprechen dem, was man sich Ende 2014 von einem Smartphone erwarten kann. Billiger wäre natürlich schön, aber bei Apple zahlt man eben auch die Brand. Da ich vor etwa einem Jahr auf Android gewechselt bin und zwischenzeitlich auch Windows Phone verwendet habe, wäre die unerfüllbare Traum-Kombination: iPhone 6 mit Android. iOS hat sich aus meiner Sicht nicht wesentlich weiterentwickelt und ist hinter Googles mobilem Betriebssystem zurück geblieben.

Punkten kann Apple bei mir zwar mit seinem Commitment zu Datenschutz (DuckDuckGo als Suchmaschinen-Option, Datenzugriffs-Kontrolle bei Apps, Verschlüsselung der Daten), doch rein auf funktionaler Ebene ist Android nicht so starr wie iOS. Es gibt nützliche Widgets, man kann die Software sehr stark personalisieren, und (eigentlich eine simple Sache) man kann seine Apps auf den Screen legen, wo man will. Bei iOS ordnen sich die Apps immer automatisch von oben nach unten, und Apple musste deswegen eine Funktion wie “Readability” einführen, damit sie nach unten in den Daumenbereich fahren. Solche Problemchen hat man bei Android nicht.

Netflix: Der Videostreaming-Dienst will Content-Server in Flugzeuge, Hotels und Züge einbauen

Netflix soll gefälligst überall streamen - auch in Öffis oder im Ausland. © Netflix

Netflix soll gefälligst überall streamen – auch in Öffis oder im Ausland. © Netflix

Im Zuge des Netflix-Starts in Deutschland und Österreich hatte ich auch die Gelegenheit, mit Neil Hunt, dem Chief Product Officer des Streaming-Dienstes, ein Gespräch zu führen. Hunt, mit seinem Team verantwortlich für die gesamte Technologie des Videostreaming-Dienstes verantwortlich, gab mir dabei einige spannende Einblicke in die künftige Entwicklung des Services. Spannend fand ich vor allem seine Antworten auf die simple Frage, warum Netflix keinen Offline-Modus anbietet, damit man sich Inhalte für die Zeit im Flugzeug, im Zug oder im Ausland so wie bei Spotify auf Tablet, Smartphone oder Notebook speichern kann.

Netflix will im Flugzeug und im Hotel streamen
“Eine Offline-Funktion verlangt vom Nutzer vorauszuplanen, und das machen Menschen einfach nicht gerne”, sagt Hunt. “Man muss sich überlegen, was man später sehen will, den Speicherplatz managen oder freiräumen. Aus unserer Sicht ist es effektiver, herauszufinden, wie Netflix in Flugzeugen oder in Zügen streamen kann.” Hunt verwies dabei auf das Open-Connect-Programm von Netflix, in dessen Rahmen man Partnerschaften mit Internet-Providern schließt (z.B. mit der Deutschen Telekom), damit die Videostreams in bestmöglicher Qualität beim User ankommen. Zudem würde man in Gebieten, in denen mehr als 5000 Haushalte Netflix nutzen, zusätzliche Content-Server aufstellen, damit die Distanz zum Ort des Abrufs möglichst klein wird. “Wir werden Content-Server in die Flugzeuge bringen”, sagt Hunt. “Die meisten Flugzeuge haben ohnehin schon Entertainment-Systeme an Bord, und über diese könnten wir unsere Inhalte verbreiten. Das Gleiche könnten wir in Hotels machen.” Durch stetig sinkende Kosten würde das in wenigen Jahren bereits Sinn machen.

Experimente mit Zero Click
Hunt erklärte auch, dass beim Interface, dass User auf Smart-TVs, Smartphones oder Tablets zu gesicht bekommen, nichts dem Zufall überlassen sei. Mit Hilfe von AB-Tests würde man nach den beiden Prinzipien “ease of use” und “simplicity” die Benutzeroberfläche gestalten – nur bei Apple (iOS-Apps, Apple TV) ist man an die strikten Designvorgaben gebunden, die manches verhindern. Kürzlich hat Netflix auf Flat-TVs das Porträtformat (also die DVD-Cover) gegen das horizontale 16:9-Format ausgtauscht. “Wir haben gelernt, dass weniger Titel auf dem Bildschirm, also neun statt 16, besser funktionieren”, so Hunt.

Außerdem sei man immer bestrebt danach, die für den Nutzer notwendigen Klicks zu minimieren. Hunt schwebt bereits ein “Zero Click”-Verfahren vor. Wenn der User einen Film oder eine Serie anwählt und eine Weile auf der Ansicht bleibt, dann könnte der Titel bald auch automatisch starten. “Wir wissen aber noch nicht, ob auch die User das gut finden werden. Sie könnten sich von der Funktion auf gestört fühlen, wenn etwas startet, was sie gar nicht sehen wollen.”

Alle “Originals” in 4K-Qualität
Auch bei der Bildqualität sieht sich Netflix als Vorreiter. Die so genannten “Originals”, also Netflix-Eigenproduktionen wie “House of Cards”, “Orange is the new Black” oder “Lillyhammer” werden künftig allesamt in der 4K-Auflösung gedreht, die die vierfache HD-Qualität verspricht. “Es mag verfrüht sein, aber für uns ist das eine wichtige Demonstration von Führerschaft bei einer neuen Technologie”, sagte Hunt in Hinblick auf die sehr geringe Verbreitung von 4K-Falt-TVs. “Als herkömmlicher Broadcaster muss man für 4K das ganze Equipment austauschen oder gleich einen neuen Kanal starten. Bei Blu-ray etwa mussten die Shops extra Verkaufsflächen schaffen und die Kunden dazu bringen, einen entsprechenden Player zu kaufen. Die Barriere ist also sehr hoch. Wir als Internet-Dienst haben es da viel einfacher, wir können jedem, der einen 4K-Flat-TV hat, einfach den Content liefern, wenn er es wünscht.”

60 Milliarden Daten pro Jahr
Auch bei der Personalisierung von Content sieht man sich bei Netflix als Vorreiter. Theoretisch sieht die Startseite für jeden User anders aus, weil sie sich ausschließlich aus Empfehlungen für ihn zusammensetzt. Vor fünf Jahren, da ist man als Österreicher ein wenig stolz darauf, hat die steirische Firma Commendo den Netflix Prize als Mitglied des Teams “BellKor’s Pragmatic Chaos” gewonnen, weil man es schafftte, den Empfehlungs-Algorithmus des Streaming-Dienstes um 10,06 Prozent zu verbessern.

Dieser Algorithmus baute damals sehr stark auf Self-Reporting-Daten der User, in erster Linie auf die Sternbewertungen. Heute sammelt Netflix aber viel mehr implizite als explizite Daten – 60 Milliarden Daten pro Jahr, wenn man Hunt Glauben schenkt. “Heute bekommen wir zehn Mal mehr Daten als bloß diese Sternbewertungen”, so Hunt. “Diese impliziten Daten sind wichtiger als explizite Daten wie Sternbewertungen.” Implizite Signale wie die Sehdauer oder das Schauen von mehreren Episoden am Stück würden dem Algorithmus wichtige Informationen über die Vorlieben des User geben.

Andere Verwendungszwecke für Wearables
Bei Netflix denkt man nicht nur über riesige 4K-Flat-TVs nach sondern auch über die vielen kleinen Displays, die heute in Form von Wearables (Daten-Brillen, Smartwatches) vor die Augen der User kommen. “Wir haben schon mit Oculus Rift experimentiert, aber ich glaube nicht, dass Virtual-Reality-Brillen die Zukunft des Filmschauens ist”, sagte Hunt. “Ich glaube eher, dass wir weiter große Screens oder Projektoren zu Hause haben.” Die Zukunft seien gebogene Screens, die das ganze Blickfeld des Users ausfüllen und auf denen links und rechts im Sichtfeld zusätzliche Inhalte (z.B. von hinten heranrasende Autos oder abgefeuerte Pfeile) gezeigt werden, um den Seher noch stärker ins Geschehen des Films zu bringen.

Smartphones und Wearables hätten bei Netflix andere Einsatzbereiche. “Die Leute besuchen Netflix zwar auf vier, fünf Zoll großen Screens, aber viele Stunden verbringen sie nicht damit. Smartphones werden eher dazu genutzt, nachzuschauen, was man sich später ankucken könnte.”

Twitter-Anbindung wird überlegt
“Wir hatten gehofft, dass uns Facebook viel mehr Traffic bringt, aber es gibt einigen Widerstand dagegen, automatisch zu sharen, was man sich ansieht”, sagte Hunt schließlich über die Integration des Online-Netzwerks. Bisher hat er sich dagegen entschieden, auch den Kurznachrichten-Dienst Twitter in Netflix einzubinden – immerhin hat sich Twitter zu einer wichtigen Second-Screen-Anwendung entwickelt, über die sich User zu TV-Inhalten austauschen und sich neuen Content empfehlen. “Es macht sicher viel Sinn, während einem Live-Event zu tweeten, aber bei Netflix geht es nicht um den Live-Charakter. Ich bin nicht überzeugt, ob dass bei uns Sinn machen würde”, so Hunt. “Wenn wir mit unserer Facebook-Strategie Erfolg haben, wo es um Empfehlungen und Interaktion geht, dann werden wir uns ansehen, ob es auch Sinn macht, Twitter einzubauen.”

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Ephemeral-Trend: Snapchat und Facebook wollen Selfies vergessen, aber die NSA will Metadaten

Datenlöschung: Funktioniert es auch, so wie es draufsteht?© Ervins Strauhmanis (CC BY 2.0)

Datenlöschung: Funktioniert es auch, so wie es draufsteht? © Ervins Strauhmanis (CC BY 2.0)

Wenn es ein neues Hype-Wort im Social-Media-Bereich gibt, dann ist das “ephemeral”. Zu einer Zeit, in der sich Internetnutzer vom Überwachungsstaat und Big-Data-Unternehmen in die Enge getrieben fühlen, sollen Daten mit Ablaufdatum und Selbstzerstörungsfunktion wieder Vertrauen schaffen. “Ephemerality” leitet sich von griechischen Wort “ephemeros” ab, das “etwas, das nur einen Tag anhält”, beschreibt und in Bezug auf vergängliche Dinge in der Geologie (z.B. Korallenriffe, Flussverläufe) oder Biologie (z.B. Eintagsfliege) verwendet wird. So, wie Geheimagenten Briefe bekommen, wie nach dem Lesen zu Asche verbrennen, soll man auch im Internet selbstzerstörende Botschaften verschicken können – aber wie gut wird da wirklich gelöscht?

Snapchat als Auslöser des Trends
Im digitalen Business groß gemacht hat die Idee die Messaging-App Snapchat, bei der der User festlegen kann, dass ein verschicktes Bild oder Video zehn Sekunden, nachdem es der Empfänger angesehen hat, wieder löscht. Das Konzept dazu lieferte, da ist man als Österreicher ein wenig stolz drauf, vor allem der aus Salzburg stammende Professor und Autor Viktor Mayer-Schönberger, der bereits 2009 das Buch “Delete – Die Tugend des Vergessens im digitalen Zeitalter” veröffentlichte, also zwei Jahre vor der Gründung von Snapchat. Das ewige Speichern von Daten müsse aufhören, es sei “überlebenswichtig”, der Datensammelwut eine Löschung entgegen zu halten, so Mayer-Schönberger.

Der Erfolg von Snapchat, das heute mehr als 100 Millionen Nutzer hat und mit zehn Milliarden Dollar bewertet wird, hat eine ganze Reihe von Internet-Unternehmen dazu bewegt, ebenfalls Funktionen zum Vergessen einzuführen. Allen voran Facebook. Gründer Mark Zuckerberg scheiterte mit seinem Übernahmeversuch von Snapchat und versucht seither, mit eigenen Apps dagegen zu halten. “Poke” war ein erster, mittlerweile gescheiterter Versuch, Facebook-User Fotos mit Selbstzerstörungsfunktion versenden zu lassen, die diesen Sommer nachgelieferte App “Slingshot” ist der zweite Versuch, so etwas wie “Vergessen” in die größte Datensammlung über die Menschheit einzubauen. Außerdem experimentiert Facebook mit einem Feature, bei dem auch herkömmliche Postings mit Ablaufdatum versehen werden können.

Auch Facebook will „ephemeral“ werden
Neben Facebook gibt es viele andere Messaging-Apps, die “ephemeral” sein wollen und entsprechende Funktionen verbaut haben, etwa Path, Blink, Wickr, Frankly, Gryphn, Confide, Ansa, Line oder WeChat. Die Annahme ihrer Macher: Wenn wir die Daten der Nutzer nicht ewig speichern, dann sind sie im Prism-Zeitalter eher gewillt, unsere Dienste zu nutzen.

Doch kann man den angeblich “vergesslichen” Apps auch trauen? Wer sich näher mit dem Vorreiter der Ephemeral-Welle auseinandersetzt, weiß, dass diese Vergesslichkeit ziemlich löchrig ist. Zum einen können Smartphones Screenshots machen und Bilder, die eigentlich zur Löschung vorgesehen sind, andernorts speichern. Snapchat versucht immerhin, den User zu warnen, wenn ein solcher Screenshot vom Empfänger der Nachricht gemacht hat. Bei Snapchat und anderen Apps muss man außerdem den Finger aufs Display halten, um die Fotos anschauen zu können, was erschweren soll, dass man nebenbei die Tastenkombination für die Screenshot-Funktion drückt – unmöglich ist es aber nicht.

Wo die Daten wirklich landen
Snapchat und Co. versuchen letztlich, die Verantwortung an den User auszulagern (“Wenn ich weiß, dass du einen Screenshot machst, dann werde ich dir nie wieder ein Bild schicken”). Denn die tatsächliche Löschung der vielleicht verräterischen Fotos und Videos können sie gar nicht garantieren. Ungeöffnete Snapchat-Nachrichten etwa verbleiben so lange auf den Servern der Firma (verwendet wird dazu übrigens der Google-Cloud-Dienst “App Engine”), bis sie der Empfänger öffnet oder 30 Tage verstrichen sind. Neben den Servern werden die Inhalte aber auch noch auf dem Smartphone des Empfänger gespeichert – auch hier ist eine Löschung nicht garantiert. “It’s sometimes possible to retrieve data after it has been deleted. So… you know… keep that in mind before putting any state secrets in your selfies”, lautet der schulterzuckende Rat des Snapchat-Teams diesbezüglich. Dass ungeöffnete Snaps bereits an die Behörden geliefert wurden, haben die Gründer des Start-ups ebenfalls eingestanden.

Die NSA will Metadaten, keine Selfies
Dass Snapchat zumindest versucht, den Content, den die User verschicken, so gut wie möglich zu löschen, ist aber eigentlich der falsche Weg. Wer den NSA-Skandal mitverfolgt hat, der weiß: Dem Geheimdienst geht es vor allem um Metadaten. Nicht die Nachricht an sich, sondern das Wer, Wann, Wo, Womit und mit Wem interessiert die staatlichen Spione. Und Daten dieser Art speichert Snapchat sehr wohl dauerhaft. Ein Blick in die Privacy Policy zeigt, dass die US-Firma Zeitpunkte, Kontakte, Location, Adressbuch, International Mobile Equipment Identity („IMEI“), Telefonnummer oder MAC-Adresse sammelt – also im Prinzip alles, was die NSA besonders gerne hat. Selbst die auf sehr hohe Sicherheitsstandards App Wickr kommt nicht umhin, die Telefonnummern der Nutzer zu sammeln, um ihnen Verifizierungs-SMS (übrigens über einen Dritt-Anbieter) senden zu können.

Dieser Artikel ist zuerst bei
Netzpiloten.de erschienen.

17 wahnsinnige Internet-Phänomene, die dich zu einem komplett anderen Menschen machen

Jeder, naja, fast jeder liebt das Internet. © Kristina Alexanderson (CC BY 2.0)

Jeder, naja, fast jeder liebt das Internet. © Kristina Alexanderson (CC BY 2.0)

Weil Google nur unzureichende Antworten liefert, wie das Internet eigentlich so ganz konkret dein Leben verändert, habe ich einen Listicle geschrieben (Achtung, Satire):

1. Phubbing: Du bist so connected mit der Welt, dass dein Blick und deine Aufmerksamkeit beim Plausch mit Bekannten ständig zum Smartphone abgleiten. Wenn zum Beispiel jemand “Phubbing” sagt, lässt du ihn weiterplappern, googelst sofort und weißt: Das ist ein Kunstwort aus “phone” und “snubbing”. Dass man zu deinesgleichen wegen dem ständigen Smartphone-Glotzen “Head-Down-Generation” sagt, siehst du als vorübergehendes Problem, weil das Internet sowieso bald per Google-Brille zu beziehen ist.

2. Binge Watching: Du wartest nicht wie früher eine Woche auf die neue Folge von McGyver, sondern holst dir deine Serien ruckzuck via Torrent oder  Netflix. Du ziehst dir “Game Of Thrones” und “Breaking Bad” nach dem Prinzip “Koma-Glotzen” rein, aber dafür bis du schneller als die anderen mit allen Staffeln durch. Wärst du früher so lange vor der Glotze gehockt, wie du heute in dein Notebook starrst, deine Eltern hätten dich enterbt.

3. Selfie-Stick: Nein, einfach ein Selfie mit Duckface machen, das reicht dir nicht. Du kaufst dir lieber einen Stecken, an dessen Ende du dein Smartphone montierst, und filmst dich dann selber dabei, wie du mit deinen coolsten Freunden durch New York walkst oder voll geil durch den Powder boardest. Weil du weißt: Deine Facebook-Freunde warten auf nichts sehnsüchtiger als deine Clips, die du nächtelang zusammenschneidest.

4. Oversharing: Been there, done that – du bist ein echter Globetrotter, der in jeder Megacity ein Rucola-mit-Irgendwas-Häppchen instagrammen und einen Halbmarathon mit Runtastic-Tracking absolvieren kann. Auch dein Alltag im Coworking Space ist so lässig, dass du jeden deiner halbgaren Gedanken, jeden crazy Link und jede krasse Beobachtung deinen Followern sharen musst. Dass die Jugend von heute abfällig “Likegeilheit” dazu sagt, ist neu für dich.

5. FOMO: Du gibst es niemals zu, aber die “Fear Of Missing Out” steckt tief in dir. Wenn dein WhatsApp im Minutentakt Notifications ausspuckt, schaust du lieber nach, wer da was schreibt, weil du könntest ja etwas verpassen. Obwohl du nie etwas verpasst hättest, reisst es dich trotzdem jedes Mal, wenn es “Bling” macht.

6. BYOD: Weil in deiner Arbeit nur irgendwelche lahmen Windows-95-Kästen herumstehen, nimmst du dein cooles MacBook Air mit in den Job. Dein Chef findet nach Klärung einiger Sicherheitsbedenken die Idee mit dem “Bring Your Own Device” gar nicht so schlecht, weil er dir dann keinen neuen Rechner kaufen muss. Eine echte Win-Win-Situation!

7. Tindern: Du kennst schon ein paar Leute, die von einem Tinder-Date flachgelegt worden sind, und deswegen installierst du dir die App auch, räumst sie aber auf den dritten Homescreen, damit sie keiner sieht. Du sagst lieber “Like” als “Nope” zu den potenziellen Flirt-Opfern, damit sich deine Match-Chancen erhöhen, allerdings ohne nennenswerte Ergebnisse. Aber hey, die Hoffnung stirbt zuletzt!

8. Clickbaiting: Weil du mittlerweile stundenlang deine Social-Media-Newsfeeds-Timelines durchscrollst, müssen News-Seiten dort um deine wertvolle Aufmerksamkeit betteln. Um dich irgendwie zum Klicken zu bewegen, haben sie sich extra geheime Formeln für Schlagzeilen ausgedacht, die natürlich nicht halten, was sie versprechen. Egal, für wie clever du dich hältst, irgendwann klickst du trotzdem auf “Er wollte nur dem Herrchen helfen. Der Preis, den er dafür zahlte, treibt einem die Tränen in die Augen.

9. Lifelogging: Weil du ein besserer, schönerer und glücklicherer Mensch werden willst, lässt du deine Smartwatch jeden deiner Schritte und Herzschläge aufzeichnen. Du hast natürlich davon gehört, dass irgendwelche Internet-Fritzen deine Daten nach Strich und Faden auswerten werden, aber das könnte ja auch praktisch sein. Wer will denn keinen Gutschein für einen Cupcake aufs Handy bekommen, wenn man einmal um den Block gesportelt ist?

10. Showrooming: Ab und zu schaffst du es noch zum Buchhändler oder ins Elektronikgeschäft. Doch anstatt denen ihre Ware abzukaufen, konsultierst du lieber mitten im Geschäft Geizhals oder Amazon, weil die das Zeug sicher billiger haben. Weil deine Frechheit keine Grenzen kennt, blätterst du noch ein paar Bücher durch und wühlst in der DVD-Kiste, bestellst dann aber lieber online. Dann musst du den Kram nicht auch noch nach Hause schleppen, sondern nur dich selbst.

11. Shitstorming: Wenn unsere Politiker wieder einmal eine Topfpflanze oder einen Mistkübel ins Facebook stellen, ist das ein gefundenes Fressen für dich. Auf der Couch lümmelnd teilst du den Faux-pas an deine Follower-Freunde und merkst an, wie dämlich die überbezahlten Social-Media-Manager der Politiker doch sein müssen. Am nächsten Tag hast du alles wieder vergessen, aber die nächste Scheißgewitter-Gelegenheit kommt bestimmt.

12. 3D-Printing: Du hast klarerweise schon davon gehört, dass da was im Busch ist mit der “Industrie 4.0”. Wenn dir jemand erzählt, wie 3D-Drucker die produzierende Wirtschaft komplett verändern könnten, fällt dir als erstes dazu ein, dass man sich da ja auch eine Pizza, ein Lego oder einen Dildo aus dem Internetz downloaden und ausdrucken könnte.

13. Sexting: Nacktbilder per Smartphone hast du schon verschickt, lange bevor Kim Kardashian und Kayne West davon Wind bekamen. Dass deswegen irgendwelche Teenies Probleme bekommen haben, weißt du, aber dein cooles Snapchat löscht deine digitalen Entblößungen ja nach zehn Sekunden. Moment…WTF, da hat gerade jemand einen Screenshot gemacht!!

14. Carsharing: Endlich kannst du mit einem Auto zur Sauf-Party fahren und es dort ohne Probleme stehen lassen. Wenn die Dinger auch noch Elektromotoren bekommen, musst du dir keine Sorgen mehr wegen der zusätzlichen Umweltbelastung machen, die du verursachst, weil du nicht mehr Öffis fährst. Den Gedanken, dass einmal alle Autos den Konzernen und alle Daten Uber gehören werden, verfolgst du lieber nicht weiter. Convenience ruled schließlich!

15. Sharing Economy: Anstatt deine Wochenend-Citytrips in schnöden Hotels zu verbringen, buchst du voll authentische Unterkünfte bei AirBnB. Coole Locals mit topgeheimen Insider-Tipps hast du dabei aber noch nicht kennengelernt, weil dein Gastgeber 17 andere Wohnungen vermietet und zur Schlüsselübergabe einfach die Putzkraft vorbeischickt.

16. Clicktivism: Dass sich bei der “Ice Bucket Challenge” alle Eiswasser über den Schädel schütten, findest du zwar schon eine Spur zu Mainstream, doch die Videos sind witzig und schließlich für einen guten Zweck. Weil dich schon zwei deiner Facebook-Freunde herausgefordert haben, machst du auch mit. Spenden tust du nichts, immerhin hast du ja deine enorme Social-Media-Reichweite für karitative Zwecke hergegeben. Was Amyotrophe Lateralsklerose ist, weißt du nicht so genau, und was mit den Geldenspenden genau passiert, das sollen andere überprüfen.

17. Musik-Streaming: Früher hast du mühsam Mixtapes zusammengeschnitten, die sich deine Freunde halbherzig angehört haben, heute reichen ein paar Klicks bei Spotify für eine geile Playlist zum Sharen. Dass von den zehn Euronen, die du pro Monat für das Musik-Fressbuffet ablegst, nur Bruchteile bei den Künstlern landen, ist dir egal – es geht wie gesagt um deine Convenience. MP3s, Platten, geschweige denn CDs kaufst du schon lange nicht mehr – dass du genau null Songs zum Anhören hast, wenn Spotify den Bach hinter geht, darüber denkst du lieber nicht länger nach.

Das iPhone 6 ist da: So schlägt sich Apples neues Smartphone gegen Samsung, HTC, LG und Sony

iPhone6

Ab heute ist wieder Nachdenken angesagt: Soll man sich das neue iPhone 6 oder gar das riesige iPhone 6 Plus zulegen? Millionen Menschen haben sehnsüchtig die Apple-Präsentation gestern Abend erwartet, und jetzt liegen die Fakten auf dem Tisch. Der iPhone-Hersteller ist wie erwartet dem Trend zum größeren Display gefolgt und hat sein Smartphone deutlich aufgepumpt. Die Konkurrenz aus Asien und den USA ist mit ihren Flaggschiff-Geräten aber längst in Stellung und bieten ebenfalls sehr potente Modelle an. Der direkte Vergleich der Spezifikationen zeigt, wie die neuen iPhones gegen ihre Rivalen performen:

Zeit für eine Smartwatch? Wie die neuen Gadgets uns an Google, Samsung und Apple binden sollen

Die SmartWatch 3 von Sony, Moto 360 von Motorola und Samsung Gear S. © Sony, Motorola, Samsung.

Die SmartWatch 3 von Sony, Moto 360 von Motorola und Samsung Gear S. © Sony, Motorola, Samsung.

Sie zählen Schritte, zeigen SMS, messen den Puls, melden Termine, weisen den Weg, sagen das Wetter voraus und werden uns irgendwann einmal auch das Smart Home steuern lassen: Smartwatches sind der wichtigste Technik-Trend der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin. Kurz vor der großen Apple-Präsentation buhlen Samsung, Sony, Asus, Motorola oder LG mit ihren smarten Uhren um unsere Aufmerksamkeit – bevor wir sie der iWatch zuwenden.

Designer-Stücke mit Draht zum Netz
Waren die Geräte bis dato oft noch klobig und boten nicht unbedingt brilliantes Design, können sich die neuesten Smartwatches durchaus sehen lassen – sind eigentlich ganz praktisch.

Die Moto 360 von Motorola (249 Euro, ab Oktober) oder die G Watch R von LG (299 Euro, ab Oktober) etwa bieten beide kreisrunde Displays und Lederarmbänder, Sonys SmartWatch 3 (219 Euro) sieht jugendlich und sportlich aus, Asus ZenWatch (200 Euro, noch kein genauer Starttermin) strahlt mit edlem Design Eleganz aus, Garmins vivosmart (170 Euro, ab Oktober) versucht den Spagat zwischen Fitnessarmband und Smartwatch, und Samsungs Gear S (noch kein Preis, ab Oktober) bietet ein großes gebogenes Display.

150 Mal am Tag Updates checken
Gemein ist den meisten smarten Uhren, dass sie am Touchscreen nicht nur eine Auswahl an Zifferblättern zur Personalisierung bieten, sondern auch wichtige Informationen wie SMS, E-Mails, Messaging-Dienste, Social-Media-Updates, Wetterdaten oder Navigationskarten anzeigen und sich per Pulsmesser, Beschleunigungssensor und GPS-Peilung im Fitnessbereich nützlich machen wollen. Dem KPCB-Internet-Report der renommierten Risikokapitalgeberin Mary Meeker zufolge (2013, siehe Seite 52) checken heute Smartphone-Nutzer pro Tag im Schnitt 150 Mal ihr Gerät, um eintrudelnde Nachrichten, Anrufe, Social Media, Notifications oder, ja, die Uhrzeit abzurufen. Die Auslagerung dieser Infos auf ein kleines Display am Handgelenk macht also durchaus Sinn, weil man sich so viele Handgriffe (Power Knopf, entsperren, App aufmachen, abdrehen) erspart.

Smartphone als Voraussetzung
Das wichtige Stichwort aber lautet: Smartphone. Denn abgesehen von Samsungs Gear S, die einen SIM-Karten-Slot hat, brauchen Smartwatches unbedingt ein Smartphone, mit dem es via Bluetooth gekoppelt wird, um auf Internet und Daten zugreifen zu können. Das ist entscheidend, da sich dadurch die Auswahl für den Konsumenten deutlich einschränkt. Die meisten Smartwatches – etwa jene von Sony, Asus, LG oder Motorola – laufen mit Android Wear, dem Betriebssystem von Google. Wer diese Uhren mit seinem Smartphone koppeln möchte, braucht mindestens Android 4.3 oder höher. Bei Samsungs neuer Smartwatch, die mit dem hauseigenen Betriebssystem Tizen der Südkoreaner läuft, ist wiederum zur Einrichtung ein Galaxy-Gerät des selben Herstellers notwendig. Und wie man Apple kennt, kann man davon ausgehen, dass die iWatch nur im Zusammenspiel mit einem iPhone funktionieren wird. Wer eine Smartwatch kauft, bindet sich also noch enger an ein Ökosystem der IT-Giganten.

Ein weiterer Stolperstein auf dem Weg zum Massenmarkt ist die Batterielaufzeit. Zwar sind die neuen Smartwatches klobiger als herkömmliche Uhren, weil sie viel Technik und einen Akku verbaut haben, doch dessen Laufzeit wird oft nur bei einem Tag liegen. Damit bekommt der Konsument neben Smartphone, Tablet und Laptop ein weiteres Gerät in den Haushalt, das täglich an die Steckdose will. Zwar bieten manche Hersteller das kabellose Aufladen per Induktion an, doch auch das bedeutet ein weiteres Ladegerät und erspart kein Kabel.

Massentauglicher als Daten-Brillen
Über Sinn und Unsinn einer Smartwatch lässt sich demnach streiten. Sicher gibt es viele Leute auf diesem Planeten, die es cool finden, wie einst Michael Knight mit Uhr und Auto zu reden, oder die Dinger einfach als praktische Hingucker sehen. Doch der nicht geringe Anschaffungspreis, die kleinen Akkus und die Bindung an Google, Apple oder Samsung werden zum Start wohl verhindern, dass die Smartwatch tauglich für den Massenmarkt ist. Laut Studie von NextMarket Insights sollen die Stückzahlen von 15 Millionen dieses Jahr auf 373 Millionen im Jahr 2020 anwachsen. Klingt viel, ist im Vergleich aber wenig: Marktforscher IDC zufolge wurden bereits 2013 eine Milliarde Smartphones weltweit ausgeliefert.

Was auch klar ist: Smartwatches sind viel massentauglicher als andere Wearables wie Daten-Brillen. Google Glass etwa ist auf große Datenschutzbedenken (Stichwort “glasshole”) gestoßen und wird wohl eher in spezifischen Arbeitsumfeldern eingesetzt werden, wo Menschen die Hände freihaben müssen und trotzdem auf Daten zugreifen sollen. Google hat dafür Partnerschaften mit fünf Firmen aus den Bereichen Gesundheit, Kultur oder Medien geschlossen. Dass voraussichtlich auch Apple in den Markt für Smartwatches und nicht in jenen für Datenbrillen einsteigt, unterstreicht, dass hier großes Potenzial liegt. Mit der geballten Marketing-Macht des iPhone-Herstellers könnte es gelingen, die Smartwatch aus der Nerd-Ecke in den Mainstream zu holen. Und außerdem: Ein Mini-Display am Handgelenk ist ohnehin sozial viel verträglicher als eine Kamera am Kopf.

Versaut Twitter unsere Timelines? Blödsinn, Algorithmen könnten sie sogar besser machen

Twitter-Programmierer bei der Arbeit. © Twitter

Twitter-Programmierer bei der Arbeit. © Twitter

“Twitter darf nicht Facebook werden!”, forderen derzeit Twitter-Nutzer. Der Grund: Der Kurznachrichten-Dienst arbeitet an einer Neugestaltung der Timeline, also der zentralen Spalte, wo man die Tweets aller gefolgten Accounts in chronologisch verkehrter Reihenfolge präsentiert bekommt. Unter der Leitung von Twitters Vizepräsident für Produkte, Daniel Graf (zuvor bei Google für Maps zuständig), wird damit experimentiert, in der Timeline auch Tweets von Accounts anzuzeigen, die man nicht abonniert hat. “Wir fügen möglicherweise auch einen Tweet, einen Account, dem Du folgen solltest oder sonstige beliebte bzw. relevante Inhalte zu Deiner Timeline hinzu”, heißt es dazu seitens Twitter. “Das bedeutet, dass Dir manchmal Tweets von Accounts angezeigt werden, denen Du nicht folgst.

Twitter filtert nicht, sondern ergänzt
Dass künftig nicht nur der User selbst, sondern auch ein Algorithmus entscheidet, welche Tweets man zu sehen bekommt, hat zu viel Kritik geführt. Wie bei Facebook, wo ein Algorithmus anhand von 100.000 Faktoren darüber entscheidet, welche Posts im News Feed angezeigt werden, fürchten nun viele, dass künftig auch bei Twitter eine geheime Formel vorgibt, was man lesen darf. Die Reinheit der Timeline, die sich jeder selbst zusammenstellt, gehe so verloren, wird geklagt.

Der Vergleich zu Facebook hat jedoch einen entscheidenden Fehler. Der News Feed könnte jedem Facebook-Nutzer jeden Tag 1500 verschiedene Beiträge zeigen, tut das aber nicht. Stattdessen werden etwa 300 Posts, also ein Fünftel, vom Algorithmus auf Basis des bisherigen Nutzerverhaltens ausgewählt und präsentiert. Den Rest bekommt der Facebook-Nutzer in der Regel nicht zu sehen. Kritiker bemängeln zu Recht, dass ein solcher automatischer Filter immense Auswirkungen auf unsere Wahrnehmung hat und auf Basis von Regeln, die der User nicht beeinflussen kann, ausblendet, was eigentlich wichtig wäre – die berühmte Filter-Bubble.

Twitter für eine möglicherweise bald algorithmische Timeline zu kritisieren, ist deswegen verkehrt. Denn Twitter will keine Tweets aussieben, sondern lediglich Content hinzufügen, der ja spannend sein kann. Nicht weniger, sondern mehr soll der User sehen.

Spannender Content für neue Nutzer
Dass gerade viele Journalisten, die Twitter gerne als Nachrichten-Feed benutzen, die anstehenden Neuerungen kritisieren, ist interessanterweise Ausdruck eines Grundproblems. Denn für sie mag eine verkehrt chronologisch exakt geordnete Timeline perfekt sein, weil sie gewissermaßen einen Nachrichten-Ticker in Echtzeit darstellt. Twitter ist aber in einer Lage, in der es für weiteres Nutzerwachstum sorgen muss und nicht nur die Stammklientel – und das sind nun mal vor allem Medienleute – bedienen kann. Twitter hält heute bei 271 Millionen monatlich aktiven Nutzern, Instagram (200 Mio.) und Tumblr (201 Mio. Blogs) sind dicht auf den Fersen, WhatsApp (600 Mio.) oder Line (470 Mio.) sind längst vorbei gezogen, Snapchat (100 Mio.) boomt.

Für neue Nutzer, die Twitter für sein künftiges Geschäft unbedingt braucht, ist der Kurznachrichten-Dienst mit seinen @-, RT- und #-Symbolen oft nicht einfach zu verstehen. Zudem haben sich Neulinge noch keine reichhaltige Timeline aufgebaut und verlieren oft wieder das Interesse. Mit einem Algorithmus, der neue Inhalte von nicht gefolgten Accounts zeigt, könnte der Dienst für neue Nutzer spannender werden, weil er ihnen hilft, sich in der Twitter-Welt zurecht zu finden. Die börsennotierte Firma aus San Francisco macht immer noch große Verluste (im zweiten Quartal minus 145 Mio. Dollar) und braucht viele Millionen weitere User, denen es Werbung zeigen kann.

Premium-Accounts für Puristen?
Vielleicht tut sich mit dem Verlangen vieler nach einer reinen Timeline und den Beschwerden über immer größeren Werbedruck (zuletzt startete Twitter seine Vermarktung auch in Österreich) auch ein neues Geschäftsmodell auf: Twitter könnte für werbefreie Accounts mit einer puren Timeline nach dem Freemium-Schema eine kleine Nutzungsgebühr einheben. Wem wäre das 3, 4 Euro pro Monat wert?

Update: Twitter-CEO Dick Costolo hat auf Kritik reagiert, warum manche User die Favs anderer als Tweet angezeigt bekommen. Das würde nur passieren, wenn man die Timeline zwei Mal kurz hintereinander aktualisieren würde und die gefolgten Accounts keine Updates parat haben. Dann will Twitter den News-Hunger des Nutzers mit Favs anderer stillen.

Sozialer Druck, Selbstdarsteller, Tierversuche: Wo sich der Spaß bei der IceBucketChallenge aufhört

1,5 Millionen Views auf YouTube: Der Horse Epic Fail.

1,5 Millionen Views auf YouTube: Der Horse Epic Fail.

Diesen Sommer ist die #IcebucketChallenge über uns, ja, wie ein kalter Schwall Wasser gekommen. Prominente, Halbprominente und viele tausende andere Internetnutzer leerten sich Eiswasser über den Kopf, posteten davon ein Video auf den üblichen Social-Media-Plattformen und forderten drei andere User heraus, um auf die unheilbare Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) mit tödlichem Ausgang und deren Bekämpfung durch die ALS Association aufmerksam zu machen. Fantastische 100 Millionen Dollar konnte diese über die Aktion sammeln, die sich im Social Web viral stark verbreitete und schnell von Massenmedien aufgegriffen wurde.

So weit, so gut. Die karitative Kampagne hat ihren Zweck voll erfüllt und vorgeführt, wie Spendensammeln im 21. Jahrhundert funktionieren kann. Lustige Videos, gepaart mit einem karitativen Zweck, sozialem Druck und digitalen Verbreitungswegen – in nur 30 Tagen sind so unglaubliche Summen in Bewegung gesetzt worden. Doch schnell hat mich auch ein komisches Gefühl beschlichen, je mehr Eiswasserduschen ich auf YouTube, Facebook und Twitter gesehen habe, und je mehr ich über die ALS Association erfuhr.

Tierversuche und dicke Gehälter
ALS ist eine dramatische Krankheit, die meist nach drei bis fünf Jahren zum Tod des Patienten führt, der bei fast immer klarem Verstand zusehen muss, wie sein Körper verfällt. Der bekannte britische Physiker Stephen Hawking ist einer der betroffenen Erkrankten, er leidet an einer langsam verlaufenden Variante von ALS. Seit 1985 versucht die ALS Association, eine Non-Profit-Organisation aus den USA, ein Gegenmittel gegen die Nervenkrankheit zu finden. Für die weltweit etwa 350.000 ALS-Erkrankten sind die 100 Millionen Dollar Spendengelder eine sehr gute Nachricht.

Bei der #IceBucketChallenge hat die virale Verbreitung im Social Web dafür gesorgt, dass die Filterfunktion klassischer Medien außer Kraft gesetzt wurde. Nur eine Minderheit, die die #IceBucketChallenge gesehen haben, haben auch hinterfragt, wofür die ALS Association, der so viel Geld gespendet wurde, überhaupt steht und wer dahintersteckt. Erst im Laufe der letzten Tage sind einige bedenkliche Details ans Tageslicht gekommen. „Die ALS-Gesellschaft macht keinen Hehl daraus, bei ihren Forschungen auf ‚Tiermodelle‘ zu setzen, wie es im lebensverachtenden Jargon der Tierexperimentatoren heißt“, kritisierte etwa Corina Gericke, Tierärztin und Vorstandsmitglied des Vereins “Ärzte gegen Tierversuche”, gegenüber RTL Aktuell. Dabei sei seit Jahren bekannt, dass „Tierversuche für die ALS-Forschung ein völliger Fehlgriff sind.“

Zusätzlich kam die Steuererklärung der ALS Association an die Öffentlichkeit, aus der hervorgeht, dass nur 28 Prozent ihrer Ausgaben für Forschungszwecke ausgegeben wird und die Führungskräfte dicke Gehälter beziehen, die deutlich über jenen von vergleichbaren Positionen bei deutschen Non-Profit-Organisationen liegen.

Spielfeld der Selbstdarsteller
Währenddessen hat der Social-Media-Hype so bunte Blüten getrieben, dass von der ursprünglich karitativen Kampagne wenig bis gar nichts übriggeblieben ist. Die IceBucketChallenge hat sich zu einem Wettbewerb der Selbstdarsteller entwickelt, die mit ihren Schütt-Videos um die Aufmerksamkeit des Internet-Publikums heischen. Der vorläufige Höhepunkt ist das Video einer jungen Frau mit etwa 1,5 Millionen Views , die sich zur Schadenfreude der Seher das Eiswasser auf einem Pferd sitzend über den Kopf leert – worauf das Pferd erschrocken losprescht und die junge Dame unsanft in der Wiese landet. Tragischerweise soll auch ein britischer Teenager im Zuge der #IceBucketChallenge zu Tode gekommen sein.

Dass nun alle Eiskübler selbstverliebte Narzissten sind, die sich im Social Web im Sinne von “tue Gutes und rede darüber” inszenieren, ist aber auch zu weit gegriffen. Denn der #IceBucketChallenge ist ein besonderer Mechanismus inhärent: sie löst sozialen Druck aus. Durch die (halb)öffentliche Nominierung dreier Facebook-Freunde kommen diese fast nicht aus, bei der Aktion mitzumachen, weil sie sonst als Langeweiler und/oderSpendenmuffel dastehen. So gibt es bereits ganze Familien, Firmen und Freundeskreise, in denen sich jeder unter den Wasserkübel stellte.

Während die westliche Welt sich über IceBucket-Clips im Web amüsierte, wurde das Phänomen auch im Nahen Osten aufgegriffen. Dort schütteten sich Internetnutzer allerdings nicht Wasser, sondern Schutt (teilweise aus Trümmern, die israelische Angriffe in Gaza verursachten) über den Kopf, um zu Spenden für den kriegsgebeutelten Gaza-Streifen unter dem Hashtag #RubbleBucketChallenge aufzurufen. Der palästinensische Journalist Ayman al Aloul, der mit diesem Clip als ihr Begründer gilt, sagte gegenüber NBC: „Wir haben nach einem Eimer Wasser gesucht, aber Wasser ist hier zu wichtig, um es uns über den Kopf gießen. Und selbst, wenn es Wasser gibt, ist es schwierig, es einzufrieren.“ Das dürfte alle, die sich den Eiswasser-Spaß erlaubten, nachdenklich stimmen.

Wie vor zwei Jahren bei Kony2012
Insgesamt erinnert mich die #IceBucketChallenge stark an die Social-Media-Kampagne #Kony2012, die vor zwei Jahren wie ein Lauffeuer durchs Netz ging. Auch damals brachte eine den meisten völlig unbekannte Non-Profit-Organisation, Invisible Children, mit Hilfe eines sehr emotionalisierenden Videos (mein Blog-Eintrag dazu hier) und digitalen Verbreitungswegen ein Thema auf die Tagesordnung, das die Masse überhaupt nicht am Plan hatte: der Kampf gegen den ugandischen Warlord und internaitonal gesuchten Massenmörder Joseph Kony. Die Kony2012-Kampagne löste einen enormen Hype aus (fast 100 Millionen Views auf YouTube) und brachte Invisible Children in dem Jahr 26,5 Millionen Dollar Spendengelder. Nur ein Jahr später war alles vergessen, und Invisible Children sammelte so wenig Spenden wie seit 2007 nicht mehr. Konys raubende und mordende “Lord’s Resistance Army”, wenn auch geschwächt, verübt übrigens immer noch ihre Gräueltaten in Zentralafrika.

Die #IceBucketChallenge hätte für die ALS Association nicht besser laufen können – Menschen zum riesigen Spenden zu bewegen für einen Zweck, den sie zuvor gar nicht kannten, ist eine sehr spannende Sache. Ein fahler Beigeschmack bleibt allerdings: An den Grenzen Europas, in der Ukraine, in Syrien und in Gaza, herrscht Krieg. Auch diese Menschen bräuchten viele Spendengelder (allein in Syrien sind 9,5 Millionen Menschen auf der Flucht), doch virale Social-Media-Kampagnen dafür sind ausgeblieben. Zu omnipräsent sind seit Jahren die schrecklichen Bilder aus den Krisengebieten, viele Menschen blenden sie aus. Insofern hat die #IceBucketChallenge einen spannenden Nebeneffekt: Sie hat das Thema Spenden wieder auf die Tagesordnung und einige Leute dazu gebracht, auch etwa für andere Notleidende zu spenden – auch ohne sich einen Kübel Eiswasser zu schnappen und Viralvideo zu drehen.

Die Soundcloud-Strategen: Mit Abos und Ads gegen Spotify, YouTube und Apples Beats

Die beiden Soundcloud-Gründer Alexander Ljung und Eric Wahlforss. © Soundcloud

Die beiden Soundcloud-Gründer Alexander Ljung und Eric Wahlforss. © Soundcloud

Das Berliner Musik-Streaming-Start-up Soundcloud macht Ernst bei der Monetarisierung: Künftig will man sich Werbeeinahmen mit Musikern und Labels teilen, während User sich von den Ads gegen eine Monatsgebühr freikaufen können. Der Zeitpunkt ist kein Zufall: Auch die Google-Tochter YouTube und Apple mit seinem Einkauf Beats Music werden den Markt für Musik-Subscriptions bald intensiv beackern.

Freemium im Vormarsch
Das Rennen um die Vorherrschaft am Musik-Streaming-Markt ist in vollem Gange: Die Ankündigung von Soundcloud aus Berlin, künftig seinen Dienst mit Werbung und zusätzlichen kostenpflichtigen Accounts für User monetarisieren zu wollen, kommt nur auf den ersten Blick überraschend. Soundcloud will sich, vorerst nur in den USA und mit eingeladenen Partnern (Labels, Musiker) die Werbeeinnahmen teilen, und wer keine Werbung hören will, der kann künftig einen Monatsbetrag für die werbefreie Version zahlen. Dieses Freemium-Modell (Kunstwort aus “free” und “premium”) kennt man bereits von Musik-Diensten wie Deezer oder Spotify. Bei letzterem zahlen 25 Prozent der 40 Millionen aktiven Nutzer für die werbefreie Version, um ungestört ihrer Lieblingsmusik lauschen zu dürfen.

Schafft Soundcloud mit eigenen Angaben zufolge 175 Millionen Nutzern eine ähnliche Conversion-Rate, dann könnte die Firma von Alexander Ljung und Eric Wahlforss mittelfristig neben den Pro-Accounts für Künstler (mehr Speicherplatz, Analytics, bessere Sichtbarkeit ab 3 Dollar/Monat) und den Werbeeinnahmen relevante Einnahmen erzielen. Einfach wird das nicht: Denn niemand geringerer als YouTube mit mehr als einer Milliarde User will ebenfalls in den Markt für Musik-Streaming-Subscriptions. Wie die Webseite Android Police erfahren haben will, bereitet die Google-Tochter mit YouTube Music Key ebenfalls einen Streaming-Dienst um 9,99 Dollar/Monat vor, der zusätzliche Funktionen wie Offline-Support für mobile Geräte und Werbefreiheit bietet.

YouTube will zur Kasse bitten
Wie Nutzer YouTube Music Key wahrnehmen werden, muss man noch abwarten. Denn Google hat mit Google Play Music All Access bereits Musik-Streaming um 9,99 Euro sowie mit Google Play Music einen MP3-Download-Shop im Portfolio, der mit dem iTunes Store konkurriert. Womit wir schon beim nächsten Konkurrenten anglangt sind, der Musik-Streaming ganz groß machen will: Apple. Mit der Übernahme von Beats Music Anfang 2014 hat der iPhone-Hersteller ebenfalls einen Streamer im Programm, der vor allem mit von Experten kuratierten Playlists lockt. Dem wiederum hält Google mit der Übernahme von Songza entgegen, wo Musikkenner Playlisten für die Hörerschaft zusammenstellen (z.B. Sunday Morning, Workout, Cocktail, Beach, etc.), und Spotify forciert derzeit ebenfalls die Playlist-Idee.

“Soundcloud ist nicht wie iTunes, Pandora oder Spotify”, meint Fred Wilson, der mit seiner Risikokapitalfirma Union Square Ventures in Soundcloud investiert hat. “Es ist ein Peer-Netzwerk wie Twitter oder Tumblr mit einer sozialen Architektur, die Engagement und Sharing betont. Es ist, als würden Musiker, Fans und Marken alle auf der selben Party abhängen.”

Plattenfirmen als Partner und Gegner
Ob sich Soundcloud gegen seine mächtigen Konkurrenten durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Zuerst muss das Berliner Start-up ohnehin einmal die großen Labels und die Werber an Bord holen. Soundcloud zufolge gibt es bereits Deals mit Sony/ATV und BMG sowie mit Brands wie Red Bull, Jaguar oder Comedy Central. Die Kooperationen vor allem mit den Musikern und Labels ist für Soundcloud enorm wichtig, um Copyright-Fragen im Vorfeld zu klären. Da bei dem Dienst jeder Musik hochladen kann bzw. viele Remixes von Hits veröffentlicht werden, werden Urheber sehr schnell mit Klagen sein, wenn Soundcloud diese Inhalte mit Werbung kapitalisiert. Sich die Werbeeinnahmen mit den Rechteinhabern zu teilen, ist da eine schlaue Idee.

Microsoft Surface Pro 3 im Test: Kann dieses 12-Zoll-Tablet ein Apple MacBook Air ersetzen?

Microsofts neues Tablet Surface Pro 3 auf der Couch mit dem MacBook Air 13 Zoll. © Jakob Steinschaden

Microsofts neues Tablet Surface Pro 3 auf der Couch mit dem MacBook Air 13 Zoll. © Jakob Steinschaden

Das neue Flaggschiff-Tablet von Microsoft, das Surface Pro 3, mit dem MacBook Air von Apple zu vergleichen, das ist nicht meine Idee gewesen. Nein, Microsoft wirbt massiv mit diesem Vergleich, hat drei Werbe-Spots dazu gedreht und stellt ihn auch auf seiner eigenen Webseite an. “Das Tablet, das Ihr Notebook ersetzen kann”, lautet die Werbebotschaft an die werte Kundschaft. Denn das Surface Pro 3 ist ein relativ großes Tablet (12 Zoll, das iPad Air misst 9,7 Zoll), an das man eine sehr flache Tastatur andocken und es dann wie ein kleines Notebook verwenden kann. Zudem bietet es einen Touch-Stift, mit dem man handschriftlich Notizen festhalten kann und das Gerät so wie ein digitaler Notizblock verwendbar wird.

Microsoft fordert Apple heraus
Den direkten Vergleich mit dem MacBook Air in Sachen Spezifikationen muss das Surface Pro 3 tatsächlich nicht scheuen und bringt etwa eine höhere Display-Auflösung, geringeres Gewicht und eine rückseitige Kamera (bei gleich starken Intel-Prozessoren, Arbeitspeicher und SSD-Speicher) mit sich. Inklusive Tastatur (130 Euro Mehrkosten) ist das Tablet dann aber auch teurer als ein MacBook Air mit 11 Zoll. Alle Details finden sich in dieser Vergleichsgrafik:

Doppelt gemoppelt?
Mit seiner doppelten Einsatzmöglichkeit (Tastatur und Touch) entspricht das Surface Pro 3 voll und ganz dem dem aktuellen Microsoft-Betriebsystem Windows 8, das für beide Welten gemacht wurde. Mit der Windows-Taste kann man schnell zwischen Touch- und Standard-Oberfläche wechseln. Während die Touch-Ausgabe eher für die Nutzung unterhaltender/informativer Apps (Facebook, Twitter, Flipboard, Skype, usw.) gedacht ist, soll mit der klassischen Ansicht eher gearbeitet werden (v.a. mit Office, das zusätzlich gekauft werden muss). Allerdings kommen sich Touch-Bedienung und Tastatur immer wieder in die Quere: Manche Apps wie Flipboard sind eben für Berührungen des Displays gemacht, während der Arbeits-Programme dann wieder besser per Keyboard zu bedienen ist – da muss der User immer wieder umdenken, ob er jetzt in die Tasten haut oder am Bildschirm herumtapst.

Kompromiss zwischen Touch und Tastatur
Dementsprechend ist das Surface Pro 3, genauso wie Windows 8, ein Kompromiss zwischen “Touch” und “Tastatur”. Während Android von Google und iOS von Apple vor allem für Touchscreens gemacht wurden, stolpert man am Surface-Tablet immer wieder in die “alte” Keyboard-Welt zurück. Dort kann man zwar locker mit der andockbaren Tastatur (die 130 Euro zusätzlich kostet, wohlgemerkt) weiterarbeiten, doch mit dem Keyboard des MacBook Air kann diese nicht mithalten. Ich haben hunderte Artikel und meine beiden Bücher am MacBook getippt und kann getrost sagen, dass ich noch keine angenehmere Tastatur unter die Finger bekommen habe – kaum verwunderlich wird ihre Bauweise von vielen anderen Notebook-Herstellern nachgeahmt. Außerdem ist das Touchpad der Surface-Tastatur zur Steuerung des Mauszeigers kleiner und damit unkomfortabler als das des Apple-Laptops.

Teuer und nicht voll mobil
In der mobilen Touch-Welt ist das Surface Pro 3 auch nur halb zu Hause. Das Display ist zwar mit einer sehr hohen Auflösung (manchmal zu hoch, weil einige Apps und Webseiten pixelig aussehen) ausgestattet und reagiert ausgezeichnet auf Berührungen, mit seinen 12 Zoll und 800 Gramm ist es aber nicht so portabel wie ein iPad Air (9,7 Zoll, 480 Gramm) oder noch kleinere Tablets. Was außerdem stutzig macht: Es fehlt ein Slot für eine SIM-Karte für mobiles Internet, und aufladen kann man es nicht via USB, sondern nur per mitgeliefertem Netzstecker. In Sachen Rechenpower und Speicherkapazität ist das Surface Pro 3 immerhin vielen anderen Tablets überlegen.

Ein Problem ist auch der Preis des Microsoft-Tablets: Inklusive Tastatur und Office ist es nicht billiger als ein vergleichbar ausgestattetes MacBook Air mit 13 Zoll, das den Office-Rivalen iWork vorinstalliert hat, und teurer als viele Tablets (das teuerste iPad Air kommt auf 869 Euro).

Kein Ersatz für ein „echtes“ Notebook
Dementsprechend muss die Antwort auf die Frage, ob das Surface Pro 3 ein MacBook Air ersetzen kann, meiner Meinung nach “Nein” lauten. Microsoft hat einen Kompromiss abgeliefert, der weder alle Vorzüge eines Tablets (portabel, leicht, billiger, mobiles Internet), noch alle Vorzüge eines Notebooks (großes Display, ausgezeichnete Tastatur) bietet. Apple-Interessierte und -User wird Microsoft so nicht in die Windows-Welt locken können. Spannend ist das Surface Pro 3 aber für Leute, die noch kein Tablet und ein veraltetes Notebook haben, aufrüsten wollen und unbedingt bei Windows bleiben möchten – sie bekommen um vergleichsweise wenig Geld (ein MacBook Air und ein iPad kosten zusammen mindestens 1378 Euro) einen Tablet-Notebook-Mischling.

Warum Microsoft das Surface Pro 3 gegen das MacBook Air positioniert, ist rätselhaft. Schlauer wäre, es mit seinem großen Display, der Tastatur und Windows im Business-Kontext gegen das iPad zu positionieren – denn dieses versucht Apple gemeinsam mit IBM gerade in große Unternehmen zu bringen.

Ich persönlich würde mir derzeit weder ein Surface Pro 3 noch ein iPad Air kaufen. Die Kombination “leistungsstarkes Notebook + 5-Zoll-Smartphone” deckt derzeit meine Computer-Bedürfnisse voll ab – das Dazwischen-Gerät Tablet hat vorerst keinen Platz in meinem Budget.

Mein Artikel über Leistungsschutz, Google und Facebook jetzt im Magazin „Der digitale Wandel“

Der digitale Wandel

Mein Artikel „Leistungsschutz: Verlage schenken Facebook und Twitter jenen Content, für den Google zahlen soll“ hat vor allem in Deutschland sehr viel Resonanz bekommen – so viel, dass er jetzt sogar in der neuen Ausgabe des Magazins „Der digitale Wandel abgedruckt wurde, das von der Experten-Plattform „Internet & Gesellschaft Collaboratory (CoLab)“ gemacht wird.

In der neuen Ausgabe gibt es viele spannende Beiträge zum Spannungsfeld Internet & Gesellschaft lesen, unter anderem auch von der bekannten Journalistin Mercedes Bunz, dem ehemaligen deutschen Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Peter Schaar oder Mitchell Baker, Vorsitzende der Mozilla Foundation (Firefox).

Das Magazin kann man kostenlos über vielerlei Kanäle beziehen:

-> Google Books
-> Googly Play (für Android-Geräte)
-> PDF-Download
-> issuu
-> Bestellformular für die Druckversion (gegen Spende, solange der Vorrat reicht)
-> ePub-Datei für eReader

oder man schaltet unten rechts den Vollbildmodus ein und blättert einfach hier durch das Magazin:

Glowing Plants: Leuchtende Pflanzen wären ziemlich cool, wenn da nicht die Gentechnik wäre

Logo des Glowing Plants Project aus Kalifornien. © Glowing Plants Project

Logo des Glowing Plants Project aus Kalifornien. © Glowing Plants Project

Ein kleines Planzerl am Nachtkasterl, das Licht beim Buchlesen spendet? Ein Wohnzimmer, das am Abend von Indoor-Gewächsen gemütlich beleuchtet wird? Oder gar Bäume, die in der Nacht unsere Straßen stromsparend mit Licht versorgen? Diese Utopie, die die Masse maximal aus dem Film “Avatar” kennt, ist vieleicht näher, als man denken mag. Denn das Start-up Glowing Plant aus San Francisco, das Anthony Evans von der Singularity University und Kyle Taylor von der Standford University gegründet haben, will genau diese Vision verwirklichen. 2013 konnten die beiden via Kickstarter fast 500.000 Dollar von Unterstützern sammeln, vergangene Woche wurde die Jungfirma schließlich in das renommierte Programm des Start-up-Inkubators Y Combinator aufgenommen, aus dem auch Airbnb, Dropbox oder reddit hervorgingen.

150 Dollar für leuchtende Rosen
Ende 2014 will die kleine Biotech-Firma erste Samen bzw. bereits leuchtende Gänserauke (40 bzw. 100 Dollar) an die Kundschaft ausliefern, um 150 Dollar bekommen sie außerdem eine glühende Rose geliefert. Noch leuchten die “glowing plants” Beobachtern zufolge noch sehr schwach (Vergleiche zu Glühwürmchen werden gezogen), doch mit jeder Generation sollen sie mehr und mehr Licht spenden können. Bei der pflanzlichen Beleuchtung soll es nicht bleiben – Evans schweben auch bereits Pflanzen vor, die bestimmte Insekten verscheuchen oder als Luftreiniger dienen können. “Wir würden gerne in jedem Eigenheim genetisch modifizierte Pflanzen sehen”, sagte er gegenüber Techcrunch.

Und hier liegt auch schon der Hund begraben: Denn damit das Start-up Pflanzen zum Leuchten bringen kann, müssen sie natürlich gentechnisch verändert werden. Mit einer “Genome Compiler”-Software erstellt das Team um Evans DNA-Sequenzen, die auf jenen von biofluminiszierenden Meeresbakterien basiert. Diese digitalen DNA-Sequenzen werden an die Firma Cambrian Genomics geschickt, die daraus mit einem Laser-Printer synthetische DNA-Stränge produziert – für das menschliche Auge ein weißes Pulver. Zurück bei Glowing Plant, wird diese DNA mit Hilfe von Bakterien in die Pflanze eingebracht – einfach, indem die Samen in das Pulver getunkt werden. Konsumenten sollen sich künftig gar ein “Maker Kit” kaufen können, um die gentechnisch veränderten Pflänzchen selbst zu produzieren – so einfahc und günstig ist Biotech offenbar geworden.

EU-Gesetze und negative Grundstimmung
Dass das Start-up bis auf Weiteres nur in den USA liefert, hat klare Gründe: In der EU verbieten scharfe Gentechnikgesetze die Einfuhr gentechnisch veränderter Organismen (GVO), es sei denn, sie sind explizit zugelassen worden (geregelt in der Europäischen Richtlinie 2001/18/EG bzw. nationalen Gesetzen). Zugelassen sind aktuell nur eine Handvoll GVO, im wesentlichen Mais-, Soja-, Raps- oder Baumwollsorten. Viele weitere GVO wurden zur Zulassung eingereicht (die “Glowing Plants” sind nicht darunter), und bei den Firmen, die diese Einreichungen machen, taucht immer wieder ein Name auf: Monsanto. Der auf Biotechnologie spezialisierte Saatgut-Konzern aus den USA ist wegen seiner Geschäftspraktiken zur bevorzugten Zielscheibe von Gentechnikgegnern avanciert und hat den negativ geprägten Diskurs in der EU über Gentechnik mitzuverantworten.

Mit der negativen Einstellung in Gesellschaft und Politik muss so auch ein kleines Start-up, das eigentlich “nur” neuartige Leuchtpflanzen produzieren will, fertig werden. “Dass Konsumenten so ablehnend sind, ist darauf zurückzuführen, wie große Industriekonzerne die Diskussion prägen”, sagt Glowing-Plant-Gründer Evans. “Wir sehen unsere Pflanzen als Werkzeug, um die Debatte zu ändern. Bei Lebensmittel ist die Gefahr nicht absehbarer Konsequenzen viel größer. Wir selber wollen nur witzige, coole Produkte machen.”

Überzeugungsarbeit leisten
Die Herausforderung für Evans: Er muss jetzt beweisen, dass seine gentechnisch veränderten Organismen keine schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben. Eine schwere Aufgabe – jedoch sind US-Start-ups dafür bekannt, sich schweren Aufgaben zu stellen, auch wenn der Ausgang ungewiss ist.

Dieser Artikel ist zuerst
auf Netzpiloten.de erschienen.

25 Tricks für Windows Phone 8.1: So holt man das Beste aus dem iPhone- und Android-Rivalen

Das Nokia Lumia 930 - das wohl letzte Smartphone, das auch den Namen Nokia trägt. © Jakob Steinschaden

Das Nokia Lumia 930 – das wohl letzte Smartphone, das auch den Namen Nokia trägt. © Jakob Steinschaden

Wenn man, so wie ich neuerdings, ein Windows Phone auf den Tisch knallt, dann reagieren die meisten Leute erst mal skeptisch. Weder iPhone noch Android-Handy, sieht das Betriebssystem mit seinen bunten Kacheln sehr anders als der Rest aus. Dass die Menschen Windows Phone oft gar nicht kennen, ist kein Wunder: Laut Marktforscher IDC kommt die Microsoft-Software 2014 weltweit lediglich auf einen Marktanteil von 3,5 Prozent.

Ob man mit dem Kauf eines Windows Phone wie dem Nokia Lumia 930 eine gute Wahl trifft? Nun, die Hardware (Gehäuse, Bildschirm, Kamera, Prozessor) lässt kaum Wünsche offen und kann mit den Flaggschiffen konkurrierender Hersteller wie Samsung, LG oder HTC durchaus mithalten. Problematisch wird es bei der Auswahl der Apps, also jener Software, die ein Smartphone erst so richtig zum Smartphone machen. Die Auswahl im Windows Phone Store ist zwar auf 300.000 gewachsen, doch wichtige Internet-Dienste bzw. Anwendungen wie feedly, Dropbox, Firefox, Airbnb, YouTube, Gmail, Google Maps, Soundcloud oder Pocket bieten keine eigenen Windows-Apps. Ein weiteres Problem: iPhone und Android bekommen oft die App-Updates zuerst, weswegen man auf Windows Phone etwa noch alte Versionen von Twitter, Spotify oder Instagram nutzen muss.

Windows Phone muss man aber auch zugute halten, dass man aus dem Betriebssystem viel herausholen kann, wenn man die richtigen Kniffe kennt. Hier die 25 besten Tipps und Tricks im Überblick:

1. Den Energiesparmodus richtig einsetzen
Der Stromsparmodus sorgt dafür, dass bei niedrigem Akkustand möglichst wenig Energie verbraucht wird. Das bedeutet auch, dass Apps, die normalerweise im Hintergrund Daten laden, abgedreht werden. Wer dennoch will, dass einige wichtige Apps (z.B. Twitter, WhatsApp) selbst im Stromsparmodus (erkennbar am Schild-Symbol oben rechts bei der Anzeige für den Akkustand) im Hintergrund laufen, kann das in den “Einstellungen” -> “Stromsparmodus” -> “Nutzung” -> “Alle Apps anzeigen” manangen: Mit einem Klick auf die entsprechende App kommt man zu der Option “Ausführung dieser App im Hintergrund bei eingeschaltetem Stromsparmodus zulassen”.

2. Sprachsteuerung freischalten
Das iPhone hat Siri, Android hat Google Now – und Windows Phone hat Cortana. Der Sprachassistent ist ab Windows Phone 8.1 installiert, derzeit aber nur in den USA aktiviert. Wer Cortana auch in Deutschland nach dem Wetter oder Suchbegriffen fragen will, installiert sich unter “Einstellungen” -> “System” -> “Sprache” -> ”English (United States)”, stellt damit das Betriebssystem auf US-Englisch um und findet dann die Cortana-App nach einem Neustart in der App-Liste.

3. Unified Mailbox
Wer mehrere Mail-Accounts (privat, Arbeit, etc.) in einer App zusammenfließen lassen will, der kann sie in einer App zusammenlegen. Dazu tippt man auf eine eingerichtete Mailbox, unten auf die drei Pünktchen für weitere Optionen und dann auf “Verknüpfte Posteingänge” und kann so Mail-Accounts zu einer Inbox fusionieren.

4. Wischtastatur einschalten
Windows Phone 8.1 bietet die Möglichkeit, die so genannte “Word Flow”-Tastatur zu aktivieren. Ähnlich wie bei den Android-Tastatur-Apps Swype oder SwiftKey kann man dann von Buchstabe zu Buchstabe wischen, um Wörter schneller zu schreiben, Tippfehler korrigieren zu lassen oder Wortvorschläge zu erhalten. Dazu geht man in die “Einstellungen” -> “System” -> “Tastatur”, sucht sich die gewünschte Tastatur aus (z.B. “Deutsch”) und setzt das Häkchen bei der Option “Beim Wischen über Buchstaben Text eingeben”.

5. Karten offline speichern
Sehr praktisch im Ausland sind Offline-Karten, um etwa ohne Funkverbindung im Mietauto navigieren zu können. In der App “Karten” findet sich unter den drei Pünktchen die Option “Einstellungen” und dort der Punkt “Karten herunterladen”. Ein Klick auf das Plus-Symbol führt zu einer Auswahl der Kontinente, von denen man zum gewünschten Land bzw. Region (z.B. Toskana”) gelangt – die kann man dann offline speichern. Den Download des Kartenmaterials sollte man bei WLAN-Verbindung und VOR Reiseantritt vornehmen, um sein 3G-Datenvolumen bzw. Roaming nicht zu strapazieren.

6. Multitasking nutzen
Um zwischen vielen aktiven Apps schnell wechseln zu können, drückt man etwas länger auf die “←”-Taste links unten unter dem Display, die jedes Windows-Phone hat. So gelangt man zu einer Ansicht, die offene Apps von links nach rechts präsentiert. Hier kann man die gewünschte App anwählen und auf Wunsch auch mit einem Tipper auf das kleine “x”-Symbol rechts oben schließen.

7. Umdrehen zum lautlos stellen
Eine nette Funktion für Besprechungen: Man kann ein Windows Phone einfach mit dem Display nach unten auf den Tisch legen, um es lautlos zu stellen. Die Option dazu findet sich unter “Einstellungen” -> “Audio” -> “Verbesserungen”, dann das Häkchen bei ”Umdrehen, um lautlos zu stellen”.

8. Doppeltipper zum Aufwecken
Auch sehr cool: Man kann ein Windows Phone mit einem Doppeltipper aufs Display aufwecken und muss dann nicht mehr den Power-Knopf drücken. Die Funktion aktiviert man unter “Einstellungen” -> “Berührung” und dann den Schalter bei “Doppeltippen Sie auf den Bildschirm, um Ihr Handy aufzuwecken” aufdrehen.

9. SMS im Auto vorlesen lassen
Wer sein Windows Phone im Auto per Bluetooth koppeln kann, der kann sich dann auch eingehende SMS vorlesen lassen. Das klingt zwar manchmal recht lustig, aber dafür muss man am Steuer nicht zum Gerät greifen. Die Funktion findet sich unter “Einstellungen” -> “Spracherkennung” -> “Eingehende Nachrichten vorlesen” -> “Bluetooth”. Achtung: Wer sein Smartphone zuhause z.B. per Bluetooth mit der Stereoanlage koppelt, dem droht, das eingehende SMS dann über die Boxen allen Anwesenden vorgelesen werden. Die Funktion ist also mit Vorsicht zu genießen.

10. Werbe-Cookie abdrehen
Damit Werber auf Webseiten oder in Apps personalisierte Reklame schalten können, gibt es ein so genanntes Werbe-Cookie, das das Windows Phone und damit seinen Besitzer z.B. bei Besuch einer Webseite identifiziert. Wer sich nicht damit tracken lassen will, schaltet das Cookie unter “Einstellungen” -> “WerbeID” aus.

11. Im Privat-Modus surfen
Wer ein Windows Phone benutzt, hat zwar keine Möglichkeit, mit Googles Chrome, Mozillas Firefox oder Apples Safari zu surfen – doch der vorinstallierte Internet Explorer ist auch ganz brauchbar. Er bietet unter anderem die Möglichkeit, im Privat-Modus zu surfen – dann speichert der IE keine Daten über die Sitzung (z.B. Cookies, URLs, Verlauf). Eine so genannte “InPrivate-Registerkarte” startet man, indem man unten links im Browser auf das Papierblatt-Symbol klickt und dann unter den drei Pünktchen eine “neue InPrivate-Registerkarte” öffnet. Achtung: Mit anonymen Surfen à la TOR hat der Privat-Modus nichts zu tun – Webseiten und Internet-Anbieter werden trotzdem die IP-Adresse übermittelt bekommen.

12. Anruf mit SMS beantworten
Wenn man mal einen Anruf nicht entgegen nehmen kann oder will, kann man diesen mit einer vorgeschriebenen SMS (z.B. “Kann gerade nicht. Rufe zurück.”) beantworten. Die Funktion findet sich in der “Telefon”-App unter den drei Pünktchen, dann “Einstellungen”, “SMS-Antwort”. Unter “Antworten bearbeiten” kann man bis zu vier verschiedene Texte speichern, die man dem Anrufer zusenden kann.

13. Position per SMS senden
Wie bei WhatsApp oder anderen Messaging-Apps kann man mit Windows Phone seine aktuelle Position auch via SMS versenden. Dazu klickt man beim SMS-Schreiben auf die Büroklammer und dann “Meine Position”. Der Empfänger erhält dann einen Link in einer SMS, der ihm zu einer Positionsanzeige auf Bing Maps führt.

14. Songs erkennen
Windows Phone hat die von Apps wie Shazam oder Soundhound bekannte Songerkennung bereits integriert. Dazu tippt man auf die Lupe-Taste unten rechts und dann auf das Musik-Symbol. Die Musikquelle muss laut genug sein, damit sie das Smartphone aufnehmen und mit dem Microsoft-Servern abgleichen kann. Live-Musik oder gesummte Melodien funktionieren noch nicht.

15. QR-Code scannen
Wer einen der nicht unbedingt hübschen QR-Codes auf Plakaten, Flyern etc. scannen will, braucht bei Windows Phone keine Extra-App dafür. Stattdessen tippt man unten rechts auf die Lupe-Taste und dann auf das Auge-Symbol – und schon kann man per Kamera einen QR-Code scannen lassen.

16. Handy finden und sperren
Wer sein Smartphone einmal verlegt, komplett verliert oder es gar gestohlen wird, kann sich unter WindowsPhone.com mit seinem Microsoft-Account (z.B. die Outlook-eMail-Adresse) einloggen und von dort das Handy klingeln lassen, es sperren oder im äußersten Notfall aus der Ferne löschen. Notwendig ist vorher einmal der Besuch der Seite, um das Handy dafür einzurichten. Im Test funktionierte die genaue Ortung bei mir leider nicht immer.

17. Kurzbefehle in den Benachrichtigungen
Wer den Rollbalken für die Benachrichtigungen mit einer Wischgeste von oben nach unten aufzieht, sieht vier Kurzbefehle (z.B. für WLAN, Bluetooth, Flugmodus). Diese vier Schnelltasten kann man personalisieren, und zwar unter “Einstellungen” -> “Benachrichtigungen” -> “Schnelle Aktionen wählen”. Hier kann man zwischen zehn Schnellfunktionen (u.a. Ortung, Kamera, VPN, Rotationssperre, Internetfreigabe) wählen.

18. Datenlimit festlegen
Nicht unklug, wenn man ständig über das im eigenen Handy-Vertrag inkludierte Datenvolumen kommt und dann mehr zahlen muss. Unter “Einstellungen” -> “Datenoptimierung” kann man ein Limit festlegen – z.B. 1 GB pro Monat. Das Smartphone geht nach erreichtem Volumen nicht mehr via Mobilfunk online.

19. Nummern und SMS blockieren
Wer sich von einem Anrufer bzw. SMS-Schreiber belästigt fühlt, kann die entsprechende Nummer auf eine schwarze Liste setzen. Die Option findet sich unter “Einstellungen” -> “Anruf- und SMS-Filter”. Wer sich informieren lassen will, wie oft blockierte Anrufe und SMS eingegangen sind, geht in der Einstellung auf “Erweitert” und aktiviert “App-Live Tile”. Dann zeigt eine Kachel auf der Startseite an, wie viele blockierte Anrufe und SMS eingegangen sind.

20. Deeplinks auf die Startseite pinnen
Wer etwa einen Kontakt aus dem Adressbuch, ein bestimmtes Spiel, eine Webseite, eine Kartenposition oder eine Wiedergabeliste aus der Musik-App oft braucht, muss nicht immer in die entsprechende App springen. Mit den Nadel-Symbol, das in vielen Apps unten eingeblendet ist, kann man sich die Inhalte direkt auf die Startseite wie eine App pinnen und dann immer wieder direkt anwählen.

21. Apps aus ausländischen Stores laden
Manche Apps wie etwa Netflix, LinkedIn, Flixster oder WeChat gibt es nicht im österreichischen Windows Phone Store. Um sie trotzdem aufs Gerät laden zu können, stellt man unter “Einstellungen” -> “Region” -> “Land/Region” auf z.B. “Vereinigte Staaten” um. Dann bekommt man nach einem Neustart des Smartphones Zugriff auf den App Store des jeweiligen Landes, kann die gewünschte App installieren und dann wieder auf das eigene Land zurückwechseln.

22. Kamera im Standby-Modus schnell starten
Windows Phones haben standardmäßig einen eigenen Auslöser für die Kamera. Mit diesem kann man schnell auf die Cam zugreifen, auch wenn das Display abgedreht und/oder das Handy gesperrt ist. Die Funktion aktiviert man unter “Einstellungen” -> “Anwendungen” -> “Fotos & Kamera” und dann das Häkchen bei “Handy durch Drücken und Halten der Kamerataste aktivieren”. Dann empfiehlt sich übrigens auch, das Häkchen bei “Versehentliches Starten der Kamera bei gesperrtem Handy vermeiden”.

23. Google- und Apple-Kontakte importieren
Wer von einem Android oder iPhone zu Windows Phone wechselt, hat seine Kontaktdaten wahrscheinlich nicht auf der SIM-Karte, sondern bei Google oder in der iCloud liegen. Diese kann man unter “Einstellungen” -> “Anwendungen” -> “Kontakte” -> “Kontakte hinzufügen” -> “Konto hinzufügen” importieren.

24. Screenshot machen
Ja, das können iPhone und Android natürlich auch, aber auch am Windows Phone kommt man früher oder später in die Verlegenheit, ein Bildschirmfoto machen zu wollen. Dann drückt man auf den Power- und den Lauter-Knopf und findet den Screenshot in einem gleichnamigen Ordner unter “Fotos”.

25. Handy zum WLAN-Hotspot machen
Diese auch von anderen Smartphones bekannte Funktion heißt bei Windows Phone “Internetfreigabe” und findet sich in den Einstellungen. Damit lässt sich die Mobilfunkverbindung für die Internetnutzung mit anderen Geräten (z.B. Tablet, Notebook) teilen. Ratsam ist, den so entstehenden Hotspot möglichst unverräterisch zu nennen und mit einem sicheren Passwort abzusichern.

App-Split von Facebook: Die scharfe Trennung der Social Networks in „öffentlich“ und „privat“

Evolution sozialer Netzwerke_2

Facebook-Nutzer haben derzeit wieder einen Grund zum Jammern: Sie werden von den Machern des Online-Netzwerks derzeit dazu gezwungen, sich für das Empfangen und Versenden von Direktnachrichten die eigene App “Messenger” (gratis für iPhone, Android und Windows Phone) zu installieren – in der Haupt-App von Facebook wird man künftig private Nachrichten nicht mehr senden können. Diese Aufsplittung der Facebook-App in mehrere Unterfunktionen (es gibt neben Instagram und WhatsApp auch den “Seitenmanager”, “Slingshot”, “Home” und oder die Promi-Anwendung “Mentions”) begründet Facebook mit einem besseren Nutzungserlebnis. Dank der eigenständigen Messenger-App würden User Antworten auf Direktnachrichten 20 Prozent schneller bekommen, heißt es seitens der Firma.

20 Prozent schnellere Antworten
“Wir machen das, weil wir herausgefunden haben, dass die Messaging-Funktion innerhalb der Facebook-App ein Zweite-Klassen-Ding ist und Reibereien verursacht”, sagt Firmenchef Mark Zuckerberg zum umstrittenen App-Split. “Deswegen wollen wir den Leuten ein fokussiertes Erlebnis fürs Messaging bieten.” Noch dürfte diese Idee die User nicht überzeugt haben: Die Rezensionen des Messenger in Apples App Store und in Googles Play Store sind bis dato vernichtend – kaum einer will eine Extra-App für die Direktnachrichten am Smartphone installieren müssen.

Ich gehe davon aus, dass sich die heute genervten Facebook-User morgen mit der Nutzung von zwei Apps statt einer arrangieren werden und die Welle der Entrüstung schnell abklingen wird. Am Smartphone laufen heute ohnehin in den Notifications (Benachrichtigungen) die Updates verschiedener Apps zusammen.

Facebook reagiert auf einen großen Trend
Spannender als der aktuelle Shitstorm aber ist die Evolution von Social Networks, die sich auch an der Trennung von Facebooks Haupt-App und dem Messenger ablesen lässt. Auch aus Sicht von Mark Zuckerberg macht ein Netzwerk, in dem man sowohl öffentlich als auch privat kommunizieren soll, immer weniger Sinn. Facebook selbst ist über die Jahre zu einem Monster angewachsen, in dem man von komplett öffentlichen Updates (z.B. auf Facebook-Seiten) über halböffentliche Kommentare (sichtbar für im Schnitt 383 Freunde) und Kommentare in kleineren Gruppen bis zu Direktnachrichten alle erdenklichen Kommuniktionsarten (“many to many”, “one to many”, “one to a few”, “one to one”) nutzen konnte.

Sieht man sich aber an, welche Social Networks Menschen heute neben Facebook nutzen, dann kristallisieren sich zwei große Gruppen heraus: die (fast) komplett öffentlichen, und die (fast) komplett privaten. In dieser Infografik habe ich das veranschaulicht:

Evolution sozialer Netzwerke_I

1. Öffentliche Netzwerke: Während bei Facebook viele Inhalte der Nutzer hinter Privatsphäreeinstellungen (“nur sichtbar für Freunde”) versteckt liegen, sind bei Twitter sämtliche Tweets, Fotos und Infos der User von Haus aus komplett öffentlich einsehbar – einmal abgesehen von den Direktnachrichten. Nach dem selben Prinzip funktionieren auch die Foto-App Instagram, das Blog-Netzwerk Tumblr, Twitters Video-App Vine oder der chinesische Twitter-Klon Sina Weibo. Während es bei Facebook immer wieder zu Skandalen rund um geänderte Privatsphäreeinstellungen gekommen ist, die vormals private Daten öffentlich(er) gemacht haben, gab es bei Twitter oder Instagram diesbezüglich nie Probleme. Die User wissen: Was ich hier poste ist öffentlich, es sei denn, ich schreibe es in eine Direktnachricht.

2. Private Netzwerke: Die zweite große Gruppe neuer Social Networks laufen zumeist unter dem Namen Messaging-Apps. WhatsApp, Snapchat, Line, Telegram, WeChat oder eben Facebooks Messenger sind für die private Kommunikation zu zweit oder in kleinen Gruppen gedacht. Zwar gibt es bei Snapchat oder WhatsApp Funktionen, um Nachrichten für ein größeres Publikum sichtbar zu machen, doch primär wollen User damit privat kommunizieren.

(Anm.: Wie “privat” WhatsApp, Snapchat und Co. wirklich sind, darüber lässt sich streiten. Die Daten der User laufen über Server in den USA, zudem fliegen immer wieder Sicherheitslücken auf, die Angreifern Zugriff auf vermeintlich private Informationen geben)

Haupt-App wird immer öffentlicher
Facebook als Eigentümer eines privaten Netzwerks (WhatsApp) und eines öffentlichen Netzwerks (Instagram) ist dieser Trend wohl so bewusst wie niemandem anderen. Die Aufsplittung seiner Haupt-App in kleinere, auf einzelne Funktionen beschränkte Apps ist daher nicht die Bevormundung seiner User, sondern lediglich eine Reaktion auf ein vor allem durch Smartphones geändertes Nutzungsverhalten. Dementsprechend kann man davon ausgehen, dass die Haupt-App von Facebook künftig sehr stark auf “öffentlich” getrimmt wird.

Netflix: 12 Antworten für Leute, die den Start des Streaming-Dienstes nicht erwarten können

Nein das ist kein verrücktes Stock-Foto, sondern ein offizielles Bild von Netflix. © Netflix

Nein, das ist kein verrücktes Stock-Foto, sondern ein offizielles Bild von Netflix. © Netflix

Binge-Watching – dieser Trend-Begriff, der das stundenlange Sehen von Serien beschreibt, ist kaum mehr ohne den Bezug zu Netflix zu erwähnen. Ab September wird der US-Dienst seine Online-Pforten auch in Deutschland und Österreich eröffnen und zum pauschalierten Koma-Glotzen einladen. Doch wie funktioniert das Streaming überhaupt, und an welche Grenzen könnte die Firma aus Los Altos stoßen?

1. Auf welchen Geräten kann ich Netflix ansehen?

Netflix, große Überraschung, streamt seine Inhalte via Internet. Man kann auf Computern einfach via Browser auf der Webseite schauen und auf Vollbild schalten (Voraussetzung ist Microsofts “Silverlight”, das man wie Adobes Flash installieren muss), oder man greift auf den Dienst via Apps zu, die es nicht nur für Smartphones und Tablets, sondern auch auf Spielkonsolen, Smart-TVs, neuen Blue-ray-Playern, Heimkinoanlagen oder Settopboxen gibt (Übersicht der unterstützten Geräte). Um Filme oder Serien in HD zu sehen, empfiehlt die Firma eine Verbindung von 5 Megabit/Sekunde, ansonsten kann es sein, dass auf SD zurückgeschaltet wird oder das Video ruckelt. Die wenigen Ultra-HD-Streams brauchen einen Internetverbindung von etwa 25 Megabit/Sekunde.

2. Können mehrere Nutzer einen Account nutzen?

Ja. Insgesamt darf man maximal sechs Geräte mit einem Account verknüpfen. Beim Standard-Abo kann man auf zwei Screens gleichzeitig schauen, gegen einen Aufpreis von etwa 4 Euro auf bis zu vier, was für den Einsatz in Familien interessant ist. Netflix gibt an, dass man 2014 etwa 400 Millionen US-Dollar in die zugrunde liegenden Technologien investiert.

3. Welche Filme und Serien gibt es bei Netflix?

Das Um und Auf jedes Streaming-Dienstes ist sein Katalog, und Netflix investiert 2014 satte drei Milliarden US-Dollar in diese Inhalte. Berühmt ist der Dienst mittlerweile für seine Eigenproduktionen wie “House Of Cards”, “Orange Is The New Black”, “Arrested Development”, “Lillyhammer” oder “Hemlock Grove”. In der ständig erweiterten Bibliothekfinden sich tolle Serien (z.B. “Breaking Bad”, “New Girl”, “Futurama”, “Louie”, “Sons Of Anarchy”, “Mad Men”, Dexter”) und Filme, unter denen man vor allem ausgezeichnete Indie-Filme (z.B. “Mud”, “Sightseers”, “Short Term 12”, “City Of God”) und Dokumentationen (etwa “The Act Of Killing”, “Dirty Wars”, “Exit Through The Gift Shop”, “Terms And Conditions May Apply”, “A Band Called Death”) findet.

4. Welche Inhalte gibt es nicht?

Ironischerweise hat Netflix im deutschsprachigen Raum die Rechte der hauseigenen Politthriller-Serie “House Of Cards” an Sky verkauft. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe an sehr guten Filmen und Blockbustern, die die Firma nicht zeigt – eine Liste gibt es hier.

5. Wie funktioniert der Empfehlungs-Algorithmus?

Damit der User möglichst einfach möglichst viele neue Inhalte entdeckt, werkt im Hintergrund ein Algorithmus, der ihm auf der Startseite Filme und Serien empfielt. Er berücksichtigt den eigenen angegebenen Geschmack nach dem ersten Login, die bereits angesehenen Inhalte sowie die abgegebenen Bewertungen (5-Sterne-Prinzip) und vergleicht die eigenen Sehgewohnheiten außerdem mit Nutzern, die ähnlichen Content angesehen und gut bewertet haben. In den Algorithmus investiert Netflix übrigens viel Geld: Im Jahr 2009 hat die Firma den mit einer Million Dollar dotierten “Netflix Prize ausgeschrieben, den ein Team, dem die österreichische Firma Commendo angehörte, gewonnen hat. Sie verbesserten die Treffgenauigkeit der Empfehlungsformel um 10,09 Prozent.

6. Was bringt die Verknüpfung mit Facebook?

Wie könnte es auch anders sein: Netflix baut wie viele andere Internet-Dienste stark auf Facebook. Man kann sich mit seinem Facebook-Account anmelden und sieht dann, welche Filme sich die eigenen Facebook-Freunde angesehen haben. Weil aber nicht jeder will, dass andere sehen, welche peinlichen Lieblingsfilme man hat, kann man diese Funktion auch abdrehen bzw. arbeitet Netflix an einem Incognito-Modus.

7. Darf man Filmrezensionen schreiben?

Ein wichtiger Teil von Netflix sind auch die Nutzer-Reviews zu den Inhalten, die man ohne Namen veröffentlichen kann. Wenn sich jemand im Ton vergreift oder Werbebotschaften in diesen Bewertungen zu verbreiten versucht, kann man das auch melden – Netflix-Mitarbeiter entscheiden dann über eine Löschung.

8. Wie viel kostet der Dienst?

Der erste Testmonat ist gratis, danach ist Netflix kostenpflichtig (und generell werbefrei). Wie hoch der Preis in Deutschland und Österreich sein wird, ist noch nicht offiziell, wird sich aber wohl zwischen 8 und 10 Euro/Monat bewegen. Stornieren kann man das Abo monatlich, gezahlt wird entweder per Kreditkarte oder PayPal (was wiederum eine Kreditkarte bzw. ein mit PayPal verknüpftes Bankkonto voraussetzt). Ein Sonderfall ist Apple TV: Wenn man mit der kleinen Settopbox einen Account anlegt, wird die Rechnung über den eigenen iTunes-Account abgewickelt.

9. Wie steht Netflix zur Netzneutralität?

Netflix hat sich als großer Verfechter der Netzneutralität positioniert: Netflix-Streams sollen wie alle anderen Daten (E-Mail, YouTube, Skype, Spotify, usw.) gleich behandelt werden und genauso schnell oder langsam beim User landen wie alle anderen. US-Internet-Anbieter wie Comcast oder Verizon jedoch verlangen von Netflix mittlerweile viel Geld, damit diese die Geschwindigkeit der Streams, die sehr belastend für ihre Netze sein sollen, nicht drosseln. Laut Sandvine-Studie soll Netflix in den USA zu Spitzenzeiten (z.B. Start einer neuen “House Of Cards”-Staffel) für bis zu einem Drittel des landesweiten Traffic verantwortlich sein.

10. Wie kooperiert Netflix mit Netzbetreibern?

Netflix selbst bietet Netzbetreibern das so genannte “Open Connect”-Programm an. Dabei handelt es sich quasi um einen Nichtangriffspakt zwischen dem Streaming-Anbieter und dem Internetanbieter: Beide Seiten garantieren, nicht gegenseitig Gebühren voneinander zu verlangen, damit Netflix so schnell wie möglich beim Konsumenten landet. In Deutschland etwa verhandelt die Deutsche Telekom Gerüchten zufolge mit Netflix über einen Deal.

11. Wer sind die größten Konkurrenten von Netflix?

Nein, Netflix erfindet nicht das Fernsehen neu. In Deutschland und Österreich sind bereits einige Videostreaming-Anbieter am Markt vertreten, die Filme und Serien ebenfalls im Abo anbieten. Sky hat etwa Snap (9,90/Monat, 4,90/Monat für bestehende Sky-Kunden), die ProSiebenSat.1-Gruppe Maxdome (7,90 Euro/Monat), die französische Vivendi Watchever (8,99 Euro/Monat), oder Amazon Instant Video (im Paket für Prime-Kunden) in Stellung gebracht.

12. Wie stehen die Chancen für einen Erfolg?

Netflix hat mit seiner weltweit bekannten Marke gute Chancen, sich am Markt durchzusetzen, doch die Streaming-Rivalen sowie das im deutschsprachigen Raum sehr gut ausgebaute Free-TV werden es den Amerikanern sicher nicht leicht machen.

„Den ultimativen Schutz gibt es nicht“: Interview zu Shitstorms in den Stuttgarter Nachrichten

Stuttgarter Nachrichten vom 19. Juli. © Stuttgarter Nachrichten

Das Interview war am 19. Juli in den Stuttgarter Nachrichten zu lesen. © Stuttgarter Nachrichten

Mit ein wenig Stolz darf ich auch hier im Blog verkünden, dass ich Ende Juli in den Stuttgarter Nachrichten zum Themenkomplex „Facebook – Shitstorms – Cybermobbing“ interviewt worden bin. Online habe ich das Interview leider noch nicht zum Nachlesen gefunden. Danke an Journalist Christian Ignatzi, der die spannenden Fragen stellte!

Hier kann man ein PDF des Artikels lesen.

Leistungsschutz: Verlage schenken Facebook und Twitter jenen Content, für den Google zahlen soll

Die berühmt-berüchtigten Snippets. © Welt.de, Facebook, Twitter, Google, Montage: Jakob Steinschaden

Der selbe Artikel, verlinkt bei Google, Twitter und Facebook. © Welt.de, Facebook, Twitter, Google, Montage: Jakob Steinschaden

In Mitteleuropa wogt der Kampf um den Leistungsschutz. Bis zu elf Prozent – so viel von den Millionenumsätzen will die VG Media, die Verwertungsgesellschaft der privaten Medienunternehmen, von Google und anderen Internetunternehmen wie Yahoo, Microsoft oder 1&1 (Web.de, GMX) in Deutschland per Klage erzwingen. Grund: Google und Co. sollen die Online-Inhalte der deutschen Verlage nicht gratis in ihren Web-Diensten anzeigen dürfen, sondern sollen dafür zahlen. Hinter der VG Media stecken zwölf der größten deutschen Verlage wie Axel Springer (bild.de, welt.de), Burda, Funke (u.a. derwesten.de) oder M. DuMont Schauberg (u.a. www.rundschau-online.de, www.berliner-kurier.de).

Die Klage ist der VG Media zufolge notwendig, weil Google sich trotz dem 2013 verabschiedeten Leistungsschutzrecht weigert, für Verlagsinhalte zu zahlen. Stattdessen hat sich die Suchmaschine trickreich eine Zustimmung der Verlage für die kostenlose Nutzung der Inhalte geholt. Während die VG Media nun vor Gericht zieht, wird offenbar weiter politisches Lobbying betrieben – zuletzt stellte der deutsche Justizminister Heiko Maas ein verschärftes Leistungsschutzrecht in Aussicht. In Österreich pocht der VÖZ, der Verband Österreichischer Zeitungen, schon seit langem auf ein ähnliches Leistungsschutzrecht, mit dem die Verlage Google endlich zur Kasse bitten können.

Der Streit um die Snippets
Das sind nun die Fronten: New Media mit Google auf der einen, Old Media mit Axel Springer auf der anderen. Gestritten wird um die Verwendung der Inhalte der Verlage – doch Moment! Um welche Inhalte geht es denn da genau? Im Wesentlichen um so genannte Snippets. Dabei handelt es sich um kleine digitale Kärtchen, auf denen Online-Artikel in Bild, Schlagzeile und Einleitung kurz zusammen gefasst und in den Suchergebnissen von Google sowie in seinem Dienst Google News automatisiert angezeigt werden. Ein Snippet sieht so aus:

Snippet_Infografik

Social-Media-Nutzer werden genau jetzt stutzig werden und denken: Moment mal, solche Snippets sehe ich doch jeden Tag auf Facebook und Twitter! Und genau an diesem Punkt wird es spannend: Denn während die Verlage Google und Co. für die automatisierte Verwendung dieser Content-Snippets zur Kasse bitten will, publizieren ihre eigenen Redaktionen (oft mit Hilfe eigener Social-Media-Manager) genau diese Content-Snippets freiwillig und kostenlos bei Facebook und Twitter.

An einem Beispiel von der Axel-Springer-Seite Welt.de sieht man, wie der Verlags-Content bei Google automatisiert dargestellt wird und bei Twitter und Facebook über die Welt.de-Accounts von den eigenen Mitarbeitern aufbereitet wurde:

Die berühmt-berüchtigten Snippets. © Welt.de, Facebook, Twitter, Google, Montage: Jakob Steinschaden

Verlage versprechen sich von der Verwendung von Social Media, das Interesse der User zu wecken und sie zum Klick auf die Story und anschließendem Besuch auf ihrer Webseite zu überzeugen. Google argumentiert übrigens ähnlich und behauptet, pro Monat weltweit über sechs Milliarden Besuche auf Verlagsseiten zu lenken.

Je jünger, desto mehr Facebook
Woher kommt nun dieser Traffic, der auf den News-Seiten der Verlage eintrifft? In einer Grafik, die Holger Schmidt auf Netzoekonom.de im Mai 2014 veröffentlicht hat, sieht man, dass Suchmaschinen, also in erster Linie Google (rot), viel mehr Zugriffe auf deutsche Nachrichten-Portale schaufelt als Facebook (gelb). Bei Welt.de, um beim obigen Beispiel zu bleiben, sorgen Suchmaschinen für 43,9 Prozent der Zugriffe, Facebook für 4,9 Prozent:

Trafficquellen_details

In dieser Grafik sieht man auch, dass Facebook-Traffic umso wichtiger wird, je jünger und internationaler die Nachrichten-Seite ist und wie unwichtig Google-Zugriffe für neuere Online-Medien bereits sind.

Facebook-Reichweite kostet
Nun wird es richtig absurd: Während die Verlage derzeit Google für die automatisierte Verlinkung ihres Content zur Kasse bitten wollen, bittet Facebook die Verlage dafür zur Kasse, dass sie ihre Fans in dem Online-Netzwerk überhaupt mit ihren Snippets erreichen können. Denn über die Jahre ist die kostenlose organische Reichweite von Facebook-Seiten, wie sie Welt.de und tausend andere betreiben, gesunken – von 12 Prozent im Oktober 2013 auf 6,2 Prozent im Februar 2014, wie etwa diese Statista-Infografik zeigt:

Infographic: Facebook Is Pushing Brands to Pay for Reach | StatistaDas bedeutet: Wenn ein Online-Medium mit seinen Postings (a.k.a. Snippets) mehr als im Schnitt sechs Prozent seiner Fans (Likes) erreichen möchte, muss es entweder auf virale Effekte hoffen (Shares, Likes) oder für Facebook Ads bezahlen, damit die Reichweite der Postings wieder steigt.

Vom Regen in die Traufe
Zurück in die Vogelperspektive: Während die Verlage, die seit Jahren unter wirtschaftlichem Druck stehen, sich via Leistungsschutzrecht neue Einnahmen von Google und anderen Suchmaschinenbetreibern zu sichern versuchen, schlittern gleichzeitig in die nächste Abhängigkeit – jene von Facebook. Und da sie dort ihren eigenen Content selbst gratis und mit eigenem, teurem Personal verbreiten, werden sie sich aus dieser Abhängigkeit nicht per Leistungsschutzrecht befreien können.

Das Bedrohungsszenario bleibt aber das Gleiche: Ist es jetzt Google, dass den europäischen Medien Werbegelder streitig macht, werden es künftig Facebook und Twitter sein, mit denen sie um die Werbebudgets rittern müssen. Wie schwer dieser Kampf sein wird, kann man heute bereits erahnen: Wer sich heute etwa zu den dramatischen Ereignissen in der Ukraine oder in Gaza informieren will, der findet bei Twitter bereits so viel Verlags-Content, dass er gar nicht mehr auf die Nachrichtenseite klicken muss.

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Social Media: Während Israels Militär massive Propaganda auffährt, kämpft Hamas mit Sperren

Propagandabilder von IDF (links) und Kassam-Brigaden (rechts). © IDF, www.qassam.ps

Propagandabilder von IDF (links) und Kassam-Brigaden (rechts). © IDF, www.qassam.ps

Mehr als 170 Tote, mehr als 1000 auf Israel abgeschossene Raketen, mehr als 1000 attackierte Ziele im Gazastreifen und tausende Menschen auf der Flucht: Der Nahostkonflikt ist mit der “Operation Protective Edge” des israelischen Militärs neuerlich an einem blutigen Höhepunkt angelangt. Der Konflikt zwischen israelischem Militär und dem bewaffneten Arm der palästinensischen Hamas tobt auch im Social Web: Denn die Israel Defense Forces (IDF) sind wahrscheinlich jene Armee, die weltweit am stärksten in sozialen Netzen aufgestellt ist. Auf der Gegenseite wird ebenfalls versucht, die öffentliche Meinung mit online platzierten Inhalten zu beeinflussen.

Die digitalen Anstrengungen der IDF gehen so weit, dass sie seit einigen Jahren einen eigenen Blog betreibt, der zur Information der Öffentlichkeit über die eigenen Aktivitäten dient. Ein Besuch der Webseite zeigt, dass die Macher sehr stark auf die Verbreitung ihrer Inhalte im Social Web bauen. “Live Updates: Tel Aviv and Jerusalem under fire”, “IDF Forces shot down drone from Gaza” oder “IDF expands operation against Hamas terrorists” die nach allen Regeln der Social-Media-Kunst via Like-Button, Google+-Knopf, Tweet-Button oder sogar reddit-Plugin von den Lesern verteilt werden sollen. Auch kommentieren dürfen die Leser, und zwar per Facebook Comments, was offenbar zum Ziel hat, nur eindeutig identifizierte User Statements abgeben zu lassen. Wären da nicht die Inhalte, könnte man fast glauben, gerade einen Tech-Blog angesurft zu haben.

IDF erreicht Millionen Menschen im Netz
Die IDF betreiben neben ihrem Blog nach eine verifizierte Facebook-Seite (755.000 Likes), einen verifizierten Twitter-Account (285.000 Follower), einen YouTube-Kanal (83.000 Abonnenten), eine Flickr-Seite (5000 Fotos), einen Instagram-Account (18.000 Follower) und sogar einen Tumblr-Blog. Über diese Kanäle verbreitet eine eigenes, 35-köpfiges Team unter der Leitung von Avital Leibovich selbst produzierten Content (Videos, Infografiken, Fotos, Berichte, etc.) in mittlerweile fünf Sprachen: Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch und Hebräisch (nicht auf Arabisch). Der Zweck ist klar: Die IDF will die eigene Sichtweise auf den Konflikt auf der ganzen Welt und nicht nur im eigenen Land verbreiten, weswegen man in viele verschiedenen Sprachen kommuniziert. Dass die Berichte im Blog natürlich stark gefärbt sind, ist klar: Von zivilen Opfern und Zerstörungen auf der Gegenseite liest und sieht man eher weniger, stattdessen wird der Schutz der eigenen Bevölkerung immer stark betont und die Bedrohung durch das Raketenarsenal der Hamas immer wieder thematisiert.

Die Online-Kommunikation der Gegenseite sieht sehr anders aus. Der bewaffnete Arm der Hamas, die den Gaza-Streifen kontrolliert, sind die Essedin-el-Kassam-Brigaden (kurz: Kassam-Brigaden), die ihre eigene Webseite in Stellung gebracht haben und dort in Englisch, Arabisch und Türkisch publizieren. Achtung: Hier gibt es viel Leid zu sehen – Leichen von Kindern, zerstörte Häuser, Verletzte, Bombeneinschläge. Weiters werden immer wieder die eigenen Raketenangriffe auf israelischen Boden ins Netz posaunt und Verluste eigener Kämpfer betrauert. Außerdem versucht die Hamas, in einem YouTube-Video, in dem das Heranschaffen von Raketen gezeigt wird, Israelis einzuschüchtern.

Hamas kämpft mit Sperrung
Doch während die IDF eigenen Angaben zufolge weltweit bis zu 95 Millionen Menschen im Netz mit ihren Botschaften erreichen können, kommunizieren die Kassam-Brigaden unter erschwerten Bedingungen im Social Web. Vor einigen Jahren eingerichtete Accounts auf Facebook, YouTube oder Twitter wurden im Laufe des Jahres gesperrt, die Kassam-Brigaden mussten etwa auf einen neuen Account bei Twitter ausweichen. Warum gesperrt wurde, ist von den Betreibern nicht zu erfahren. Wahrscheinlicher Grund für die Löschung: Die Hamas wird von der EU und den USA als terroristische Organisation eingestuft, und die Nutzungsbedingungen etwa von Facebook verbieten solche Accounts. Was über diese Profile früher verbreitet wurde, hat man aber ohnehin nicht immer für bare Münze nehmen dürfen. So wurde die Hamas immer wieder dabei ertappt, Fotos aus anderen Ländern oder früheren Konflikten zu Propagandazwecken zu verwenden.

Bei welcher Seite man auch mitliest, das komplette Bild des Konflikts wird man nie bekommen. Sowohl der Blog der IDF als auch die Webseite der Kassam-Brigaden sind als das zu verstehen, was sie sind: Propaganda im Netz.

Ovationen für Deutschland, Spott für Brasilien: Über diese Memes lachte das Social Web

Spaß nach Maß: Schland-Bier zertrümmert sinnbildlich ein brasilianisches Cocktail-Glas.

Spaß nach Maß: Schland-Bier zertrümmert sinnbildlich ein brasilianisches Cocktail-Glas.

Ein Fußballspiel wie jenes am Dienstag Abend zwischen Deutschland und Brasilien bedeutet im Social Web vor allem eines: Spott und Häme für den Verlierer, Poser-Selfies für die Gewinner. In YouTube-Videos, Tweets, Facebook-Updates und vielen lustigen Mem-Bildchen kann man den denkwürdigen Abend Revue passieren lassen:

Story Bumping: Warum Facebook im News Feed veraltete Beiträge wieder nach oben spült

Alte Posts tauchen wieder oben auf - so genanntes Story Bumping. © Facebook, Montage Jakob Steinschaden

Alte Posts tauchen wieder oben auf – so genanntes Story Bumping. © Facebook, Montage Jakob Steinschaden

“Das kann knapp werden – also ich tippe ‪#‎GERBRA‬ 2:1” – “Unfassbar. 5:0 in der ersten Halbzeit.” – “Das wird heute noch spannend in Belo Horizonte!” Diese Statusmeldungen habe ich nicht etwa gestern Abend während dem bereits legendären Match Brasilien – Deutschland (1:7, FYI) gelesen, sondern heute morgen – auf Facebook. Statusmeldungen also, die viele Stunden alt sind, von den Ereignissen des gestrigen Abends überholt wurden, keine Relevanz mehr haben – und mir trotzdem als aktuelle Postings im News Feed angezeigt werden. Auch andere Nutzer beklagen immer wieder, dass sie veraltete Meldungen bei Facebook zu sehen bekommen, etwa von Events vom Vortag oder Einladungen zu bereits stattgefundenen Veranstaltungen. Daran sind nicht die Absender schuld, sondern der Algorithmus, der bestimmt, welche Updates wir zu sehen bekommen und welche nicht.

Veraltetes wird nach oben geholt
Im August 2013 hat Facebook das so genannte “Story Bumping” eingeführt – eine Mechanik, die alte Postings mit vielen Likes und Kommentaren (z.B. jene, die Facebook-Freunde gestern Abend während dem Match veröffentlichten) wieder nach oben spült. “Now organic stories that people did not scroll down far enough to see can reappear near the top of News Feed if the stories are still getting lots of likes and comments”, heißt es seitens Facebook.

Facebook behauptet, dass die Nutzer diese Funktion mögen. Bei Tests hätte man fünf bis acht Prozent mehr Likes, Kommentare und Shares verzeichnet, wenn alte Postings nach oben geholt werden. Außerdem hätten User früher nur 57 Prozent aller Updates im News Feed gelesen, dank “Story Bumping” würden sie jetzt 70 Prozent sehen.

Gegen Twitter sieht Facebook alt aus
Am Nutzen für die User kann man aber zweifeln – wer braucht schon veraltete Meldungen von gestern? Gegen Twitter, wo der Echtzeit-Stream nicht vorgefiltert wird und man auch wirklich bekommt, was man abonniert hat (“Follow”), wirkt Facebook sprichwörtlich alt. Außerdem verdeutlicht das “Story Bumping” die grundlegende Problematik des News Feed: Facebook definiert nach halb geheimen Regeln, welche News wir zu sehen bekommen und welche nicht. Zudem schreckt die Firma auch nicht vor Experimenten zurück, in denen die Gefühle der User manipuliert werden, indem gehäuft negative Meldungen angezeigt werden.

News Feed prägt Nachrichtenkonsum
Die Hoheit von Facebook über den News Feed ist auch deswegen problematisch, weil er für immer mehr Menschen eine wichtige Quelle für Nachrichten ist und teilweise TV und Zeitung ersetzt. Laut Forsa-Umfrage im Auftrag des IT-Branchenverbands Bitkom informieren sich 63 Prozent der 16- bis 18-jährigen Deutschen über soziale Netzwerke wie Facebook, Google+ oder Twitter. Das Internet insgesamt ist für Jugendliche das wichtigste Nachrichtenmedium vor TV, Radio und Print. In den USA ist die Sache laut Pew Research Center bereits so weit gediehen, dass 30 Prozent der Erwachsenen Facebook als News-Quelle benutzen.

Facebook experimentiert mit unseren News
Facebook hat eine zentrale Rolle im Nachrichtenkonsum vieler Menschen auf der ganzen Welt eingenommen und damit eine große Verantwortung. Dass man diese Verantwortung ernst nimmt, muss man wegen Dingen wie “Story Bumping” oder dem kontroversen Psycho-Experiment, gegen das bereits Sturm gelaufen wird, anzweifeln.

Ausweitung der Kampfzonen: Wirst Du in der Welt von Apple oder der von Google leben?

Wer beißt zuerst ab - Apple oder Google? © asgw (CC BY 2.0)

Wer beißt zuerst ab – Apple oder Google? © asgw (CC BY 2.0)

Heute lebt Apple vorrangig vom Verkauf von iPhones, und Google verdient seine Milliarden mit Suchmaschinen-Werbung. Doch beide IT-Konzerne arbeiten fieberhaft an ihrer eigenen Business-Zukunft, haben Heimautomation, Autos, den Gesundheitsbereich oder Home Entertainment als digitale Expansionsfelder definiert und scharen Partner um sich. Arbeit, Mobilität, Gesundheit, Unterhaltung, Eigenheim: Wenn die Pläne von Google und Apple aufgehen, dann wird man sich irgendwann einmal entscheiden müssen, in welcher Welt man leben will: In der von Apple oder in der von Google?

Smartphones: Android 5 gegen iOS 8
Die mobilen Betriebssysteme stellen für Google und Apple das Fundament ihrer Welteroberungspläne dar. Android ist mit einer Milliarde monatlich aktiven Nutzern die weltweit dominierende mobile Software und wird im Herbst in seiner fünften Version (“L”) erscheinen. Dem gegenüber stehen 800 Millionen verkaufte iOS-Geräte, ebenfalls im Herbst wird iOS 8 auf den Markt kommen. Wie stark sich die beiden Betriebssysteme ähneln oder auch nicht, kann jeder in diesem direkten Vergleich für sich entscheiden.

Intelligentes Heim: HomeKit gegen Nest
Anfang 2014 hat sich Google den Heimautomationsspezialisten Nest – übrigens gegründet von Ex-Apple-Designer Tony Fadell – um 3,2 Milliarden Dollar gekauft, Nest wiederum hat sich vor kurzem Überwachungskamera-Hersteller Dropcam um 555 Millionen Dollar einverleibt. Heißt insgesamt: Google will ganz dringend in unsere Eigenheime vordringen und nicht nur Hardware verkaufen, sondern auch kräftig Daten sammeln. Apple hat auf der WWDC-Konferenz sein HomeKit entgegen gestellt: Software- und Hardware-Entwickler können mit dem Framework Produkte und Services bauen, die sich dann mit iPhone oder iPad steuern lassen (z.B. Garagentor öffnen, Heizung aufdrehen, Licht abdrehen). Zu den ersten Apple-Partnern zählen Philips und Honeywell, Partner von Googles Nest sind u.a. Mercedes, Logitech oder Whirlpool.

Gesundheitsdaten: HealthKit gegen Google Fit
Während Facebook und Twitter stark auf die Sammlung unserer geistigen Daten spezialisiert sind, wollen Apple und Google an unsere Körperdaten. Google hat mit Google Fit auf seiner I/O-Konferenz eine Software-Plattform vorgestellt, in der alle Gesundheitsdaten eines Users, die verschiedene Sport- oder Fitness-Apps sammeln, zusammenfließen können – erste Partner sind Nike, Adidas, Polar, Runkeeper oder Runtastic. Apple hält dem sein HealthKit entgegen, mit dem Software- und Hardware-Entwickler Gesundheitsanwendungen bauen können. Auch hier ist die zentrale Sammlung von Gesundheitsdaten des Users das Ziel – erste Apple-Partner sind Nike und verschiedene US-Kliniken.

Smart Car: Android Auto gegen CarPlay
Ihre Software-Systeme wollen Apple und Google auch auf die Straße bringen. Im PKW werden iOS und Android als Entertainment- und Info-Systeme zum Einsatz kommen, die sich Daten vom jeweiligen Smartphone schnappen (z.B. Navigation, Musik, SMS) und diese auf einem Amaturen-Display anzeigen bzw. per Sprachbefehl steuerbar machen. Android Auto hat dazu bereits 28 Automarken als Partner, CarPlay kann 29 Partner vorweisen.

Fernsehen 2.0: Android TV gegen Apple TV
Apple, seit jeder fest im Entertainmentbereich verankert, hat seit Jahren sein Apple TV im Angebot, über das man kostenpflichtige Filme oder Serien und, je nach Land, auch auf Netflix, Hulu, HBO oder YouTube zugreifen kann. Seit der I/O gibt es auch darauf eine Antwort von Google: Android TV soll das sehr ähnlich ermöglichen und außerdem Gamen mit einem Android-Gerät als Controller erlauben.

Wearables: Android Wear gegen iWatch
Im Bereich der Körper-Computer hat Google mit seiner Datenbrille Glass und verschiedenen Smartwatches, auf denen Android Wear läuft, die Nase eindeutig vorne – Motorola, LG oder Samsung haben bereits Uhren mit dem mobilen Betriebssystem gezeigt. Die seit Jahren kolportierte iWatch soll im Herbst endlich Realität werden – sich verdichtende Gerüchte meinen, dass die smarte Uhr von Apple ein 2,5-Zoll-Display und verschiedenste Sensoren zur Messung von Körperfunktionen haben soll. Zudem hat Apple kürzlich Jean-Claude Biver, einen Top-Manager beim Luxusuhrenhersteller Tag Heuer, abgeworben.

Internet-Wolke: Google Drive gegen iCloud Drive
Ab iOS 8 will Apple seinen Nutzern endlich einen vernünftig funktionierenden Cloud-Dienst bieten, der alle Dateien auf alle (Apple-)Geräte des Users bringt. 5 GB Speicherplatz sind bei iCloud Drive kostenlos, allerdings ist da der große Konkurrent Google Drive viel attraktiver: Dort bekommt der User mittlerweile 15 GB Gratis-Speicher.

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16 Antworten zu Medium: Hübscher bloggen, aber leider mit einigen Schönheitsfehlern

Am iPad will Medium am liebsten wie ein Magazin gelesen werden. © Medium

Am iPad will Medium am liebsten wie ein Magazin gelesen werden. © Medium

Die Blogging-Plattform Medium wird auch im deutschsprachigen Raum zunehmend interessant für Netzschreiberlinge. Auf sehr einfache und bequeme Weise lassen sich Artikel in schönem Design erstellen – doch reibungslos funktioniert der Dienst noch nicht. Ein Test zeigt die Vor- und Nachteile von Medium auf.

1. Was ist Medium?
Medium.com ist eine Blogging-Plattform, die einerseits sehr viel Wert auf die ansprechende Darstellung von Artikeln wert legt und auf der anderen Seite das Veröffentlichen selbst so problemlos wie möglich machen will. Medium hilft den Schreibern auf verschiedene Art und Weise dabei, Leser für die eigenen Inhalte zu bekommen. Medium ist derzeit kostenlos für die Nutzer und werbefrei.

2. Wer steckt hinter Medium?
Medium.com wurde 2012 von Evan Williams und Biz Stone aus der Taufe gehoben. Mit Bloggen und Artverwandten kennen sich die beiden Herrschaften natürlich gut aus: Sie haben beide Twitter mitgegründet, und Williams hat mit Blogger eine Blogging-Plattform kreiert, die sich Google 2003 kaufte. Sie haben Anfang des Jahres 25 Mio. Dollar Investment von Greylock Partners, Google Ventures und Business Angels wie Chris Sacca erhalten.

3. Wie veröffentlicht man bei Medium?
Nach dem Login per Twitter oder Facebook kann man eigentlich schon loslegen und mit einem Klick rechts oben auf “New Story” einen neuen Beitrag anlegen. Grundlegend besteht ein Medium-Post aus einem großen Header-Bild oben (sollte eine Auflösung von 1440 mal 680 Pixel haben, sonst wird´s unscharf) und Text darunter. Text lässt sich auch in Fett, Kursiv etc. darstellen oder mit einem Link unterlegen – dazu markiert man die gewünschte Textstelle und bekommt in einem Mini-Pop-up die entsprechenden Optionen präsentiert. Mit “Publish” veröffentlicht man den fertigen Post auf Medium.com. Texte editieren kann man nur in den Browsern Chrome, Firefox und Safari, nicht auf mobilen Geräten.

4. Welche Inhalte kann man posten?
Prinzipiell ist Medium für längere Texte optimiert, die man mit Fotos und/oder eingebetteten Content (z.B. YouTube-Video, Instagram-Foto) anreichern kann – für Foto-Blogger ist Medium eher nichts, die sind anderswo besser aufgehoben. Autoren können problemlos Zweitveröffentlichungen bei Medium online stellen, sie müssen nicht exklusiv für die Plattform sein. Noch ist die Webseite nur in englischer Sprache verfügbar, posten kann man aber natürlich auch auf Deutsch. Medium kontrolliert den Content vor der Veröffentlichung nicht, wer die Regeln (keine Pornos, Hassreden, Gewaltandrohungen, Spam etc.) bricht, riskiert aber klarerweise eine Löschung seines Accounts und eine Sperre seiner IP-Adresse.

5. Welche Persönlichkeiten nutzen Medium bereits?
Zu den prominentesten Nutzern zählen der Journalismusprofessor und Buchautor Jeff Jarvis, der bekannte deutsche Blogger und Nachrichtensprecher Richard Gutjahr, AirBnB-Gründer Brian Chesky oder das MIT Media Lab.

6. Wie und welchen Content kann man einbetten?
Laut Medium arbeitet man mit dem Dienst Embed.ly zusammen, um Videos von YouTube oder Vimeo, Tweets, Facebook-Posts, Instagram-Bilder, Soundcloud-Player oder Vine-Videos in die Artikel zu integrieren. Der User muss dazu lediglich den direkten Link zum Content (Achtung, nicht den Einbett-Code) in einen neuen Artikelabschnitt kopieren und auf “Enter” drücken. Im Test funktioniert das schnelle Einbetten nicht mit Facebook und Instagram.

7. Kann man auch Medium-Artikel einbetten?
Jein. Am Ende jedes Artikel findet sich eine “Embed-Story”-Funktion (“<>”), die einen Embed-Code ausspuckt. Damit kann man ein kleines Kärtchen in die eigene Webseite einbetten, die das Aufmacherbild, den Titel und den Autor anzeigt. Ein Klick darauf führt zu Medium – der ganze Artikel ist also nicht einbettbar. Das Ganze sieht dann etwa so aus:

Everything Is Broken

8. Wie funktioniert Medium für den Leser?
Wer auf der Webseite nur lesen will, muss sich prinzipiell nicht einloggen. Allerdings stehen im dann Suchfunktion, Follow-Funktion zum Abonnieren von Autoren, Bookmarks zum Merken von besonders guten Texten oder die so genannten “Collections” (Sammlungen von Artikeln, die warum auch immer zueinander passen) nicht zur Verfügung. Der beste Start für Leser ist wohl die Top-100-Liste der meist gelesenen Artikel des Monats.

9. Wie läuft die Nutzerinteraktion ab?
Per Facebook- und/oder Twitter-Verknüpfung kann man bestehende Kontakte finden und ihre Publikationen abonnieren – zentral ist hier die Follow-Funktion, um an frischen Content zu kommen. Außerdem können Nutzer am rechten Rand der Artikel Kommentare zu den einzelnen Absätzen hinterlassen, die aber vorerst nur für den Autor sichtbar sind – er kann entscheiden, ob der Kommentar öffentlich sichtbar ist. Nutzerkommentare unter dem Artikel wie bei vielen anderen Online-Medien gibt es (noch) nicht.

10. Welche Sharing-Funktionen sind verbaut?
Damit sich die Posts verbreiten können, dürfen die Leser am Ende des Artikels auf “Recommend” drücken und empfehlen ihn damit an ihre Medium-Kontakte weiter. Außerdem lassen sich die Storys wie mittlerweile üblich via E-Mail, Twitter und Facebook teilen. Wichtig: Medium postet nicht automatisch die Leseaktivitäten seiner Nutzer in den sozialen Netzwerken, sie müssen aktiv auf die entsprechenden Buttons klicken.

11. Wie berechnet Medium die Lesezeit?
Medium zeigt bei jeden Artikel eine ungefähre Lesezeit an. Der Wert berechnet sich aus der durchschnittlichen Lesegeschwindigkeit eines Erwachsenen (275 Wörter pro Minute) zusätzlich werden 12 Sekunden für jedes Bild im Text dazugerechnet.

12. Was sagen die Statistiken aus?
In der linken Menüleiste, die man mit einem Klick auf das “M” links oben ausklappt, gibt es den Punkt “Stats”. Hier liefert Medium im Wesentlichen drei Werte: Views, Reads und Recommendations. Die Views beschreiben die Aufrufe des Artikels, als “Read” zählt, wenn der Leser genug Zeit auf der Seite verbrachte, um den Artikel zu lesen. Daraus errechnet Medium die “Read ratio”, also wie viele der Besucher den Artikel auch gelesen haben. Ein wichtiges Instrument ist auch der Bereich “Referrers”, den man zu jedem seiner Artikel abrufen kann: Hier sieht man, über welche Quellen die Leser zum Beitrag gekommen sind.

13. Wie sieht Medium im Mobile-Bereich aus?
Medium bietet derzeit eine iOS-App an, an einer Android-Version wird gearbeitet. Die App ist derzeit nur zum Lesen da, nicht aber zum Schreiben von Artikeln. Im mobilen Browser werden die Artikel an die jeweilige Bildschirmgröße angepasst.

14. Wem gehört der Content?
Weil es früher zu Kontroversen um die Nutzungsbedingungen von Medium gekommen ist, hat die Firma vor einigen Monaten noch einmal klar gestellt, dass das Urheberrecht zu den Artikeln bei den Autoren bleiben. Medium räumt sich jedoch die Rechte ein, die Inhalte ohne Einschränkungen zu speichern, anzuzeigen, zu kopieren und zu distribuieren. Das muss Medium etwa, damit man die Inhalte auch in den Apps abrufen oder Medium-Artikel anderswo einbetten kann. Medium sagt auch, dass man den Content nie ohne Einverständnis des Nutzers an Dritte verkaufen würde – es ist also möglich, dass man das einmal mit User-Zustimmung tun will.

15. Was funktioniert alles noch nicht?
Professionellere Blogger monieren, dass Medium ein zu eingeschränktes System ist. So ist es etwa – anders als etwa bei WordPress – nicht möglich, das Design zu ändern, eine eigene Web-Adresse einzustellen oder eigene Analyse-Dienste (z.B. Google Analytics) einzurichten. Wer also möglchst viel Kontrolle über seinen Blog wünsht, ist bei Medium falsch.

16. Wohin will sich Medium hinentwickeln?
Bei Medium geht es nicht um “entweder oder”, sondern um “sowohl als auch”. Zum einen ist es natürlich eine technische Plattform, die Bloggern eine neue Heimat geben will, zum anderen aber auch selbst Publisher. So treibt man das vor etwa einem Jahr aufgekaufte Digital-Magazin Matter des ehemaligen Guardian-Journalisten, das nur mehr auf Medium publiziert, voran. Kürzlich ist außerdem Wired-Journalist Stephen Levy zu Medium gewechselt, um dort ebenfalls ein digitales Magazin als Chefredakteur zu leiten.

Shitstorms im Social Web: Nicht der Hass ist das Neue, sondern seine digitale Reichweite

Scheißgewitter im Anflug - wenn trifft der Schlag das nächste Mal? © Montage: Jakob Steinschaden

Scheißgewitter im Anflug – wenn trifft der Schlag das nächste Mal? © Montage: Jakob Steinschaden

Die Frage, ob die Pflicht zu Klarnamen irgendwann einmal für freundlichere Töne in Internet-Foren sorgen könnte, kann man spätestens seit vergangenem Donnerstag eindeutig beantworten: nein, kann sie nicht. Auf der Facebook-Seite von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek entlud sich ein Shitstorm, der in seinen Ausmaßen seinesgleichen sucht. Unter dem Foto, in dem die Ministerin etwas unschlau den Volksmusik-Rocker Andreas Gabalier zum “lebenslangen Lernen” und zur korrekten Wiedergabe der österreichischen Bundeshymne einlud, machten Herr und Frau Österreicher in fast 18.000 Kommentaren ihrer Wut über Heinisch-Hosek im Besonderen und der Politik im Allgemeinen Luft. “Trampel”, “blöde Fotze”, “Witzfigur”, “unnötigste Politikerin”, “oide frustrierte Krauthex” oder “peinliche Tante” wurde die Ministerin, mehrheitlich unter Klarnamen, beschimpft. Grundtenor: Die Politik solle sich doch bitte “wichtigeren Themen widmen” als mit “unseren Steuergeldern” unser schönes altes “Nationalgut Bundeshymne” per Genderisierung zu “verhunzen”.

Die Beschimpfungen waren teilweise so ausfallend, dass drei Mitarbeiter der Ministerin länger damit beschäftigt waren, die schlimmsten Wortmeldungen der Facebook-Nutzer zu löschen, und wer weiß, welche Screenshots später noch einmal zu einer Klage führen werden.

Vom Stammtisch in die Internet-Öffentlichkeit
Nun wird einerseits die Bundeshymnen-Debatte weitergeführt, und andererseits die Frage gestellt, warum sich so viel Hass im Netz entladen kann. Eine Erklärung, die auch Ingrid Brodnig in ihrem Buch “Der unsichtbare Mensch” beschreibt, ist der Online-Enthemmungseffekt: Mobber fühlen sich im virtuellen Raum unbeobachtet, und die fehlende physische Präsenz des Beschimpften lässt die Empathiefähigkeit sinken oder ganz verschwinden.

Dass Menschen ohne Zögern unter Klarnamen strafbare Beschimpfungen an eine Ministerin richten, hat aber auch mit einem mangelnden Verständnis großer Teile der Bevölkerung mit Facebook und Internet-Öffentlichkeit zu tun. Das Foto, unter das die Beschimpfungen im Moment des Zorns geschrieben wurden, wird mehrheitlich in den Newsfeeds der Nutzer aufgetaucht sein, weil ein Facebook-Freund es geteilt, geliked oder kommentiert hat – kaum einer wird Heinisch-Hoseks Facebook-Seite direkt angesurft haben, um dort das betreffende Posting anzuklicken. Der Effekt: Viele Hass-Poster wähnten sich im virtuellen Freundeskreis und wussten wohl nicht, dass ein Kommentar unter dem Foto auf einer Facebook-Seite öffentlich ist, und zwar für jeden, der diese Seite ansieht, ob eingeloggt oder nicht.

Facebook-Nutzer unterschätzen ihre Reichweite
Wer sich schon einmal im nächsten Wirtshaus an den Stammtisch gesetzt und eine halbe Stunde den biergeschwängerten Gesprächen gelauscht hat, dem wird der Hass auf “die Politiker da oben” nicht verborgen geblieben sein – er ist alltäglich. Politiker und auch viele andere Worte werden dort mit Schimpfworten bedacht, die sich jeder ausmalen kann und hier nicht wiederholt werden müssen. Was das Internet und insbesondere Facebook nun macht: Es spült die privaten (oder manchmal auch halböffentlichen) Offline-Beschimpfungen in die Internet-Öffentlichkeit, der Facebook den Anschein eines digitalen Freundeskreises mit im Schnitt 383 Freunden gibt. Eine Studie der Universität Stanford etwa zeigt, dass Facebook-Nutzer ihr Publikum dramatisch unterschätzen und dieses im Schnitt auf nur 27 Prozent ihrer wirklichen Reichweite schätzen – von Postings auf öffentlichen Facebook-Seiten ganz zu schweigen.

Und damit steht man vor zwei großen Problemen: Zum einen gibt es seit langem einen oft tief verwurzelten Hass auf Politiker/Minderheiten/Migranten/Frauen etc., und zum anderen eine relativ neue Internet-Öffentlichkeit mit einer für den Einzelnen (etwa im Vergleich zum Stammtisch) enorm gestiegenen Reichweite. Für das erste Problem gibt es nicht die eine Lösung, für das zweite aber vielleicht schon: Egal, wie man über andere Menschen denkt, Internetnutzer müssen lernen, wie sie mit der neuen Online-Öffentlichkeit umzugehen haben. Das ist langfristig nur schaffbar, wenn Internet-Öffentlichkeit (ob bei Facebook, Twitter, Instagram oder in Internet-Foren) und der Umgang damit Teil des Schulunterrichts wird. Aus eigener Erfahrung (Vorträge und Workshops an Schulen) weiß ich, dass Lehrer und Eltern am liebsten eine Liste hätten, die die “richtigen Privatsphäreeinstellungen für Facebook” beinhaltet.

Lerne wie ein Journalist zu denken
Diese Liste gibt es aber nicht. Stattdessen muss sich endlich die Erkenntnis durchsetzen, dass “Social Media” nicht nur “Social” (=Freunde, Bekannte), sondern eben auch “Media” (=Reichweite) ist. Und da hilft aus meiner Sicht nur eines: Wer Social Media nutzt und zum Ich-Sender wird, muss wie ein Journalist denken lernen.

WhatsApp: 18 Tipps und Tricks, die die Messaging-App halbwegs erträglich machen

Auf möglichst vielen Smartphones installiert sein - das Ziel von WhatsApp. © WhatsApp

Auf möglichst vielen Smartphones installiert sein – das Ziel von WhatsApp. © WhatsApp

500 Millionen aktive Nutzer, die pro Tag 700 Millionen Bilder, 100 Millionen Videos und bis zu 20 Milliarden Nachrichten pro Tag verschicken: Trotz aller Kontroversen rund um die Facebook-Übernahme, erstarkender Rivalen wie Line, Telegram und WeChat oder immer wiederkehrenden Datenschutzproblemen bleibt das enorme Wachstum der Messaging-App ungebremst. Wer mit Freunden, Familie und Kollegen digital kommunizieren will, dem bleibt selten die Wahl – WhatsApp ist bei vielen zum Standard geworden.

1. Hintergrundbilder: Es klingt banal, ist aber mit Sicherheit ein Erfolgsfaktor von WhatsApp im Unterschied zu anderen Apps: Nutzer können das Hintergrundbild personalisieren und es sich so in der App, die dutzende oder gar hunderte Male pro Tag aufgerufen wird, gemütlich machen. Kostenlose Wallpapers für WhatsApp gibt es etwa hier für Android oder hier für iPhone, man kann aber natürlich auch eigene Bilder einstellen. Ändern kann man sie unter “Einstellungen” -> “Chat-Einstellungen”.

2. Statusmeldung anpassen: “Hey there! I am using WhatsApp” steht nahc wie vor bei vielen Kontakten der Messaging-App. Dabei kann man diesen Satz ändern, und zwar unter “Optionen” -> “Status”. Erlaubt sind übrigens mittlerweile auch Emoticons wie Smileys oder der erhobene Daumen. Da der Satz standardmäßig für alle anderen Kontakte sichtbar ist, sollte man überlegen, was adäquat ist. Wer oft mit Arbeitskollegen bei WhatsApp chattet, sollte eher nicht “bin gerade betrunken” oder ähnliches hineintippen.

3. Broadcasten: WhatsApp ist nur zum Chatten zu zweit oder in kleinen Gruppen da? Falsch, mit der App kann man auch bis zu 250 Kontakte auf einmal erreichen. Die Funktion dazu heißt “Broadcast” und erlaubt es, eine Nachricht an viele Personen auf einmal zu senden, ohne dass die Empfänger sich gegenseitig sehen – vergleichbar mit der BCC (“Blind Copy Carbon”) in E-Mails. Weil die Funktion leider gerne für Spam verwendet wird, muss man zuerst eine “Broadcast-Liste” anlegen und jeden gewünschten Kontakt einzeln hinzufügen. Nur der BBC wurde es bis dato von WhatsApp erlaubt, an mehr als 250 Kontakte gleichzeitig zu senden: Während der Wahlen in Indien richtete BBC India einen Nachrichten-Dienst ein, um Menschen am Handy einfach mit Infos zur Wahl versorgen zu können.

4. Nummer ändern: Ein WhatsApp-Konto ist immer mit einer Handynummer verknüpft, über die der Nutzer eindeutig identifiziert wird und mit anderen Usern in Kontakt steht. Wenn man seine Nummer (z.B. beim Provider-Wechsel) ändert, muss man das WhatsApp rechtzeitig mitteilen, damit der eigenen Account auf die neue Nummer umgestellt wird. Dazu muss die alte Nummer noch aktiv sein, Anleitungen für die verschiedenen mobilen Betriebssysteme finden sich hier.

5. Nachrichten lassen sich sharen: Von Twitter (“Retweet”) und Facebook (“Share”) kennt man die Teilen-Funktionen schon, mit deren Hilfe sich Postings wie ein Lauffeuer in sozialen Netzen verbreiten können. Auch bei WhatsApp kann man die Meldungen anderer (z.B. ein witziges Video, Foto oder Links) sharen: Dazu hält man lange mit dem Finger auf den Beitrag und sendet ihn dann an eine anderen Chat weiter. Außerdem kann man Fotos oder Videos auch in andere soziale Netze wie Facebook oder Tumblr weiterleiten. Diese Funktionen zeigen auch, dass WhatsApp nicht unbedingt nur ein Privat-Chat ist: Digitale Inhalte lassen sich einfach auch an andere Empfänger, die derjenige, der das Posting ursprünglich gemacht hat, gar nicht kennt. Online-Medien wie Buzzfeed oder Vol.at setzen übrigens auf den WhatsApp-Share-Button, der ähnlich wie Facebooks Like- oder Twitters Tweet-Button funktioniert und mit dem sich News teilen lassen.

6. Auto-Downloads abstellen: Wer WhatsApp intensiv nutzt, wird vielleicht schon bemerkt haben, dass sich die eigene Foto/Video-Galerie am Smartphone schnell mit den erhaltenen Inhalten füllt. Denn die App speichert empfangenen Content automatisch am Smartphone. Wer das nicht  oder nur unter bestimmten Voraussetzungen (WLAN, 3G, Roaming) will, der setzt die Einstellungen unter “Medien Auto-Download” entsprechend seiner Präferenzen.

7. Benachrichtigungen managen: WhatsApp kann ziemlich nerven, wenn in einer oder mehreren Gruppen viel geschrieben wird – das Smartphone plingt, surrt und/oder blinkt dann ohne Ende. Im Einstellungsbereich “Benachrichtigungen” kann man etwa Töne, Vibration oder Pop-ups ausstellen, die über den Empfang von Nachrichten informieren. Für viele Nutzer ist es am sinnvollsten, sich die Benachrichtigungen nur visuell (am iPhone als rotes Notification-Kügelchen oder auf Android als Notification in der oberen Leiste) anzeigen zu lassen. Wenn man “live” mit jemanden chattet, sieht man ohnehin, ob der andere gerade schreibt und weiß auch so, dass man in wenigen Sekunden eine Nachricht erhält.

8. Jemandem WhatsApp schenken: Weil WhatsApp sehr intensiv von jüngeren Nutzern verwendet wird, die keine Bezahlmöglichkeit via Google Wallet (setzt eine Kreditkarte voraus) oder PayPal haben, können Nutzer anderen die WhatsApp-Gebühr schenken. Die Option gibt es unter “Kontakte” und kostet 89 Cent für ein Jahr (bzw. 2,40 Euro für 3 Jahre oder 3,34 Euro für 5 Jahre).

9. “Zuletzt online” verbergen: WhatsApp kann sehr verräterisch sein, weil andere Kontakte standardmäßig sehen können, wann man zuletzt in der App war. Da folgen dann oft Vorwürfe wie: “Du musst doch eine Nachricht gesehen haben, warum hast du nicht zurückgeschrieben?!” Zum Glück kann man diese Info unter “Einstellungen” -> “Datenschutz” -> “Zuletzt online” -> “Niemand” ausstellen.

10. Die zwei Häkchen richtig verstehen: Viele WhatsApp-Nutzer glauben, dass zwei grüne Häkchen neben einer Nachricht bedeutet, dass der Empfänger diese gelesen hat. Das ist aber falsch: Wie man auch in den WhatsApp-FAQ nachlesen kann, bedeutet der erste Haken, das die Nachricht am WhatsApp-Server eingetroffen ist, der zweite Haken, dass die Nachricht ans Smartphone des Empfängers zugestellt wurde. Wer also mal mit dem Vorwurf konfrontiert wird, dass man nicht auf eine Doppelhäkchen-Nachricht reagiert hätte, kann immer noch argumentieren, diese noch gar nicht gelsen zu haben.

11. Kontakte auf den Startbildschirm: Wenn man sehr oft mit einer Person kommuniziert, kann es praktisch sein, diesen Kontakt direkt auf den Startbildschirm des Smartphones zu platzieren – dann muss man nicht immer WhatsApp extra öffnen, um zum Chat zu gelangen. Die Funktion findet sich unter “Kontakte” -> “Kontakt auswählen” -> “Optionen” -> “auf Startbildschirm platzieren”. Das Profilfoto des Kontakts wird dann wie ein App-Symbol am Homescreen angezeigt, ein Tipper darauf führt direkt zu seinem Profil mit allen Kontaktmöglichkeiten von Telefon über E-Mail bis eben WhatsApp.

12. Nervende Kontakte blockieren: Wer andere WhatsApp-Nutzer aus welchem Grund auch immer blockieren will, kann dies unter “Einstellungen” -> “Datenschutz” -> “Blockierte Kontakte” tun. Deren Nachrichten bekommt man dann nicht mehr zugestellt, außerdem sehen sie die eigenen “Zuletzt online”-Infos oder Statusmeldungen nicht mehr. Dass man selbst von einem anderen Nutzer blockiert wurde, kann man nur an diesen Anzeichen erkennen, eine direkte Info darüber gibt es nicht.

13. WhatsApp am Desktop: In der offiziellen Version kann WhatsApp nur auf einem Smartphone genutzt werden, nicht aber im Web oder auf einem anderen Computer. Wer auf die Chats aber trotzdem am Desktop zugreifen will und ein Android-Smartphone mit Root-Zugriff hat, kann das mit dem Dienst WhatsRemote tun. WhatsApp wird dann im Browser angezeigt, was praktishc sein kann, wenn man etwa im Büro nebenbei Nachrichten versenden will und dafür nicht ständig zum Smartphone greifen will.

14. Alte Chats aufs neue Handy: So, wie man früher seine SMS als Erinnerungsstücke mit aufs neue Handy mitgenommen hat, kann man WhatsApp-Chats ebenfalls von einem Gerät auf das andere übertragen. Das Prozedere ist bei jedem mobilen Betriebssystem etwas anders: Bei iPhones läuft es etwa über die iCloud, bei Android muss man die Back-up-Datei z.B. mittels microSD-Karte oder Dateitransfer vom alten aufs neue Gerät übertragen. Chat-Verläufe von einem BlackBerry, Nokia S40 oder Windows Phone kann man derzeit noch nicht übertragen. Auch von iPhone zu Android oder umgekehrt funktioniert leider nicht.

15. WhatsApp ohne SIM-Karte: Prinzipiell ist ein WhatsApp-Account an eine Telefonnummer geknüpft, was die Verwendung auf einem Tablet erschwert. Allerdings gibt es einen Trick: Man kann sich mit einer Festnetznummer anmelden. Die SMS mit dem Freischalt-Code kann so zwar nicht empfangen werden, aber man kann stattdessen den automatischen Anruf abwarten, der nach ca. 5 Minuten kommt und bei dem eine Computer-Stimme den Code ansagt. Eine genaue Anleitung gibt es hier.

16. Sprachnachrichten leise anhören: Immer wieder werden bei WhatsApp Sprachnachrichten verschickt. Wenn man das Smartphone normal in der Hand hält, werden diese Audio-Botschaften in der gerade eingestellten Lautstärke des Geräts über dessen Lautsprecher abgespielt – was etwa in der U-Bahn andere mithören lässt. Die einfache Lösung: auf Play drücken, Smartphone ans Ohr halten, und schon kann kein anderer mehr mithören.

17. WhatsApp löschen: Wer WhatsApp aus dem einen oder anderen Grund (Facebook-Übernahme, Nachrichtenflut, Datenschutz) satt hat, kann seinen Account auch wieder löschen, und zwar unter “Einstellungen” -> ”Account” und “Account löschen”. Dabei werden auch die Chatverläufe gelöscht und man wird aus allen WhatsApp-Gruppen entfernt, Zahlungsdaten verbleiben laut AGB noch 30 Tage auf den Servern der Firma. Nur die App löschen reicht nicht, da bleibt das Konto erhalten.

18. Alternativen: Wer nicht ohne Messaging-App sein kann und WhatsApp den Rücken kehrt, der kann auf (halbwegs) sichere Alternativen wie TextSecure, Telegram oder Threema ausweichen. Die Krux an der Sache: Man muss auch seine Kontakte davon überzeugen, zu diesen Alternativen zu wechseln, und das fällt bei 500 Millionen aktiven WhatsApp-Nutzern möglicherweise schwer.

Updates:

20. VoIP-Telefonate: Auf iPhone und Android kann man WhatsApp mittlerweile zum Telefonieren via Internet (es fallen dabei keine Minuten, sondern nur verbrauchte Daten an) verwenden. Um ein Gespräch zu starten, tippt man einfach auf das Telefonsymbol im Chatfenster. Der Angerufene braucht in jedem Fall auch die neueste Version von WhatsApp, die die Telefonfunktion unterstützt. Pro Minute fallen etwa ein bis eineinhalb Megabyte an Daten an.

„All Our Patent Are Belong To You“: Wie Tesla nicht nur E-Autos, sondern auch sich selbst hilft

Das Model S von Tesla Motors © Jakob Steinschaden

Das Model S von Tesla Motors © Jakob Steinschaden

“All Our Patent Are Belong To You”: Tesla-Motors-Gründer Elon Musk hat vergangene Woche mit der Ankündigung, dass andere Tesla-Technologie einfach nachbauen dürfen, wieder einmal für Aufsehen gesorgt. Was aber steckt hinter der medientauglichen PR-Meldung, und welche Ziele verfolgt der Elektroautohersteller, der Partnerschaften mit Daimler und Toyota hat, wirklich mit diesem gefinkelten Schachzug?

In der Sendung „Breitband“ des Deutschlandradio Kultur habe ich
über die Tesla-Patente und die Strategie des Elektroautoherstellers
gesprochen. Die Sendung vom 21. Juni kann man sich hier anhören:

Keine Patentklagen gegen Technologie-Anwender
Eigentlich galt Tesla immer als eher verschlossenes Unternehmen der Sorte Apple. Das von PayPal-Millionär Elon Musk (für den Verkauf an eBay bekam er 180 Millionen Dollar) gegründete Elektroauto-Unternehmen hat nun offenbar eine Kehrtwende eingelegt. “All Our Patent Are Belong To You”, schrieb Musk kürzlich in den offiziellen Firmen-Blog in Anlehnung an das nerdige Internet-Mem, dem sich schon die Anonymous-Hacker bedienten.  “Tesla will not initiate patent lawsuits against anyone who, in good faith, wants to use our technology.” Anstatt die eigenen Patente als “Lotterielose” in Gerichtsprozessen gegen all jene einzusetzen, die Teslas Technologien nachbauen, wolle man fortan anderen Autoherstellern erleichtern, ebenfalls mit Elektromotoren angetriebene Vehikel zu bauen.

Musk, der sich selbst gerne als großer Innovator präsentiert (er baut auch Raumschiffe bei SpaceX und will den Hyperloop in Kalifornien als neuartiges Transportmittel einrichten), will so die Automobilindustrie in Richtung emissionsloser Antriebe bringen. Weniger als ein Prozent der Gesamtverkäufe von Neuwägen würden derzeit Elektroautos sein, und das bei 100 Millionen neuen PKWs weltweit und einer Gesamtflotte von zwei Milliarden Autos. “It is impossible for Tesla to build electric cars fast enough to address the carbon crisis”, so Musk. “By the same token, it means the market is enormous. Our true competition is not the small trickle of non-Tesla electric cars being produced, but rather the enormous flood of gasoline cars pouring out of the world’s factories every day.”

Stärkung des Ökosystems
Das System E-Auto kriegt dadurch einen starken Schub“, sagte Ferdinand Dudenhöffer, Chef des Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen gegenüber der dpa. Andere Hersteller könnten nun die ausdauernden Akkus und hohen Reichweiten von Tesla, die ihren Elektroautos bisher fehlen, für sich verwenden, ohne fürchten zu müssen, dass sie von Tesla verklagt werden.

Nun ist es aber nicht so, dass Musk die Tesla-Patente im Sinne von Open Source offen gelegt hat. Patente sind von Natur aus offen, und jeder kann sie nachlesen – insofern hinkt der Vergleich. Tesla hält einige hundert Patente, die man sich einfach hier ansehen kann – vom Vehicle charge connector bis zum Battery pack venting system. Musks Ankündigung bedeutet eher, dass er keine anderen Autofirmen verklagen will, die sich dieser Patente “in guter Absicht” bedienen. Sollte ein Unternehmen so dreist sein und einfach 1:1 ein komplettes Tesla-Auto nachbauen, hat Musk immer noch Markenrechte, Firmengeheimnisse etc. in der Hand, um zu klagen. Experten gehen deswegen aus, dass sich andere Autohersteller vorher trotzdem rechtlich absichern werden, bevor sie Tesla-Patente einsetzen. Außerdem kann Tesla seine Patente immer noch defensiv einsetzen: Wird man von anderen Firmen für die Verletzung ihrer Patente geklagt, kann Musk mit Gegenklagen kontern und eine Vergleich anstreben.

Das Model S von Tesla Motors © Jakob Steinschaden

Das Model S von Tesla Motors © Jakob Steinschaden

Ohrfeige für Patenttrolle
Der von Innovation getriebene Musk setzt aber, natürlich im Stil des Silicon Valley, trotzdem ein wichtiges Zeichen: Er will Patenttrollen (also Firmen, die andere Firmen auf Teufel komm raus verklagen) das Wasser abgraben. Patenttrollerei ist ein großes Problem und gilt als innovationshemmend. Eine Studie von Catherine Tucker an der MIT Sloan School Of Management kam zum Ergebnis, dass Risikokapitalgeber in den letzten fünf Jahren 22 Milliarden Dollar in Start-ups gesteckt hätten, wenn sie keine Angst vor Patent-Trollen gehabt hätten. Eine zweite Studie an der Boston University kam 2011 gar zu dem Schluss, dass Patent-Trolle Innovatoren seit dem Jahr 1990 gar 500 Milliarden Dollar gekostet hätten – also im Schnitt 83 Milliarden Dollar pro Jahr. Welche Zahl nun auch stimmt: Patenttrolle kosten der Wirtschaft offenbar viel Geld.

Dass Tesla nun auf Open Source macht, ist im Silicon Valley nichts Neues. Google hat Cloud-Patente frei nutzbar gemacht (“Open Patent Non-Assertion Pledge”), Twitter verspricht seinen Entwicklern in einem “Innovator´s Patent Agreement” (IPA), die von ihnen entwickelten, patentierten Technologien nur defensiv und nicht offensiv für Patentklagen einzusetzen. Der Grundgedanke bei Tesla, Google oder Twitter: Sie wollen die Ökosysteme stärken, von denen sie selbst leben. Tesla etwa könnte langfristig davon profitieren, wenn andere Autohersteller die eigenen Supercharger-Tankstellen nachbauen, weil dann die eigenen Wägen eine für sie wertvolle Infrastruktur bekommen. Heute betreibt Tesla weltweit nur etwa 120 Supercharger (vier in Deutschland, zwei in Österreich), dem gegenüber stehen Millionen Sprit-Tankstellen. Außerdem will Musk die “Gigafactory” bauen und bis 2020 Akkus für 500.000 Elektroautos produzieren. Da kommt es ihm gerade recht, wenn die Autoindustrie mit Hilfe seiner Patente auf Elektro umsattelt – denn ihnen ist er ein paar Jahre in der Entwicklung voraus und kann ihnen diese Batterien im B2B-Geschäft verkaufen.

Vorne dabei am neuen Markt
Wenn der Markt für Elektroautos so wächst, wie es sich Musk vorstellt, dann ist er auch bei neuer Konkurrenz bestens positioniert: Erstens mit einem Premiumauto, das in der Liga von Mercedes und BMW mitspielt und dessen Image, Design und nobles Interieur um viel Geld an die wohlhabende Kundschaft verkauft werden kann. Und zweitens mit einem viel günstigeren Massen-E-Auto, dass Tesla in einigen Jahren um etwa 30.000 Euro (klingt viel, durch wegfallende Spritpreise aber langfristig ein spannender Preis) auf den Markt bringen will und dann in die Mittelklasse von VW Golf und Co. vorstößt.

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SwiftKey: Die Smartphone-Tastatur, die deinen Slang lernt und gerne nach Hause telefoniert

Mit wechselbaren Designs lässt sich SwiftKey hübsch personalisieren. © Jakob Steinschaden

Mit wechselbaren Designs lässt sich SwiftKey hübsch personalisieren. © Jakob Steinschaden

Bei meinem Besuch der Londoner Start-up-Szene ist mir neben TransferWise (große Reportage hier) außerdem die Software-Firma TouchType Ltd. aufgefallen, die das Touch-Keyboard SwiftKey anbietet. Die App, die die Standard-Tastatur von Android durch ein personalisierbare und die Sprache des Nutzers mitlernendes Keyboard ersetzt, gilt als die meist verkaufte App in Googles Play Store und hat kürzlich eine spannende Kehrtwende im Geschäftsmodell unternommen: Anstatt die App weiter um etwa 4 Euro zu verkaufen, wird sie nun kostenlos angeboten. Stattdessen gibt es jetzt einen eigenen SwiftKey Store, wo sich Nutzer neue Designs für ihr virtuelles Keyboard (pro Stück um 89 Cent) kaufen können. Um die alten Kunden, die SwiftKey gekauft haben, zu vertrösten, schenkt ihnen die Firma ein Pakt mit zehn Premium-Designs als Dankeschön. “We believe this change is the best way to achieve our global vision, as we can now reach many more people around the world without price as a barrier”, schreiben die beiden Gründer Jon Reynolds (CEO) und Ben Medlock (CTO).

Wie Google: Kostenloser Dienst, der Daten sammelt
Dass eines der wichtigsten britischen Start-ups sein Hauptprodukt gratis macht, ist aus mehreren Gründen spannend. Zum einen dürfte SwiftKey an eine Wachstumsgrenze gestoßen sein. Weltweit gibt es grob geschätzt zwei Milliarden aktivierte Android-Geräte, womit SwiftKey mit etwa 200 Millionen Installationen bei ziemlich guten zehn Prozent Marktdurchdringung steht. Um weiter wachsen zu können, muss das Start-up nun auch jene vielen Android-Nutzer beglücken, die nie Geld im Play Store ausgeben würden. Zum anderen hat Apple kürzlich angekündigt, dass ab iOS 8 Keyboard-Apps von Fremdherstellern zugelassen sind. Bei SwiftKey wird bereits an eben dieser App gearbeitet, und die Firma dürfte auf die als zahlungswillig bekannten iPhone-Nutzer setzen, die ab Herbst viel Geld in die Kasse spülen werden. Gefährlich könnte es für die Briten aber auch werden, da Apple mit QuickType eine SwiftKey-ähnliche Funktion bringt, die Wörter, die ein User wahrscheinlich schreiben will, besser voraussagen soll.

Vielleicht ist SwiftKey aber gar nicht so auf den App-Verkauf aus. Denn eher weniger bekannt ist,  dass das Start-up auch im B2B-Geschäft unterwegs ist und seine Algorithmen für die Wörtervorhersage auch in die Dienste großer Smartphone-Hersteller wie Samsung und BlackBerry gestellt hat. Wer auf einem Galaxy- oder einem BlackBerry-10-Gerät tippt, der bekommt Begriffe auf Basis von SwiftKey-Technologie vorgeschlagen. Zudem wurde die Predictive-Typing-Technologie an die US-Firma Clarion weiter lizensiert, die In-Car-Entertainment-Systeme auf Android-Basis entwickelt. Diese Partnerschaften zeigen den Weg auf, den SwiftKey künftig gehen will: Reynolds und Medlock wollen ihr Start-up zu einer Big-Data-Company ausbauen.

Die SwiftKey-Gründer Jon Reynolds (CEO)  und Ben Medlock (CTO). © TouchType

Die beiden TouchType-Gründer Jon Reynolds (CEO) und Ben Medlock (CTO). © TouchType

SwiftKey liest bei Facebook, Twitter und Gmail mit
Einen wichtigen Schritt dafür hat man im August 2013 unternommen: Die SwiftKey Cloud wurde präsentiert. Die Analysen zum Sprachbild, die die App zu jedem Nutzer durchführt, werden seither nicht nur auf den Smartphones, sondern auch auf den Servern der Firma gespeichert. Das hat nicht nur den Vorteil für den User, dass er, wenn er SwiftKey auf einem neuen Gerät installiert, seine Einstellungen einfach übernehmen kann, sondern ermöglicht SwiftKey nun auch, Big-Data-Analysen durchzuführen. Im Kleinen tut sie das schon länger: Im Oktober 2012 etwa konnten SwiftKey-Nutzer im Prez-o-Meter nachschauen, ob sie eher wie Barack Obama oder eher sein damaliger Konkurrent Mitt Romney schreiben. Seither hat das Start-up die Anstrengungen intensiviert, noch mehr über das Sprachverhalten seiner User herauszufinden: Diese können SwiftKey den Zugriff auf ihre Konten bei Facebook, Twitter, Gmail, Google+ oder Evernote gewähren und ihre Sprache analysieren lassen. Somit kann die britische Firma sehr detaillierte Informationen über einen Nutzer sammeln: Welche Wörter benutzt er besonders oft? Welchen Slang spricht er? In welchen Apps formuliert er wie? Welche Produkte, Orte, Personen oder Events erwähnt er in einem positiven oder negativen Kontext?

Anders als viele andere Cloud-Firmen geht SwiftKey sehr vorsichtig an die sehr persönlichen Daten seiner Nutzer heran – immerhin werden mit der Tastatur intimste SMS oder vertrauliche Firmen-E-Mails. Die Datensammlung ist deswegen Opt-in und nicht Standard-mäßig aufgedreht. Wie heikel die Angelegenheit ist, sieht man auch bei der Installation. Da warnt Google nämlich, dass Third-Party-Keyboards wie SwiftKey theoretisch eingetippte Passwörter oder Kreditkarteninformationen mitlesen könnten – SwiftKey selbst sagt in seinen Privacy-Regeln, dass man solche sensitiven Daten natürlich nicht sammle. Fakt ist aber, dass SwiftKey-Betreiber TouchType Nutzerdaten an einen etwaigen Käufer weitergeben könnte, genauso wie an Service-Firmen, mit denen man zusammenarbeitet. Anonymisierte und aggregierte Sprachdaten dürfen laut Nutzungsbestimmungen ebenfalls an andere Firmen – z.B. Samsung oder Clarion – weiterverkauft werden. Fakt ist auch, dass Nutzerdaten auf Amazon-S3-Servern in der EU gespeichert werden – Amazon unterliegt als US-Firma dem Patriot Act, der besagt, dass die US-Regierung auch Einblick in die Datenzentren von US-Firmen haben kann, die im Ausland und nicht auf US-Boden stehen.

Und damit ist SwiftKey viel mehr als nur eine nützliche App, mit der man seine Smartphone-Tastatur schnell einmal blau einfärben kann, mit der man von Buchstabe zu Buchstabe wischt und die nützliche Autokorrekturen macht. Es ist auch eine App, die gerne nach Hause telefoniert – in diesem Fall mit Amazon-Servern.

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Jetzt online & gratis: Die Slides zum Vortrag „Social Media & Journalismus“ in München

Meine Wenigkeit beim Präsentieren am Münchner Pulbizistikinstitut. © Brigitte Huber

Meine Wenigkeit beim Präsentieren am Münchner Pulbizistikinstitut. © Brigitte Huber

Sind Social Media im Jahr 2014 noch aus dem Journalismus wegzudenken? Wie profitieren deutschsprachige Medien von Facebook und Co.? Und wie konkurrieren die Social Networks bereits mit klassischen Medien um Aufmerksamkeit und Werbemarkt? Weil München ja ohnehin nur eine gemütliche Zugfahrt von Wien entfernt liegt, bin ich der Einladung von Dr. Brigitte Huber (vielen Dank nochmals!) am Dienstag gefolgt, um am Münchner Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung (IfKW) der Ludwig-Maximilians-Universität über genau diese Themen zu sprechen. Wie versprochen sind die Slides des etwa einstündigen Vortrags jetzt online und gratis abrufbar:

14 Tipps & Tricks: Wie YouTube-Stars ihre Clips für maximale Reichweite und ihre Fans optimieren

Österreichs erster YouTube-Star: Michael Buchinger. © Jakob Steinschaden

Österreichs erster YouTube-Star: Michael Buchinger. © Jakob Steinschaden

In Deutschland gibt es mit Y-Titty, LeFloid oder Doktor Allwissend schon richtige YouTube-Stars mit hunderttausenden oder sogar Millionen Abonnenten, in Österreich blühen mit Michael Buchinger (siehe Bild oben) oder Kim Lianne bereits die ersten Sternchen am YouTube-Himmel auf. In den USA ist die ganze Sache natürlich schon ein Stück weiter: Am DigiFest NYC vergangenes Wochenende performten populäre YouTube-, Instagram- und Vine-Nutzer vor mehr als 12.000 Fans. Die Sache geht bereits so weit, dass Nutzer wie Robby Alaya (2,6 Mio. Follower bei Vine) oder Nash Grier (4,3 Mio. Follower bei Instagram) Werbeverträge mit Firmen wie Niche schließen, die sie vermarkten. Wie aber bringt man es zum Social-Media-Video-Star? Bei einem YouTube-Partnerevent, der vor einiger Zeit in Wien stattfand, konnte man sich Tipps und Tricks von den Profis holen.

1. Richtig Titeln
Einmal abgesehen vom Video selbst, das man bei YouTube veröffentlicht, sollte man die Metadaten rund um den Clip optimieren. Beim Titel des Videos, in dem alle wichtigen Begriffe zum Video stecken sollten, sind die ersten drei Wörter laut YouTube-Mitarbeitern am wichtigsten – erst danach sollte man die Nummer der Episode, etwaiges Branding oder andere Kleinigkeiten dazuschreiben. Nicht vergessen sollte man auch die zweizeilige Beschreibung des Videos, die wichtige Infos und auch Links beinhalten kann.

2. Knackiges Vorschaubild
Das so genannte Thumbnail (640 Pixel x 360 Pixel, Seitenverhältnis 16:9) ist jenes Vorschaubild, das Nutzer als erstes sehen, wenn sie auf das Video bei YouTube oder die Google-Suche stoßen – dementsprechend attraktiv sollte es sein, damit der User es auch anklickt und so das Video startet. Das Vorschaubild sollte das Thema (Person, Ort, Ding, etc.) des Clips klarmachen und kann auch mit Beschriftung gewählt werden, die dann aber auch gut lesbar sein sollte.

3. Channel Design optimieren
Ähnlich wie ein Facebook-Profil können YouTube-Videomacher ihren Channel designen. Das fängt beim großen Headerbild oben an, das dem Erstbesucher schnell klarmachen sollte, was es hier zu sehen gibt. Zumeist werden hier das Logo, die handelnden Personen und die Tageszeiten abgebildet, an denen es neue Videos zu sehen gibt. Außerdem gibt es rechts die Möglichkeit, auf die eigene Webseite, Facebook-Page, Twitter-Account, Instagram-Profil etc. zu verlinken, was man tun sollte. Den populäre YouTube-Kanäle sind oft an erster Position in der Google-Suche und werden damit wichtiger als die eigene Homepage.

4. Channel Trailer anlegen
YouTube-Channels bieten die Möglichkeit, einen Trailer prominent anzuzeigen. Dabei handelt es sich um eine Art Willkommens-Video, in dem viele YouTube-Stars und -Sternchen noch einmal erklären, was der Abonnent so zu sehen bekommt. In dem Trailer wird oft auch ein so genannter “Call to Action” ausgesprochen – also ein freundlicher Hinweis, dass der Seher den Kanal doch bitte abonnieren.

5. Annotationen im Clip einblenden
YouTube bietet die Möglichkeit, im Videofenster Links an bestimmten Stellen des Clips einzublenden. Das ist auch eine Möglichkeit, neue Abonnenten zu bekommen, da man ja auch den Link zum Abonnieren zeigen kann. Das ist insofern wichtig, da viele User direkt über die YouTube-Suche auf ein Video kommen und nicht über den Channel. Außerdem kann man so genannte “End Cards” am Ende eines Videos zeigen, die zu weiteren Clips, der eigene Webseite usw. verlinken.

6. Tent-Poling
Hierbei handelt es sich um eine Programmstrategie (Name kommt vom englischen Begriff für Zeltstange), die natürlich nicht bei YouTube erfunden wurde, aber auch dort funktioniert: Videos, die zu bestimmten Anlässen, von den Oscars über den Valentinstag bis hin zu Halloween, passen. YouTuber hängen sich mit ihren Inhalten gerne an große mediale Ereignisse dran und geben ihren eigenen Senf dazu – das können Persiflagen, Kritiken oder eine Filmchen sein. Der Vorteil: Beim Titeln des Videos kann man Event (z.B. “Life Ball”) hineinschreiben und hat dann die Chance, in der Suche gefunden zu werden.

7. Regelmäßiger Zeitplan
“Freitag ist Y-Titty-Tag” – das wissen die fast drei Millionen Fans der Kölner Comedians ganz genau und werden dementsprechend regelmäßig im Channel vorbeischauen. Neue YouTuber sollten ebenfalls regelmäßig neue Videos veröffentlichen – so können sich die ersten Fans an einen Zeitplan gewöhnen, und der Macher selbst seinen Workflow optimieren.

8. Playlists clever nutzen
Im neuen Channel-Design werden Playlists, also Sammlungen von Clips, prominenter gezeigt. Hier muss man nicht notwendigerweise Fremd-Content zeigen, sondern kann eigene Videos thematisch sortieren und in eigene Playlists packen. Voraussetzung dafür ist, dass man bereits ein etwas größeres Archiv an bestehenden Inhalten hat. Das Spannende hier: Die Abonnenten einer Playlist bekommen eine Benachrichtigung, wenn ein neues Video hinzugefügt wurde.

9. Das Um auf Auf: Die Watch Time
Der Algorithmus, der die Reihenfolge der Suchergebnisse bei YouTube (nach Google die zweit größte Suchmaschine im Internet) bestimmt, gewichtet die so genannte Watch Time (“Aufrufe x Engagement = Watch Time”) des Videos am stärksten – schließlich gibt sie darüber Auskunft, wie viel Minuten des Gesamtvideos die User sich ansehen, was wiederum ein Hinweis darauf ist, wie gut der Content ist. Optimieren kann man das natürlich nur über spannende Inhalte für die eigene Zielgruppe. Dem öfters genannten Trick, nur 3- bis 5-Minuten-Clips zu machen, sollte man nicht folgen – YouTube-Channels wie Vice News beweisen, dass auch Videoreportagen mit 20 oder mehr Minuten Länge funktionieren können.

10. Kollaborationen mit größeren Channels
“Standing on the shoulders of giants” – dieses Prinzip funktioniert natürlich auch auf YouTube. Größere Channels stellen in Coop-Clips öfters neue kleine vor, damit diese mehr Abonnenten bekommen. Diese Cross-Promotion funktioniert in dem immer professionelleren Business aber oft nur mehr, wenn beide YouTuber dem gleichen Netzwerk (z.B. Mediakraft) angehören, von dem sie vermarktet werden.

11. Abonnenten wichtiger als Nicht-Abonnenten
Worauf YouTuber immer achten sollten: Die eigenen Abonnenten sind die wichtigsten User, weil diese erfahrungsgemäß die meiste Watch Time verursachen. Deswegen sollte man den Kontakt zu ihnen (v.a. in den Kommentaren, aber auch auf der Facebook-Seite, Twitter etc.) pflegen. Manche YouTuber nehmen dafür sogar einiges Geld in die Hand und laden die treuesten Fans zu Partys ein oder organisieren eigene Events für sie.

12. Kommentare einbinden
Die YouTube-Stars von Y-Titty machen es gekonnt vor: Sie lassen ihre Fans so oft wie möglich zu Wort kommen und behandeln Fragen, Wünsche und Beschwerden in der eigens dafür vorgesehenen “Kommentare-Kommentier-Show”. Diese und ähnliche Formate können YouTuber zur Interaktion mit den Abonnenten und Seher adaptieren.

13. Analytics einsetzen
Wie auch eine Facebook-Seite bietet ein YouTube-Channel einen eigenen Analytics-Bereich (YTA), in dem man etwa Zahlen zu Abonnenten, demografische und geografische Daten über die Zugriffe auf die eigenen Videos findet. Auch die Wege und Suchbegriffe, über die die User auf die Clips stoßen, können in den YTA eingesehen werden, genauso wie die Webseiten, die YouTube-Videos einbetten. Auf Basis all dieser Daten kann man sein eigenes Angebot optimieren – etwa hinsichtlich Themen sowie Alter oder Geschlecht der Nutzer. Außerdem sollte man analysieren, wann die Seher abspringen, wie Videos in Vergleich zu anderen YouTube-Videos mit gleicher Länge performen und an welche Stellen die Nutzer spulen, um etwas Bestimmtes zu sehen.

14. Weitere Quellen anzapfen
Wer auf der Suche nach weiteren Tipps und Tricks für optimierte YouTube-Videos ist, der kann sich zum einem im YouTube Creator Playbook und zum anderen im YouTube Creator Hub informieren. Und was immer geht: Schau dir erfolgreiche YouTube-Kanäle an (Bestenlisten gibt es etwa hier) und kuck´ dir ab, wie es die anderen machen.

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F¥€K the banks: Richard Branson und Peter Thiel investieren in Londoner Start-up TransferWise

Taavet Hinrikus und Kristo Käärmann haben TransferWise 2011 gestartet. © TransferWise

Taavet Hinrikus und Kristo Käärmann haben TransferWise 2011 gestartet. © TransferWise

Bei meiner Erkundung der Londoner Start-up-Szene vor einigen Wochen (eine große Reportage gibt es hier zu lesen) ist mir vor allem eine Jungfirma in Erinnerung geblieben: TransferWise. Untergebracht im hippen Start-up-Bezirk Shoreditch mit langen Holztischen, vielen Apple-Computern und stylischen Ledersofas (siehe Bild oben) unweit des berühmten “Silicon Roundabout”, will man von hier aus die Finanzwelt ins Wackeln bringen. Die beiden Gründer Taavet Hinrikus (Ex-Skype) und Kristo Käärmann (Ex-PwC, Ex-Deloitte) haben nämlich eine Lücke im System entdeckt, die sie für sich ausschlachten: internationale Überweisungen.

Das ist auf den ersten Blick nicht unbedingt sexy, weltweit gesehen aber ein Riesenmarkt. Traditionelle Banken, argumentiert TransferWise, würden bis zu fünf Prozent Gebühren verrechnen, TransferWise selbst aber nur 0,5 Prozent. Man wäre also bis zu zehn Mal günstiger: Bei einer Überweisung von 1000 US-Dollar würde man im Vergleich zu einer Bank 23,27 Euro sparen.

Ein simpler Trick hebelt Banken aus
Der Trick: TransferWise täuscht den Geldtransfer nur vor. Wenn man etwa von Großbritannien nach Deutschland 100 Pfund überweisen will, dann sucht TransferWise einen ähnlichen Betrag, den ein Deutscher nach Großbritannien überweisen will. Dann kann TransferWise parallel zwei Überweisungsvorgänge in der jeweils selben Währung machen und seinen Kunden den jeweils besten Wechselkurs bieten. Das macht Auslandsüberweisungen, die vor allem Unternehmen oft und zu großen Beträgen tätigen, unheimlich viel billiger – und ist für TransferWise, die 0,5 Prozent Vermittlungsgebühr verrechnen, offenbar ein gutes Geschäft.

Wie sie die Idee hatten, beschreiben die beiden Gründer Hinrikus und Käärmann folgendermaßen: “Taavet wurde in Euro bezahlt, lebte aber in London. Kristo bekam sein Gehalt in Pfund, hatte aber eine Hypothek in Euro und verbrachte viel Zeit in Belgien. Also überlegten sich die beiden eine Strategie: Jeden Monat schauten sie bei Reuters nach dem aktuellen Mittelkurs, um einen fairen Wechselkurs zu ermitteln. Kristo überwies Pfund auf das britische Bankkonto von Taavet, und im Gegenzug stockte Taavet das belgische Konto seines Freundes mit Euro auf. Beide bekamen die Währung, die sie brauchten, und keiner von ihnen zahlte auch nur einen Cent an Bankgebühren.”

25 Millionen Euro für die Expansion
Weil TransferWise mit seinem cleveren Ansatz drauf und dran ist, die Finanzwelt aufzumischen, haben heute zwei sehr prominente Investoren bekannt gegeben, insgesamt 25 Millionen Dollar in das Start-up zu investieren. Niemand geringerer als Sir Richard Branson und Peter Thiel (Valar Ventures, er gab Mark Zuckerberg seine ersten 500.000 Dollar) haben heute, Dienstag bekannt gegeben, gemeinsam mit Index Ventures frisches Kapital in das Start-up zu pumpen. Insgesamt will TransferWise mehr als eine Milliarde Euro bewegt und seinen Kunden rund 50 Millionen Euro an Gebühren erspart haben.

Taavet Hinrikus und Kristo Käärmann mit Sir Richard Branson in ihrer Mitte. © TransferWise

Taavet Hinrikus und Kristo Käärmann mit Sir Richard Branson in ihrer Mitte. © TransferWise

Wie weit es TransferWise aus seiner Nische heraus noch schaffen wird, bleibt abzuwarten. Denn wenn man Auslandsüberweisungen dermaßen verbilligen kann, was kann man dann für Online-Shops, Online-Banking, Online-Trading oder Bitcoin tun? Spannend finde ich, dass die beiden Gründer ein sehr simples Credo gewählt haben: “Geld soll frei fließen können”. Das erinnert ein wenig an die Leitsätze von Mark Zuckerberg (“Make the world more open and connected”) oder Google (“Organize the world’s information and make it universally accessible and useful”). Die kleine Firma glaubt jedenfalls fest an ihre Idee und sieht sich auf einer Mission: Ihre aggressiven Werbeslogans wie “F¥€K”, “$€ANDAL” oder “DA¥£IGHT ROBB€R¥”, die man in London überall zu sehen bekam, machen sehr deutlich, dass sie das aus ihrer Sicht kranke Bankenwesen von Grund auf revolutionieren wollen. Mal sehen, wie weit sie es schaffen.

Curated Content is King: Menschliche Experten zählen noch mehr als Algorithmen der Maschinen

Kuratierte Playlists beim Musik-Dienst Songza für den Sonntag Morgen. © Songza

Kuratierte Playlists beim Musik-Dienst Songza für den Sonntag Morgen. © Songza

Rund um die viel diskutierte 3-Milliarden-Dollar-Übernahme von Headphone-Hersteller Beats ist ein spannender Satz gefallen. “We get a subscription music service that we believe is the first subscription service that really got it right. They had the insight early on to know how important human curation is“, sagte Apple-Chef Tim Cook im Interview mit recode.net. “That technology by itself wasn’t enough — that it was the marriage of the two that would really be great and produce a feeling in people that we want to produce.” Der Schlüsselbegriff: “human curation”.

Fischen im Meer der Inhalte

Statt smarter Algorithmen, die uns in Suchmaschinen, Social Networks, Online-Shops oder auf Newsseiten die wichtigen Inhalte aus dem schier unendlichen Meer an Content im Netz zusammenfischen, setzt die wertvollste Firma der Welt also auf Experten, die Playlists für die Abonnenten des Musik-Streaming-Dienstes Beats Music zusammenstellen.

I´m in bed and feel romancing with my lover to trip hop“: Nutzer von Beats Music (derzeit nur in den USA verfügbar) können verschiedenste passende Playlists suchen, die eine eigene Musikredaktion sowie kooperierende Musiker, Musikmagazine (z.B. “Rolling Stones”, “Pitchfork”) und Radiosender zusammenstellen. Beim konkurrierenden Streaming-Dienst Spotify gibt es natürlich auch kuratierte Playlists von Musikmagazinen, doch haben sie keinen so zentralen Stellenwert wie bei Beats Music – vielmehr setzte Spotify sehr stark auf Facebook-Empfehlungen und einen eigenen Algorithmus, um den Nutzern neue Musik entdecken zu lassen. Auch das New Yorker Musik-Startup Songza (derzeit nur USA) setzt stark auf “Curated Content”: Nutzer bekommen etwa am Sontag Morgen die Wahl zwischen fünf Playlists (von “Waking Up Happy”, über “Recovering From Last Night” bis zu “Brand New Music”), damit sie sich nicht selber auf die Suche nach dem richtigen Soundtrack machen müssen.

Altes Modell ins Digitale übersetzt

Sind kuratierte Inhalte durch Menschenhand nun der Schlüssel zum Erfolg? Das Prinzip ist natürlich nicht neu und definiert bis heute, was es in Museen und Galerien, auf Filmfestivals oder in gut sortierten Plattenläden zu hören und zu sehen gibt. Im Digitalen poppt die Idee aber in letzter Zeit immer häufiger auf und nimmt an Fahrt auf: Bei Upworthy suchen die Mitarbeiter die ihrer Meinung nach sehenswertesten Videos im Netz, bei BuzzFeed werden Listicles (meistens zu soundso vielen sehenswerten Bildern) zusammengestellt, mit Storify präsentieren Online-Journalisten die wichtigsten Social-Media-Inhalte zu einem bestimmten Thema. Auch im eCommerce greift das Phänomen um sich: Anstatt die unendliche Warenvielfalt von Amazon nachzuahmen, gingen “Curated-Shopping”-Dienste wie Outfittery oder Modomoto dazu über, dem Kunden eine Auswahl der ihrer Meinung nach besten Klamotten zusammen zu stellen. Schließlich setzen auch Pinterest oder teilweise Tumblr darauf, dass die Nutzer aus dem Überfluss an digitalen Inhalten die besten per Hand auf Pinboards oder in Blogs zusammentragen – Komplexitätsreduktion im Big-Data-Zeitalter.

Dass aber nun auch Menschen und nicht nur Zauberformeln wie “PageRank” (Google) oder “EdgeRank” (Facebooks News Feed) darüber bestimmen sollen, welche Videos, Songs, News, Apps oder Kleidung wir im Internet bekommen sollen, stellt doch eine interessante Abkehr von zwei Paradigmen dar, die noch vor kurzem alles dominierten: Erstens das Social Web und zweitens die immer stärkere Automatisierung. Soziale Empfehlungen (“word of mouth”) bei Facebook oder Twitter versprachen die Verbreitung von Inhalten über Mundpropaganda, und Algorithmen, hieß es, könnten berechnen, was ein Mensch sich wünscht, bevor er es selber weiß. So perfekt funktioniert beides aber dann doch nicht, weswegen jetzt Experten zu Einsatz kommen, die für andere zusammentragen, was sie konsumieren sollen. Bei Spotify zeigt sich das sehr gut: War der Musikstreaming-Dienst zuerst sehr stark von Facebook-Empfehlungen und dann vom “Entdecken”-Algorithmus geprägt, rücken die Macher in der neuen App nun kuratierte Playlists (von “Songs zu Sing in the Shower” bis “Skate Park Punks”) in den Vordergrund.

Experten statt Freunde

Der Trend zum “Curated Content” ist dabei nicht mit “User Generated Content” zu verwechseln: Es geht darum, dass so genannte Experten Playlists, Nachrichten und Einkaufskörbe zusammenstellen und nicht die lieben Facebook-Freunde. Für Internet-Arbeiter sind das eigentlich gute Nachrichten. Denn wenn der Trend nachhaltig ist, dann müsste es bald das neue Berufsbild des Content-Kurators geben, der sich für die Kundschaft durch Musik-Plattformen, Video-Portale und Lagerhallen wühlt, ein “Best of” zusammensucht – und dafür hoffentlich gerecht entlohnt wird.

Wie funktionieren Apples und Googles “Redaktionen”?

Dass Internet-Firmen ihre Mitarbeiter als Kuratoren einsetzen und ihnen damit Jobs zugestehen, die jenen von Journalisten sehr ähneln, birgt aber auch Probleme. Die App Stores von Apple und Google sind das beste Beispiel dafür: Für beide Software-Shops sind so genannte “Redaktionen” dafür verantwortlich, welche Apps den Nutzern auf der Startseite empfohlen werden. Im Mobile-Zeitalter kann eine Platzierung in den “Empfehlenswert”-Bereichen über Erfolg oder Misserfolg einer Firma entscheiden. Dabei ist aber völlig intransparent, wer diese Redakteure sind, wo sie sitzen und nach welchen Regeln sie Apps auswählen – ansonsten würde es nicht die immer wiederkehrenden Geschichten in App-Entwickler-Kreisen geben, dass eine “gute Zusammenarbeit” mit den ominösen App-Store-Mitarbeitern bei der Platzierung helfe. Wohlgemerkt: Werbeschaltungen (= gekennzeichnete Platzierung von Content gegen Bezahlung) bieten Apples und Googles App Stores nicht. Und so bleibt im Dunkeln, wie die “Empfehlungen” zustande kommen.

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Growth Hacking: 7 Marketing-Tricks für Start-ups, die kein Budget für Werbekampagnen haben

Marketing-Chef bei American Apparell und Autor von "Trust me I´m Lying" und "Growth Hacker Marketing". © Marketing Rockstars

Marketing-Chef bei American Apparel und Autor von „Growth Hacker Marketing“: Ryan Holiday. © Marketing Rockstars

Wenn sich Internet- und Hightechfirmen innerhalb weniger Jahre zu Milliardenunternehmen entwickeln, ist das faszinierend. Doch wie bekommt man ein kleines Start-up, dessen Marketing-Budget gegen Null tendiert und sich keine TV-Spots und großen Print-Kampagnen leisten kann, überhaupt erst in die Gänge? Die Antwort lautet “Growth Hacking”. “Wenn Marketing heute erfunden werden würde, dann wäre es Growth Hacking“, sagte der American-Apparel-Marketingchef Ryan Holiday, der das Buch “Growth Hacker Marketing” verfasst hat, kürzlich im Interview zu mir, das wir im Rahmen der Grazer Konferenz marketing Rockstars vor unserer Podiumsdiskussion führten. “Es ist alles, was dazu beiträgt, dass ein Business wächst, alles, was neue User bringt. Neue Nutzer die Messzahl. Es geht weniger darum, ob Maßnahmen eine Marke aufbauen oder ob eine Kampagne Aufmerksamkeit bekommt, sondern wirklich darum, ob bestimmte Maßnahmen in neue User konvertieren. Das kann man unterschiedlich erreichen, etwa über E-Mail, Pay-per-Click-Advertising, Viral-Marketing oder PR-Stunts.

Growth Hacking – ein hipper Begriff für günstiges Performance-Marketing also. Wann immer davon gesprochen wird, fallen sofort Firmennamen wie Facebook, Twitter, Uber, AirBnB oder Dropbox. Im Folgenden werde ich deren Growth Hacks kurz beschreiben und einige Grundprinzipien der Disziplin erläutern.

1. Fokus auf Wachstum und nicht auf die Marke

Wie der Name schon sagt, geht es beim Growth Hacking um schnelles Wachstum und nicht um Image-Pflege. Bei Facebook hat man das jahrelang beobachten können: Mit immer neuen Methoden hat man seine Nutzerbasis auf Milliardengröße aufgeblasen, während Image-Werbung wie TV-Spots oder große Printanzeigen links liegen gelassen wurde. Das Online-Netzwerk landete 2011 laut American Customer Satisfaction Index (ACSI) etwa auf dem zehnten Platz der meist gehassten Firmen der USA. Mit Image-Werbung hätte man das teilweise beheben können – Zuckerberg hat trotzdem keinen Dollar dafür investiert.

2. Auf bestehenden Netzwerken aufbauen

“Standing on the shoulders of giants” – diesen Leitsatz sollten Startup-Gründer verinnerlichen – denn von nichts kommt nichts. Deswegen haben heute große Internet-Dienste nicht einfach bei Null angefangen, sondern auf bestehenden Plattformen oder Netzwerken aufgebaut. Einige Beispiele:

  • Facebook: Mark Zuckerberg hat sehr schnell verstanden, dass er auf bestehenden E-Mail-Kontaktlisten aufbauen muss, die Nutzer jahrelang angelegt und so ihr Beziehungsnetzwerk digital nachgezeichnet haben. 2010 hat Facebook deswegen die malaysische Firma Octazen Solutions aufgekauft, die auf den Import von E-Mail-Kontakten spezialisiert war.
  • WhatsApp: Ohne einen Marketing-Dollar zu 500 Millionen Nutzern. Das war für WhatsApp unter anderem nur deswegen möglich, weil man alles daran setzt, die auf Telefonen gespeicherten, jahrelang gewachsenen Adressbücher zu importieren. So finden die Nutzer, die über ihre Telefonnummer identifiziert werden, zueinander und können außerdem sehr einfach andere einladen, die noch nicht bei WhatsApp sind.
  • AirBnB: Die Zimmervermittlungs-Plattform AirBnB hat vor einigen Jahren noch nicht wie die Zukunft des Tourismus, sondern wie eine kleine Nische für Individualreisende ausgesehen. Doch die Gründer haben es schnell verstanden, dass sie an der in den USA riesigen Kleinanzeigen-Plattform Craigslist andocken müssen, um erstens Reichweite und zweitens neue Nutzer zu bekommen. AirBnB hat in Folge per E-Mail-Marketing gezielt die Anbieter von Wohnungen angeschrieben und versucht abzuwerben.

3. Attraktive Empfehlungssysteme

Wer wenig bis kein Geld für klassische Werbung hat, muss die eigenen Nutzer zu Botschaftern des Produkts machen und sie per “Word of mouth” für sich werben lassen. Viele Start-ups glauben leider, dass sich das einfach via Social Media erledigen würde, vergessen dabei aber, dass man die alten und die neuen Nutzer belohnen muss. Einige Beispiele:

  • Dropbox: Der Dienst für Online-Speicherplatz belohnt seine Nutzer auf verschiedene Art und Weise, wenn sie Aktionen setzen, die die Reichweite von Dropbox erhöhen. Wer Freunde einlädt, Dropbox mit Facebook und Twitter verknüpft, Feedback gibt oder die Dropbox-Apps Carousel oder Mailbox nutzt, wird mit zusätzlichem Speicherplatz belohnt.
  • Uber: Die Premium-Taxi-App hat es verstanden, ein so genanntes beidseitiges Bonusprogramm einzusetzen. Wenn ein bestehender Nutzer einen neuen Nutzer anwirbt, dann bekommen beide einen bestimmten Betrag (zehn oder zwanzig Euro) gutgeschrieben. Das ist wichtig, weil beide Personen etwas von der Empfehlung haben und nicht entweder nur der Werber oder der Angeworbene, wie es oft bei anderen Empfehlungssystemen ist.

4. Reichweite gratis erhöhen

  • Hotmail: Der E-Mail-Dienst hat – das ist eine der großen Legenden des Growth Hacking – seine enorme Wachstumskurve erst dann beginnen können, als man automatisiert ans Ende jeder E-Mail der User “P.S.: I love you. Get your free E-Mail at Hotmail” geschrieben hat.
  • Instagram: Die Foto/Video-App, die sich Facebook gekauft hat, ist vor allem deswegen so beliebt, weil man sie als Social-Media-Hub verwenden kann und automatisch auch bei verknüpften Profilen bei Facebook, Twitter, Flickr, Foursquare oder Tumblr posten kann. Das hat die Reichweite von Instagram enorm erhöht und unzählige Backlinks von anderen Seiten zu dem Dienst geschaffen. Twitter hat das als Gefahr eingestuft und zeigt seit einiger Zeit keine Instagram-Fotos, sondern nur mehr die Links in seinem Stream an.

5. Das eigene Produkt perfektionieren

Leichter gesagt als getan – doch es gibt durchaus so gute Produkte, dass diese von den Nutzern freiwillig weiter empfohlen werden.

  • GoPro: Für den Action-Cam-Hersteller GoPro gibt es keine besseren Werbespots als jene, die seine Nutzer beim Fallschirmspringen, Klettern, BMX-Fahren oder Wildwasser-Raften drehen und bei YouTube veröffentlichen. GoPro honoriert seine Nutzer damit, ihre Videos in seinem reichweitenstarken YouTube-Kanal zu featuren und kommt so sebst an kostenlose Werbespots für die eigene Marke.
  • Tesla: Tesla macht zwar (auch wie GoPro) klassisches Marketing und mietet sich etwa an gut frequentierten Orten ein, um seine Autos zu präsentieren. Doch die Taktik, eine neue Technologie (Elektromotor) in eine attraktive Premium-Karrosserie und nicht etwa in ein niedliches Stadtauto zu packen, dürfte aufgehen. Ohne eine Minute TV-Werbung in Deutschland und Österreich reden die Leute auch so über Teslas Autos.

6. Analytics, Analytics, Analytics

Im Kern von Growth Hacking sollte immer die Analyse der eigenen Nutzer stehen, weil man nur so erkennt, was gut und was schlecht funktioniert. Wichtige Infos zum Thema “Start-up Metrics” findet man etwa beim österreichischen Startup-Gründer Andreas Klinger. Ein gutes Beispiel für den richtigen Einsatz von Analytics ist folgendes:

  • Twitter: Der Kurznachrichten-Dienst ist im Vergleich zu Facebook für den Laien schwerer zu verstehen und verwirrt mit seinen anfangs kryptischen Zeichen (@, RT, MT, #, etc.) so manchen. Twitter hat aber herausgefunden, dass Nutzer, die 30 anderen Nutzern folgen, den Dienst in seinen Grundzügen kapieren und wiederkommen. Deswegen setzt Twitter mit Empfehlungen neuer Accounts alles daran, dass neue User über diese magische Zahl kommen.

7. Nützlichen Content bloggen

Unbekannte Startups, vor allem aus dem B2B-Bereich, haben es oft schwer, überhaupt wahrgenommen zu werden, weil sie ein nützliches, aber kein sexy Produkt haben. Doch das kann man zu seinem Vorteil ausnutzen. Blog-Beiträge, die für den Leser nützlich sind und nicht nur zur Beweihräucherung des eigenen Produkts geschrieben werden, funktionieren in manchem Fälle sehr gut. Profis sagen “Content Marketing” dazu.

  • Buffer App: Das Startup, das ein Tool zum Sharen und Analysieren von Social-Media-Aktivitäten von Firmen bietet, hat einen sehr erfolgreichen und wirklich spannenden Blog, dessen Beiträge hunderte Male geteilt werden. Der Schmäh: Die Blogbeiträge können gleich mit dem Buffer-Button geteilt werden – dem Leser wird gleich auf der Seite gezeigt, wie der Dienst funktioniert.
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Generation Off: Die digitale Vernetzung stößt an ihre Grenzen, Analoges feiert Renaissance

Friedliche Koexistenz zwischen Digital und Analog. © Galymzhan Abdugalimov

Friedliche Koexistenz zwischen Digital und Analog. © Galymzhan Abdugalimov

Bald werden wir alle mit Smartwatches, Datenbrillen oder gar implantierten Chips herumlaufen, jede Sekunde und jeder Schritt unseres Lebens wird in den Clouds der IT-Riesen gespeichert, alles Konsumierbare, vom personalisierten Turnschuh bis zur Pizza aus dem 3D-Drucker, wird irgendwie auch digital sein. Unsere Autos werden ferngesteuert durch die Gegend düsen, Wahlen werden im Netz abgehalten, der Job im Coworking Space via Internetleitung erledigt, und den Sexpartner fürs Wochenende tindern wir uns einfach am Smartphone herbei. Doch derzeit häufen sich die Anzeichen, dass der Höhepunkt der Digitalisierung bald erreicht sein und sich die Technologisierung der Gesellschaft auf ein erträgliches Maß einpendeln könnte.

Die Zukunft scheint digital vorgezeichnet, unausweichlich wirkt die komplette Digitalisierung der Welt. Das Analoge ist zum Sterben verurteilt, während “Big Data Brother” uns das Morgen berechnet und alles in dafür notwendige Bahnen lenkt, von der grünen Ampel bis zur Todesurkunde. Angeblich gehören Plus-30-Jährige wie ich zu den letzten Menschen, die noch analog, mit Musikkassetten und VHS-Rekorder aufgewachsen sind, alle anderen nach uns werden für immer auf den Servern von Google und Facebook verewigt. Die einen finden das praktisch und machen freiwillig mit, den anderen schwant eine Dystopie irgendwo zwischen “1984” und “Minority Report”, doch kaum jemand fragt sich: Was, wenn das alles doch nicht so kommt?

Anti-Tech-Bewegung im Herzen des Valleys
Vielleicht ist ja das Jahr 2014, also das Jahr 1 nach Snowden, der Beginn der Kehrtwende, der Anfang vom Ende der ultimativen Digitalisierungsfantasie. Ausgerechnet im Herzen von Hightech-Land, San Francisco, begehrt eine Anti-Tech-Bewegung (darunter eine anarchistische Gruppe namens “The Counterforce”) gegen IT-Riesen wie Google auf, weil der Reichtum ihrer Mitarbeiter die Wohnungspreise in der Stadt weit über die Schmerzensgrenze getrieben hat. Während IT-Hipster, coole Gründer und selbst Twitter-Praktikanten sich auch noch so teure Wohnungen von ihren dicken Gehältern und Venture-Capitalist-Schecks leisten können, sehen sich jene, die nicht in der Tech-Branche arbeiten, unter die Räder des Fortschritts gekommen. Die Google-Busse, die die Mitarbeiter gratis von zu Hause in die Arbeit bringen, sind zum Hassobjekt geworden: Eine Studie zeigte, dass die Wohnungsmieten rund um die Bushaltestelle dieser Shuttles um 20 Prozent gestiegen sind.

Auf der anderen Seite des Atlantiks steht Google im Besonderen und Überwachungstechnologien im Allgemeinen 2014 unter verstärktem Beschuss. So hat der Europäische Verfassungsgerichtshof (EuGH) Anfang April die kontroverse Vorratsdatenspeicherung gekippt, weil diese nicht mit dem Grundrecht auf Privatleben vereinbar ist, und außerdem Mitte Mai ein Grundsatzurteil zum “Recht auf Vergessenwerden im Internet” getroffen. Künftig ist Google verpflichtet, Verweise auf Webseiten mit sensiblen persönlichen Daten in seinen Suchergebnissen zu streichen. Zudem gibt es immer mehr Firmen gerade im Datenschutz-bewussten Mitteleuropa, die sich weigern, ihre Firmendaten aus Angst vor Wirtschaftsspionage in die US-Cloud zu speichern. Sehen wir da gerade die Beginne eines Rückbaus, stößt die Digitalisierung da auf ihre natürlichen Grenzen?

Digitale Ermüdungserscheinungen
Parallel zu wichtigen politischen Entscheidungen zeigen sich auf gesellschaftlicher Ebene zarte digitale Ermüdungserscheinungen. Der Boom von Facebook in Österreich (3,2 Millionen Nutzer, 40 Prozent der Bevölkerung, Quelle: Facebook Werbeplaner), in Deutschland (28 Millionen Nutzer, 35% der Bevölkerung, Quelle: Facebook Werbeplaner) ist schon länger vorbei, die 100 Prozent scheinen mittlerweile unmöglich. Twitter war und bleibt sowieso ein Nischenphänomen, das in Österreich gerade einmal 1,5 Prozent der Bevölkerung erreicht (siehe auch Social Media Radar). Dazu kommt der Wunsch nach mehr digitaler Privatheit, der User von Facebook und Twitter in Richtung WhatsApp, Snapchat, Whisper oder Secret zieht, wo es nicht mehr um das Sharen mit der Weltöffentlichkeit, sondern um vertrauliche Gruppen-Chats und Anonymität geht. Vielleicht sind diese Smartphone-Apps sogar ein Zwischenschritt zurück in analoge Gefilde (Vinyl, Schreibmaschinen und alte Kameras sind längst wieder en vogue) und entwöhnen uns langsam vom “Always on”-Paradigma.

Bei Jugendlichen hat das offenbar schon begonnen, glaubt man Jugendforschern: Teens halten digitale Diäten, kaufen sich simple Mobiltelefone statt Smartphones, fahren Facebook auf ein Minimum herunter – “Defriender” werden sie genannt. Die totale Vernetzung erzeugt offenbar eine Gegenbewegung, noch klein und zart, aber wer weiß, was das noch für Folgen hat. Auch Erwachsene braucht man die Geschichten vom Internet-Kühlschrank, der automatisch Milch nachbestellt, nicht mehr erzählen – außer man will Gähnen ernten.

Überhaupt ist die Frage, wie es mit Apps und Smartphones weitergehen wird. Abgesehen von einigen Games wie Quizduell, 2048 oder Candy Crush gibt es kaum mehr neue Applikationen, die jeder mal ausprobiert, wie man es noch vor einigen Jahren mit Dropbox, Evernote, Spotify oder Instagram machte. In der Flut an immer neuen Diensten, die sich manchmal nur um Nuancen unterscheiden, ist es verständlich, dass sich immer mehr User abschotten und das Mobiltelefon nur mehr zum ursprünglichen Zweck verwenden: Kommunikation mit Freunden und manchmal der Arbeit. Da ist es auch wieder vorstellbar, dass es wieder cool wird, kein Smartphone zu haben.

Analoge Freiräume schaffen
Das heißt nun nicht, dass man komplett auf Smartphone und Internet verzichten wird, aber die Menschen wollen sich analoge Freiräume in Raum und Zeit schaffen. Am Wochenende kann man zur Erholung offline gehen, und man kann Schlafzimmer oder Esstisch zur Smartphone-freien Zone machen. Freundeskreise tun das schon jetzt, wenn sie beim gemeinsamen Dinner die Mobiltelefone stapeln und denjenigen zur Strafe die komplette Rechnung zahlen lassen, der als erster dem Drang nicht widerstehen kann, zum Gerät zu greifen.

In der TV-Serie “Girls” wird so eine neue Technologieverweigerin, die weltreisende Bohemian Jessa, porträtiert. Nein, man sie könne nicht auf Facebook kontaktieren, sagt Jessa achselzuckend zu ihrer Freundin Shoshanna, weil sie dort ja gar kein Profil habe. Was Shoshanna ziemlich cool findet und erwidert: “You´re so classy.”

Was hältst Du von meinen Beobachtungen? Ist der Boom des Internet vorbei, wird Analoges wieder cool?

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Das Parkticket-Paradoxon: Wie Big-Data-Vorhersagen uns den freien Willen wegnehmen

Viktor Mayer-Schönberger vom Oxford Internet Institute auf der re:publica 2014. © Jakob Steinschaden

Viktor Mayer-Schönberger vom Oxford Internet Institute auf der re:publica 2014. © Jakob Steinschaden

Im Nachfeld der Internet-Konferenz re:publica wurde viel darüber diskutiert, ob Sascha Lobos “Rede zur Lage der Nation” gut, ob David Hasselhoffs Werbeauftritt für F-Secure notwendig oder der Google-Hoax der Künstlertruppe Peng! Collective gelungen war. Von den Medien leider ein wenig übersehen wurde dabei der wichtige Vortrag des österreichischen Oxford-Professors Viktor Mayer-Schönberger zu den “ethischen Grenzen von Big Data“. Denn Mayer-Schönberger warnte sehr eindringlich vor den Gefahren einer allumfassenden Datenerfassung, die uns künftig einmal die Freiheit nehmen könnte, uns frei zu entscheiden und zu handeln.

Vergangenheit bestimmt die Zukunft
Big Data ändert unser Verständnis für Zeit, und das könnte unsere Gesellschaft, unsere Freiheit und unsere Art zu leben zerstören“, findet Mayer-Schönberger und meint, dass die lineare Zeit (das Morgen entwickelt sich anders als das Heute) abgeschafft wurde. Er erklärt das an einem Beispiel: In 30 Bundesstaaten der USA werden bereits Big-Data-Analysen dazu verwendet, um das Verhalten von Straftätern vorherzusagen. Bei Entscheidungen, ob jemand auf Bewährung freikommt, wird in mehr als 50 Prozent der Fälle auf Computer-Vorhersagen zurückgegriffen, die die Wahrscheinlichkeit berechnen, ob jemand wieder in die Tötung eines Menschen verwickelt werden sein wird. Es entscheidet also nicht mehr ein Sozialarbeiter oder ein Kriminologe, ob jemand mit Chance auf Besserung freikommt, sondern statistische Wahrscheinlichkeiten, die von der Vergangenheit auf die Zukunft schließen. “Die Vorhersage nimmt uns die Chance, nach unseren eigenen Wünschen zu handeln, die Zukunft wird bestimmt durch die Vergangenheit“, so der Oxford-Professor.

Big-Data-Vorhersagen könnte man schon bald in vielen verschiedenen Gesellschaftsbereichen finden: Statistische Berechnungen entscheiden etwa darüber, ob man einen Kredit oder ein Bankkonto, den Führerschein oder eine Autoversicherung, eine Operation oder eine Behandlung, eine Ausbildung oder einen Job bekommt. Heute hat sich in den Köpfen vieler junger Menschen bereits folgendes festgesetzt: “Das Internet vergisst nicht, wir sind die erste Generation, deren Leben digital erfasst wird.” Es ist noch sehr abstrakt für den Einzelnen, was diese Permanenz der Daten bedeuten wird, aber man bekommt zumindest ein Gefühl dafür, wenn man hört: “Die Partyfotos von damals haben ihm eine Chance auf diesen Job genommen.” Die weitreichenden Konsequenzen auf unsere Zukunft sind etwa im Film “Minority Report” zu erahnen, wo Menschen eingesperrt werden, obwohl sie das Verbrechen noch gar nicht begangen haben.

Mittel gegen den “Polizisten im Kopf
Vorhersagen sind nicht perfekt, sondern nur Wahrscheinlichkeiten, das ist Strafe ohne Schuld“, sagt Viktor Mayer-Schönberger. “Wie soll ein Mensch in dieser Welt seine Unschuld beweisen? Vorhersage wird gleichbedeutend mit dem Urteil.” Frei handeln könne man unter solchen Umständen nicht mehr, denn ständig hätte man den “Polizisten im Kopf“, der dafür sorgt, dass man sich selbst aus Angst vor späteren Konsequenzen einschränkt und zensuriert. Die Abschaffung des freien Willens durch Big Data wiederum ist sehr abstrakt, lässt sich an einem kleinen Beispiel aber einfach veranschaulichen: Nehmen wir an, dass alle unsere Autos vernetzt sind, im Netz hängen und ihre Position ständig erfasst wird. Am Amaturenbrett gibt es ein Display, über das man viele praktische Funktionen abrufen kann – etwa, um einen Parkschein zu kaufen. Heute kann man bereits Parkscheine online via Smartphone kaufen, aber man muss nicht. Jeder kann das Risiko eingehen, den Parkschein nicht zu lösen und eine Strafe zu riskieren. In einer komplett vernetzten Welt, in der die Position eines Auto aber jederzeit den Behörden bekannt ist, ist das nicht mehr möglich. Am Display im Auto dürfte es dann nur mehr die sinnlose Auswahl zwischen “geringe Parkgebühr jetzt zahlen” oder “hohe Strafe später zahlen” geben, und niemand würde sich für Zweiteres entscheiden – die Option, den Parkschein einfach nicht zu zahlen (etwa, weil man glaubt, die Parkregel ist falsch), fällt weg.

Mayer-Schönberger fordert, wie viele andere auch, eine Beschränkung von Big-Data-Anwendungen und Big-Data-Experten, die diese Anwendungen auf ihre Verträglichkeit testen und zertifizieren. Das sind große Aufgaben für die Politik, die sich ihnen im Post-Snowden-Zeitalter so schnell wie möglich widmen müssen. Dem Einzelnen empfiehlt Mayer-Schönberger den regelmäßigen Ausbruch aus dem Regelwerk, das uns bereits heute umgibt, um sich ein Gefühl von Freiheit zu erhalten – einmal in der Woche bei Rot über die Straße gehen oder einen Parkschein nicht zu bezahlen kann so ein gewollter, freiwillige Regelbruch sein. Die Konsequenzen dafür muss man dann aber auch tragen.

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Tablet-Müdigkeit: Digitalstrategen sollten künftig „Smartphone first“ statt nur „Mobile first“ denken

Ist der Hype vorbei? Tablets verkaufen sich nicht mehr so gut wie noch vor einem Jahr. © Jakob Steinschaden

Ist der Hype vorbei? Tablets verkaufen sich nicht mehr so gut wie noch vor einem Jahr. © Jakob Steinschaden

Dem Tablet wurde seit der Präsentation des iPad im Jänner 2010 eine große Zukunft vorhergesagt. Den PC-Markt würden sie ruinieren, Zeitungen, Speisekarten und Schulbücher ersetzen, Navis im Auto und Displays im Flugzeug obsolet machen. Doch wie es derzeit aussieht, könnte der Tablet-Markt seinen Höhepunkt bereits erreicht haben.

Aus den aktuellsten Quartalszahlen von Apple geht hervor, dass im Vorjahreszeitraum 16 Prozent mehr iPads verkauft wurden. Während sich das iPhone weiter hervorragend verkauft und bereits 66 Prozent zum Umsatz von Apple beiträgt, scheint es am Tablet-Markt zu Ermüdungserscheinungen zu kommen. Visualisiert sieht das so aus:

Der angesehene Risikokapitalgeber Fred Wilson von Union Square Ventures (Tumblr, Twitter, Foursquare u.a.) etwa rechnet vor, dass der Tablet-Markt bei etwa 100 Millionen Stück pro Jahr stagnieren würde – so, wie der PC-Markt mit etwa 350 Millionen Stück pro Jahr seinen Plafond erreicht hätte.

Der Analyst Benedict Evans, tätig beim wichtigen Risikokapitalgeber Andreessen Horowitz (u.a. Facebook, Twitter, Pinterest, AirBnB), hat sich mit den iPad-Zahlen intensiv beschäftigt. Ihm zufolge würden PC- und Tablet-Markt stagnieren, während der Smartphone-Markt (im Wesentlichen iPhone und Android) weiter explodiert und kein Zeichen der Schwäche zeigen würde. “Tablets und Smartphones in eine Kategorie zu werfen, die mit PCs konkurriert, ist vielleicht der falsche Vergleich”, schreibt Evans. “Es wäre besser, PCs, Laptops und Tablets in einer eigenen “Big Screen”-Kategorie zu denken, die alle mit Smartphones konkurrieren und für die die Marktchancen einfach kleiner sind als die für Smartphones.” Tablets würden mit der Zeit weiter Marktanteile bei PCs und Laptops wegfressen, während die echte transformative Kategorie das Smartphone sei, das auf dem besten Weg zu einer Milliarde verkauften Einheiten pro Jahr sei.

Große Smartphones reichen auch
Dass der Tablet-Markt offenbar an eine Wachstumsgrenze gestoßen ist, erscheint plausibel. Vor allem große Smartphones mit 5 Zoll oder mehr Display-Diagonale und HD-Auflösung machen die Anschaffung eines Tablets oft nicht notwendig. Ich habe mir 2010 das erste iPad gekauft, seitdem aber keinen Upgrade gemacht, weil ich das Tablet immer seltener zur Hand nehme. Auf der Couch als Second Screen reicht ein 5-Zoll-HD-Smartphone auch, und im Berufsleben kann mir ein Tablet-Computer einen Laptop oder einen PC nicht wirklich ersetzen – da braucht es nach wie vor eine physische Tastatur, einen großen Bildschirm und umfangreiche Software. Dass sich Apple bis dato geweigert hat, ein großes Smartphone mit 5 oder mehr Zoll herauszubringen, könnte so auch damit zu tun haben, weil man sich die eigenen iPad-Verkäufe nicht zusätzlich kannibalisieren möchte.

Die Erkenntnisse die Wilson und Evans über den Tablet-Markt formuliert haben, sind wichtig für alle Firmen, die “Mobile” als Fixpunkt in ihrer Strategie stehen haben. Denn unter “Mobile” sollte man nicht Smartphones und Tablets subsumieren, sondern diese getrennt denken. “Tablets sind nicht Mobile”, hat Facebook-Chef Mark Zuckerberg einmal gesagt, und in der Österreichischen Web-Analyse (ÖWA) etwa werden Tablets nicht der mobilen, sondern der stationären Nutzung zugerechnet. Wer Apps anbieten will – egal ob Zeitung, TV-Anstalt, Game-Publisher oder Service -, sollte “Smartphone first” denken und sein Angebot dafür optimieren. “Designt und baut für das Smartphone”, rät Wilson. “Dort sind die Nutzer und werden es weiterhin sein.”

„Big Data, Big Brother“: Die Folien von meinem Vortrag bei „Am Puls“ im Albert-Schweitzer-Haus

Prof. Arno Scharl von der Modul University neben mir am Rednerpult. © FWF

Prof. Arno Scharl von der Modul University neben mir am Rednerpult. © FWF

Am vergangenen Dienstag, 29. April, habe ich gemeinsam mit Big-Data-Experte Prof. Arno Scharl von der MODUL University Vienna einen Vortragsabend bei „Am Puls“ im Wiener Albert-Schweitzer-Haus zum Themenkomplex „Big Data, Big Brother“ gestaltet. Es war ein sehr gut besuchter Event mit sehr guten Fragen aus dem offenbar sehr interessierten Publikum und spannenden Gesprächen danach. Vielen Dank nochmal an den FWF Wissenschaftsfond und PR&D für die Einladung und Organisation des Abends!

Die Wiener Zeitung hat einen großen Bericht über unsere Vorträgen veröffentlicht, die Präsentationsfolien gibt es wie versprochen hier zum Nachblättern:

© FWF

© FWF

ap39-03

© FWF

ap39-06

© FWF

Ich recherchierte gerade die 3 Geheimformeln des Clickbaiting, als plötzlich das passiert! WOW!!

Clickbaiting_Montage Jakob Steinschaden

So, vielen Dank für den Klick. Leider muss ich Dich enttäuschen, hier gibt es keine spektakulären YouTube-Videos oder 23 Katzenbilder, sondern nur ein paar pseudowissenschaftliche Insights zum so genannten Clickbaiting, also dem Ködern von Internetnutzern mit reißerischen Headlines, die neuen Online-Medien ordentliche Zugriffszahlen bescheren. 90 Millionen Nutzer für Upworthy, 130 Millionen für BuzzFeed: Auch im deutschsprachigen Raum staunen Medienmanager und Journalisten über den immensen Traffic, den neue Online-Medien aus den USA in Top-Monaten auf sich ziehen können. Vor allem über Facebook und Twitter verbreiten sich die Storys und werden von den Nutzern besonders oft geteilt. Das Geheimnis: Die Headlines sind so optimiert, dass sie ganz gezielt zum Klick verleiten.

Am Zeitungsboulevard wird das, was BuzzFeed, Upworthy und viele andere so genannter „Viral-Medien“ im Netz heute betreiben, natürlich schon lange gemacht. Ab dem Zeitpunkt, an dem verschiedene Blätter am Kiosk um die Gunst der Leser buhlen mussten, begannen einige Titel damit, mit sensationellen Schlagzeilen um Aufmerksamkeit zu heischen. In Mitteleuropa können das etwa die deutsche “Bild”-Zeitung (“Wir sind Papst!“) oder die österreichische Gratiszeitung “heute” (“Richard Lugners neues Spatzi“) besonders gut.

Die Anatomie des Clickbaiting
Im Internet gibt es diese reißerischen Schlagzeilen natürlich auch, allerdings funktionieren sie ein wenig anders. Ein wichtiger Verbreitungsweg für neue Online-Medien sind die Social-Media-Seiten Facebook und Twitter, wo man an den alten News-Riesen, die sich im Google-Ranking bereits einen fixen Platz sichern konnten, vorbei kommt. Headlines müssen so optimiert werden, dass sie einerseits zum Klicken auf den Link am Ende einladen (so genanntes “Clickbaiting”) und andererseits auch gerne geteilt werden – vor allem bei sinkender organischer Reichweite von Facebook-Seiten ist es wichtig, dass die eigenen Leser die Links an ihre Freunde weiterleiten und nicht das Medium selbst an die Nutzer adressieren muss.

Die Headlines im Netz bestehen oft aus ganzen Sätzen, da sie in wenigen Sekunden Appetit auf die Story machen müssen, ohne zu viel zu verraten, und müssen außerdem Platz für alle relevanten Schlüsselworte haben. Mir sind drei Versionen von Clickbait-Headlines aufgefallen (es gibt sicher mehr):

1. Die Viralvideo-Formel

Auf Facebook, aber mittlerweile auch auf Twitter, werden immer öfter Videos geteilt, “die man gesehen haben muss“. Die Clips selbst müssen natürlich auch spektakulär sein, aber entscheidend ist die Headline, die der Nutzer in ein zwei Sekunden erfassen können muss. Sie muss Spannung erzeugen, darf dabei aber nicht zu viel verraten. Hier einige Beispiele:

Er wohnte auf einer Insel inmitten von 13 Mio. Menschen. Keiner beachtete ihn, bis eine Frau hinsah.” (Likemag.com)

Bei dieser 79-jährigen Tänzerin gähnen zuerst alle… doch plötzlich geschieht etwas Unfassbares. WOW!” (Likemag.com)

A Girl Noticed Her ‘Friend’ Was Starving Her Dog. What Happened Next Surprised Everyone. Wow.” (Viral Nova)

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2. Die BuzzFeed-Formel

BuzzFeed ist vor allem für seine Listicles (Artiel mit Listen zu einem Thema) berühmt geworden, in denen uns “X Dinge, die uns Y über Z lernen können“, versprochen werden. Hier drei Beispiele von besonders oft geklickten Buzzfeed-Storys:

21 Pictures That Will Restore Your Faith In Humanity.” (BuzzFeed)

12 Extremely Disappointing Facts About Popular Music.” (BuzzFeed)

13 Simple Steps To Get You Through The Day.” (BuzzFeed)

Die britische Psychologin Nathalie Nahai hat sich ebenfalls mit den BuzzFeed-Schlagzeilen auseinandergesetzt und sich mit den Mechaniken des so genannten “persuasive storytelling” auseinandergesetzt. Ihr zufolge sieht die Buzzfeed-Formel folgendermaßen aus:

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3. Die Upworthy-Formel

Bei Upworthy wird natürlich auch mit Viralvideos gearbeitet, doch die Webseite tickt ein wenig anders. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, sensationelle und gleichzeitig substanzielle Storys verbreiten zu wollen. Upworthy-Schreiber sollen Forbes zufolge immer 25 verschiedene Schlagzeilen schreiben, vier davon werden online getestet, bevor dann die finale Headline groß kommuniziert wird. Unter upworthy.com/best-of kann man sich die Storys ansehen, die die meisten Klicks bekommen haben. Die Titel sehen etwa so aus:

A Boy Makes Anti-Muslim Comments In Front Of An American Soldier. The Soldier’s Reply: Priceless.” (Upworthy)

A 4-Year-Old Girl Asked A Lesbian If She’s A Boy. She Responded The Awesomest Way Possible. (Upworthy)

Bully Calls News Anchor Fat, News Anchor Destroys Him On Live TV. (Upworthy)

This 19-Year-Old Pedophile Has Never Gone Near A Child. And He Needs You To Hear His Story.” (Upworthy)

Der Werbe-Kreative John Kersell hat sich die Upworthy-Headlines genauer angesehen und zu folgender Formel gekommen, nach der sie ticken sollen:

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Dieser Artikel ist zuerst erschienen bei Netzpiloten.de.

Channel 16: Wikitude-Gründer startet eine neue Smartphone-App für lokales Notfall-Messaging

Der Wikitude-Gründer Philipp Breuss-Schneeweis mit Google Glass auf der Nase. © Philipp Breuss-Schneeweis

Der Wikitude-Gründer Philipp Breuss-Schneeweis mit Google Glass auf der Nase. © Philipp Breuss-Schneeweis

Es juckt ihn wieder: Der Salzburger Philipp Breuss-Schneeweis, der mit Wikitude 2008 eines der erfolgreichsten Start-ups Österreichs gegründet hat, will mit einem neuen Seitenprojekt durchstarten. “Channel 16” (gratis für Android, iPhone-Version in Arbeit) ist eine App, die als „Walkie Talkie der Smartphone-Ära“ fungieren soll. Mit der Software kann man im Prinzip öffentliche Statusmeldungen absetzen, die andere Channel-16-Nutzer erhalten, die sich in einem definierten Umkreis (z.B. 1000 Meter) aufhalten. Da Breuss-Schneeweis aus seinem ersten Start-up, das sich auf Augmented Reality spezialisiert hat, viel Erfahrung mit Wearables mitbringt, ist Channel 16 vom Start weg auf das Zusammenspiel mit Wearables wie die Smartwatch Pebble oder die Datenbrille Google Glass ausgelegt.

Notrufe an Menschen in der Nähe
„Das Prinzip ist folgendes: Ich schalte bei meinem Segeltörn oder meiner Schitour Channel16 ein, um im Notfall erreichbar zu sein“, sagt Breuss-Schneeweis im Interview. „Wenn ich einen Notfall habe, kann ich andere erreichen. Natürlich wird das dauern, bis sich so ein Prinzip durchgesetzt hat, aber Unglücksfälle, wo Channel16 helfen könnte, gibt es leider genug.“ Das Fährunglück in Südkorea vergangene Woche sei so ein Beispiel.

Die Android-App von Channel16. © Philipp Breuss-Schneeweis

Die Android-App von Channel16. © Philipp Breuss-Schneeweis

“Die Motivation, dieses Projekt umzusetzen, hatten wir nach der Erkenntnis, dass es mit der vorhandenen Technologie möglich ist, jederzeit Bekannte auf der anderen Seite der Erde zu kontaktieren, jedoch nicht, eine nicht bekannte Person direkt auf der Straße vor unserem Büro zu erreichen”, sagt Breuss-Schneeweis mit Verweis auf WhatsApp, wo es stark um Kommunikation mit Bekannten gehe und Location eine untergeordnete Rolle spiele.

“Standort-bezogenes Messaging ist aktuell eine Vision, die bestenfalls im Bereich Dating umgesetzt wurde.” Channel 16 soll sich deswegen zu Anfang auf lokale Notfall-Kommunikation spezialisieren – deswegen auch der Name. “Channel16 VHF (“Very High Frequency”, Anm.) ist im Funkbetrieb, insbesondere im maritimen Bereich, der Sichtfunk und Notrufkanal”, so der Wikitude-Gründer. “Das Projekt Channel16.me untersucht die Einsatzmöglichkeit von Smartphones und Wearable Devices für einen Funkgerät-ähnlichen Betrieb.”

Erste Zielgruppe: Freizeitsportler
Zielgruppe seien etwa Skitourengeher, Wanderer, Mountainbiker oder Segler auf Binnengewässern, außerdem sind Kooperationen mit Vereinen wie Segelclubs oder der Bergrettung angedacht. Das große Ziel: Eine Infrastruktur zur Notfallkommunikation in kommerziellen Mobilfunknetzen. “Heutzutage wird Funktechnologie von Amateurfunkern, im Flugverkehr, in der kommerziellen Schifffahrt und bei Rettungsdiensten eingesetzt”, so Breuss-Schneeweis.

“Durch die Entwicklung der Smartphones und Wearable Devices entstanden Möglichkeiten, die drahtlose Kommunikation um ein Vielfaches zu verbessern: zusätzlich zur Voice-Übertragung können unterschiedlichste Dateitypen (z.B. Fotos, Videos) bandbreitenintensiv übertragen werden, der Standort kann auf einer Karte angezeigt werden, Nachrichten können verschlüsselt werden, Informationen können mittels Augmented Reality dargestellt werden.”

Die Herausforderung an das Channel-16-Team, das neben Breuss-Schneeweis noch aus einem österreichischen UI-Designer und einem japanischen iOS-Entwickler besteht: Sie müssen die Idee des “Funkgeräts 2.0” nun an möglichst viele Menschen tragen. “Der Bereich des standortbezogenen Notfall-Messaging für Enduser ist derzeit noch nicht besetzt”, sagt Breuss-Schneeweis. “Es gibt einige Apps, die sich „Walkie-Talkie für Smartphones” nennen, sind jedoch nichts anderes als Chatrooms.” Eine weitere Hürde: Channel 16 vom Ausbau der Mobilfunknetze abhängig, da sie auch in entlegenen Gegenden zum Einsatz kommen soll, die noch nicht mit Handy-Empfang versorgt sind.

Breuss-Schneeweis bleibt bei Wikitude
Seine Haupttätigkeit als Gründer von Wikitude wird Breuss-Schneeweis nicht aufgeben. Von seinem dortigen CEO Martin Herdina hat er sich das Einverständnis geholt, Channel 16 in seiner Freizeit umzusetzen. Immerhin hatte er die Idee zum lokalen Messaging bereits in den Anfangstagen seiner Augmented-Reality-Software, die sich dann aber in eine andere Richtung – nämlich jener einer Plattform – entwickelte.

Instagram: 16 Tricks, mit denen man das Beste aus der Schnappschuss-App herausholt

"Nur" eine App, aber dann doch ziemlich komplex: Die Facebook-Tochter Instagram. © Instagram

„Nur“ eine App, aber dann doch ziemlich komplex: Die Facebook-Tochter Instagram. © Instagram

Ich habe vor kurzem eine Story geschrieben, wie Werbeleute die Foto/Video-App Instagram (gratis für iPhone, Android und Windows Phone) benutzen können. Die Facebook-Tochter erfährt in letzter Zeit enormen Zuspruch, dürfte in Österreich bereits mehr Nutzer als Twitter haben und gefällt nicht nur Teenies, sondern auch älteren Semestern. Da tun sich gerade für Neulinge und Gelegenheits-User immer wieder Fragen zur Verwendung auf, die ich hier einmal gesammelt beantworte:

1. Facebook umschiffen:
Auch wenn Instagram bei der ersten Anmeldung gefühlte 38 Mal dazu auffordert, den Account mit Facebook zu verknüpfen – müssen tut man nicht (einfach überspringen). Pseudonym, Spitznamen, Nick – nenn’ es wie du willst, jeder darf sich den Namen geben, den er will, es gibt anders als bei Facebook keine Klarnamenpflicht. Achtung: Wenn man seinen Account später zum Sharen der Bilder mit Facebook verknüpft, sind die beiden Konten dann natürlich schon miteinander vernetzt, und gemäß den Nutzungsbedingungen können die Daten aus beiden Diensten über eine Person zusammengeführt werden.

2. Den eigenen Namen sichern:
Wer mit einem Spitznamen unterwegs ist, kann sich mit einer zweiten E-Mail-Adresse seinen echten Namen sichern, indem man einen Account anlegt, ihn auf “privat” setzt und mit einem guten Passwort absichert. So kann der eigene Name nicht von Spaßvögeln missbraucht werden, sollte man irgendwann im späteren Leben doch noch berühmt werden.

3. Doppel-Tippen zum Liken:
In den Smartphone-Apps kann man mit einem so genannten “Double Tap” Bilder liken, also mit einem Herzerl versehen. Klingt unspektakulär, macht aber irgendwie mehr Spaß als einfach nur aufs Herzerl zu klicken.

4. Die besten Hashtags finden:
Wer süchtig nach Likes ist, der wird nicht darum herum kommen, seine Bilder mit Hashtags (die Schlagworte mit dem Rautezeichen) zu versehen. Der Sinn: Einen Hashtag kann man anklicken, damit man alle Instagram-Bilder, die mit ihm gekennzeichnet wurden, abruft. Kennzeichnet man seine eigenen Bilder nun mit beliebten Hashtags, werden sie von vielen anderen Nutzern gefunden. Die Top 100 Hashtags findet man etwa unter http://web.stagram.com/hot/.

5. Ein entscheidender Link:
Anders als bei Twitter oder Facebook man zwar einen Link zu einem Foto dazuposten, aber er kann nicht angeklickt werden und ist damit wertlos. Der einzige Link, der funktioniert, ist der im eigenen Instagram-Profil. Diesen Link sollte man weise nutzen und die wichtigste eigene Webseite eintragen, weil das Instagram-Profil bei Google oft sehr hoch gerankt wird und bei einer Namenssuche viele Nutzer dorthin gelangen.

6. Beiträge auf “privat” schalten:
Instagram ist von Haus aus ein öffentliches Social Network, man kann die eigenen Fotos aber auch nur akzeptierten Abonnenten zeigen. Die Einstellung dafür findet man aber unlogischerweise nicht in den “Einstellungen”, sondern unter “Profil bearbeiten” unt scrollt ganz nach unten.

7. Was man nicht verstecken kann:
Als Instagram-Nutzer kann man seinen Account zwar auf “privat” setzen, doch das verbirgt im Wesentlichen nur die eigenen Fotos und die Kommentare darunter vor den Blicken von Nicht-Abonnenten. Profilbild, Name, Biografie (sofern ausgefüllt), Web-Adresse sowie Anzahl von Fotos, Abonnenten und Abonnements sind trotzdem öffentlich. Wenn man einen Kommentar unter das öffentliche Fotos eines anderen Nutzers schreibt, ist dieser ebenfalls öffentlich, auch wenn der eigene Account privat ist.

8. Kommentare löschen:
Es kann natürlich vorkommen, dass man eigene Kommentare unter fremden Bildern oder fremde/eigene Kommentare unter den eigenen Bildern löschen möchte. Das geht in den Smartphone-Apps. Am iPhone geht man auf das Foto, unter der das betreffende Posting ist, tippt auf kommentieren und wischt dann von rechts nach links über den Beitrag – dann tippt man auf den Mistkübel. Auf Android gibt es diese Wischgeste nicht, stattdessen drückt man etwas länger auf den betreffenden Kommentar, damit mit zur Option “Löschen” gelangt. Bearbeiten wie bei Facebook kann man eigene Postings auf Instagram nicht.

9. Foto-Tags einschränken:
Dass man von seinen Followern auf Fotos markiert wird, kann man prinzipiell nicht verhindern, aber immerhin einschränken. Im eigenen Profil gibt es den Bereich “Fotos von dir” (sollte eigentlich “Fotos, auf denen du zu sehen bist” heißen), in dem alle Bilder gesammelt sind, auf denen man getaggt wurde. Um zu verhindern, dass Bilder hier automatisch hinzugefügt werden, klickt man hier auf “Optionen” und stellt auf “Manuell hinzufügen” um – dann wird man vorher gefragt, ob ein Schnappschuss bei “Fotos von dir” gelistet sein darf. Außerdem kann man nachträglich Markierungen löschen: Bei dem Bild auf den eigenen Namen tippen, dann “mehr Optionen”, dann “Mich von einem Foto entfernen”.

10. Kostenlose Analyse-Tools:
Manchen Nutzern ist die Analyse des eigenen Accounts wichtig. Bei Statigram bekommt man gratis Statistiken zu der Entwicklung der Followerzahlen, der beliebtesten Bilder oder der Zeiten, an denen man besonders viele Interaktionen (Herzerl, Kommentare) bekam. Nitrogram ist zwar eigentlich kostenpflichtig, bietet aber eine kostenlose Demo-Version für seine umfangreichen Analyse-Dienste. Bei Simply Measured bekommt man gegen Angabe einer E-Mail-Adresse und nach dem Folgen deren Twitter-Accounts einen Analyse-Report zum eigenen Instagram-Account.

11. Zugriffsrechte verwalten:
Wenn man Web-Dienste wie Statigram oder Apps wie Path mit Instagram verwenden will, muss man diesen Zugriff auf das eigene Konto gewähren. Wer diesen Zugriff später wieder untersagen möchte, muss das im Web auf www.instagram.com machen. Unter “Profil bearbeiten” findet sich dazu die Option “Apps verwalten”.

12. Foto machen, aber nicht veröffentlichen:
Manchmal will man einen Schnappschuss mit den durchaus hübschen Fotofiltern von Instagram versehen, aber das Bild nicht sofort oder überhaupt nicht veröffentlichen. Dazu setzt aktiviert man in den Einstellungen “Originalfotos speichern”, dreht den Flugmodus auf, macht das Foto und löscht es dann wieder, wenn man die Anzeige “Hochladen fehlgeschlagen” zu sehen bekommt. Das quadratische Bild findet man dann in der Galerie des Smartphones.

13. Mobile Daten sparen:
Bei Instagram werden Videos automatisch vorab geladen und dann abgespielt, was unter 3G/4G einige Daten braucht. Damit das unterwegs nicht passiert, kann man das unter “Einstellungen” -> “Videos” unterbinden – Videos werden dann nur mehr unter WLAN-Verbindung automatisch im Voraus geladen.

14. Immer quadratisch denken:
Anders als bei anderen Foto-Diensten kann man bei Instagram ausschließlich mit den offiziellen Smartphone-Apps Bilder hochladen – das gewährleistet, dass alle Schnappschüsse im typischen Quadratformat bleiben. Man kann aber trotzdem Fotos mit anderen Apps (eine gute Liste gibt es hier) machen oder Bilder aufs Smartphone laden und diese dann bei Instagram veröffentlichen. Aber Vorsicht: Fremdbilder müssen bei Instagram vor dem Hochladen immer auf das quadratische Format zurechtgestutzt werden, was manchen Aufnahmen (z.B. Panoramas, Hochformate) gar nicht gut tut.

15. Nichtnutzern Fotos schicken:
Bei jedem Foto – eigenen als auch fremden – finden sich drei vertikale (Android) oder horizontale (iPhone) Punkte. Ein Klick auf diese öffnet ein Optionsmenü, wo man unter anderem die “URL zum Teilen kopieren kann”. Diese URL (=Link) liegt dann im Zwischenspeicher, von wo man sie einfach in ein E-Mail, WhatsApp-Chat etc. kopieren kann. Der Link führt dann zur Web-Ansicht des Fotos. Achtung: Nichtnutzer können nur öffentliche Fotos einsehen.

16. Direktnachrichten an Nicht-Abonnenten schicken:

Anders als etwa bei Twitter kann man Direktnachrichten auch an Nutzer schicken, denen man nicht folgt bzw. die einem selbst nicht folgen. Die Einschränkung: Der Empfänger muss zuerst erlauben, dass er Nachrichten von dem Sender empfangen kann. Wie bei allen Direktnachrichten auf Instagram muss man immer ein Bild schicken, nur Text geht leider nicht.

Update1: Die werte Blogger-Kollegin Petra Köstinger hat auf Digitalschmankerl.at die 25 besten österreichischen Unternehmen auf Instagram zusammen getragen.

Update 2: Mit Bolt hat Instagram Ende Juli 2014 einen Snapchat-Rivalen zum schnellen Verschicken von Fotos und Videos gelauncht.

Update 3: Mit Hyperlapse hat Instagram Ende August 2014 eine neue App vorgestellt, mit der man Zeitraffer-Videos mit dem Smartphone drehen und bei Instagram und Facebook veröffentlichen kann.

„Fuck the NSA“: Mein Artikel über die Pro Privacy Alliance im aktuellen „Cash-Flow“-Magazin

Fuck_The_NSA_Cash-Flow

Achtung, „explicit language“: In der aktuellen Ausgabe des Magazins Cash-Flow habe ich einen Artikel unter dem ziemlich aussagekräftigen Titel „Fuck the NSA“ veröffentlicht, in dem es um die Pro-Privacy-Allianz geht, die sich rund um Whistleblower Edward Snowden, den Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald, WikiLeaks und den bekannten Hacker und Sicherheitsexperten Jacob Appelbaum geht. In der Story lest, ihr, wie Appelbaum und Julian Assange sich den Gesellschaftstheorien von Marx bedienen, um das Ungleichgewicht zwischen einer Informationselite und einer Hightech-Arbeiterklasse zu beschreiben. Am 30C3 hat Appelbaum sich bei einer Pressekonferenz zur NSA-Überwachung außerdem ziemlich deutlich geäußert und in Bezug auf die Milliardenkosten der Überwachungsprogramme gemeint: „Diese Motherfucker haben meine Generation beraubt.“ Warum der Artikel „Fuck the NSA“ getitelt wurde, erschließt sich übrigens ganz am Ende – aber lest selbst:

Facebooks mobile Zukunft: Auf der f8 will das Social Network zum App-Baukasten werden

Haupt-App, Page-Manager, Messenger, Instagram, Home und WhatsApp: Was kommt jetzt? © Google, Facebook, Montage: Jakob Steinschaden

Am 30. April will Mark Zuckerberg in San Francisco die Weichen für die mobile Zukunft seiner Firma stellen. Was auch sonst? Seit dem 4. Quartal 2013 verdient das Social Network mehr als 50 Prozent seiner Werbeeinnahmen im mobilen Bereich, hat Ende Jänner 2014 um 19 Mrd. Dollar die Messaging-App WhatsApp geschluckt und baut derzeit seine Haupt-App radikal um: Die Chat-Funktion ist künftig nur mehr in der separaten Messenger-App verfügbar, womit diese langfristig für eine Zusammenführung mit WhatsApp angeglichen wird. Daneben gibt es noch Paper zum Lesen von Socia News, Instagram und Facebook Camera für Fotos, den Seitenmanager für Facebook-Seiten und für ganz Hartgesottene Facebook Home, bei dem sich das Social Network auf Android-Handys in den Vordergrund drängt.

Aufsplitten in viele Einzel-Apps
Diese Aufsplittung der Haupt-App in verschiedene Spezial-Apps (Foto, Messaging, News, etc.) veranlasste Wired bereits vom “Ende von Facebook, wie wir es kennen” zu schreiben. Viele kleine anstatt einer großen, überladenen App anzubieten, ist keine Erfindung von Facebook, sondern entspricht dem Trend. Auch die österreichischen App-Firmen Runtastic (Laufen, Radfahren, Sit-ups, etc.) oder Tripwolf (Barcelona, Paris, London, usw.) splitten ihre Angebote in viele kleine Einzel-Apps auf. Mark Zuckerberg hat für diese Strategie eigens die Creative Labs in seiner Firma eingerichtet, wo kleine Teams neue Apps entwickeln – der Social-News-Reader Paper ist die erste einer ganzen Reihe an zu erwartender Software.

Wenn man sich die Übernahmen, die Facebook im vergangenen Jahr getätigt hat, dann bekommt man eine Ahnung davon, was zu erwarten ist: Spaceport.io ist auf mobile Games spezialisiert, SportStream ist eine Second-Screen-App für Sportsendungen, Jibbigo ist ein mobiler Übersetzer, und Branch bietet eine App für Diskussionen zu bestimmten Themen.

Eine Plattform, auf der andere Apps aufbauen
Doch weil Facebook trotz 6000 Mitarbeitern wie schon im Desktop-Web nicht alles alleine bauen kann, wird die Firma meiner Theorie nach einen eigenen Baukasten für App-Entwickler auf der Hauskonferenz f8 präsentieren. Denn, so kann man im Programm bereits nachlesen, wird das Ingenieur-Team der Facebook-Tochter Parse eine große Rolle bei den Präsentationen spielen. “Create cross-platform apps faster. Learn how to use Facebook Platform and Parse to build great mobile apps and games”, heißt es da ziemlich deutlich. Für Nicht-Entwickler: Facebook will es Entwicklern offenbar sehr einfach machen, Apps für iPhone, Android und Windows Phone zu bauen, bei denen man sich per Facebook einloggt und dabei Name, Foto, Freundesliste, Like-Daten etc. importiert – ein so genanntes App Framework. Parse sorgt dafür, dass die Daten in der Cloud gespeichert werden, Push-Benachrichtigungen richtig abgewickelt werden und der Entwickler die Daten einfach analysieren kann. Für Letzteres könnte auch der Zukauf Little Eye Labs sorgen, das auf Android-Analyse spezialisiert ist.

Dass Facebook in anderen Apps tief integriert werden will, passt zur Historie. Auf der f8-Konferenz hat Zuckerberg in den vergangenen Jahren Facebook Connect für Webseiten (2008), Social Plugins wie den Like-Button (2010) und den Open Graph (2011) zur noch tieferen Einbindung von Facebook in externe Dienste wie Spotify, AirBnB, BuzzFeed oder Disqus.

Facebook-Ads in Dritt-Apps
Außerdem groß auf der f8-Agenda: Monetarisierung von Apps. “Get more in return for your apps. We’ll go deep into new tools and options to help you earn more on mobile and web”, wird Teilnehmern versprochen. Doch aus reiner Nächstenliebe wird Facebook wohl nicht dafür sorgen wollen, dass App-Macher mehr Geld mit ihren mobilen Diensten verdienen – das Social Network wird da sicher eine Scheibe abhaben wollen. Mit Bezahl-Apps lässt sich das kaum bewerkstelligen, da die App Stores fest in der Hand von Apple und Google sind, die 30 Prozent vom Verkaufspreis mitschneiden.

Bleibt die Werbung, dem Spezialgebiet von Facebook (Jahresumsatz 2013: 7,9 Mrd. Dollar). Und da gibt es schon seit Jahren Pläne, die personalisierten Anzeigen nicht nur auf Facebook.com und in den eigenen Apps, sondern auch anderswo anzuzeigen (z.B. auf Zynga.com). Anfang 2014 hat Facebook-Produktentwickler Sriram Krishnan verkündet, dass man ein neues “mobile ad network” mit ausgewählten Partnern teste, um “a new way for developers to monetize mobile apps” zu erkunden. Werber könnten dann ähnlich wie bei Apples iAd (150.000 Apps im Netzwerk) ihre Werbeanzeigen nicht nur in der Facebook-App, sondern in Dritt-Apps einblenden. Klickt der Nutzer darauf, bekommt der App-Anbieter und Facebook (z.B. bei einem Revenue Share von 70/30) Geld. Die Personalisierung (Alter, Wohnort, Freunde, Likes, etc.) dieser Ads wäre denkbar einfach, da sich der Nutzer ja bereits per Facebook angemeldet hat.

So, das sind meine Theorien zu den Facebook-Neuerungen auf der f8 – wie lauten Deine?

Der „Chilling Effect“: Massenüberwachung sorgt für Selbstzensur, Konformität und Stress

Wenn sich Menschen ins Visier genommen fühlen, ändern sie ihr Verhalten. © Jakob Steinschaden

Wenn sich Menschen ins Visier genommen fühlen, ändern sie ihr Verhalten. © Jakob Steinschaden

Seit etwas mehr als einem Jahr sorgt die Vorratsdatenspeicherung (VDS) für die verdachtslose Überwachung von privater digitaler Kommunikation in Österreich, seit fast einem Jahr wissen wir dank Edward Snowden von der umfassenden NSA- und GCHQ-Überwachung auf der ganzen Welt. Der Europäische Gerichtshof hat nun heute Dienstag nach Klagen gegen die VDS aus Österreich und Irland entschieden, dass die anlasslose Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten der Bürger zu Fahndungszwecken „in vollem Umfang unvereinbar“ mit der EU-Grundrechtecharta ist – also das Grundrecht auf Datenschutz und Privatleben verletzt. Wie es mit der Richtlinie nun weitergeht, ist ungewiss – es bleibt etwa abzuwarten, ob die VDS in Österreich wieder abgeschafft wird.

Wer hat hier nichts zu verbergen?
Das ist auch insofern spannend, weil die Massenüberwachung vielen Studien zufolge soziale Folgen zeigt. Befürworter argumentieren, dass man so Terroristen und andere Bösewichte fangen kann (“Wir brauchen den Heuhaufen, um die Nadel zu finden”), die Gegner sehen die Grundsätze westlicher Demokratien (Privatsphäre, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, etc.) erschüttert. Zwischen diesen beiden Polen gibt es eine oft indifferente Menge, in der die Meinung vorherrscht: “Ich habe ohnehin nichts zu verbergen. Sollen sie doch meine faden E-Mails und Facebook-Postings speichern.” Grobe Veränderungen im Verhalten der Menschen sind in der Post-Snowden-Ära kaum wahrzunehmen. Zwar klagt die IT-Industrie, allen voran Facebook-Chef Mark Zuckerberg, über das erschütterte Vertrauen der Konsumenten und Firmenkunden in Cloud-Dienste vor allem aus den USA; da wird die eine oder andere App vom Smartphone gelöscht; dort boomen Privacy-Start-ups wie Secret, DuckDuckGo oder Snapchat; doch eine echte Zäsur hat noch nicht stattgefunden.

Die Veränderungen, die Menschen in einer Atmosphäre der Überwachung durchmachen, sind aber dennoch vorhanden, wenn auch schleichender Natur. In der Wissenschaft spricht man vom so genannten “Chilling Effect”, also folgendem Prozess: Im vorauseilenden Gehorsam beschränken sich Menschen selbst, um etwaige spätere Konflikte zu vermeiden. Folgende Forschungsergebnisse zeigen, wie sich Überwachung im täglichen Leben auswirkt:

1. Suchanfragen beschränken: Einer Studie der norwegischen Datenschutzbehörde NDPA zufolge sagen 46 Prozent der Befragten, seit den Snowden-Aufdeckungen wesentlich beunruhigter in Bezug auf die eigene Privatsphäre im Netz zu sein. Etwa 16 Prozent beschränken sich selbst, wenn es um spezifische Suchanfragen geht, von denen sie glauben, dass sie ihnen Ärger einbringen könnten.

2. Spuren verwischen: Einer Untersuchung des renommierten Pew Research Centers hat gezeigt, dass bereits 86 Prozent der US-amerikanischen Internetnutzer Schritte gesetzt haben wollen, ihre Spuren im Internet zu verwischen. Zwei Drittel löschen Browser-Verlauf und Cookies, 41 haben Online-Postings geändert oder gelöscht, 14 Prozent haben einen Anonymisierungs-Dienst wie TOR ausprobiert.

3. Heikle Telefonate vermeiden: Der US-Organisation für digitale Bürgerrechte EFF zufolge haben 22 sehr unterschiedliche Interessensverbände (u.a. aus den Bereichen Religion, Menschenrechte, Umweltschutz, Waffenbesitz) gemeldet, dass sie seit dem Bekanntwerden der NSA-Überwachung weniger Anrufe bei ihren Hotlines verzeichnen. Viele Menschen würden heikle Themen nicht mehr am Telefon besprechen wollen.

4. Themen zensurieren: Eine Umfrage unter 520 US-Schriftstellern durch den linken Literaturverband PEN hat ergeben, dass jeder Sechste vermeidet, über bestimmte Themen zu schreiben oder zu sprechen. 28 Prozent haben ihre Social-Media-Aktivitäten eingeschränkt oder ganz eingestellt, 24 Prozent vermeiden bestimmte Themen am Telefon oder in E-Mails.

5. Informanten sind vorsichtiger: Eine Gruppe US-Medienwissenschaftler rund um Emily Bell von der Columbia University und Ethan Zuckerman vom MIT Media Lab hat festgehalten, dass sich Personen, die als Quelle für wichtige Informationen dienen könnten, weniger als früher gewillt sind, sich bei Journalisten zu melden – was wiederum eine Bedrohung für die Pressefreiheit darstelle.

Es gibt außerdem eine Reihe von Studien aus der Zeit vor den Snowden-Enthüllungen, die die Effekte von Überwachungsmaßnahmen untersucht haben:

1. Minderheiten fühlen sich observiert: Eine Studie an der Universität Maryland aus dem Jahr 2007 zeigte, dass 71,1 Prozent der in den USA lebenden Muslime glaubten, dass die US-Regierung ihre Internet-Aktivitäten nach den Anschlägen vom 11. September speziell unter die Lupe nehmen würde. Immerhin 8,4 Prozent änderten ihre Internet-Aktivitäten.

2. Stressfaktor am Arbeitsplatz: Eine Untersuchung aus dem Jahr 1992 an der University of Wisconsin-Madison zeigte, dass Personen, die am Arbeitsplatz elektronisch kontrolliert werden, ihre Arbeitsbedingungen als stressiger empfinden und öfter von Ängsten, Depressionen, Wut, Gesundheitsbeschwerden oder Müdigkeit berichten. Eine zweite Laborstudie zu dem Thema aus dem Jahr 1996 zeigt, dass Personen ohne elektronische Kontrolle ihrer Leistungen am Arbeitsplatz das Gefühl haben, mehr Selbstkontrolle zu haben.

3. Erhöhte Konformität: Ein berühmtes Experiment des Sozialpsychologen Solomon Asch im Jahr 1951 zeigte, dass Gruppenzwang eine Person so beeinflussen kann, dass sie eine offensichtlich falsche Aussage als richtig bewertet.

Insgesamt lässt sich also festhalten, dass die elektronische Massenüberwachung nicht jeden Aspekt des Lebens, dafür aber viele heikle Lebensbereiche wie den Job, Minderheiten, Problemthemen, Aufzeigen von Missständen etc. betrifft – also immer dort, wo es ans Eingemachte geht.

Geheimtipp: Foundertalks.org holt Gründer von Reddit, Disqus, Scribd und Cardpool nach Wien

Hochkarätige Besetzung bei den FounderTalks am 29. Mai in Wien.

Hochkarätige Besetzung bei den FounderTalks am 29. Mai in Wien.

Am 29. Mai findet in Wien ein Event statt, den Start-up-Menschen auf keinen Fall verpassen sollten: Denn da holt FounderTalks.org eine Handvoll Gründer aus dem Silicon Valley in die österreichische Hauptstadt, die nicht nur ihre Erfolgsstorys zum Besten geben werden, sondern auch in Mentor Sessions den einen oder anderen wertvollen Tipp für heimische Start-ups bereithalten werden. Die Gäste aus den USA sind allesamt an der Gründung von Internet-Diensten beteiligt, die vielleicht noch nicht ganz in der ersten Reihe stehen, die man als Internet-affiner Mensch aber bereits das eine oder andere Mal genutzt hat:

Steve Huffmann: Gemeinsam mit Alexis Ohanian (mein Interview mit ihm in New York gibt es hier zu lesen) hat er 2005 die Social-News-Seite Reddit gegründet, die für spannende, lustige und auch oft sehr schräge Links der Nutzer bekannt ist, heute dem Condé-Nast-Verlag gehört und 115 Mio. User pro Monat zählt.

Daniel Ha: Er ist CEO und Cofounder des Social-Commenting-Dienstes Disqus, der pro Monat eine Milliarde Unique User und 20 Millionen Kommentare zählt. Wie er das schafft? Das Kommentar-Plugin, das das Posten per Facebook, Twitter oder Google ermöglicht, ist in Webseiten wie Bloomberg.com, TheAtlantic.com, Politico.com oder TheNextWeb.com sowie Blog-Plattformen wie Tumblr, WordPress oder Blogger integriert.

Tikhon Bernstram: Er hat gleich zwei spannende Start-ups auf den Weg gebracht: Zum einen die App-Building-Plattform Parse, die Facebook für 90 Mio. Dollar aufgekauft hat, zum anderen Scribd, eine Art Netflix für digitale Bücher.

Anson Tsai: Dieser junge Herr hat bereits zwei Exits hinter sich. 2011 hat er den Geschenkgutschein-Dienst Cardpool um 45 Mio. Dollar an Blackhawk Network verkauft, 2008 hat er Anywhere.fm an Imeem verscherbelt, das selbst später von MySpace übernommen wurde.

Jason Putorti: Er hat Votizen, ein Dienst für politische Online-Kampagnen gegründet, der 2013 von Causes übernommen wurde und zuvor Investments von Sean Parker, Ashton Kutcher und Lady Gaga bekam. Außerdem war er Chef-Designer von Mint, einem in den USA populären Finanzmanaging-Tool.

Seth Bannon: Der Gründer von Amicus will NGOs beim Fundraising über soziale Netzwerke, VoIP und Direktmailings helfen.

Jamie Wong: Sie hat Vayable gegründet, wo Nutzer Stadttouren bei Einheimischen buchen können.

Kelsey Offield: Ihr Urgroßvater ist niemand geringerer als William Wrigley, der 1891 den heute weltgrößten Hersteller von Kaugummi gründete. Offield selbst betreibt in Los Angeles die Gusford Gallery zur Unterstützung junger Talente.

Ein Hauch von Y Combinator in der Stadt
Insider erkennen bereits: Das verbindende Element fast aller Gäste ist der Start-up-Inkubator Y Combinator, der etwa in Reddit, Scribd, Disqus oder Vayable investiert hat. Dass diese Internet-Unternehmer nun nach Wien kommen, ist FounderTalks-Initiatorin Audrey Kim zu verdanken, die für Y Combinator, die Vereinten Nationen und Google gearbeitet hat. Vor Ort wird sie von einigen zentralen Personen/Firmen der Wiener Start-up-Szene unterstützt: Andreas Klinger (Ex-Lookk, Die Socialisten), Michael Ströck (CEO von KochAbo.at), AustrianStartups und SpeedInvest, außerdem spendiert das Wiener Start-up Codeship jedem Teilnehmer drei Monate kostenlose Nutzung seines Web-Dienstes.

Wer nun an dem Event teilnehmen will, muss zwei Hürden nehmen: Zum einen kostet die Teilnahme 199 Euro für Start-up-Gründer und solche, die es noch werden wollen, sowie 499 Euro für Investoren, die sich unters Volk mischen wollen. Zum anderen muss man sich aber auch bewerben, da die Veranstaltung “invite only” ist. Die Macher wollen maximal 300 Teilnehmer und einen vernünftigen Mix aus der Start-up-Community hinbekommen – den kurzen Bewerbungschrieb füllt man hier aus.

P.S.: Die Location erfahren nur all jene, die eine Einladung zu der Veranstaltung bekommen.

Österreich: Bis zu 68 Prozent falsche oder inaktive Follower bei Twitter-Top-Accounts

Leere Blase? Follower-Zahlen sollte man mi Vorsicht genießen. © Twitter

Leere Blase? Follower-Zahlen sollte man mi Vorsicht genießen. © Twitter

Der österreichische Entwickler Roman Mittermayr (@mittermayr), Betreiber des Twitter-Analyse-Dienstes Fruji, hat exklusiv für den HORIZONT eine spannende Analyse erstellt. Er hat nämlich die inaktiven und Fake-Follower der 50 größten österreichischen Accounts, wie sie etwa die APA-OTS Twitterlist, das Social Media Ranking und der Social Media Radar ausweisen, berechnet. Und da gibt es bei Journalisten wie Armin Wolf, Medien wie DerStandard.at, Politikern wie Außenminister Sebastian Kurz oder Unternehmen wie Red Bull doch interessante Zahlen, die die Follower-Reichweiten teilweise stark in Frage stellen.

Spannend wird sein, ob sich Twitter traut, die Views von einzelnen Tweets anzuzeigen. Diese nützliche Funktion wird derzeit getestet, macht den Kurznachrichten-Dienst aber transparenter als bisher. Die Betreiber werden besser als alle anderen um die echte Aktivität der Accounts Bescheid wissen. Den Nutzern da anzuzeigen, wie viele andere User wirklich die eigenen Tweets sehen, könnte kontraproduktiv sein.

Auch Tumblr-Zahlen sind problematisch
Vor einigen Monaten habe ich auch bei Tumblr festgestellt, dass Follower-Zahlen sehr wenig über die echte Aktivität aussagen. Bis zu 90 Prozent meiner 70.000 Follower erschienen bei einer Stichprobenanalyse als inaktiv oder fake – zu dem ausführlichen Artikel geht es hier lang.

Wearables: Wie Google und Facebook um unsere Sicht auf die Welt (und die Werbung) kämpfen

Google Glass und Oculus Rift von Facebook: Zwei unterschiedliche Konzepte, ähnliche Ziele. © Google, Oculus VR

Google Glass und Oculus Rift von Facebook: Zwei unterschiedliche Konzepte, ähnliche Ziele. © Google, Oculus VR

Welche Mega-Technologie kommt nach dem Smartphone? Die Hightech-Branche glaubt, eine Antwort darauf gefunden zu haben: Wearables, also am Körper tragbare Computer, ausgerüstet mit allerlei Sensoren zum Datensammeln und stets mit dem Internet verbunden. Während die Welt noch die Auswirkungen des Smartphones verdaut – siehe auch Phubbing -, kämpfen vor allem Google und Facebook bereits um den vermeintlichen Milliardenmarkt der Zukunft, der da heißt: Augmented-Reality-Werbung.

Sehen statt tippen
Smartphone-Intensiv-Nutzer wissen es instinktiv: So eine Daten-Brille wie Google Glass macht schon Sinn. Zum Gerät greifen, aufs Knöpfchen drücken, Sperr-Code eintippen, App aufmachen, aktualisieren, lesen, Display wieder abdrehen – dutzende, wenn nicht hunderte Male pro Tag wiederholt man am Smartphone diese Handgriffe. Sich SMS, E-Mails, Tweets oder Facebook-Updates per Sprachbefehl vors rechte Auge beamen zu können, das spart schon Zeit und Mühe. Glass, übrigens hauptsächlich das Werk des deutschen Google-Ingenieurs und Artificial-Intelligence-Spezialisten Sebastian Thrun, ist aber noch kein fixer Erfolg. Dass Menschen mit dem Ding im Gesicht jederzeit Fotos und Videos drehen und online stellen könnten, behagt vielen nicht, Bars verhängten Google-Glass-Verbote, und manche sprechen vom nun endgültigen Ende der Privatsphäre. Google hat deswegen kürzlich versucht, die zehn größten Mhythen über seine Daten-Brille in einem Google+-Post zu widerlegen.

Die nächste Plattform
Keine fünf Tage später betritt niemand Geringerer als Facebook-Gründer Mark Zuckerberg die Wearables-Bühne und verkündet zum Schock vieler Fans, mit Oculus VR die Macher einer ziemlich spektakulären Virtual-Reality-Brille um zwei Milliarden Dollar gekauft zu haben. Ihm geht es dabei aber nicht darum, ein klobiges Kopfgestell an nerdige Gamer zu verscherbeln, die damit per 110-Grad-Blickfeld noch tiefer in 3D-Shooter und andere Computer-Spiele eintauchen können. Nein, Zuckerberg sieht Oculus als die nächste Technologie-Plattform nach dem PC und dem Smartphone. “Das ist eine neue Kommunikations-Plattform”, schwärmt Zuckerberg, damit könne man sich quasi an den Rand eines Spielfelds, in ein Klassenzimmer oder sonstwohin beamen, einfach, indem man sich eine Brille aufsetzt und in die Virtual Reality abtaucht. “Eines Tages wird Augmented Reality zum Alltag von Milliarden Menschen gehören”, ist sich Zuckerberg sicher. Bei einer Brille für Gamer soll es nicht bleiben. Zuckerberg spricht es nicht aus – aber was sonst als eine Daten-Brille ähnlich jener von Google sollte ihm vorschweben?

Google ist derweil einen Schritt weiter mit der Eroberung der neuen Welt der Wearables. Mit “Android Wear” hat man bereits das Fundament geschaffen, eine Plattform, auf deren Software-Basis Partner wie Asus, Samsung, LG, HTC, Intel oder Motorola Hardware herstellen sollen. Analog zu Android-Smartphones wird eine adaptierte Version von Googles mobilem Betriebssystem Smartwatches – und allerlei andere Wearables wie eben Daten-Brillen – antreiben. Als Datensammler sitzt dann Google wieder einmal wie eine Spinne in der Mitte des Netzes, bei der die Daten-Fäden zusammenlaufen.

Die Dinge, die wir sehen (und nicht sehen)
Und natürlich geht es bei Google Glass, Android Wear und Oculus nicht um Hardware, die verkauft wird. Bei immer billigeren Chips und Speichern liegt das große Geschäft nicht im Verkauf von Geräten, sondern im Verarbeiten von Daten, das wissen Facebook und Google (kürzlich wurde Motorola wieder abgestoßen) wohl am besten. Der Brille kommt dabei eine besondere Rolle zu, weil sie sich zwischen dem wichtigsten Wahrnehmungsorgan des Menschen – dem Auge – und seiner Umwelt setzt. Wer in Echtzeit Daten darüber erhält, was Menschen gerade so ansehen, der hat viele Möglichkeiten.

Eine besonders wichtige Möglichkeit heißt Werbung. Google (Jahreswerbeumsatz 2013: 50,6 Mrd. Dollar) und Facebook (Jahresumsatz 2013: 7,9 Mrd. Dollar) sind bei Ads heute auf die Klicks der Nutzer angewiesen: Nach dem immer wichtigeren CPC-Modell (“Cost per Click”) wird heute im Netz das Interesse von Konsumenten an den eingeblendeten Anzeigen und damit der Werbepreis errechnet: Wer klickt (oder, im Falle von Touchscreens: tippt), den hat der Werber überzeugt. Ob die Menschen aber sonst Werbung wahrnehmen oder einen Werbeblocker installiert haben, in der Werbepause aufs Klo gehen, die Printanzeige gleich ins Katzenkisterl legen und auf den nächsten Radiosender weiterschalten, dass ist heute nur in Laborsituationen zu erheben. Mit Hilfe von Datenbrillen aber wissen Google und Facebook vielleicht einmal ganz genau in Echtzeit, wie die Menschen die Welt – und die Werbung darin – sehen und wie sie darauf reagieren.

Welche Rolle wird Apple spielen?
Es wäre also naiv zu glauben, dass es den beiden Werberiesen Google und Facebook beim Thema Wearables nicht um Werbung und ihre Messung geht. Per Augmented Reality haben sie dann auch die Möglichkeit, selbst Informationen Werbebotschaften vor die Augen der Träger zu liefern, die sich über die echte Umgebung legen wie ein digitaler Schleier und damit erheblichen Einfluss darauf haben, wie wir unsere Welt sehen. Fragt sich noch, ob Apple in das Spiel mit einsteigen wird – oder weiter auf den Verkauf von Hardware setzt und iWatch, iGlass und weitere iGadgets zum Premium-Preis verkauft.

Update: Google hat auf der I/O-Konferenz neue Details zu Android Wear verraten und Geräte von Partnern wie Samsung, LG und Motorola gezeigt, mehr dazu gibt es hier.

Die Netzneutralität welkt dahin: Zwei-Klassen-Internet gefährdet europäische Start-ups

Alle Daten gleich? Die einst quicklebendige Netzneutralität welkt in der EU und den USA dahin. © Jakob Steinschaden

Alle Daten gleich? Die einst quicklebendige Netzneutralität welkt in der EU und den USA dahin. © Jakob Steinschaden

Ein sperriger Begriff, aber ein wichtiger: Die Netzneutralität besagt bisher, dass alle Daten im Internet gleich behandelt werden. Das E-Mail eines Millionärs ist genauso schnell oder langsam unterwegs wie das E-Mail eines Busfahrers, und wenn YouTube langsam ist, dann ist eben auch Vimeo langsam. Doch wenn die Neuregelung des EU-Kommunikationsmarktes per Verordnung so gestaltet wird, wie es diese Woche der federführende Industrieausschuss ITRE des EU-Parlaments beschlossen hat, dann könnte es bald vorbei sein mit dieser Gleichbehandlung – und Firmen wie Google, Facebook, Evernote und Spotify können sich Vorrang vor kleineren europäischen Rivalen erkaufen.

Aus Sicht des ITRE-Ausschusses, der diese Woche tagte, hat man die Netzneutralität gestärkt, weil es strengere Regeln bezüglich Netzsperren geben soll. So sollen etwa Mobilfunker künftig nicht mehr Konkurrenten wie Skype (Telefonie-Rivale) oder WhatsApp (SMS-Rivale) aus ihren Netzen verbannen können, was in der Vergangenheit schon vorkam. Der Haken an der Sache ist aber, dass Unternehmen die Möglichkeit haben sollen, zahlenden Partnern “Specialised Services” von höherer Qualität etwa für Video-on-Demand-Dienste oder “business-critical data-intensive cloud applications” anbieten zu können, so lange diese nicht die Internetgeschwindigkeit der anderen Kunden beeinträchtigen.

“To meet end-users‘ demand for better service quality, content providers may agree deals with internet providers to assure a certain quality of service („specialised services“). Such offers will enable telecom operators to generate additional revenue streams from OTT actors, content providers as well as from consumers, who are willing to pay for better or faster services. These revenues, in turn, will enable operators to finance investments into network upgrades and expansion.” – Vorschlag der EU-Kommission, 11. September 2013

Zustimmung von rechts, Ablehnung von links
An der Erlaubnis für diese “Specialised Services” (im Zuge der Drosselkom-Affäre auch “Managed Services” genannt) stoßen sich nun die Gegner der Konservativen und Liberalen. “Mit einer Überholspur für Internet-Giganten und Mehrzahler können die Nutzer nur verlieren. Streaming und Internet-Telefonie dürfen nicht den Partikularinteressen der Telekommunikationsanbieter geopfert werden“, kritisiert etwa der österreichische EU-Parlamentarier Josef Weidenholzer (SP). “Diese Entscheidung wird dazu führen, dass große Konzerne deutlich bessere Chancen haben als  kleine und mittelständische Anbieter, sich eine Überholspur auf im Internet zu kaufen und sich mit ihren Online-Angeboten auf dem Markt durchzusetzen”, sagt der deutsche EU-Parlamentarier Reinhard Bütikofer (Grüne).

Netzneutralität begünstigte etwa WhatsApp
Und genau an dieser Stelle sollten die Alarmglocken bei Start-ups läuten. Wenn sich große Unternehmen mit entsprechender Kriegskasse die Überholspur leisten können, wie soll sich da eine Neugründung mit ihrem Internet-Dienst durchsetzen können? In einem Internet, in dem aus Convenience-Gründen Sekunden darüber entscheiden, ob ein Service für gut befunden wird oder nicht?

Sehen wir uns den Fall am Beispiel WhatsApp an: 2009 gegründet, konnte sich der Messaging-Dienst in nur fünf Jahren von 0 zu 450 Millionen Nutzern aufschwingen, und das mit einem Team von 32 Ingenieuren. Pro Tag verschicken diese User etwa 600 Millionen Fotos, das entspricht einer ganz grob gerechnet einer Datenmenge von etwa 55,9 Terabyte (1 Foto = 100 Kilobyte => 60.000.000.000 Kilobyte), und da sind Texte, Videos, Gruppen-Chats etc. noch gar nicht einberechnet.

WhatsApp-Gründer Jan Koum sollte die Netzneutralität eigentlich lieben. © Jakob Steinschaden

WhatsApp-Gründer Jan Koum sollte die Netzneutralität eigentlich lieben. © Jakob Steinschaden

Als so genannter “Over The Top”-Player betreibt WhatsApp keine eigene Infrastruktur, hat also weder Glasfaserkabel im Boden verlegt noch Sendemasten am Land aufgestellt. Dank Netzneutralität kann sich WhatsApp aber trotzdem darauf verlassen, dass Terabytes an Daten pro Tag so schnell wie möglich (“Best Effort”-Prinzip) und ohne Aufpreis am Display seiner Nutzer landen und diese mit dem Service zufrieden sind. Nun, da WhatsApp ganz oben angekommen ist (Gründer Jan Koum sitzt nach der 19-Mrd.-Dollar-Übernahme im Aufsichtsrat von Facebook), könnte die Abschaffung der Netzneutralität die Position von WhatsApp weiter festigen. Gemeinsam mit dem deutschen Mobilfunker E-Plus (der bald mit der Telefonica-Tochter O2 fusionieren soll) ist ein eigener WhatsApp-Tarif geplant, bei dem unlimitierte Nutzung des Messaging-Dienstes in Aussicht steht. Wenn das Datenlimit des Tarifs erreicht ist, funktioniert WhatsApp weiter, das restliche Internet (also z.B. WhatsApp-Konkurrenten) aber nicht mehr.

US-Riesen: Deals mit Internet-Providern
Ähnliche Deals haben Facebook und Google in Entwicklungs- oder Schwellenländern, wo ihre Dienste kostenlos und unbegrenzt nutzbar sind, andere Dienste aber nicht. Weitere Internet-Firmen, die Kooperationen mit Internet-Providern geschlossen haben, sind der Notiz-Dienst Evernote (mit der Deutschen Telekom) und der Musik-Streaming-Service Spotify (Deutsche Telekom). Diese können sich solche Deals dank ihrer Millionen-Investments und Werbemilliarden leisten. Was aber, wenn ein kleines europäisches Start-up es besser als WhatsApp, Evernote, Facebook oder Spotify machen möchte? Es wird sich eine Kooperation mit einem Mobilfunker oder einem Internet-Provider kaum leisten können, um genauso schnell und unlimitiert für den User zu funktionieren.
Die EU-Kommission meint, dass es jeder Firma freistünde, sich im Wettbewerb um Kunden einen Vorteil (z.B. bessere Übertragungsqualität) zu erkaufen – in der Praxis leisten werden sich das aber eher die US-Firmen können. Das Absägen der Netzneutralität auf europäischer Ebene ist auch insofern absurd, weil doch gerade die Europäer in technologischer Hinsicht zu den USA aufholen wollen. Anstatt eigene Innovatoren zu begünstigen, bremst man sie aus und gibt den bereits etablierten Internet-Riesen ein Mittel, ihre Position am Markt zu festigen.

Und die Kunden? Nun, für diese könnten die Dienste wiederum teurer werden, weil diese für die Überholspur zusätzliche Ausgaben haben. Netflix-CEO Reed Hastings etwa ist gar nicht begeistert vom Ende der Netzneutralität – kürzlich musste der Streaming-Dienst an Comcast, den größten Internet-Provider der USA, viel Geld dafür bezahlen, damit die Nutzer die On-Demand-Videos wieder in guter Qualtität zu sehen bekommen – zuvor wurde Netflix gedrosselt. Hastings: “When an ISP sells a consumer a 10 or 50 megabits-per-second Internet package, the consumer should get that rate, no matter where the data is coming from.”

SaveTheInternet.eu: Verzweifelter Kampf
Was können Start-ups also noch tun? Der Zug scheint bereits abgefahren, Anfang April wird im EU-Parlament über die Zukunft der Netzneutralität in Europa abgestimmt. Die Online-Kampagne SaveTheInternet.eu kämpft bis dahin gegen ein drohendes Zwei-Klassen-Internet und macht es Internetnutzern so einfach wie möglich, EU-Parlamentarier per Telefon, Fax oder E-Mail zu kontaktieren und sie davor zu warnen, für “Specialised Services” zu stimmen.

 

Pimp your Android: 11 Apps, die das iPhone wahrscheinlich nie bekommen wird

Das Android-Maskottchen im Google-Hauptquartier in Mountain View, Kalifornien. © Jakob Steinschaden

Das Android-Maskottchen im Google-Hauptquartier in Mountain View, Kalifornien. © Jakob Steinschaden

Auch wenn man die Marktanteilszahlen von Android (weltweit angeblich bereits bei plus 80 Prozent) lieber mit Vorsicht genießen sollte (“ausgeliefert” heißt nicht “gekauft”, “gekauft” heißt nicht “genutzt”, “Second Hand”-Geräte, usw.), eines ist schon klar: Es gibt viele Millionen Leute im deutschsprachigen Raum, die Googles mobiles Betriebssystem auf ihrem Smartphone laufen haben. Im Unterschied zu Apples iOS gilt Android als viel offenere Software, die dem Nutzer viel mehr Dinge erlaubt. Also warum sollte man diese Offenheit nicht auch nutzen? Diese Apps, die so nur auf Android funktionieren, holen das Maximum aus dem Gerät:

AirDroid: Wer sein Android-Gerät von seinem PC, Mac, Linux-Rechner oder Chromebook aus steuern will, der setzt am besten auf diese App (ab Android 2.2). Sie erlaubt den Fernzugriff auf Funktionen wie SMS-Schreiben, E-Mails managen, Fotos ansehen, Kontakte bearbeiten, Dateien ordnen uvm. über den Desktop-Browser. Die umfangreichere Premium-Version kostet 20 Dollar pro Jahr.
AirDroid - Best Device Manager - screenshot

Agent: Diese Gratis-App wird von der Egomotion Corp. in San Francisco angeboten (erfordert mindestens Android 4.0) will als smarter Assistent zu Diensten stehen. Erlaubt man der App umfangreichen Zugriff auf Funktionen und eigene Daten, automatisiert sie fünf Dinge: Sie hilft, Akku zu sparen, schaltet das Gerät während Meetings (Einträge aus Google Calender) lautlos, merkt sich, wo man sein Auto abgestellt hat, lässt nur ausgewählte Anrufe und SMS während Schlafenszeit durch und beantwortet automatisch SMS, wenn man am Steuer sitzt. Die Daten, die man der App freigibt (z.B. Kontaktlisten, Kalendereinträge, GPS-Position, etc.) wird Angaben der Macher zufolge nicht auf deren Server gespeichert oder an Werber weitergegeben, sondern nur in der App selbst verarbeitet.

AppLock: Diese kostenlose App (ab Android 2.2) ermöglicht es, andere Apps und Funktionen mit einer Code-Sperre zu sichern. Außerdem lassen sich damit ausgewählte Fotos und Videos in der Gallerie unsichtbar machen und so vor unerwünschten Blicken schützen. Die Software wird von DoMobile Lab zur Verfügung gestellt.
AppLock - screenshot

Aviate: Die Macher ThumbsUp Labs dieser kostenlosen App (ab Android 2.3) gehören mittlerweile zu Yahoo. Ihre Software bietet einen intelligenten Homescreen, der den alten ersetzt und das Verhalten des Nutzers mitlernt. Auf Basis der GPS-Position und Tageszeit zeigt Aviate die passenden Apps an (z.B. Musik-App beim Joggen, Wetter am Morgen, Kalender in der Arbeit etc.), liefert Wegbeschreibungen oder zeigt Restaurant-Empfehlungen an – und das alles verpackt in einem angenehm simplen Design. Die App ist derzeit aber noch in der Betaphase und deswegen mit Vorsicht zu genießen.
Aviate Beta - screenshot

Cover: Diese App (ab Android 4.1), die ehemalige Facebook-, Google- und Yahoo-Mitarbeiter gestalten, hat sich ganz dem Sperrbildschirm verschrieben. Wenn man der App die Erlaubnis erteilt, dann will sie die “richtigen Apps zur richtigen Zeit” anzeigen und Schnellzugriff darauf bieten. Die App unterscheidet dabei zwischen den Situationen “Home”, Work”, “Car” und “Out”. Da sie mitlernt, wie man das Smartphone benutzt, durchleuchtet sie den Nutzer sehr intensiv. Daten zur App-Verwendung und verbundenen Bluetooth-Geräten werden auf den Servern von Cover verarbeitet.
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DashClock Widget: Wer seinen Sperrbildschirm aufhübschen will, greigt zu dieser Gratis-App (ab Android 4.2), die Wetterdaten, SMS, Kalendereinträge, E-Mails oder eingestellte Alarme sehr ansprechend in Szene setzt. Angeboten wird diese App vom New Yorker Android-Entwickler Roman Nurik.
DashClock Widget - screenshot

Greenify: Diese App gehört zu jenen Programmen, die Akku sparen helfen, indem sie Aktivität von anderen Apps im Hintergrund ausbremst. Weil dazu tiefgehende Berechtigungen in die Funktionsweise der anderen Apps notwendig ist, sollte man ein gerootetes Gerät haben. Greenify funktioniert zwar auch so, allerdings nur eingeschränkt. Greenify wird vom chinesischen Android-Entwickler Oasis Feng angeboten, der die App auch in einer Donation-Variante für 2,29 Euro zur Vefügung stellt.

Lookout: Bei dieser App handelt es sich um eine von vielen Virenschutz-Programme für Android-Phones (Funktionalität variiert von Gerät zu Gerät). Sie scannt installierte Apps, warnt im Browser vor Phishing-Webseiten, kann ein verlorenes Gerät aus der Ferne lokalisieren und ermöglicht Back-ups des Geräts. Unter anderem letzteres Feature ist nur in der Premium-Version der App verfügbar, die 2,49 Euro/Monat kostet. Die App gibt es zwar auch für das iPhone, aufgrund der restriktiven iOS-Software sind aber viele Features nicht in der Apple-Welt erlaubt.

Nova Launcher: Von Anbieter TeslaCoil Software aus Chicago, gehört diese App (ab Android 4.0) zu den beliebtesten Launchern. Sie erlaubt es, den Look und teilweise die Funktionsweise von Android komplett nach den eigenen Wünschen zu gestalten – von den App-Icons über Scroll-Effekte, Ordner, Widgets, Farb-Schemata bis hin zum Sperrbildschirm. Bis man sein Smartphone so gestaltet hat, wie man es gerne hat, kann durchaus einige Zeit vergehen. Neben der Gratisversion gibt es eine kostenpflichtige Vollversion um 3 Euro.

Nova Launcher - screenshot

Swiftkey Keyboard: Streichen statt tippen: Diese App (ab Android 2.2) ersetzt die klassische Tastatur und erlaubt es dem Nutzer, Wörter zu schreiben, indem man von Buchstabe zu Buchstabe streicht. Das geht mit Übung schneller, als die virtuellen Tasten einzeln zu erwischen. Zusätzlich lernt die App das eigene Schreibverhalten mit und errät mit der Zeit, was man schreiben will. Die Testversion ist gratis, die Vollversion kostet 3,99 Euro.

Themer: Auch bei dieser App (ab Android 4.1) geht es um das Personalisieren des Designs. Der Nutzer kann kostenlos aus einer ganzen Reihe an Themes wählen, die Lockscreen, Appsymbole, Widgets, Bildschirmhintergründe uvm. auf Befehl ändern, die er dann auch noch individuell anpassen kann. Die App ist kostenlos, allerdings noch im Beta-Stadium und deswegen nur mit Vorbehalt zu empfehlen. Außerdem sammelt die App nicht gerade wenige Daten über den Nutzer.

Selfies: Smartphone-Selbstporträts haben mehr mit Kapitalismus zu tun als mit Narzissmus

Oft im Sinne der Selbstvermarktung - das Selfie. © Jakob Steinschaden

Oft im Sinne der Selbstvermarktung – das Selfie. © Jakob Steinschaden

Frontkameras von Smartphones gepaart mit Social-Media-Diensten wie Facebook und seiner Tochter Instagram haben einen Trend ausgelöst, der sogar offiziell im Oxford Dictionary steht und 2013 zum englischen Wort des Jahres gewählt wurde: Selfies. Die Selbstporträts auf Armlänge, die vom Teenager bis zum Hollywoodstar schon viele Millionen Menschen gemacht haben, sind ein Ausdruck des weit verbreiteten Narzissmus, wird meist analysiert. Doch diese Erklärung greift zu kurz. Denn Selfies haben weniger mit Selbstverliebtheit als vielmehr mit Selbstvermarktung zu tun.

Unter Leistungsdruck
Das Selfie sei eine “Momentaufnahme unserer Seele”, die “Demokratisierung des Starkults”, ein “neues visuelles Genre”, liest man derzeit. Allesamt spannende Gedanken zu den Selbstporträts, doch eine gute Erklärung, warum so viele Menschen Selbstporträts im Netz veröffentlichen, liefern sie nicht. Oft kreist die Selfie-Debatte – auch durch mein Zutun, wie ich zugeben muss – um den Narzissmus als Ursache des Phänomens. “Übertriebene Selbstbezogenheit, ein unersättliches Bedürfnis nach Anerkennung sowie die Übersteigerung des eigenen Selbst ins Grandiose” – Selfies, die gerne an schönen Orten mit schönen Menschen und schönen Bildfiltern gemacht werden, passen gut zu der Definition von Narzissmus, wie sie etwa der deutsche Pädagoge Heinz-Peter Röhr in seinem Buch “Narzißmus – das innere Gefängnis” gibt.

Doch sind nun wirklich alle Menschen, die auf den mehr als 200 Millionen mit dem Hashtag #me gekennzeichneten Instagram-Fotos zu sehen sind, Narzissten, die sich selbst über alles lieben und süchtig nach Bewunderung sind? Warum sieht man dann auch viele nachdenkliche, gelangweilte, ungeschminkte, übermüdete oder gestresste Leute auf den Bildern? Leute, die so aussehen, als würden sie gar nicht so recht wissen, wie sie posieren sollen, als wären sie unfreiwillig in den Fokus geraten? Und dann aber trotzdem auf “Upload” klicken? Wie kommen dann folgende Selfies zustande, wie ich sie kürzlich in den Social-Media-Streams sah: Einer, der sich selbst am Samstag auf dem Weg in die Arbeit fotografiert, eine andere hielt ihr Diplomzeugnis in die Kamera, ein anderer winkte von einer exklusiven IT-Konferenz?

Wer Selfies veröffentlicht, den treibt nicht allein seine innere Selbstverliebtheit, der wird auch von außen getrieben. Menschen in den USA, Europa oder Asien, wo die meisten Selfies gemacht werden, leben heute de facto in von Leistungsdruck und Gewinnstreben geprägten Gesellschaften, in denen immer stärker um immer weniger Ressourcen (v.a. Jobs, siehe Arbeitslosenraten in Südeuropa) konkurriert wird. Der Narzissmus, den wir in den Millionen Selfies sehen, hat seine Wurzel im Kapitalismus. “Gier ist ein zentrales Symptom der narzisstischen Bedürftigkeit der meisten Bürger der westlichen Konsumgesellschaften. Besonders ausgeprägt ist sie bei den Trägern gesellschaftlicher Macht anzutreffen: bei Politikern, Managern und Stars”, schreibt etwa der Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz in seinem Buch “Die narzisstische Gesellschaft”.

Ökonomie der Aufmerksamkeit
Im Kapitalismus, oder sagen wir Marktwirtschaft, das ist leichter verdaulich, steht das Streben nach Gewinn an erster Stelle. Die Profilseiten auf Social-Media-Diensten, die von der staatlichen Behörden über Arbeitgeber bis zu Lehrern permanent gescreent werden können, werden von immer mehr Menschen als ihre Visitenkarte im Netz angesehen und dementsprechend gestaltet. Gut geführte Profile bei Facebook, Twitter oder Instagram sind Tools, mit denen der Einzelne versucht, aus der Masse zu stechen, indem er Reichweite (viele Follower, Fans, Freunde etc.) aufbaut und sich seine Ich-Marke im Netz schafft. Die Botschaften, die dann via Selfie verbreitet werden können, lauten nicht: “Seht her, wie schön ich bin!”, sondern: “Seht her, wie fleißig/erfolgreich/zielstrebig ich bin!” In Jobanzeigen wird das, wofür Selfies im Digitalen stehen, meist implizit gefordert, (kommunikativ, ausgezeichnetes Netzwerk, einwandfreies Auftreten, etc.), die Nachrichtenseite Stern.de hat das bei der Suche nach neuen Online-Journalisten Anfang des Jahres sogar explizit gemacht:

“Sie wollen in einer Redaktion arbeiten, in der Kreativität, Experimente, humorvolle und unkonventionelle Zugänge zu Themen und Projekten erwünscht statt verboten sind? In der Ihr Instagram-Kanal, Ihr Blog oder Ihre Twitter-Credibility mehr zählen als Ihr formeller Lebenslauf? In der Ideen und Engagement wichtiger sind als Hierarchien?”

Der Einzelne und die Masse
Damit sind Selfies wichtiger Teil einer Maschinerie, die über Erfolg und Nichterfolg entscheidet. Im Online-Journalismus, etwa bei Stern.de, ist eigene Social-Media-Reichweite bereits Grundvoraussetzung, um einen Job zu bekommen, und beim Online-Journalismus wird es nicht bleiben. Überall dort, wo Menschen mit anderen Menschen zu tun haben, wird Social-Media-Reichweite Teil des Humankapitals, vom Bankangestellten bis zum Kellner. Und damit haben Selfies ihre Wurzel nicht bloß im Narzissmus, sondern sind Vehikel zur Selbstvermarktung in einer Wettbewerbsgesellschaft, in der sich der Einzelne gegen die Masse durchsetzen muss.

Machen wir ein Gedankenexperiment: Würden wir morgen jedem Nordkoreaner, die in einem Land leben, in der der Einzelne nichts zählt und der Staat alles, ein Smartphone in die Hand drücken – würden sie überhaupt auf die Idee kommen, ein Selfie von sich im Internet zu veröffentlichen?

Mein Auftritt bei „Square“ auf arte: Selfies sind Selbstvermarktung, nicht Selbstverliebtheit

Meine Wenigkeit in der Sendung "Square" von arte. © arte

Meine Wenigkeit in der Sendung „Square“ von arte. © arte

Im TV war ich schon ein paar Mal zu Gast (u.a. im ORF, Puls4, 3sat), aber dieser Auftritt hat mich besonders gefreut. Denn einer meiner Lieblingssender, arte, hat mit Square ein „Ideen-Magazin“ aus der Taufe gehoben, das sich „philosophischen, literarischen, künstlerischen und technischen Innovationen einer Welt, die sich rasant verändert“, widmet. In der Sendung ging es um die derzeit sehr populären Selfies (=Smartphone-Selbstporträts), über die ich mit der Pariser Semiologin und Spezialistin für Mobilfotografie Pauline Escande-Gauquié diskutiere.

Die Sendung gibt es online hier zu sehen, allerdings ist das von österreichischen IP-Adressen wegen einer Ländersperre aus nicht möglich (in Deutschland funktioniert´s). Meine Argumente, warum Selfies weniger mit Narzissmus als vielmehr dem Kapitalismus zu tun haben, kann man aber hier nachlesen und gleich kommentieren.

Selfie-Machen in der Sendung muss natürlich auch sein. © arte

Selfie-Machen in der Sendung muss natürlich auch sein. © arte

NSA-Skandal: Verschlüsselung alleine wird uns nicht vor der Überwachung retten

© Jakob Steinschaden

© Jakob Steinschaden

Ob Whistleblower Edward Snowden oder Google-Vorstandsvorsitzender Eric Schmidt: Angesichts der Massenüberwachung raten sie und viele andere Experten zur Verschlüsselung der eigenen digitalen Kommunikation. Doch ist das wirklich die Lösung? Denn Kryptografie mit Hilfe von Apps oder Handys wie dem Blackphone kostet Geld, Nutzer von Verschlüsselungstechnologien machen sich verdächtig – und die Überwachung, die die Bürger per Steuern selber zahlen, wird im schlimmsten Fall teurer.

„Verschlüsselt eure Daten!“
“Das Internet ist kaputt”, kränkte sich Internet-Experte Sascha Lobo ob der NSA-Massenausspähung, und in verschiedensten Repliken wurde anschließend angeregt darüber diskutiert, wie kaputt das Internet nun wirklich ist. Zumindest kann man festhalten, dass es viele Menschen auf dieser Welt gibt, die meinen, dass das mit der Überwachung nicht so toll ist, aber ein echtes Gegenmittel gibt es noch keines. Zwar hat sich US-Präsident Barack Obama mit seinen Reformbestrebungen ein paar Zentimeter bewegt und das EU-Parlament ein paar Vorschläge parat, doch insgesamt geht die Ausspäherei von Normalbürgern auch in Europa fröhlich weiter. „Man braucht den Heuhaufen, um darin die Nadel zu finden“, beschreibt der scheidende NSA-Direktor Keith Alexander das Prinzip, mit dem er Terroristen und andere Staatsfeinde aufspüren will – und deswegen wird unsere Online-Kommunikation weiter auf den Servern der (so heißt sie übersetzt) Staatssicherheitsbehörde der USA jahrelang gespeichert.

Was können wir nun gegen die Ausspähung durch Geheimdienste tun? “Verschlüsselt eure Daten!”, lautet die Antwort vieler auf die brennende Frage – die NSA solle sich doch die Zähne ausbeißen an kodierten SMS, Telefonanrufen und E-Mails. “Verschlüsselt, was zu verschlüsseln ist”, sagte etwa Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Club, auf der DLD-Konferenz in München. Googles Vorstandsvorsitzender Eric Schmidt ist ebenso dieser Meinung wie Microsofts Brad Smith oder der NSA-Forscher Steve Wright. “Stell´ dir vor, es gibt ein Smartphone, das für 50 Dollar mehr garantiert, dass die NSA für das Knacken deiner Kommunikation ein paar Monate braucht. Hunderttausende würden sich so etwas kaufen, es gibt einen Markt dafür”, sagte Wright in einem Interview zu mir.

Digitale Privatsphäre wird kommerzialisiert
Wenig verwunderlich boomt die Crypto-Industrie seit den Snowden-Enthüllungen ob der gestiegenen Nachfrage. PGP-Erfinder Phil Zimmermann will ein abhörsicheres Blackphone auf den Markt bringen, deutsche E-Mail-Provider bieten die vermeintlich sichere De-Mail an, Google-Alternativen wie DuckDuckGo oder Startpage wachsen schneller als je zuvor, Messaging-Apps wie Heml.is, Threema oder TextSecure versprechen NSA-freies Handy-Chatten, BoxCryptor verkauft Cloud-Verschlüsselung. Das ist eine spannende Entwicklung, allerdings eine mit Schattenseite: Denn so wird Privatsphäre kommerzialisiert. Das, was früher gratis war (ja, Privatsphäre ist ein Menschenrecht, siehe Artikel 12 vom 10. Dezember 1948) gibt es im vernetzten Zeitalter womöglich nur mehr gegen Aufpreis. Mit denen, die Wert auf den Schutz ihrer persönlichen Daten legen, wird nun Geschäft gemacht. Hinzu kommt eine praktische Hürde: Tools und Apps zu verschlüsselter Kommunikation (z.B. PGP, Redphone, TextSecure) sind heute schnell installiert – wenn sie aber vom Kommunikationspartner nicht genutzt werden, sind sie zwecklos. Das größte Problem mit der Verschlüsselung, die auch Edward Snowden auf der SXSW guthieß, ist aber, dass man sich durch ihre Nutzung absurderweise verdächtig macht. Medienberichten zufolge, die sich auf das Snowden-Material stützen, sind NSA-Mitarbeiter vor allem an jenem Datenverkehr interessiert, wo Mails mit PGP verschlüsselt oder TOR zum anonymen Surfen verwendet wird.

Edward Snowden in einer Live-Schaltung auf der Konferenz SXSW in Austin, Texas.

Edward Snowden in einer Live-Schaltung auf der Konferenz SXSW in Austin, Texas.

Eine verzwickte Situation also. Kryptographie kann nur mittelfristig eine Antwort auf die NSA-Frage sein. Ich habe weder Lust, Extrageld für Verschlüsselungs-Smartphones auszugeben, noch, in “Stealth Wear” zum Schutz vor Videokameras und sonstigen Spionage-Attacken durch die Straßen zu schleichen. “Wenn es ein technisches Problem wäre, dann könnte man es technisch lösen. Ist es aber nicht, es ist ein gesellschaftliches Problem. Wir sollten uns nicht fragen, wie wir unsere E-Mails noch besser verschlüsseln können, sondern: Wozu brauchen wir überhaupt Geheimdienste?” sagte der bemerkenswerte österreichische Jungpolitiker Bernhard Hayden von den Piraten in einem Interview zu mir.

Bürger selbst bezahlt die Überwachung
Noch absurder wird die Situation, wenn man sich vor Augen hält, wer die Überwachung zahlt. Das sind nämlich die Bürger selbst via Steuern. Die NSA hat laut Washington Post ein Budget von 10,8 Milliarden Dollar im Jahr 2013, und die Vorratsdatenspeicherung (VDS) in Österreich beläuft sich auf Kosten von etwa 8 Millionen Euro pro Jahr  – 3 Jahre VDS entsprechen also einmal Mariahilferstraße komplett umbauen. Wenn Snowden nun sagt, dass man die digitale Überwachung durch Kryptografie erschweren und verteuern solle, dann zahlt man eigentlich gleich dreifach drauf: Erstens bezahlt man die Überwachungsbehörden per Steuer, zweitens zahlt man für Verschlüsselungstechnologien wie das Blackphone, und verteuert ergo drittens die dadurch schwieriger gewordene Überwachung.

Ein gesellschaftliches Problem lösen zu wollen ist natürlich ungleich schwieriger, als sich schnell einmal eine Crypto-App aufs Smartphone zu laden – aber nicht unmöglich. Der Atomwaffensperrvertrag von 1968 erschien zur Kubakrise 1962 utopisch, und dass Mülltrennung heute selbstverständlich für (fast) jeden in Mitteleuropa ist, war vor 100 Jahren wohl unvorstellbar. “Prinzipiell kann man alles rückbauen, wir haben es ja etwa geschafft, von 50.000 Nuklearsprengköpfe auf ein paar tausend zu reduzieren. Auch die Kernenergie konnte in Europa zurückgedrängt werden. Man sollte nicht ausschließen, dass uns das auch bei den negativen Auswirkungen von Big Data gelingt. Aber es ist höchste Zeit, als Gesellschaft diese Diskussion zu führen”, sagte etwa der Oxford-Professor Viktor Mayer-Schönberger in einem Interview zu mir.

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Wie startet man den Rückbau?
Fragt sich nur, wo man beginnen sollte. Wahrscheinlich im Kleinen. Man kann Oma mal erzählen, was man von der Sache hält (twittern und facebooken reicht nicht). Man kann ins Wirtshaus zum Bürgermeister/Bezirkspolitiker rübergehen und ihn dazu anspornen, Position zu beziehen und diese Position nach oben in die Parteispitze zu tragen. Man kann Briefe schreiben und E-Mails tippen und diese an die Parlamentarier schicken (oder sie, noch besser, zum Bier treffen, da redet es sich besser). Man kann bei der nächsten Wahl (am 25. Mai ist wieder eine, diesmal zu Europa) seine Stimme abgeben für die Partei, von der man glaubt, dass sie sich gegen die Überwacher stark macht. Und so weiter und so fort. Also alles Dinge, die die Menschen in China oder dem Iran, von denen wir in Prä-NSA-Zeiten dachten, dass sie ganz fürchterlich überwacht werden, nicht so ohne weiteres tun können. Anders als WikiLeaks-Gründer Julian Assange und TOR-Entwickler Jacob Appelbaum, die heutige westliche Demokratien als totalitäre Überwachungsstaaten bezeichnen, habe ich keinen Bock, meinen Glauben an die Demokratie aufzugeben. Benutzen müssen wir sie halt – sie ist die App, die wir wirklich brauchen.

Testfahrt im Tesla Model S: Der fahrende Nobel-Computer, den sich Apple kaufen wollte

Das Model S von Tesla Motors © Jakob Steinschaden

Das Model S von Tesla Motors © Jakob Steinschaden

Vergessen wir für einen Moment einfach einmal den Mindestpreis von 63.740 Euro. So viel kostet das wahrscheinlich tollste Elektroauto der Welt, der Tesla Model S. Sportlich, voller Hightech, mit E-Motor – ein Statussymbol für den Nerd mit dicker Geldbörse. Ja, Tesla Motors von PayPal-Mitgründer Elon Musk ist jene Firma, die Elektromobilität begehrenswert und sexy macht, indem sie die Antriebstechnologie in eine schicke Limousine steckt und mit allen erdenklichen Hightech-Tricks versieht, die Autos heutzutage so können. Sogar Apple wird nachgesagt, Tesla Motors ein Übernahmeangebot gemacht zu haben. Zeit für eine Probefahrt.

Ein Stromer voller Hightech-Schmankerl
Seit Oktober 2013 sind in Deutschland die ersten Model S auf den Straßen zu sehen, und auch in Österreich läuft das Geschäft langsam an – die Berichte über brennende Teslas tun dem keinen Abbruch. Grund genug für mich, mir eine Testfahrt im neuen Wiener Service Center der US-Firma zu buchen und den fahrenden Edel-Computer hinterm Steuer zu erleben. Wer am Fahrersitz des Model S Platz nimmt, der sitzt vor allem einmal vor zwei Bildschirmen. Statt der Mittelkonsole prangt ein 17-Zoll-Touchscreen im Hochformat, und dort, wo man sonst hinterm Lenkrad Tacho und Drehzahlmesser erwartet, gibt es einen zweiten Bildschirm. Sehr spacig also, weswegen es auch gleich das erste ist, womit sich Tesla-Neulinge auseinandersetzen. Über den Touchscreen kann man nahezu alles im Auto steuern, was zu steuern ist – Klimaanlage, Navi, Schiebedach, Rückfahrkamera, Rückfahrkamera, Browser, Entertainment, im Prinzip gibt es lediglich für die Fensterheber und die Rückspiegel die gewohnten Bedienknöpfe.

Am Touchscreen kann man dann auch festlegen, was das Display hinterm Lenkrad anzeigen soll – zum Beispiel kann man sich die Google Maps wahlweise dorthin legen, damit man die Route besser im Blickfeld hat. Das Smartphone lässt sich natürlich auch per Bluetooth koppeln. Gott sei Dank gibt es am Lenkrad auch noch etliche Knöpfe, damit man während der Fahrt nicht ständig nach rechts auf den Touchscreen tapsen muss. Insgesamt also sieht das Cockpit ziemlich genau so aus, wie man es sich vom Auto der Zukunft erwarten würde, ohne Abstriche bei Komfort und Ausstattung (z.B. Lederlenkrad) zu machen.

Das Model S von Tesla Motors © Jakob Steinschaden

Der 17-Zoll-Monitor mit Linux-Betriebssystem. © Jakob Steinschaden

Nur die Software (das Betriebssystem basiert auf Linux) kam mir aufgrund der Icons und des Designs nicht ganz 2014 vor, aber das lässt sich mit künftigen Software-Updates sicher regeln. Die kommen dann natürlich “over the air”, denn im Preis inbegriffen ist mobiles Internet (derzeit 3G, bald aber auch 4G), über das das Model S ständig im Internet hängt. So kann man am Touchscreen auch im Internet surfen – selbst wenn man das im Ausland tut, ist das mit dem Kaufpreis abgedeckt.

Mit einem Grinsen im Gesicht
Das zweite Highlight neben dem futuristischen Cockpit ist natürlich der Elektromotor des Model S. Den gibt es mit 225 kW (306 PS), 270 kW (367 PS) oder (310 kW (421 PS) und speist sich aus dem Akku, der quasi den gesamten Boden des Autos einnimmt und 60 bzw. 85 kWh Kapazität hat – aber dazu später mehr. Zuerst zum Fahrgefühl: Gestartet wird der Tesla nicht per Zündschloss, sondern einfach mit einem Tritt auf die Bremse – der Wagen erkennt den Fahrer am Funk-Schlüssel, den man einfach bei sich trägt (so sperren übrigens auch die Türen auf). Also ein Tritt auf die Bremse – und nichts passiert. Glaubt man zumindest – weil der E-Motor so leise ist. Tatsächlich kann man aber schon losdüsen. Das Model S fährt sich dabei im Prinzip wie ein ein Wagen mit Automatik, nur dass der Motor eben nicht zwischen den Gängen schalten muss. Das heißt: Das Auto beschleunigt stufenlos in 5 bis 6 Sekunden von 0 auf 100, und das macht schon Spaß.

Tesla Grin” nennt man die verzückte Mimik, die sich in den Gesichtern von Erstfahrern bei ersten Mal Gas (oder eher Strom) geben breit macht. Leise ist der Motor obendrein auch noch, allerdings ist es nicht so leise in der Fahrkabine, wie ich mir gedacht hätte. Rollgeräusch der Reifen plus Außengeräusche plus das Surren des E-Motors beim Beschleunigen, der oberhalb der Hinterachse sitzt, geben zusammen eine doch hörbare Geräuschkulisse von sich, weswegen von flüsterleise eher nicht die Rede sein sollte. In gut isolierten, teureren Limousinen kann es ähnlich ruhig sein wie im Tesla. Spannender ist es da, dem Tesla mal von außen zuzuhören – da kommt einem so gut wie nichts zu Ohren.

Das Model S von Tesla Motors © Jakob Steinschaden

Die Türen des Model S öffnen automatisch, wenn sich der Fahrer nähert. © Jakob Steinschaden

Noch ein paar Worte zur Innenkabine: Auf der Hinterbank haben theoretisch drei Leute Platz, für drei 1,80-Meter-Kerle wird es aber auch im Kopfbereich etwas knapp – der Hinterkopf geht bei großen Menschen auf Tuchfühlung mit dem Dach. Eine Spezialität des Model S sind die zwei optionalen Kindersitze, die man gegen die Fahrtrichtung im Kofferraum einbauen kann – sicher Geschmackssache. Wer sich dafür entscheidet, hat trotzdem Stauraum vorne: Dort, wo Benziner ihren Motor haben, hat das Model S noch 150 Liter Extrastauraum.

Noch zu wenige Supercharger in Österreich
Nun zum Knackpunkt der ganzen Geschichte: Die Batterie schafft je nach Größe eine Reichweite von 390 bzw. 500 Kilometer (gerechnet bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 88 km/h). Von Wien nach München könnte man es also durchaus schaffen – aber was dann? Nun, Tesla will hier vorsorgen und baut seine Supercharger-Netz in ganz Europa aus. Dort kann man als Tesla-Besitzer gratis und vergleichsweise schnell Strom tanken, allerdings dauert eine volle Ladung gute 30 Minuten – Sprittanken hat man in 5 erledigt. Außerdem gibt es europaweit derzeit nur 14 Supercharger, die immerhin eine Reise von Amsterdam nach München ermöglichen. In Österreich hat der Arlberg derzeit als einziger eine der Tesla-Ladestationen bekommen, im Laufe von 2014 sollen die beiden wichtigsten Autobahnen A1 und A2 mit Supercharger-Stationen versorgt werden.

Das Model S von Tesla Motors © Jakob Steinschaden

Muss immer mit dabei sein: Die Stromkabel zum Tanken der Batterie. © Jakob Steinschaden

Führt also kein Weg daran vorbei, auch zu Hause tanken zu können. Und das ist so eine Sache. Denn am herkömmlichen Schukostecker dauert eine volle Ladung viel zu lange (bis zu 30 Stunden), weswegen man den Abstellplatz aufrüsten muss. Drittfirmen installieren in Garagen kleine Stromtankstellen (Ladezeit: bis zu 4,5 Stunden) oder Drehstromsteckdosen (Ladezeit: bis zu 8,5 Stunden), gegen Aufpreis versteht sich. Die Integration eines Teslas in den Alltag ist also nicht unbedingt leicht und setzt oft ein eigenes Haus voraus, in dem man die Garage nach eigenen Bedürfnissen einrichten kann. In meiner Mietgarage oder am Arbeitsplatz wären solche Umbauten zum Beispiel nicht möglich. Wenn man es dann aber geschafft hat, darf man sich über die günstigen Energiekosten freuen: 4 Euro kosten 100 Kilometer Tesla-Fahren heute in etwa. Wenn man sich dann auch noch Ökostrom besorgt, dann hält der Wagen wirklich sein 0-Emissionen-Versprechen.

Warten aufs Model E
Insgesamt hat mich das Model S bis auf kleine Abstriche begeistern können. Neben dem Preis ist aber die verzwickte Auflade-Situation noch ein sehr großes Hindernis, das gegen die Anschaffung spricht. Hier müssen vor allem Städter darauf hoffen, dass sich Miethaus- und Garagenbesitzer bewegen und entsprechende Ladestationen erlauben bzw. selbst aufstellen – das kann Jahre dauern. Für den Normalverbraucher heißt es also warten, am besten gleich auf das Model E. Das soll laut Tesla-Motors-Gründer Elon Musk 20 Prozent kleiner sein, bei der Ausstattung sparen und “nur” etwa 30.000 Euro kosten. Die Markteinführung ist 2017 geplant. Ich bin gespannt.

Das Model S von Tesla Motors © Jakob Steinschaden

Sehr sportlich, sehr futuristisch, sehr teuer. © Jakob Steinschaden